Politische Nachlese
Gedenkfeier für Neonazi-Opfer
Fünf Tage nach der offiziellen Gedenkfeier für die Opfer der Nazi-Terror-Zelle sind eine Vielzahl von Artikeln, Meinungen und Berichten erschienen. Zeit für eine politische Nachlese!
Von Daniela Kolbe Dienstag, 28.02.2012, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 01.03.2012, 9:03 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
„Heute stehe ich hier, trauere nicht nur um meinen Vater, sondern quäle mich auch mit der Frage: Bin ich in Deutschland Zuhause?“ (Semiya Şimşek, Tochter des am 09. September 2000 in Nürnberg ermordeten Enver Şimşek)
Die Gedenkveranstaltung war sehr würdevoll. Das tiefe Mitgefühl für die Hinterbliebenen war spürbar im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Ich hoffe, dass dieses Mitgefühl den Familienangehörigen endlich, nach all den Jahren der falschen Verdächtigungen, Trost spenden konnte. Es ist wichtig, dass alle Verfassungsorgane der Bundesrepublik öffentlich der Opfer des Naziterrors gedachten und dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenso öffentlich bei den Familien für das Versagen und die Fehler der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden entschuldigte. Genauso bedeutend war es aber auch, dass die Angehörigen endlich öffentlich das Wort ergreifen konnten.
Angela Merkel bei Dresden Nazifrei 2013?
Die Rede von Angela Merkel hat bei mir und vielen langjährig gegen Rechts Engagierten einen schalen Nachgeschmack hinterlassen. Denn: misst man ihre sehr treffenden Worte an ihrem eigenen Regierungshandeln entpuppen sie sich als leer und unglaubwürdig. Für ein entschlossenes Handeln gegen Rechts fehlt es noch an Vielem. Merkel lobt den zivilen Widerstand in Dresden, während die Kriminalisierung des Protests unter der CDU-Regierung schon ein eigenes Label hat: Sächsische Verhältnisse. Sächsische Verhältnisse bedeutet Funkzellenüberwachung und Strafverfolgung. Könnte man Merkel beim Wort nehmen, wäre sie nächstes Jahr mit uns dabei in Dresden, im Kampf gegen Rechts.
Doch die Realität in der Bundesregierung ist eine andere. Während Merkel sich jetzt für ein entschlossenes Handeln aller gegen Rechts positioniert, macht ihre Familienministerin etwas anderes. Ihre Ministerin Kristina Schröder ist konsequent damit beschäftigt, die ideologisch motivierte Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus zu verkünden. Sie geht sogar soweit und finanziert einen Kuschelworkshop für militante Nazis in Dortmund unter dem bezeichnenden Titel „Dortmund den Dortmundern“. Konsequent bleibt sie auch dabei, die eigens eingeführte Extremismusklausel aufrecht zu erhalten, für alle Engagierten die sich mit ihren Projekten gerade gegen Nazis stellen.
Wir brauchen eine Gesamtstrategie gegen Rassismus
Die Bekämpfung von Rassismus in Deutschland ist eine konsequente und langfristige Aufgabe aller. Bisher hat Deutschland aber nur durch Halbherzigkeiten geglänzt. Das Netz gegen Rassismus hat bereits 2010 hier einen glaubwürdigen Vorschlag gemacht.
Liebe Semiya Simsek, ja! Natürlich ist das hier Ihr Zuhause. Ebenso wie meines. Es ist unser zu Hause!
Ihre Daniela Kolbe Aktuell Meinung
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