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"Armenier-Gesetz"

Diplomatische Eiszeit zwischen Türkei und Frankreich

Die französische Nationalversammlung hat gestern Mittag ein Gesetz verabschiedet, das die Leugnung von Völkermorden unter Strafe stellt und damit auch den „Genozid an den Armeniern“ zwischen April 1915 und Juli 1916 im Osmanischen Reich. Die Türkei reagierte prompt und zieht ihren Botschafter aus Paris ab. Der türkische Ministerpräsident Erdoğan droht unterdessen mit weiteren Sanktionen.

Von Freitag, 23.12.2011, 7:33 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 11.01.2012, 8:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Es war nicht der erste Versuch der französischen Nationalversammlung, ein Gesetz zu verabschieden, das die Leugnung von Völkermorden unter Strafe stellt. Bereits 1998 und 2006 hatte die französische Versammlung versucht, ein entsprechendes Gesetz durchzusetzen, war jedoch unter Druck der türkischen Staatsführung gescheitert. Die Türkei lehnt die Anerkennung des Genozids an den Armeniern vehement ab und weist auf ihre eigenen offenen Archive hin, die Interessierten zur Wahrheitsfindung zur Verfügung stünden.

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Das Gesetz sieht harte Strafen vor
Diesmal glückte jedoch das Gesetzesvorhaben, das die französische UMP-Abgeordnete Valérie Boyer einbrachte. Dieses sieht ein Jahr Haft oder eine Geldstrafe von 45000 Euro für Genozidleugner vor. Das Gesetzesvorhaben hat zwar die französische Nationalversammlung passiert, muss jedoch nun dem französischen Senat zur Abstimmung vorgelegt werden. Seit Oktober 2011 wird dieser mehrheitlich von der linken Opposition in Frankreich kontrolliert. Die Zustimmung des Senats gilt derweil als Formsache, da sich kein politisches Lager vier Monate vor den Präsidentschaftswahlen den Zorn von 500000 Franzosen mit armenischem Migrationshintergrund auf sich ziehen will.

Wirtschaftliche Interessen in Gefahr

Bereits im Vorfeld hatte die Türkei Frankreich vor „dauerhaften und unwiderruflichen Konsequenzen“ gewarnt. Da beide Staaten ein Handelsvolumen von zwölf Milliarden Euro besitzen und rund 1000 französische Unternehmen in der Türkei tätig sind, müssen auch wirtschaftliche Interessen berücksichtigt werden. So warnte Außenminister Alain Juppé vor den wirtschaftlichen Folgen eines solchen Vorstoßes. Die Abgeordnete Boyer wies die Sanktionsdrohungen der Türkei als inakzeptabel zurück. Französische Geschäftsleute sollten sich von den Drohungen der Türkei nicht unterkriegen lassen, sagte Boyer nach Angaben der „Milliyet“. Unterdessen berichtet die französische Tageszeitung „Le Figaro“ unter Berufung auf politische Kreise, die dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy nahe stehen, dass er kein Öl ins Feuer werfe, sondern genau wisse, was er tue. Nach der offiziellen Anerkennung Frankreichs des Genozids an den Armeniern von 2001 habe die Türkei ebenfalls lautstark mit Sanktionen gedroht. Ein Jahr darauf sei das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten um 30 Prozent gestiegen.

Türkei droht mit weiteren Sanktionen

Diesmal deutet jedoch alles darauf hin, dass die Wogen des Unmuts zwischen beiden Staaten nicht innerhalb eines Jahres geglättet werden können. Zumindest nicht, wenn es nach dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan geht. Dieser verkündete am gestrigen Abend in Ankara, dass alle politischen Kontakte zu Frankreich eingestellt würden. Darunter zählte Erdoğan – neben der Einberufung des türkischen Botschafters aus Paris – die Einschränkung von gegenseitigen Besuchen und Truppenübungen sowie militärischen Flügen Frankreichs über türkisches Staatsgebiet. Darüber hinaus machte Erdoğan auch deutlich, dass die Sanktionen gegen Frankreich erst der Anfang seien. „Weitere werden folgen“, sagte er. Außerdem wies er auf die französische Kolonialgeschichte, insbesondere Algerien und Ruanda hin und empfahl Frankreich seinerseits die Aufarbeitung dieser Vorfälle.

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Ungewohnt für die gegenwärtige politische Zerrissenheit in der Türkei, gibt es diesmal sogar Rückendeckung vom türkischen Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu. „Ein Land [Frankreich], das die Freiheit verteidigt, hinsichtlich der Freiheiten ein Symbol darstellt, ist nun dabei, die Meinungsfreiheit mit der Entscheidungsgewalt von Politikern in Fesseln zu legen“, sagte Kılıçdaroğlu.

