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Der türkische Außenminister

„Wir reden ja auch nicht vom christlichen Terror“

Während seines Deutschlandaufenthaltes hat sich der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu unter anderem mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich getroffen: Friedrich sprach vom „islamistischen Terror“ – Davutoğlu widersprach ihm.

Dienstag, 06.12.2011, 8:39 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 15.07.2012, 9:48 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Ein ungewöhnlich langer Deutschlandaufenthalt stand auf der Agenda des türkischen Außenministers Ahmet Davutoğlu (AKP). Grund sind die zufällig bekannt gewordenen Morde der Neonazi-Terroristen. Neben Bundespräsidenten Christian Wulff traf sich Davutoğlu unter anderem auch mit seinem Amtskollegen Guido Westerwelle (FDP).

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Bei seinem Treffen mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am vergangenen Freitag in Berlin kam es zu einer besonderen Unterredung. Friedrich versprach, dass in Deutschland jede Art von Terrorismus bekämpft werde, der Rassismus ebenso wie der islamistische Terror.

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Davutoğlu stellte daraufhin fest, dass er – im Gegensatz zu Friedrich – zu keinem Zeitpunkt vom „christlichen Terror“ gesprochen habe, obwohl die Neonazis Christen waren. Daher sei es auch nicht richtig, wenn man vom „islamistischen Terror“ rede. Einzelne aus einer Glaubensgemeinschaft könnten Fehler machen. Das dürfe aber nicht dazu führen, gleich die gesamte Religion anzuprangern. Wenn man vom „islamistischen Terror“ spreche, schieße man „einen Pfeil in die Herzen der Muslime“. Dieser Terminus ziehe seit dem 11. September seine Kreise und müsse überwunden werden.

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Daraufhin erklärte Friedrich, dass man unter dem Begriff „islamistischem Terror“ Gruppen wie Al-Kaida zusammenfasse. Doch Davutoğlu interveniert erneut: „Ja, wir können Al-Kaida oder Bader-Meinhof als terroristische Organisationen bezeichnen, aber wir können dabei nicht den Terminus islamistische oder christliche Terroristen benutzen.“

Deutschland ist nicht rassistisch
Davutoğlu, der auch mit islamischen, alevitischen und orthodoxen Gemeinden zusammenkam betonte in seinen Reden sein Vertrauen in den deutschen Staat, dass diese Morde lückenlos aufgeklärt werden. Er habe das Wort von Wulff, Westerwelle und Friedrich. Auch die Türkei werde alles in ihrer Macht stehende dafür tun. Er appellierte an seine Landsleute, in diesem Zusammenhang nicht den Fehler zu begehen und vom „deutschen Rassismus“ zu reden. Weder Deutschland noch die Deutschen seien rassistisch. Das seien nur einige Wenige, die einen Keil in die Gesellschaft treiben wollen. Das dürfe man nicht zulassen.

Während seines Deutschlandaufenthaltes habe er sich selbst ein Bild davon machen können, wie groß der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland sei. So habe der Friseursaloninhaber auf der Kölner Keupstraße, in dessen Laden 2004 eine Bombe der Neonazi-Terroristen explodierte, erst kürzlich von einem seiner deutschen Kunden einen Briefumschlag bekommen. Darin sei eine 500-Euro-Banknote in bar und ein Brief gewesen. Darin habe sich der Kunde entschuldigt und geschrieben, dass es ihm sehr leidtut.

Davutoğlu fand in seinen Reden auch selbstkritische Worte. Man dürfe nicht mit dem Zeigefinger auf Deutschland und die Sicherheitsbehörden zeigen. Man müsse auch die Frage stellen, wo man denn selbst über die vielen Jahre gewesen sei. Weder die Zivilgesellschaft noch die Türkei hätten Neonazi-Morde hinterfragt. Ganz im Gegenteil: „Die Opferfamilien wurden alleine gelassen. Nicht nur von den Sicherheitsbehörden, sondern auch von ihren Freunden und Nachbarn. Wir alle haben uns von ihnen abgewendet“, so Davutoğlu. (bk) Aktuell Politik

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  1. Langobarde sagt:

    „Der durch die Medien vermittelte Begriff “Islamismus” verbindet “Islam” und “Terror”; letzterer ist allerdings mit der islamischen Lehre NICHT vereinbar.“

    Schön, sehr schön, aber machen sie das nicht uns klar, sondern den Mitgliedern von Al Quada und ähnlichen Organisationen, die sich als Vorkämpfer für den Islam sehen!
    Wie wäre es mal mit einer deutlichen Fatwa gegen Terror und gegen die Tötung von Menschen, die dem Islam aus freien Stücken den Rücken kehren wollen?

  2. Alpay sagt:

    Du ich weiss nicht, wie ich Dir das sagen soll, ohne daß duch Dich wie ein wirklicher Flüchtling fühlst. „Der Islam“ ist halt nicht so zentralistisch organisiert wie die katholische Kirche, wo der Papst seine Fatw(en) ausspricht und alle machen mit. :) Und wen sprichst Du hier eigentlich an, wenn du eine Fatwa forderst. Ach so, eine solche gibt es bereits. Ich werd einfach das Gefühl nicht los, daß hinter diesen Kommentaren ganz bestimmte Leute stecken. Meinen Namen hast du, offenbare du Deinen, oder versteckst du dich hinter einer Burka namens anonnym-bleiiben.