Armenier-Gesetz
Schimpfen statt Drohen
Als im Dezember letzten Jahres die französische Nationalversammlung den Entwurf zum Armenier-Gesetz verabschiedete, drohte Ankara mit dem Bruch von politischen Beziehungen. Nachdem der Gesetzesentwurf am Montagabend den französischen Senat passierte, droht die Türkei nicht mehr. Ihr bleibt ausschließlich die Politik des Schimpfens.
Von Hakan Demir Mittwoch, 25.01.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 29.01.2012, 23:38 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Eigentlich hatte Frankreich bereits 2001 offiziell den Genozid an den Armeniern anerkannt. Doch das war noch nicht genug: zumindest nicht für die UMP-Abgeordnete Valérie Boyer, die eine Strafe für die Leugnung des armenischen Genozids verlangte. Entsprechend gerührt war sie am Montagabend, als der französische Senat einen Entwurf, der die Leugnung des armenischen Genozids mit Geldstrafen bis zu 45.000 Euro und einem Freiheitsentzug bis zu einem Jahr vorsieht, verabschiedete. Der Entwurf bedarf allerdings noch der Unterschrift des französischen Präsidenten, um in Kraft zu treten.
„Cheap talk“
Die Türkei hatte im Vorfeld zur Senatsentscheidung sehr viel Druck auf Frankreich ausgeübt. Sie wollte die politische Zusammenarbeit einstellen und die gegenseitigen Besuche und Truppenübungen sowie militärischen Flüge Frankreichs über türkisches Staatsgebiet einschränken. Doch „cheap talk“ nennt man ein solches Verhalten ganz unfachmännisch in der Politikwissenschaft, wenn sich Rhetorik und Taten nicht decken. Längst haben dies auch schon französische Tageszeitungen begriffen. So beschreibt beispielsweise die französische Tageszeitung „Le Figaro“ die vorigen Drohungen als „emotional“ und glaubt nicht an eine ernste Sanktion durch die Türkei.
Unterdessen will der französische Präsident Nicolas Sarkozy die Beziehungen zur Türkei aufrechterhalten. „Das Gesetz richtet sich an keinen Staat. Lassen wir uns auf der Grundlage unserer gemeinsamen Interessen handeln“, beteuerte er. Außenminister Alain Juppé mahnte indes zur „Besonnenheit“ und verwies auf die wichtigen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit der Türkei. Und genau diese wirtschaftlichen Interessen halten die Türkei davon ab, allzu schnell Sanktionen zu verhängen. So bleibt es bei dem lauten Geplänkel in der Innenpolitik und dem leisen modus vivendi auf der zwischenstaatlichen Arbeitsebene.
Gesetz „rassistisch“ und „Massaker an der Meinungsfreiheit“
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan kritisierte derweil erneut das französische Abstimmungsverhalten. Er bezichtigte Sarkozy der Schwächung der französisch-türkischen Beziehungen zugunsten der anstehenden Präsidentschaftswahlen. Darüber hinaus bezeichnete er das Armenier-Gesetz als „rassistisch“ und als ein „Massaker an der Meinungsfreiheit“. Vergessen darf man hier jedoch nicht, dass die Türkei ebenfalls die Meinungsfreiheit beschränkt, indem sie die Bejahung des Genozids unter Strafe stellt.
In der innenpolitischen Debatte verliert die Regierungspartei nicht ihr Gesicht; die AKP kann sich profilieren, indem sie ein türkenfeindliches Frankreich aufbaut. In Bezug auf Frankreich weiß man nun, dass das Land per Beschluss über ewige Wahrheiten und nicht mehr unter Zuhilfenahme des reinen Verstandes entscheidet, den eher ein Wissenschaftler denn ein Politiker besitzt. Aktuell Ausland
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@ Hannes
Naja, man muss schon ehrlich sein, es wurden in der Türkei einige Menschen aus politischen Gründen inhaftiert, finde ich auch nicht in Ordnung, da muss Türkei in Sachen Meinungsfreiheit noch dran arbeiten. Aber die Türken wissen das und arbeiten dran. Die neue Verfassung wird bald veröffentlicht und verabschiedet.
