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Schünemanns neues Sicherheitskonzept

Arbeitgeber sollen aufflällige muslimische Mitarbeiter melden

Arbeitgeber sollen ihre muslimischen Mitarbeiter kritisch beäugen und Auffälligkeiten den Sicherheitsdiensten melden. Das ist ein Aspekt aus dem neuen Präventionskonzept des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann.

Mittwoch, 07.03.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.03.2012, 8:05 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) wird nicht selten für seine Unverhältnismäßigkeit kritisiert – von der Opposition genauso wie von der Rechtsprechung. Zuletzt kassierte er für seine Abschiebepraxis eine weitere Rüge vom Bundesverfassungsgericht. Auch die verdachtsunabhängigen Moscheekontrollen an Freitagsgebeten mit polizeilichen Hundertmannschaften und Maschinengewehren hatte Schünemann eingestellt, nachdem der Gesestzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages Verfassungswidrigkeit attestiert und der damalige Ministerpräsident Christian Wulff ihn aufgefordert hatte, die Praxis zu beenden.

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Nun geht Schünemann erneut in die Offensive gegen vermeintliche „Islamisten“. Sein neues Konzept stellte er gestern (6.3.2012) in Hannover vor. „Wir wollen der Radikalisierung so früh wie möglich begegnen“, so Schünemann bei der Vorstellung des „Handlungskonzeptes Antiradikalisierung im Bereich islamistischer Extremismus und Terrorismus“.

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Jeder Muslime ist verdächtig
Vom islamistischen Terrorismus gehe nach wie vor eine große Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands aus, sagte der Innenminister. Um ihr zu begegnen, hätten Bund und Land erhebliche Anstrengungen im Bereich der Terrorismusbekämpfung durch Polizei, Nachrichtendienste und Strafjustiz unternommen. „Jetzt muss es darum gehen, diesen operativen Bereich durch eine maßgeschneiderte Prävention zu flankieren“, sagte der CDU-Politiker. Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus gehe ganz wesentlich nicht nur von Terrorgruppen wie Al Qaida, sondern auch von radikalisierten Einzeltätern aus. Oft handele es sich um vermeintlich gut integrierte Personen mit guten Sprachkenntnissen und guter Schulbildung.

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Im Klartext: jeder Muslim ist verdächtig. Die Früherkennung von Radikalisierung müsse daher als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden und setze ein Zusammenwirken aller Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft voraus. Und dazu gehörten auch Arbeitgeber.

Arbeitgeber sollen muslimische Mitarbeiter beäugen
Diese sollen in die Lage versetzt werden, „Radikalisierungsprozesse im eigenen Firmenumfeld frühzeitig zu erkennen“, heißt es dazu im Handlungskonzept. Um dieses Ziel zu erreichen, sei vorgesehen, Arbeitgeber für die Themenfelder „Islamismus“ und „Radikalisierung“ zu sensibilisieren. Das solle das Netzwerk des Arbeitsbereichs Wirtschaftsschutz übernehmen. Unternehmen und Wirtschaftsverbände sollen für die Gefahren des islamistischen Extremismus und Terrorismus genutzt werden.

Ziel sei es, „in gebotenen Einzelfällen konkrete fallbezogene Informationen über die betroffene Person zwischen den Kooperationspartnern und den Sicherheitsbehörden auszutauschen“. In der Praxis sieht das so aus: Arbeitgeber sollen ihre muslimische Mitarbeiter kritisch beäugen und die gewonnenen Erkenntnisse den Sicherheitsdiensten weiterleiten.

Zusammenarbeit mit Muslimen?
Das ist aber nur ein Teilaspekt des Handlungskonzepts. Mit von der Partie sind Schulen, Jugendämter, Ordnungsämter, Ausländerbehörden, Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge und Asylsuchende, Sozialverwaltungen und Finanzbehörden. „Diese Maßnahmen sind darauf angelegt, in gebotenen Einzelfällen konkrete fallbezogene Informationen über die betroffene Person zwischen den Kooperationspartnern und den Sicherheitsbehörden auszutauschen“, heißt es in dem Papier.

Download: Die „Kernaussagen des Handlungskonzepts zur Antiradikalisierung und Prävention im Bereich des islamistischen Extremismus und Terrorismus in Niedersachsen“ kann bei www.mi.niedersachsen.de als PDF-Datei heruntergeladen werden.

„Dabei ist eine Zusammenarbeit mit den hier lebenden Muslimen von entscheidender Bedeutung. Ich freue mich, dass schon bei der Erarbeitung des Konzeptes muslimische Vertreter mitgewirkt haben“, so Minister Schünemann. Die Vorsitzenden bzw. Vertreter von Ditib und Schura Niedersachsen seien im Rahmen der Projektgruppe über die einzelnen Vorhaben informiert worden und hätten ihre „grundsätzliche Bereitschaft zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit erklärt“.

Einigkeit mit Muslimen?
Eine Einigkeit mit den Muslimen hatte Schünemann auch in der Causa Moscheekontrollen behauptet, während diese sich massiv über die Kontrollen beschwerten und die sofortige Einstellung forderten.

