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ARD-Döner-TV

Öffentlich-rechtlicher Rassismus zur besten Sendezeit

Donnerstagabend. 20:15 Uhr. ARD. Fastnachtsendung: „Frankfurt: Helau“. Inhalt: Vorurteile und Klischees über Türken – verpackt als Witz und in gebrochenem Deutsch. Landesausländerbeirat fordert Entschuldigung. ARD und der HR nehmen Angebot aus dem Internet.

Freitag, 10.02.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 15.02.2012, 6:45 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Würden Sie Geld dafür zahlen, um öffentlich lächerlich gemacht zu werden? Millionen Türken und Muslime tun das. Nicht weil sie zu viel Geld oder einen überdurchschnittlichen Sinn für Humor haben, sondern weil sie gezwungen werden, über ihre GEZahlten Rundfunkgebühren Fastnachtsendungen wie „Frankfurt Hellau“ mitzufinanzieren, die am 2. Februar 2012 zur besten Sendezeit (Uhr 20:15) im Abendprogramm im ARD ausgestrahlt wurde.

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„Döner TV“ hieß die Büttenrede. Die Moderatorin trug ein Dirndl mit passendem Kopftuch in „Türk“is und machte in bewusst gebrochenem Deutsch plumpe Witze über „Eiche“ und „Achmed“. Die eine arbeitet als „Butzfrau“, der andere in der „geschlossenen Sendeanstalt“ – ausgestattet mit einem 10-jahres-Arbeitsvertrag ohne Bewährung. Der Saal jubelt.

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Geschmacklosigkeit
Der Zuschauer vor dem Fernseher aber staunt über die Geschmacklosigkeit. So auch Corrado Di Benedetto, Vorsitzender des Landesausländerbeirats in Hessen (agah): „Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Hier ist uns aber das Lachen im Halse stecken geblieben. Die karnevalistische Freiheit ist ein hohes Gut. Und: Satire darf alles, nur nicht herabsetzend sein. Hier wurden aber alle Regeln des Anstandes verletzt.“

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Die Büttenrednerin hat als „Türkin Eiche“ fast alle, gegenüber Türken bestehenden Vorurteile wie z.B. Kriminalität, Gewalt oder Klischees von der Unterdrückung der Frau und schlechter Bildung bedient, beklagt Di Benedetto. Der Beitrag sei eine Aneinanderreihung negativer Assoziationen gegenüber Türken und habe mit forschen Mitteln nichts als Abgrenzung praktiziert. Ein anderer Hintersinn sei bei bestem Wohlwollen nicht erkennbar. Die Büttenrede über Integration habe die Grenze der „Narrenfreiheit“ deutlich überschritten und sei eine öffentlich‐rechtliche Zurschaustellung von rassistischen Vorurteilen und im Ergebnis eine einzige Erniedrigung einer ganzen Bevölkerungsgruppe.

Angebot gelöscht
Der Hessische Landesausländerbeirat hat beim Hessischen Rundfunk gegen die Ausstrahlung Protest eingelegt und eine Entschuldigung des Senders gefordert.

Dieser Forderung kam man bisher nicht nach. Nüchtern und im Lichte dieser Vorwürfe betrachtet, scheint die Sendung den Verantwortlichen aber doch peinlich geworden zu sein. Sowohl im Mediathek des Onlineangebots der ARD noch auf den Internetseiten des Hessischen Rundfunks findet man mittlerweile Informationen zur Sendung. „Leider konnte die gewünschte Seite nicht gefunden werden“, heißt es jetzt, wenn nach einem Suchlauf auf den entsprechenden Link geklickt wird. (bk)

Uptdate:
Einer Meldung der Frankfurter Rundschau zufolge will der Hessische Rundfunk die umstrittene Büttenrede, rotz des Vorwurfs, die Sendung bediene billige Klischees über Türken und türkisch stämmige Menschen, erneut ausstrahlen. „Das gehört zur sprichwörtlichen Narrenfreiheit“, verteidigt HR-Pressesprecher Tobias Häuser.

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  1. Bierdurst sagt:

    „Polen, mein lieber Shinto, werden hierzulande immer noch diskriminiert, man denke nur an die zahlreichen Polenwitze und daran, dass man im deutschen Fernsehen aus einem MiroSLAV Klose rasch einen Miro Klose macht, offenbar ist das SLAV hier ein Problem!“

    das ist jetzt nicht Ihr Ernst oder?
    Dann nennen Sie Ihn halt Slawo Klose, dummerweise nennt er sich selber Miro und zu Ihrer Beruhigung kann ich sagen dass es im Deutschen keinen Namen gibt der mit „Miro…“ beginnt.