Die Armenienfrage wird aber mit allen Mitteln gegen die Türken verwendet, sogar indem man versucht, die Gründung der Türkei im Jahre 1923 (also fast ein Jahrzehnt nach den Deportationen) da mit rein zu ziehen und ihr das anzuhängen. Man muss sich nur mal anschauen, was zwischen diesen Jahren alles passiert ist.
Bleibt dennoch die Frage, warum werden Türkei und Armenien in dieser Sache manipuliert? Kann ich nur wieder an den Gastkommentar verweisen:“…den Kurden-Konflikt mit Hilfe Armeniens zu lösen;
eine friedliche Lösung für den Berg-Karabach-Konflikt bringen;
direkte Handelsverbindungen zwischen der Türkei und Armenien ermöglichen.“
Zudem kann ich mich deiner Vermutung anschließen, wegen EU-Beitritt und nicht zuletzt aus wirtschaftlichen und Macht-Interessen, um den Herd in der Türkei am Kochen zu halten. Es soll ja nicht ruhig werden dort, sonst wird Türkei noch mächtiger, als sie es momentan sind. Je mehr der Westen beeinflusst, desto länger kann er die Geschehnisse kontrollieren und die eigenen Interessen vertreten.
Stellen wir uns mal vor, die Armenienfrage wäre beseitigt, stellen wir uns ferner vor, die Zypernfrage wäre mit den Griechen ebenfalls behoben. Nun nehmen wir mal an, Türkei wäre in der EU, nehmen wir an, sie hätten das „Kurdenproblem“ zusammen mit den Armeniern, Iranern, Irakern und Syriern geklärt. Kann man sich dann ausmalen, wohin ein derart stabiles Land noch hin gehen würde? Welchen Einfluss dieses Land auf Europa allein durch seine Geographische Lage und den neu abgeschlossenen wirtschaftlichen Verträgen zwischen Russland und Japan usw für eine Bedeutung beigemessen werden müsste? Türkei gehts momentan wirtschaftlich stark bergauf, ohne diese Probleme wäre es noch viel gravierender. Wenn aber ein Land an Macht gewinnt, dann verliert ein anderes Land woanders an Macht, in diesem Fall der Westen, denn die Türken hätten dann Mitspracherecht, und die verweigert man uns, siehe Bestrafung in Frankreich bezüglich Genozid-Gesetz.
@all:
Wenn wir doch über dieses Thema diskutieren, dann passt es gerade nur allzu gur hier zu erwähnen, dass Armenien seit 20 Jahren 20% aserbaidschanisches Territorium besetzt. Mit der Begründung, dass dort seither die Bevölkerungsmehrheit armenisch wäre. Ach dann könnten wir ja das Osmanische Reich wiederaufleben lassen und die Deutsche Ihr altes Staatsgebiet einfordern, Indianer bekommen ihr Land zurück, oder wollen wir doch das Römische Reich wieder? Wo landen wir mit solch einer Politik? Warum behandelt Frankreich nicht gleichzeitig auch dieses Thema? Wäre doch eine Neutralitätserklärung quasi. Nämlich dass Armenier Aserbaidschaner masskriert und ihres Landes bestohlen haben. Kennen wir ja auch im Nahen Osten. Völkervertreibung ist nach UN-Kriterien ein Völkermord. Genozid an Aserbaidschanern wurde und wird bis heute betrieben. Eine Schande für die angeblich freie Presse, die dies nicht aufgreift. Für mich ist die Presse auf Linie mit der politischen Führung. Für Interssenten kann ich nur empfehlen, dass sie sich auch mal Gedanken darüber machen, was hinter den Kulissen geschehen könnte, welche Interessen sich hinter Handlungen verstecken?
@Optimist
ah, ok, verstehe. Das klingt nicht unlogisch, muss man sagen. Danke für Ihre Ausführungen!
