Polizeikontrollen nach Hautfarbe
Antidiskriminierungsstelle warnt vor Stigmatisierung
Das umstrittene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz zu Polizeikontrollen nach der Hautfarbe in Zügen löst heftige Kritik aus. Die Antidiskriminierungsstelle, ISD-Bund und die TGD fordern die Polizei auf, Kontrollen nach der Hautfarbe zu beenden.
Dienstag, 10.04.2012, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 30.10.2012, 7:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Nach dem umstrittenen Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz zu Zugkontrollen bei der Bundespolizei hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) vor einer Stigmatisierung der Opfer gewarnt. „Dass das Gericht polizeiliche Ausweiskontrollen aufgrund der Hautfarbe als geringfügigen Eingriff bezeichnet, geht für uns an der Lebenswirklichkeit vorbei“ sagte ADS-Leiterin Christine Lüders vergangene Woche (4.4.2012) in Berlin. Lüders rief zu besonderer Sensibilität gegenüber herkunftsbezogenen Vorurteilen und Stereotypen auf. Und das gelte auch für staatliche Stellen.
„Es hat schwere Folgen für das Zusammenleben in Deutschland und unser Bemühen um Verhinderung von Diskriminierung, wenn die Polizei Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert“ sagte Lüders und ergänzte: „Betroffene bringen immer wieder gegenüber der ADS zum Ausdruck, wie sehr es sie belastet, öffentlich in Verbindung mit kriminellen Verhalten gebracht zu werden. Die Kontrollen treffen häufig auch Menschen, die in Deutschland geboren sind oder hier seit vielen Jahren mit ihren Familien leben. Sie sehen sich in all ihren Integrationsbemühungen enttäuscht. Die ADS hat sich bei solchen Beschwerden wiederholt mit der Bundespolizei in Verbindung gesetzt. Erst im Oktober wurde ihr von dort versichert, dass bei Ein- und Ausreisekontrollen am Flughafen ethnische Gesichtspunkte keine Rolle spielen und dabei auf den Schengener Grenzkodex verwiesen.“ Nach Artikel 6 dieses Grenzkodex darf bei der Durchführung solcher Kontrollen nicht wegen der ethnischen Herkunft diskriminiert werden.
Racial Profiling jetzt schwarz auf weiß
Kritisiert werden die Koblenzer Verwaltungsrichter auch von der „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland – ISD Bund e.V.“ Damit sei zum ersten Mal eingestanden worden, dass die Praxis des „Racial-Profiling“ in Deutschland von Polizeibeamten angewandt wird. In dem Prozess sagte der zuständige Polizeibeamte das die Hautfarbe des Klägers Grund der Kontrolle war.
„Schon seit geraumer Zeit kommt es immer wieder zu Beschwerden Schwarzer Menschen über gezielte Identitätskontrollen an Bahnhöfen, Flughäfen und anderen Orten des öffentlichen Lebens, auch wenn diese nicht grenznah gelegen sind“, erklärte der Bund und begrüßt, dass der Kläger gegen die Entscheidung des VG Koblenz in Berufung geht.
Ähnlich bewertet auch die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) das Urteil. Es bringe „das gefährliche Potenzial mit sich, dass zukünftig für verdachtsunabhängige Kontrollen durch die Polizei allein äußerliche Merkmale von Menschen ausschlaggebend sein können“, erklärte der diversitypolitische Sprecher, Serdar Yazar. „In Wirklichkeit wird hierbei eine Grenzziehung zwischen WIR – die Deutschen und IHR – die Nicht-Deutschen gezogen, die durch dieses Urteil bekräftigt worden ist“, warnt Yazar. Die TGD fordert Bundesinnenminister Hand-Peter Friedrich (CSU) auf, die Bundespolizei anzuweisen, „damit sie von solchen rassistischen und diskriminierenden Handlungen absehen“. (hs) Aktuell Recht
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