Buchtipp zum Wochenende
„Periodischer Patriotimus“ von Marcello Buzzanca
Der Periodische Patriotismus von Marcello Buzzanca beschreibt deut(sch)liche Erfahrungen eines provisorischen Italieners und klärt u.a. darüber auf, dass Italiener, obwohl meist klein gewachsen, aufgrund ihres gestikulativen Radius ziemlich viel Platz einnehmen, den Deutsche ihnen ob ihrer Angst vor körperlicher Nähe auch noch einräumen.
Von Birol Kocaman Freitag, 30.03.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 04.04.2012, 7:56 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Leiden Migranten eigentlich häufiger unter Migräne. Dürfen Muslime überhaupt ein Sparschwein besitzen? Kann man sein Bleiberecht an den Höchstbietenden versteigern und dabei gar die Abgeltungssteuer umgehen?
Zugegeben, die Antworten auf diese Fragen sind kein essentieller Beitrag zu einer zeitgemäßen Integrationspolitik. Und doch zeigen sie deutlich, wie man den Periodischen Patriotismus von Marcello Buzzanca lesen sollte: Mit genauso viel Spaß, wie der Autor ihn verfasst hat. Ernst nehmen sollte man diesen Rück- und Ausblick eines Lebens als Teilzeit-Deutscher und Hobby-Ausländers schon, denn unter den subtilen Wortkaskaden verbirgt sich immer auch die ausgeprägte Beobachtungsgabe, mit der Buzzanca Common Places latenter Ausländer- und Deutschenfeindlichkeit benennt und dort genüsslich Platz nimmt. Auch der Leser kann sich gemütlich neben den Autor setzen und dabei zusehen, wie Migration(e) Wenn und Aber Ihren Weg geht.
Das E-Book: Periodischer Patriotismus: Deut(sch)liche Erfahrungen eines provisorischen Italieners
(ISBN: 978-3-86479-243-4)
Erschienen auf Bookrix.de und erhältlich in zahlreichen anderen E-Book-Stores
Die Etappen dabei laufen entlang geschwungener sizilianischer Serpentinen oder auch auf deutschen Bürgersteigen, Buchhandlungen und Bekenntnispfaden. Immer vermag Buzzanca die Kurve zu nehmen und von der verspielten Lust an der Wortbeugung zu einer ernsthaften Betrachtung der Migration und deren Geschichte in Deutschland umzuschwenken. Dabei ist seine persönliche Geschichte ja sehr eng mit jener der Post-Gastarbeiter-Ära verbunden. Als Sohn eines sizilianischen Gastarbeiters und einer Deutschen wächst Marcello Buzzanca Anfang der Siebziger Jahre in Frankfurt am Main auf. Was er in seiner Kindheit und Jugend hinsichtlich Ausländerfeindlichkeit, Ablehnung aber auch Annahme und Toleranz erlebt, gibt er humorvoll, bissig und in jedem Fall auch zum Nachlesen-, denken- und fühlen wider.
Sein Patriotismus ist periodisch und auch parasitär, bedient er sich doch immer nur so lange von den Vorzügen einer Kultur, solange sie für ihn von Vorteil sind. Das Switchen auch in und durch Sprache ist dafür ein evidentes Beispiel. Marcello Buzzanca vermittelt in seinem Buch die Überzeugung, dass Migration immer auch Stock Picking ist und dass darin viele aktuelle Probleme und Konflikte begründet sind, wie sie aber auch dadurch wenigstens teilweise gelöst werden könnten: Nimm dir das Beste aus allen Kulturen, benutze es und was du nicht brauchst, lass liegen.
Innerhalb dieses Umschaltens zwischen den Kulturen fällt das Umblättern leicht, will man doch unbedingt wissen, wie es weitergeht. Und dennoch trennt man sich schwer von jeder Seite, kann man doch vor allem als Migrant/in nachfühlen, wie es Buzzanca bei seinen deut(sch)lichen Erfahrungen eines provisorischen Italieners ging – in Deutschland, In Italien, an der Uni und in seinem früheren Job als Dozent für Deutsch als Schwer- und Fremdsprache.
Aber auch all jene, die keinen Migrationshintergrund besitzen, werden ihr Aha-Erlebnis haben und einen Einblick in die Gefühlswelt der anderen Seite einer geteilten Seele ergattern können.
Über den Autor:
Marcello Buzzanca aka Partiziano ist MiGAZIN-Kolumnist, freier Autor, Redakteur, Journalist und Übersetzer. Aktuell Rezension
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„Sein Patriotismus ist periodisch und auch parasitär, bedient er sich doch immer nur so lange von den Vorzügen einer Kultur, solange sie für ihn von Vorteil sind.“
Ganz ohne Satire liegt hier der Grund, warum ich (und viele andere Deutsche) so vielen Paß-Deutschen mißtrauisch gegenüberstehen. Von einer Frau, die ich heirate, erwarte ich ja auch, daß sie in schlechten und nicht nur in guten Zeiten zu mir steht.