@Migrantensohn – Sie sollten weiter zurückgehen und sich fragen, weshalb in den deutschen und europäischen Geschichtsbüchern keine Rede von den ethischen Säuberungen während der Balkankriege zu finden ist! Das passt nicht ins Bild der Europäer und Deutsche, dass auch christliche Völker Massaker begangen haben und begehen! Hier wirken ganz andere Mechanismen, es geht darum, manichäische Weltbilder zu verbreiten, uralte Mythen vom bösen Orientalen und guten Arier. Seit dem Genozid in Sebrenica und den Massenmorden in Bergkarabach durch die Armenier ist die Weltöffentlichkeit aufgerüttelt worden. Aber ich gebe Ihnen Recht: Die Sache wird nicht so in den Fokus genommen, passt ja auch nichts ins aktuelle Weltbild, nicht wahr?
Wir aber wissen, wer Leid über die Indianer, die Schwarzen und andern Völker dieser Welt gebracht hat, es waren europäische Ausbeutergesellschaften! Wer will daran zweifeln? Und nun will man sich zum Moralaposteln anbiedern? Scham müsste man haben und Demut und sich bei den ausgebeuteten Völkern entschuldigen und Entschädigungen zahlen! Die Indianer in Reservate abschieben und Millionen Menschen über den Atlantik verfrachten – wer solch eine Geschichte hat, kann keine anderen Völker belehren!
Abgesehen von dem Gesetz in Frankreich, daß klar gegen die Meinungsfreihet ist, möchte ich anmerken, daß die Geschehnisse von 1915 nicht mit dem systematischem Mord der Juden im zweiten Weltkrieg gleichzusetzen sind. Keiner bestreitet auch ab, daß es zu einer Tragödie der Armenier in Anatolien gekommen sind, die durch die Deportation – allerdings unter der Heeresführung des deutschen Generals Liman von Sanders- in die peripheren gebite des osmanischen Reiches gekommen sind. Aus den Arsiven- übrigens auch Amerikan. und nicht -osmanische, läßt sich ganz klar beweisen, daß ungefähr von 700.000 osmanischen Armeniern ca. 300.000 aufgrund der schlechten Transportbedingungen und Angriffen von Räubern gestorben sind! Jedoch hat die osmanische Regierung auch Krankenhäuser und sogar Ausbildungsstätte für armenische Kinder errichet; allein diese Tatsache negiert einen Genozid! Wer spricht den heute noch von weit mehr als 2 Millionen Türken, die im Balkan aufrgund des ersten Weltkrieges gestorben sind ? Ausserdem sind auch nicht alle Armenier deportiert wurden, sondern nur ein Teil der in Anatolien lebenden Armenier; die katholischen Armenier, die weitgehend im Westen des Landes lebten, wurden verschont? Also, von wegen Genozid! Ausserdem kam die Idee der Deportation von der deutschen Heeresleitung undzwar Liman von Sanders , auch dies ist aus
kann man aus den Arsiven beweisen. Also sollte man aufpassen mit dem Wort „Genozid“! Ausserdem verstehe ich auch nicht, wiso man von Nazis andaurend spircht; Nazis waren doch auch Deutsche oder kamen die aus dem Mars- was ja die Thule Gesellschaft, die übrigens in Istanbul gegründet wurde, auch glaubte ?
@Shanelle and all:
Ich kann Dich gut verstehen. Ich habe selbst bosnische Freunde und Bekannte. Die haben über den Krieg viel grausames Erlebte erzählt. Und das mitten in Europa. Warum ist aber der Krieg ausgebrochen? Darüber wird kein einziger Doku-Film gezeigt oder produziert. Der wahre Grund ist, dass europäische Großmächte wie Frankreich, England und Deutschland kein Interesse an einem starken Jugoslawien hatten, dass zudem sehr gute Beziehungen zu Russland hatte. Man hat die verschieden Ethnien gegeinander aufgehetzt, sie seien ja unterdrückt, sie könnten ja Ihren eigenen Staat haben und in Freiheit leben. Es wurde durch den Westen Hass erzeugt. Das tun sie auch schlau, nicht wie beispielsweise Ahmedineschad im Iran, der alles offen ausspricht. Und hinterher werden diese in die EU aufgenommen, wo sie kaum eine Rolle spielen. Bühne frei für Ausverkauf solcher Staaten.
