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Ländermonitor

Großer Aufholbedarf bei der Ganztagsbetreuung von Grundschülern

Eine möglichst lange Betreuung von Kindern in Kitas und in der Schule sind Vorgaben der Bundesregierung, wenn es um Integrationspolitik geht. Von einem flächendeckenden Ganztagsangebot ist man aber immer noch weit entfernt, wie ein Länderreport zeigt.

Mittwoch, 21.12.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Während eine flächendeckende Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern in fast ganz Europa Standard ist, herrscht in Deutschland noch immer Aufholbedarf – insbesondere im Westen. In den ostdeutschen Bundesländern besuchten Anfang 2010 zwar gut drei Viertel (75,4 Prozent) der Grundschulkinder ein Ganztagsangebot, in den westdeutschen Ländern war es aber nur etwas mehr als jedes fünfte Kind (21,4 Prozent).

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Die Betreuung findet in Deutschland einerseits in Kindertageseinrichtungen, den Horten, statt, andererseits in Ganztagsschulen. Verbindliche Qualitätsstandards für Betreuungsumfang und für pädagogisches Fachpersonal gibt es jedoch fast nur in den Horten. Das sind zentrale Ergebnisse des Länderreports Frühkindliche Bildungssysteme 2011, den die Bertelsmann Stiftung am Montag in Gütersloh vorgestellt hat.

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Diskrepanz zwischen Vorgabe und Angebot
Dabei propagiert die Bundesregierung die möglichst lange Schulbetreuung von Kindern mit Migrationshintergrund als integrationspolitisch wichtige Maßnahme. Die Bereitschaft auf Seiten der Migranteneltern, für ihre Kinder Ganztagsangebote auch anzunehmen, ist laut jüngsten Studien ebenfalls vorhanden. Nur wie soll das funktionieren, wenn entsprechende Angebote fehlen?

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„Wir brauchen in Deutschland einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Ganztagsschule“, forderte Jörg Dräger, für Bildung zuständiges Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. „Ein verlässliches Ganztagsangebot verbessert die Bildungschancen der Kinder und für die Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ Von einem entsprechenden Angebot für alle Grundschulkinder sind viele Bundesländer jedoch noch weit entfernt: In jedem ostdeutschen Bundesland nutzen mehr als 60 Prozent der Grundschüler ein Ganztagsangebot, auch in Berlin liegt der Anteil bei fast 70 Prozent. Im deutschlandweiten Vergleich liegen die Teilhabequoten von Hamburg (fast 48 Prozent), Bremen (knapp 37 Prozent), dem Saarland und Nordrhein-Westfalen (jeweils knapp 29 Prozent) im Mittelfeld. Nur etwas weniger als ein Viertel der Grundschüler nutzen in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen (jeweils 24 Prozent) ganztägige Angebote. Den größten Aufholbedarf haben Bayern (knapp 16 Prozent), Niedersachsen (knapp 15 Prozent) und Baden-Württemberg (knapp 13 Prozent).

Hintergrund: Grundlage der Auswertungen sind Daten der statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik sowie der Kultusministerkonferenz des Jahres 2010 sowie einer Befragung aller zuständigen Fachministerien der Bundesländer durch die Bertelsmann Stiftung. Die Berechnungen hat der Forschungsverbund DJI/TU Dortmund durchgeführt. Der Länderreport bietet für jedes Bundesland ein Profil seines frühkindlichen Bildungssystems.

Ost-West-Vergleich
Während die Grundschulkinder in Ostdeutschland überwiegend in Horten betreut werden, ist im Westen die offene Ganztagsschule das am weitesten verbreitete Angebot. Der Länderreport zeigt, dass die Horte im Vergleich zu den Ganztagsangeboten an Schulen die umfangreichere Betreuung und besser qualifiziertes Personal bieten: Im Hort besteht an vier bis fünf Tagen in der Woche bis mindestens 17 Uhr ein Angebot. Demgegenüber ist eine Schule laut Kultusministerkonferenz bereits dann eine Ganztagsschule, wenn an mindestens drei Tagen in der Woche für täglich sieben Zeitstunden ein Angebot besteht. Für die gebundenen Ganztagsschulen in Bayern, Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen gelten wiederum andere Regeln: Sie sind an mindestens vier Tagen mindestens je acht Stunden geöffnet. In Berlin, Rheinland-Pfalz und Thüringen müssen sie zudem eine Ferienbetreuung anbieten – Horte müssen dies grundsätzlich.

Qualität nur teilwesie gewährleistet
Auch verbindliche Mindeststandards für die Qualifikation und Anzahl des Personals sind in den meisten Bundesländern nur bei der Hortbetreuung fest verankert. Für die offene Ganztagsschule bestehen dagegen nur in etwa der Hälfte der Bundesländer Regelungen zur Personalausstattung, Anforderungen an die Qualifikation des Personals oder zur maximalen Gruppengröße. In zwei Bundesländern dürfen ausnahmslos pädagogische Fachkräfte für außerunterrichtliche Angebote tätig werden: in Sachsen-Anhalt nur Lehrkräfte und staatlich anerkannte Erzieherinnen und in Berlin ausschließlich Erzieherinnen.

„Die in den Horten bereits etablierten Qualitätsstandards sind erfreulich“, kommentierte Dräger die Ergebnisse. „Mittelfristig brauchen wir in Deutschland jedoch überall gebundene Ganztagsschulen, denn davon profitieren die Kinder am meisten. Die enge Verzahnung der Vor- und Nachmittagsangebote ermöglicht, alle Kinder individueller und damit besser zu fördern.“ (bs/sb)
Gesellschaft Leitartikel Studien

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