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  1. Mathis sagt:

    Nein, ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass Du wenigstens die von Dir angeführten Quellen zur „Untermauerung“ Deiner „Theorien“ lesen und verstehen kannst, @e-xyz ! Dazu taugen sie nämlich ganz und gar nicht, so wie ich sie gelesen und verstanden habe.
    Was sagt uns das? Es kommt immer auf den „Rezipienten“ an!

  2. e-xyz sagt:

    Es kommt immer auf den “Rezipienten” an!
    Absolut richtig, du sagst der Völkermord ist Fakt, Sugus und andere Honks jubeln und feiern dich in der braunen Ecke. Ich sage einfach, nenne mir doch einfach mal die Belege die dafür Sprechen.
    Diese verweigerst du mir und schickst mich in die Bibliothek.
    Und was soll ich dort finden? Welches Buch empfiehlst du?
    Und da fällt mir der Satz von Sugus bezüglich Norman Stone ein „“Wes Brot ich ess, des Lied ich sing”;“
    Das bedeutet doch endeutig, wer das finanziert, dessen Ansichten stehen drin, eine Neutralität ist nicht gegeben. Egal welcher Autor und welcher Verlag.
    Die Belege willst du nicht liefern, besser gesagt du kannst sie nicht liefern, aber du machst hier gut Stimmung. Mir egal.
    „Deiner “Theorien” lesen und verstehen kannst, @e-xyz !“
    Ich habe dir Quellen angeboten, du gar nichts, ausser billige Polemik.

    Das ist genau das Verhalten der Armenier seit Jahrzehnten, Behauptungen aufstellen und keine Beweise liefern. Irgendwelche Türkenhasser, springen schon auf den Zug, wie du siehst, it works!

  3. SchwarzRotGOLD sagt:

    wenn jetzt die Türkische Regierung mit den Armeniern das machen würde was die Alevitische Regierung in Syrien mit den Sunniten macht,
    würden alle eingreifen und dieses Massaker beenden.

    Ein Richtiges Massaker erleben wir grade in Syrien .

  4. Mathis sagt:

    Sorry, aber ich bin hier an keinerlei „Stimmung“ interessiert, und die Ecken, von denen Du sprichst, habe ich nicht weiter ausgeleuchtet.
    Wer bezahlt die Forschung? Im Zweifelsfall das Land, in dem die Forschungen betrieben werden.
    Wenn sich dein Misstrauen also gegen alles richtet, was nicht aus einer türkischen Feder geflossen ist, musst Du Dich eben zufrieden geben.
    Ich fühle mich nur für meinen Informationsstand verantwortlich, nicht für den Deinen, den Du nach Deinen eigenen Ansprüchen erweitern oder auf dem Stand „Kriegswirren“ einfrieren kannst.
    Materialien sind in diesem Land frei zugänglich und überall zu finden.Es geht nur darum, dass Du Deine Wahl triffst oder es einfach lässt.

  5. Hannes sagt:

    Mathis, es gab alhamdulillah keinen Völkermord an den Armeniern und das wird inshallah auch bald öffentlich geklärt werden. IHR, Deutsche und Franzosen, wollt den Türken und uns Muslimen was in die Schuhe schieben, so schauts aus !

  6. e-xyz sagt:

    was verstehst du an diesem Satz nicht
    „Das bedeutet doch endeutig, wer das finanziert, dessen Ansichten stehen drin, eine Neutralität ist nicht gegeben. Egal welcher Autor und welcher Verlag.“ Wo liest du jetzt hier heraus, dieses „was nicht aus einer türkischen Feder geflossen ist,“. Was peilst du nicht??
    Ich habe eine unabhänige Untersuchung gefordert, was verstehst du daran nicht?
    So tief in deinem „Völkermord“ versunken um jegliche Objektivität auszublenden?
    „Ich fühle mich nur für meinen Informationsstand verantwortlich,“ du meinst für deinen geistigen Misstand?
    Bevor ich verleumde lass ich es lieber, das Verleumden überlasse ich Menschen wie dir.
    Du willst deinen „Völkermord“, gönn ihn dir. Werde glücklich mit ihm.
    Diese Ansicht sorgt dafür, dass Armenien weiterhin das ärmste Land der Welt bleibt. Armenien war das Instrument Russlands im WW1 und jetzt das Wahlinstrument Frankreichs. In dieser Angelegenheit gibts nur einen Verlierer — > Armenien.
    Wer wird denn in Armenien satt, mit deren Ansichten?
    Sollen Sie halt mit einem BIP in Höhe von 2.846 US$ glücklich werden.