@Dogu Sahin:
Ja es sind sehr vieleTürken im europäischen Teil des Osmanischen Reichs gestorben, aber in Ost-Anatolien sind geschätzte 3 Millionen Türken gestorben. Wer verübte Genozid an Türken? Waren es die Iraner? Nein. Etwa die Araber? Nein. Ich glaube ihr kennt die Antwort. Was für eine Doppelmoral? Ich habe den Glauben an die Einhaltung der selbstgenannten Werte des Westens verloren. Ich bin jedesmal sehr überrascht, wie wenig die Deutschen über die Zusammenhänge Bescheid wissen. Aber wiederum kein Wunder bei solch einer Medienlandschaft, die lieber tausendmal 9/11-Dokus zeigt anstatt auch mal über Greueltaten der Christen gegen Muslime in Bosnien, Kosovo, verbrannte Türken in Deutschland, unterdrückte und diskriminierte Muslime in der westlichen Welt. Darüber zu berichten, passt dem Westen nicht.
Dogmatikerin sagt
„@Yavuz Sultan Selim
“Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?” fragte Hitler am 22. August 1939,
“
Um die Türken zu diskreditieren, fragt sie „Die Nazi-Keule trifft also auch – in diesem Zusammenhang – die Türkei oder?“
Wie man mit Lügen in der Geschichte seine Ressentiments bedient, ist schon traurig.
So ein Zitat taucht von 3 Protokollen über jenen Tag nur in einem auf. Warum fehlt es in den anderen beiden Protokollen?
Es kommt noch ulkiger: die Nürnberger Prozesse haben genau das dritte Protokoll, in dem dieses Zitat vorkommt, nicht als authentische Quelle akzeptiert. Das sollte denjenigen klar sein, die mit diesem gefälschten Zitat irgendwas „beweisen“ wollen.
Noch ein Fakt darüber, den man bei Guenter Lewy nachlesen kann: im August 1939 ist dem Konsens nach noch keine Vernichtung der Juden geplant gewesen. Lewy fragt, worauf Hitler dieses Zitat bezogen haben sollte, wenn noch gar nicht die Vernichtung der Juden geplant war?
Die Nazikeule taugt also nicht bei Türken sondern nach wie vor nur bei Deutschen (Erfinder des Nationalsozialismus und Leugner des Völkermords an Herero als Staatsdoktrin) und bei Armeniern. Die freiwilligen armenischen Kämpfer in Hitlers Truppen waren sehr zahlreich, Türken kann man fast keine finden.
Ich hätte mal eine Frage an die Deutschen :
Warum wird die Definition Völkermord an den Hereros von der deutschen Regierung nicht akzeptiert?
Es gab offiziell nur eine Entschuldigung am Rande für die Hereros…
Mein Rechtsempfinden würde mir sagen,warum sollte ich etwas eingestehen ,was andere mir vorwerfen.Laut Rechtsprechung bin ich Unschuldig und keiner verklagt mich.
Die Türkei streitet es nicht ab das es Opfer gab aber keine Opfer im einklang desVölkermordes.Wenn die Sogenannten und die schimpfen sich rechtsstaatliche Demokratien permanent auf Völkermord Plädieren,wer hält sie zurück das höchste Gericht in Anspruch zunehmen.Zur Zeit sehe ich eine Rücksichtslose Lynchjustiz vongewissen Länder die selber bis zum Halse in Genoziden stecken.
Das unscheinbare Debakel ist,das bisher keiner es für nötig befunden dieses durch ein Gericht zu manifestieren,man begnügt sich dabei zu Diffamieren und übel nachzureden.Gewisse zitieren einen Hitler Zitat im Zusammenhang mit Armeniern,als ob sie damals zugegen waren.
Es ist Traurig was aus dem Spruch In Dubio pro reo geworden ist.
Es liegt an den traurigen Gestalten mit Demokratischen Mitteln vor Gericht zu bringen,wenigsten nach knapp 100 Jahren,sie wissen doch MORD verjährt nie.