TV-Tipps des Tages
23.02.2012 – Türkei, Islam, Neonazi, Terror, Türken, NSU, Ausländer
TV-Tipps des Tages sind: Vielfalt des Islam: Wissen und Fortschritt - Wissen und mehr; "Deukisch" für Anfänger: Fünf Jahrzehnte Türken in Berlin; Skizzen aus dem Orient: Der Vansee im Osten der Türkei; frauTV: Ganz weit vorn: türkische Unternehmerinnen; Acht Türken, ein Grieche und eine Polizistin; Berlin - Ecke Bundesplatz; Arabische Revolutionen
Von Ümit Küçük Donnerstag, 23.02.2012, 8:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.02.2012, 16:25 Uhr Lesedauer: 9 Minuten |
Vielfalt des Islam
4/4, Wissen und Fortschritt – Wissen und mehr – Im Mittelalter waren die islamischen Reiche kulturelle und wirtschaftliche Führungsmächte. Im spanischen Córdoba ist dieses goldene Zeitalter noch präsent. Heute stehen islamische Länder hinter westlichen zurück. Gesellschaftliche Verhältnisse und die Auslegung des Islam spielen dabei eine Rolle. In Ägypten ringt man darum, traditionsverhaftete Religion und zukunftsträchtige Bildung in Einklang zu bringen, in Istanbul wird die religiöse Elite an staatlichen Schulen ausgebildet. 10:00-10:15 • HR
Gedenkveranstaltung für die Opfer
Rechtsextremistischer Gewalt – Die Gedenkveranstaltung im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin, zu der die Opfer rechtsextremistischer Gewalt sowie die Angehörigen der Ermordeten eingeladen sind und bei der Angela Merkel sprechen wird, soll an die Opfer erinnern und zugleich ein Signal des Zusammenhalts und des Einstehens gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt setzen. 10:30-12:00 • Das Erste (ARD)
„Deukisch“ für Anfänger
Fünf Jahrzehnte Türken in Berlin – Mehr als 100 000 Türken leben in Berlin. Damit gibt es in der Stadt die größte türkische Gemeinde Europas außerhalb der Türkei. Was wäre die Stadt eigentlich ohne ihre Zuwanderer?
Ende Oktober feiert die deutsche Einwanderungsgesellschaft ein Jubiläum. Vor 50 Jahren unterzeichneten die Bundesrepublik Deutschland und die Türkische Republik ein Abkommen über die Anwerbung von Arbeitskräften. Das Wirtschaftswunder westlich der 1961 befestigten innerdeutschen Grenze benötigte fleißige Hände, die kräftig zupacken für möglichst wenig Geld.
Die Menschen, die sich – vielfach aus Ostanatolien – auf eine mehr als fünfzigstündige Reise gemacht hatten, nannte man? Gastarbeiter?. Dennoch waren viele gekommen, um zu bleiben. Sie haben nicht nur Berlin nachhaltig verändert: wirtschaftlich, kulturell, sprachlich. Die Debatte um Integration machte vor einem Jahr durch das Erscheinen des Sarrazin-Bestsellers? Deutschland schafft sich ab? wieder heftige und provokante Schlagzeilen. Doch der Streit darum, wie Deutsche und Türken zusammenleben wollen, existiert seit dem Beginn der Zuwanderung vor 50 Jahren. Die Medizinstudentin Aylin Selcuk gründete vor vier Jahren die? Deukische Generation?, eine Interessenvertretung junger Türken, die das Zusammenwachsen zweier Kulturen symbolisieren soll. Seitdem gehören Begriffe wie Kanak Sprak oder Türkisch Rap zum Repertoire Berlins.
Die Doku von Dennis Wagner reflektiert 50 Jahre Deukisch Berlin und verbindet Geschichte mit Geschichten von Menschen, die vor einem halben Jahrhundert und später in die Stadt kamen, die ihre Kultur, ihre Religion und ihren Humor, ihre Vorbehalte und Erwartungen, ihre Musik, ihre Traditionen und ihre Küche mitbrachten. Mit dabei sind neben Aylin Selcuk auch der Comedian Murat Topal, der Schauspieler Akut Kayacik (u.a.? Almanya? willkommen in Deutschland?), DJ Epik, die Politiker Rita Süßmuth, Cem Özdemir, Klaus Wowereit, Bilkay Öney, Christian Ströbele, der Buchautor Cem Gülay (?Türken Sam?), der Unternehmensgründer Vural Öger sowie rbb-Moderatorin Nadya Luer u.a. 13:15-14:00 • PHOENIX
Skizzen aus dem Orient
Das Meer in den Bergen – Der Vansee im Osten der Türkei – Der Vansee ist sieben Mal so groß wie der Bodensee – ein Meer, das vor Urzeiten entstanden ist, als Erdbeben den Abfluss der Schmelzwasser aus den Bergen verschütteten.
