Untersuchungskommission
Lückenlose Aufklärung des Nazi-Terrors! Wen interessiert ein NPD-Verbot, Herr Bundesinnenminister?
Der Verdacht erhärtet sich, dass die Neonazi-Terroristen von einer schützenden Hand – möglicherweise auch aus Kreisen der Sicherheitsbehörden - gedeckt wurden. Dennoch beruft Bundesinnenminister Friedrich Personen in die Untersuchungskommission, die während des Neonazi-Terrors selbst Verantwortung getragen haben.
Montag, 28.11.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 30.11.2011, 7:24 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Verdacht, dass die Zwickauer Rechtsterroristen von schützenden Händen gedeckt wurden, erhärtet sich zunehmend. Selbst Personen aus den Sicherheitsbehörden selbst, könnten Unterstützung geleistet haben. Denn je mehr Einzelheiten ans Tageslicht kommen, umso dringender stellt sich die Frage, wie das Neonazi-Trio über mehr als ein Jahrzehnt unentdeckt bleiben und eine breite Blutspur durch die gesamte Bundesrepublik legen konnte.
Die Terroristen wurden mit falschen Ausweispapieren versorgt. Sämtliche Ermittlungen der Polizei in Richtung des Tätertrios verliefen auf ominöse Art und Weise im Sand. Kriminalbeamte berichten davon, dass Operationen, die zur Festnahme der Täter hätten führen können, in letzter Minute auf Befehl von Oben abgesagt wurden. Rechtsextreme Rockgruppen verfassten der Polizei bekannte Lobeshymnen in Richtung der Täter und im Zusammenhang mit den Taten, ohne dass in der rechten Szene ermittelt wurde. V-Leute hielten sich zum Tatzeitpunkt in unmittelbarer Nähe der Tatorte auf. Ermittlungen wurden in falsche Richtungen gelenkt, Medien wurden falsche Informationen zugespielt. Und neuesten Erkenntnissen zufolge sind die Neonazis seit 1991 sogar im Besitz von 40 Kilo TNT, das aus einem Bundeswehr-Munitionsdepot entwendet wurde. TNT, das höchstwahrscheinlich bei einem Anschlag in Köln zum Einsatz kam und sich höchstwahrscheinlich heute noch in den Händen von Neonazis befindet. Und viele weitere Einzelheiten, die kaum abschließend aufgelistet werden können. Dennoch verkündete Bundesinnenminister Hans-Peter (CSU) Friedrich während der Veröffentlichung des jüngsten Verfassungsschutzberichts, dass es keine rechtsextremistische Terrorgefahr gibt.
Jetzt, wo sich diese Einschätzung als falsch erweist, dreht sich nahezu die gesamte Debatte darum, ob die NPD verboten werden sollte. Politiker streiten sich über die Erfolgsaussichten eines weiteren NPD-Verbotsverfahrens. Dafür müssten, wie vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben, die V-Leute abgezogen werden. An denen hält Friedrich (CSU) aber fest, obwohl jetzt bewiesen ist, dass dieses System nicht nur versagt hat, sondern auch die NPD-Strukturen durch Zahlungen des Verfassungsschutzes gestärkt wurde.
Dabei spielt es keine Rolle, ob ein NPD-Verbotsverfahren Erfolg haben wird oder nicht. Denn: Was bringt ein NPD-Verbot, solange der Verfassungsschutz durch Geldzahlungen an V-Leute den Neonazis dabei hilft, neue Strukturen aufzubauen? Was bringt ein NPD-Verbot für die Zukunft, solange eine schützende Hand über den Neonazis wacht?
Vielmehr ist eine unabhängige Expertenkommission erforderlich, die mit Personen besetzt ist, die unbefangen sind und keine Bedenken haben müssen, lückenlos aufzudecken. Die von Friedrich einberufene Kommission hält diesen Kriterien aber nicht stand. Ganz im Gegenteil: Dem Gremium gehören Ulrich Kersten (ehemaliger Präsident des Bundeskriminalamtes), Hansjörg Geiger (früherer Präsident von Bundesverfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst) und Wolfgang Zeitlmann (früherer CSU-Innenexperte) an.
Das bezeichnet Bernhard Witthaut, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), als „unglücklich“. Damit „sind Persönlichkeiten in die Expertengruppe berufen worden, die in wesentlichen Zeitabschnitten des Aufbaus und Wirkens der Terrorgruppe selbst Verantwortung getragen haben“, so Witthaut.
Was man jetzt am wenigsten gebrauchen könne, sei „eine Debatte darüber, ob die Untersuchungsergebnisse tatsächlich objektiv sind.“ So fordert Witthaut Bundesinnenminister Friedrich auf, die Zusammensetzung der Untersuchungskommission neu zu bestimmen und so zu wählen, dass kein Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Personen auftauchen kann. Alles andere erhärtet den Verdacht, dass man jedenfalls an einer lückenlosen Aufklärung kein Interesse hat. (bk)
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Genau richtig. Kein (Ex-)Staatsorgan wird das eigene Versagen deutlich zu Tage fördern, weil es eigene Fehler aus der Vergangenheit zugeben müsste.
Es wird als strukturelles/technisches Versagen hingestellt werden.
Nur eine internationale Kommission unter Beteiligung von Menschenrechtsaktivisten, Deutsches Institut für Menschrechte, kritische Verfassunsgschutzbeobachter ( Anwälte), wird ein objektives Bericht erstellen.