Verwaltungsgericht Göttingen
Integrationswunsch rechtfertigt keine Namensänderung
Der Wunsch nach bestmöglicher Integration rechtfertigt nicht den Wunsch einer Namensänderung. Selbst dann nicht, wenn ausländische Namen benachteiligt seien. Das urteilte das Verwaltungsgericht Göttingen. Geklagt hatte eine Familie aus Aserbaidschan.
Freitag, 11.05.2012, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 18.05.2012, 13:41 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ein ungewöhnlicher Fall beschäftigte das Verwaltungsgericht Göttingen am 25. April 2012. Eine Familie aus Aserbaidschan begehrte eine Namensänderung mit folgender Begründung: Ein weniger ausländisch klingender Name sei vorteilhaft bei der Arbeitsplatzsuche. Zudem hätten die Vornamen einen Bezug zum moslemischen Glauben und seien für nachteilig bei der Integration. Das Ziel der Familie sei eine vollständige Integration in die deutsche Gesellschaft.
Die Familie war im März 2005 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hatte Asyl beantragt, das anerkannt wurde. Mit Bescheid vom Januar 2011 lehnte die Stadt die Namensänderung ab, weil ein fremdsprachiger Ursprung des Namens kein wichtiger Grund für eine Namensänderung sei. Schwierigkeiten mit der Schreibweise oder Aussprache seien nicht erkennbar.
Diskriminierung kein wichtiger Grund
Dagegen zog die aserbaidschanische Familie vor Gericht – ohne Erfolg. „Ein Integrationshindernis aufgrund der Vor- und Nachnamen sei nicht ersichtlich“, so die Richterin in der Urteilsbegründung. Nur ein wichtiger Grund könne eine Namensänderung rechtfertigen.
Zwar sei die Befürchtung der Kläger, aufgrund ihres ausländischen Namens Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt zu sein, „nicht ganz auszuschließen. Jedoch stellt diese keinen wichtigen Grund für eine Namensänderung dar. Es ist nicht Aufgabe des Namensrechts, einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung entgegenzusteuern“, so die Richterin. Den Klägern stünde beispielsweise das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zur Seite, um sich gegen derartige Diskriminierungen zu wehren.
Religionsbezug kein wichtiger Grund
Die Richterin weiter: „Zudem lässt sich die ausländische Herkunft der Kläger in einem Bewerbungsverfahren nicht vollständig verbergen, weil sie sich auch aufgrund ihres Geburtsortes und ihres Lebenslaufes ergibt.“
Auch der Religionsbezug überzeugte die Richterin nicht. „Auch bei Vornamen, die sich eindeutig einer Religion zuordnen lassen, ist der Namensträger nicht gehindert, eine andere Religion anzunehmen oder keiner Religionsgemeinschaft anzugehören. Zudem werden religiös geprägte Namen häufig aus traditionellen Gründen gegeben, ohne dass andere mit der Namensführung automatisch eine aktive Glaubensausübung verbinden.“ (hs) Aktuell Recht
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Namensänderungen können nur für Deutsche im Sinne des Grundgesetzes, Staatenlose, heimatlose Ausländer, ausländische Flüchtlinge oder Asylberechtigte durchgeführt werden., denn das Namensrecht ist durch die entsprechenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§1616 ff BGB) umfassend und (im Grundsatz) abschliessend geregelt.
Eine öffentlich-rechtliche Namensänderung dient dazu, Unzträglichkeiten im Einzelfall zu beseitigen. Darum hat eine Namensänderung Ausnahmecharakter.
Pragmatikerin
Nachtrag:
Es liegt ein wichtiger Grund vor, der eine Namensänderung rechtfertigt.
wenn der Name anstößig oder lächerlich klingt,
wesentliche Schwierigkeiten in der Schreibweise oder bei der Aussprache verursacht,
der Name eines Kindes angepasst werden soll an den Namen, den der allein sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung wieder angenommen hat.
Durch die Namensänderung darf aber kein falscher Eindruck über familiäre Zusammenhänge geweckt werden.
Pragmatikerin
„Es ist nicht Aufgabe des Namensrechts, einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung entgegenzusteuern“
Eine sehr differenzierte und vernünftige Urteilsbegründung.
Traurig, dass Menschen nicht mehr den Mut und die Ausdauer haben ihre Stimme gegen Missstände und Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft zu erheben.
Wir sind in der BRD weit davon entfernt, dass die „Verleugnung“ der eigenen Identität als Lösung herhalten muss.
Lassen wir die Kirche (und die Moschee) im Dorf.
@pepe
Sind sie sich sicher, dass die jüdische Bevölkerung in den 30ern eine Namensanpassung anstrebte? Ein Blick auf jüdische Nachnamen genügt, um zu erkennen, dass hier keine großen Unterschiede zu den deutschen Nachnamen vorhanden sind. Zurückzuführen sei dies auf die Einführung eines festen Nachnamens durch Napoleon (1808), dem die Herrschaftsgebiete Europas nacheiferten…
Die Geschichte lehrt uns anhand dieses Beispiels also, dass der letzte und selbstverzweifelte Schritt der Integration/Assimilierung, die Namensanpassung, auch nicht vor Diskriminierung (und dem Tod) schützt …
@Songül
Gut auf den Punkt gebracht. Nicht der Name sollte geändert werden sondern die Einstellung der Menschen muss sich ändern.
@aloo masala
„Gut auf den Punkt gebracht. Nicht der Name sollte geändert werden sondern die Einstellung der Menschen muss sich ändern.“
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Im Grunde genommen war dies die Botschaft der Urteilsbegründung, der ich nur beipflichten konnte.
Jedem, dem hier Deutsche Gesetze oder das Deutsche GG nicht gfefällt, hat die Möglichkeit – sofern er die Deutsche Staatsbürgerschaftz besitzt – in einer Partei aktiv bei Änderungen mitzuarbeiten.
Wer aber nur an den bestehenden Gesetzten rumnörgelt (nur nörgeln kann) der „verdient“ keine anderen Gesetze.
Pragmatikerin