Sein Wasser ist einzigartig auf der Welt: Wie ein urzeitlicher Ozean mit einer besonderen Mischung aus Salz- und Süßwasser und einem Sodagehalt, der eher dem einer Lauge entspricht. Auch die Pflanzen- und Tierwelt an seinen Ufern hat sich der Besonderheit des Seewassers angepasst.
An den Ufern der Vansee war einst das Zentrum einer bedeutenden Dynastie der Bronzezeit angesiedelt, die den Orient bis heute beeinflusst. Hier findet sich das Zentrum der armenischen Kultur von einst. Jahrhundertelang hatten sich dort auch der persische Schah und der osmanische Sultan bekämpft. 14:15-15:00 • BR
frauTV
Ganz weit vorn: türkische Unternehmerinnen
Immer mehr Frauen in Deutschland machen sich selbständig. Laut einer Studie sind besonders Frauen mit Migrationshintergrund erfolgreich, wie Zeynep Babadagi Hardt. Die Türkin ist Ende dreißig, verheiratet, 2 Kinder. 2005 gründete sie einen eigenen Pflegedienst, mit 29 Mitarbeiter und studiert neben. In frauTV erzählt sie, warum sie sich selbständig gemacht hat und wie viel Energie und Mut sie das gekostet hat. (Autorin: Ute Schneider)
Aufklärung – gestern, heute, morgen
Als Jutta Finkelstein ein junges Mädchen war, war Sexualität ein Tabuthema. Deshalb hat sie ihre Tochter zur Aufklärung an den Küchentisch gebeten. Die kann sich an nichts mehr erinnern und hat ihr Wissen über Sex von Freundinnen und aus der „Bravo“. Ihre 16-jährige Tochter chattet mit Freundinnen und informiert sich im Internet über Jungs und Mädchen. Aufklärung gestern, heute, morgen in frauTV. (Autorin: Susann Liman)
Der rosa Albtraum
Der Rosa-Albtraum im Kinderzimmer – wer sich als Mädchenmutter vorgenommen hat, Barbie und Prinzessin Lilliefee als Mitbewohnerinnen zu verhindern, der hat wenig Chancen auf Erfolg. Mädchen wollen Prinzessin sein! Sagt zumindest die Spielzeugindustrie sehr erfolgreich. „frauTV“-Autorin Christina Zühlke ist selber Mutter einer fast zweijährigen Tochter und fragt sich, ob sie dem rosa Wahn entgehen kann. (Autorin: Christina Zühlke) 22:00-22:30 • WDR
Acht Türken, ein Grieche und eine Polizistin
Die Opfer der Rechtsterroristen – Die Nachrichten über die Morde der rechtsterroristischen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) schockieren die Menschen. Die Dokumentation fragt: Wer waren die Opfer? Was wissen wir über sie? Wie lebten sie unter uns?
Die Täter machen Schlagzeilen. Die Ermittlungsbehörden stehen am Pranger, der Verfassungsschutz wird beschuldigt, versagt zu haben. Die Bundeskanzlerin nennt die ausländerfeindlichen Taten eine „Schande für Deutschland“. Die Dokumentation fahndet nicht nach den Tätern, deckt nicht auf, was Behörden falsch gemacht haben. Der Film gibt den Opfern einen Namen, ein Gesicht, eine Geschichte. Sie erzählt von den Angehörigen, beispielsweise von Enver Simsek. Wie die mörderische Tat ihr Leben veränderte, wie die lange ergebnislose Ermittlung sie deprimierte und was sie gerade jetzt durchmachen. Wahrscheinlich war Enver Simsek zur falschen Zeit am falschen Ort.
Am 9. September 2000, einem sonnigen Samstag, vertritt der Blumengroßhändler aus dem hessischen Schlüchtern seinen Angestellten. Er baut einen mobilen Stand an einer geschäftigen Nürnberger Ausfallstraße auf. Mittags liegt er getroffen von acht Kugeln in seinem Transporter. Die Täter schossen aus nächster Nähe wie bei einer Hinrichtung. Simsek hatte keine Chance zu entkommen und stirbt wenig später auf der Intensivstation. Seine damals 14 jährige Tochter Semiya kann nicht fassen, was passiert ist. Noch über zehn Jahre danach nicht: Die Polizei verdächtigte sogar ihre Mutter und den Onkel, etwas mit dem Mord zu tun zu haben.
Nürnberg war der Auftakt der unheimlichen Mord Serie, die erst vor wenigen Wochen aufgeklärt wurde. Zehn Tote und viele Verletzte in Nürnberg, München, Hamburg, Rostock, Dortmund, Kassel, Köln sind Opfer der Rechtsterroristen. 22:45-23:30 • RBB Berlin
Berlin – Ecke Bundesplatz
Erol Yilmaz ist ein Berliner Reinigungsunternehmer. Als kleiner Junge kam er Mitte der 1960er Jahre aus der Türkei nach Berlin. Seine Kinder sind in Deutschland geboren und fühlen sich mehr deutsch als türkisch.