Inwieweit die aktuelle Handlungsoffensive mit den Muslimen abgestimmt ist, wird sich noch zeigen. Auf eventuelle Einwände bereitet sich Schünemann vorsorglich mit blumigen Formulierungen vor. Er betont, dass der Islamismus nichts „mit der friedlichen Religion des Islam zu tun“ habe. „Die islamistischen Terroristen und Hassprediger stehen für eine Pervertierung des Islam. Alle hier lebenden Muslime haben Anspruch darauf, vor Vorurteilen und pauschalen Verdächtigungen bewahrt zu werden.“

SPD: Das ist Denunziantentum
Die SPD kann Schünemann damit jedenfalls nicht überzeugen. Sigrid Leuschner, stellvertretende innenpolitische Sprecherin, betont: „Für uns steht fest, dass wir auf keinen Fall Denunziantentum fördern wollen und es nicht hinnehmen werden, dass Vorurteile gegenüber Menschen muslimischen Glaubens in unserer Gesellschaft verstärkt werden.“ Es sei problematisch, Radikalisierungsgefahren ausschließlich an der Religionszugehörigkeit von Menschen festzumachen.(eb)
Leitartikel Politik

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  1. Nael sagt:

    Mich wundert auch nichts mehr.
    Ich schäme mich mittlerweile ein Beamter dieses Staates zu sein.
    Das was Hitler danals zu Anfang seiner Diktatur mit den Juden gemacht hat versucht jetzt dieser Innenminister mit der muslimischen Bevölkerung zu machen.

    Hut ab Herr Innenminister !
    Sie sind eine Schande für die „wahre Demokratie“!

  2. MoBo sagt:

    Auf Facebook kursiert dieser Beitrag gerade viral mit Anmerkungen wie einfach alle Muslime zu melden, oder Leute wie Aygül Özkan und Necla Kelek zu melden usw. usf. …

  3. hasan sagt:

    Ich schlage vor, man sollte jeden Erwachsenen Deutschen und Christen unter Generalverdacht stellen, es könnte sich ja unter umständen um einen Pädophilien handeln.

    Liebe Christlichen Mitbürger bitte nehmt es mir nicht so übel wenn ich so einen Vorschlag mache aber es geht um die Sicherheit der Kinder.

    Und wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.

  4. Pingback: mariam-ffm , Archive » Innenminister Friedrich treibt wieder eine Sau durchs Dorf

  5. Pingback: Lüge! – DITIB erteilt Schünemanns Antiradikalisierungsprogramm eine Abfuhr | MiGAZIN

  6. M-A-N sagt:

    Ich dachte die Zeit der Kapos , Blockwarte und Abschnittsbevollmächtigten hätten wir hinter uns gelassen … !

  7. Nael sagt:

    In manchen Köpfen steckt noch NS-Ideologie.
    Es ist beschämend und beängstigend zu gleich ,so etwas 80 Jahre danach erneut zu erleben.
    So hat es vor 80 Jahren auch angefangen!

  8. Lynx sagt:

    Die Unterscheidung zwischen „gewaltbereitem Islamismus“ und „friedlichem Islam“ dient den Islamhassern nur dazu, ihre wahre Einstellung und ihre wahren Absichten zu kaschieren. Solange sie sich die Definitionshoheit über den schwammigen Unbegriff „Islamismus“, „islamistisch“ usw. vorbehalten, wird er von ihnen dazu mißbraucht, jeden Muslim, der seine Religion ernst nimmt und praktiziert, als terrorismusverdächtig abzustempeln. Wie soll denn ein von den gleichgeschalteten Mainstream-Medien beeinflußter und verhetzter nichtmuslimischer Arbeitgeber oder Mitarbeiter eines „Sicherheitsdienstes“, der kein wirkliches Wissen über den Islam besitzt, beurteilen, ob einer seiner muslimischen Arbeitnehmer „radikalisiert“ ist, wenn dieser anfängt, seine Religion zu praktizieren und sich bspw. einen Bart stehen läßt, in der Pause betet oder den Qur’ān memoriert?
    Worauf das hinausläuft, haben wir erst in der jüngsten Vergangenheit bei Unterdrückungsregimen, wie dem des Ibn ´Alī in Tunesien sehen können: Bartträgern und Kopftuchträgerinnen wurde der Zutritt zu Universitäten verwehrt, Polizeistreifen verlangten von ihnen, Erklärungen zu unterschreiben, daß sie sich den Bart abrasieren lassen oder das Kopftuch ablegen würden, und der Moscheebesuch war nur mit Sonderausweisen und jeweils nur für bestimmte Moscheen erlaubt. Das alles geschah im Namen der Bekämpfung einer vorgeblichen „islamistischen“ Gefahr und wurde von den westlichen Staaten unterstützt.
    Sieht so nach Vorstellung des niedersächsischen Innenministers die im GG verankerte freie und ungestörte Religionsausübung aus? Wie kann man meinen, das System der BRD sei ein wirklich „freiheitliches und demokratisches“, wenn ein solcher Innenminister weiterhin seinen Posten behält? Wollen die ehemals freiheitlichen westlichen (angeblichen) Demokratien jetzt die Rolle jener arabischen Regime übernehmen, nachdem die dortigen Völker angefangen haben, sich von ihnen zu befreien?

  9. Pingback: Arbeitgeber sollen auffällige Muslime melden » Schünemann, Muslime, Bereich, Prävention, Innenminister, Terrorismus » Informelles

  10. Mathis sagt:

    Ein Handlungskonzept ist kein Gesetz und hat auch keinerlei rechtliche Verbindlichkeit.
    Die Betriebsräte sollten geschlossen auf die Barrikaden gehen.Das ist eine absolut stumpfsinnige Aktion.