    Investoren scheren sich nicht um Völkermorde, wenn jucken schon 3,2 Mio. Armenier mit dieser Kaufkraft? Für Sarkozy sind Sie nur Mittel zum Zweck, danach werden wieder, wie von den Russen wie eine heisse Kartoffel fallen gelassen.
    So viel Spass mit deinem „Völkermord“, „Genozid“ oder Kriegswirren.
    LOL

  7. AHA sagt:

    @exyz

    Also ein nicht zu übersehender Beleg ist die Tatsache das nach wenigen Jahren die Anzahl der Christen von 20 % auf 0,02 % gedrückt wurde. Wenn also jeder 5. Einwohner der Türkei Christ war, wo sind die denn alle hin? Klar wurden nicht alle ermordet, viele sind auch unter Zwang ausgewandert. Nur bleiben trotz allem Millionen Menschen noch offen, welche eben nicht ausgewandert sind. Und bei denen ist die Gefahr groß, das sie nicht eines natürlichen Todes starben. Nur ums klar zu stellen. Ich spreche jetzt auch neben Armeniern noch von Griechen und Aramäern und Bulgaren.

  8. AHA sagt:

    Und noch eine Bemerkung bezogen auf den eigentlichen Artikel.
    Es sind ca. 1000 französische Firmen in der Türkei tätig und sie investieren dort. Aha! Die Türkei möchte also allen ernstes wegen dieser Lapalie das Risiko eingehen das sich alle diese Firmen wieder zurückziehen.? Das mag wohl Frankreich sehr wohl schaden. Aber noch viel mehr die Türkei selber!!

  9. e-xyz sagt:

    @AHA
    wen willst du hier veräppeln?
    1920 wurde die Demokratische Republik Armenien gegründet, woher kam den dessen christliche Bevölkerung her?? Aus dem All?
    Im Vertrag von Versaille wurde ausserdem ein Bevölkerungsasutausch vereinbart, für die Griechen die Kleinasiatische Katastrophe.
    „Auch aus Griechenland mussten tausende von Türken fliehen, wobei auch dort zehntausende auf der Flucht starben. Angemerkt werden muss hierbei, dass die Unterscheidung zwischen „Türken“ und „Griechen“ zu der damaligen Zeit fast ausschließlich über die Religionszugehörigkeit erfolgte.

    1923 wurde im Vertrag von Lausanne im Einvernehmen beider Regierungen ein Austausch der Bevölkerungen beschlossen. Die Zwangsumsiedlung betraf ca. 1,25 Millionen Griechen und 500.000 Türken.[6] Als ausschlaggebendes Kriterium der Volkszugehörigkeit wurde die Religion festgelegt (orthodox = griechisch, muslimisch = türkisch), die nicht immer der ethnischen Zugehörigkeit entsprach. Durch den Zuzug der Griechen aus dem anatolischen Festland und dem Pontos hatte Griechenland eine Flüchtlingsquote von ca. 25 % zu bewältigen, d.h. jeder vierte Grieche war Flüchtling.

    Die meisten der 500.000 Türken, die zwangsumgesiedelt wurden, siedelten zuvor in Nord-Griechenland, Makedonien und auf den ägäischen Inseln, ca. ein Drittel der zwangsumgesiedelten Griechen in der Stadt Smyrna, dem heutigen Izmir. Ausnahmen wurden nur für die Türken im westlichen Thrakien und für die Griechen in Konstantinopel sowie auf den vorgelagerten Inseln Imbros (Gökçeada) und Tenedos (Bozcaada) gemacht.“
    http://de.wikipedia.org/wiki/Griechisch-T%C3%BCrkischer_Krieg

    Wo ist hier jetzt dein Christenmord? Lesen wenn möglich verstehen.

    „Das mag wohl Frankreich sehr wohl schaden. Aber noch viel mehr die Türkei selber!!“ NAch dem letzten Frankreichboykott ist der Handel zwischen der TR und FR der HAndel um 30 %, dass nur eine Phase bis zur Wahl, dann herrscht wieder Normalität. Nur was hat Armenien davon?
    Die bleiben arm, solange die Grenze zur Türkei geschlossen bleibt.

  10. Bierdurst sagt:

    Es gibt in der Türkei auch noch die sogenannten Dönme, die Krypto-Armenier:
    http://www.youtube.com/watch?v=wtCb-BB-nu8

    Ich empfehle allen hier Anwesenden mal die UN-Definition von Völkermord zu lesen.
    Auch wenn es nur 300.000 Tote gab, es ist trotzdem ein Völkermord.
    Auch zwangsweise Umsiedlungen und Zwangskonversionen gehören dazu.