Die Eltern von Erol und Erdogan Yilmaz wurden noch in Zelten geboren, denn die Großeltern lebten als kurdische Nomaden in den türkischen Bergen. Aber weil es Erol und Erdogan einmal besser gehen sollte, zogen ihre Eltern in den 60er Jahren nach Deutschland, stellten sich ans Fließband zum Geldverdienen und ließen ihre zwei Söhne bei den Großeltern in der Türkei. Erst als Jugendliche wurden die beiden nachgeholt.
Heute leben 25 Mitglieder des Yilmaz-Clans in Berlin. Die Eltern leisten sich nach ihrer Rente eine Wohnung sowohl in Berlin als auch in Malatya und pendeln zwischen den Welten.
Hintergrundinformationen:
Die Langzeitbeobachtung „Berlin – Ecke Bundesplatz“ beobachtet seit Mitte der 80er Jahre Menschen, die rund um den Bundesplatz leben. 23:30-01:00 • RBB Berlin
Das Jahr des Frühlings
Dokumentarfilm – Thema: Arabische Revolutionen – Das Jahr 2011 wird als ein Jahr der Zeitenwende in die Geschichte eingehen. Ein Sturm der Wut und des Protestes gegen korrupte, überlebte Regimes hat in der arabischen Welt vielerorts die Diktatoren hinweggefegt.
Auslöser des Flächenbrandes war die Selbstverbrennung des jungen Tunesiers Mohammed Bouazizi. Er hatte trotz Studiums kaum Chancen, jemals eine anständige, existenzsichernde Arbeit zu erhalten. Die demütigenden Misshandlungen in Polizeigewahrsam ließen ihm ein Weiterleben sinnlos erscheinen.
Hätte man hundert Experten gefragt, ob ein solches Ereignis eine revolutionäre Welle auslösen könnte, hätten alle hundert das sicher verneint, so der ägyptische Publizist Hisham Kassem. Die Geschwindigkeit der revolutionären Welle hat alle überrascht, ausländische Staaten ebenso wie Geheimdienste, die bekämpften Regimes und nicht zuletzt die Protagonisten der Revolution selbst.
Bald zeigten sich die Unterschiede zwischen den Nationen und ihren Regimes. In Libyen wären die Rebellen ohne die NATO-Unterstützung kaum siegreich gewesen. In Tunesien wurden Wahlen abgehalten, bei denen die sich auf den Islam berufende Partei „Ennahda“ (Wiedergeburt) als Siegerin hervorging. Sie betont zwar, die Prinzipien der Demokratie und Toleranz zu akzeptieren, aber die jungen Menschen, die die Revolution vorantrieben, und die Frauen misstrauen diesen Bekundungen. In Ägypten herrscht seit dem Sturz Mubaraks das Militär, das sich auf die Seite der Demonstranten geschlagen hatte. Doch so richtig wollen die Generäle die Macht nicht aufgeben und sich einer demokratisch gewählten Regierung unterstellen. Andererseits brachten die ersten Wahlen einen Sieg der Muslimbrüder und – für viele erschreckend – starke Stimmanteile für die Salafisten, Befürworter eines radikalen Islamismus.
In Syrien versucht Präsident Baschar al-Assad die Macht seines Familienclans mit allen Mitteln zu erhalten. Woher nehmen die Menschen den Mut, trotzdem jeden Tag zu protestieren? Sie haben kreative Formen des Protestes entwickelt, wie Tänze, Graffitis, Satire im Internet. Aber die Gründung der Freien Syrischen Armee durch desertierte Soldaten führte zu gezielten bewaffneten Aktionen gegen militärische Einrichtungen des Regimes. Damit wächst die Gefahr eines Bürgerkrieges.
Im Jemen ist die Revolution nach einem Jahr ausgebremst. Präsident Saleh, seit 33 Jahren im Amt, ist zurückgetreten, aber wird weiter als graue Eminenz im Hintergrund die Fäden ziehen. Außerdem tobt hinter der Revolution ein Kampf der traditionell mächtigen Stammesverbände, die ihre Pfründe und Einflussbereiche erhalten wollen. Verträgt sich eine Stammesgesellschaft mit der Demokratie?
In all diesen Ländern und innerhalb der einst gegen die Diktaturen einigen Opposition schwelt der Konflikt zwischen den Kräften der Erneuerung und jenen, die eher eine religiös definierte Tradition restaurieren wollen als die Gesellschaft zu demokratisieren. Werden die Losungen der Arabischen Revolution „Brot, Freiheit, Würde“ sich verwirklichen lassen oder werden diese großen geschichtlichen Umwälzungen in der arabischen Welt wieder in einer epochalen Enttäuschung enden? 02:10-03:40 • arte TV-Tipps
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