    Mann mann mann, manchmal möchte man einfach nur noch Dieter Nuhr zitieren.

  2. Bierdurst sagt:

    @Lutherus

    Böses Faul! Das heißt Kölle ALLAaf :-) :-)

  3. Ivica Marjanovic sagt:

    Es sollte damit aufgehört werden, diese Büttenrednerin zu verängstigen. Viele, nicht nur Karnevalisten, haben für die harten Angriffe auf diese Frau zurecht kein Verständnis.
    Ich mache mir Sorgen um die künstlerische Freiheit in diesem Land.
    Bulent Ceylan und Kaya Janar spielen nicht weniger mit Klischees.
    Klischees gibt es ohne beobachtbare Realität nicht. Büttenreden und Satire gründen sich genau darauf, auch wenn diese Realitäten nur noch Randerscheinungen in der Gesellschaft sein sollten.
    Ich halte es mit diesem Kommentar, den ich auf FR-Online gelesen habe:
    „Wer diese Büttenrede nicht toleriert, der versteht nichts von Karneval und Fassenacht. Der Humor der Narren kann ein scharfes Schwert sein, die Freiheit des Narren in der Bütt muss jeder aushalten, sie macht vor niemandem halt, vor ihr sind alle gleich. Und das sollte so bleiben!“

  4. lord helmchen sagt:

    interessant ist, daß ein herr yanar und ein herr ceylan das dürfen und eine „türkische eiche“ nicht. waren denn die dinger, die sie gerissen hat so viel schlimmer als vorgenannte comedians?
    ist es denn so schlimm, wenn man sich mal über ein paar klischees lustig macht? satire darf immerhin alles!!!
    selbst politer müssen doch auch unter der „spottdichtung“(so die deutsche bedeuttung des wortes satire) „leiden“
    im fasching werden nunmal „keine gefangenen „gemacht. wenn sich ein franzose über uns deutsche lustig macht nehmen wir es doch auch nicht so für voll.

  5. Pepe sagt:

    Ja, aber Bülent Ceylan und Kaya Anar sind „Ausländer“ in den Augen der Gesellschaft, und dürfen sich über Ausländer lustig machen. Ich als Ausländer toleriere eher einen Witz, der aus dem Munde eines ausländischen Mitbürgers kommt, als einen Witz, der von einem Deutschen ausgesprochen wird.

  6. Emotionale sagt:

    So viel Gedöns um einen Faschingsauftritt

  7. Halim sagt:

    Hallo!
    Ihr könnt euch aufregen kommentare schreiben solange keiner umgebracht wird sich da auch nichts tun die „braune kacke“ sitzt sehr tief drinn das wollen und werden sie nie loswerden.

  8. Die_Emotionale sagt:

    Heute Abend wird in HR3 die -hier verteufelte – Büttenrede wiederholt. ;-)

  9. Rasti sagt:

    „- Diskussionen im Politik über Abschiebungen von ausländern wegen einfachen delikten
    – Ehrenmorde statt familiendrama, …

    Wenn sowas alle paar monate vorkommt kann man vielleicht von Meinungsfreiheit und sonstigem sprechen. In der Systematik und Regelmäßigkeit spricht man hier von öffentlicher Mob.

    Das ist ein Straftat !!!“

    Mich ärgert vieles davon auch (wobei zwischen Ehrenmorden und „Familiendramen“ – was für ein doofes Wort – doch ein erheblicher Unterschied ist). Aber auch Meinungen, die Einzelne oder Minderheiten ärgern, sind nun mal von der Meinungsfreiheit gedeckt.

    Ich sehe das so:

    Die einen haben das Recht, so eine Büttenrede zu halten und ja, auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu senden. Das gebührenfinanzierte Fernsehen soll nämlich die Meinungsvielfalt im Lande widerspiegeln. Wenn man sich einerseits wünscht, dass sich die kritische Berichterstattung im Fernsehen auch mal gegen das eigene Land und gegen die „vorherrschende Meinung“ richtet – dann muss man andererseits aber auch mal die „Gegenseite“ zu Wort kommen lassen. Wobei diese Büttenrede im Vergleich zu so mancher Bild-Schlagzeile nun wirklich harmlos ist.

    Und die anderen haben natürlich das Recht, sich darüber aufzuregen.

  10. Pingback: Brückenbauer: Auf der Bütt | MiGAZIN