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Kein Einzelfall, sondern System

Solidaritätskampagne für Mely Kıyak

Es ist wohl einmalig, dass eine Solidaritätskampagne für eine Journalistin gestartet werden muss, um sie zu unterstützen - gegen rechte Hetze. Denn genau das wird seit Wochen gemacht - systematisch.

Montag, 04.06.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 11.06.2012, 23:34 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Mely Kıyak war Thilo Sarrazin in einem ihrer Kolumnen in der Frankfurter Rundschau persönlich zu nahe getreten. Das löste eine Welle der Entrüstung aus. Kıyak sah das ein und bedauerte öffentlich, dass sie unwissentlich auf eine körperliche Beeinträchtigung von Sarrazin hingewiesen hat. Die Frankfurter Rundschau reagierte ebenfalls und nahm den Text von ihrer Website. Doch die Welle wurde größer und größer und schaffte es sogar groß in die Bild-Zeitung: „Diese Journalistin muss sich bei Sarrazin entschuldigen“, lautete die Schlagzeile.

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Für Çiçek Bacik, Sprecherin vom Türkischen Bund Berlin-Brandenburg (TBB), ist klar, „wo der Schuh drückt“, wenn man sich die „Ausdrucksweise der Kritik“ näher betrachtet. Auf der anderen Seite habe sich bis heute niemand für die unzähligen rassistischen Beleidigungen entschuldigt, „die unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit ungestört verbreitet werden. Wer darf was, wann sagen? Wer genießt die schützende Hand der kulturellen Hegemonie und wer nicht? Diese Fragen müssen wir uns stellen“, so Bacik. Hinter dieser Einschüchterungskampagne stecke System.

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Und damit hat sie nicht unrecht. Es ist bereits Regel, dass Autoren, die gegen rechte Hetze anschreiben, mit Hunderten und Tausenden Leserbriefen beleidigt, beschimpft und offen bedroht werden. Jeder, der es wagt, einen der berühmten Rechtspopulisten anzugreifen, bekommt puren Hass zu lesen und zu spüren. Kurz nach Veröffentlichung eines solchen Artikels, sind Hassmails und Drohbriefe vorprogrammiert.

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Das System ist einfach gestrickt. Rechte Internetblogs liefern in Hetzschriften die Vorlage und rufen in Foren und Kommentarseiten dazu auf, dem „Gutmenschen“ mal gehörig die Meinung zu sagen. Private Wohnanschrift, E-Mail, Telefonnummer und/oder die Redaktionsmail werden als Dienstleistung gleich mitgeliefert, um es der eigenen Gefolgschaft so einfach wie möglich zu machen. Vorformulierte Schreiben sind ebenso keine Seltenheit. Bemerkenswert daran ist – Daniel Bax formuliert es zutreffend – wie egal Meinungsfreiheit wird, die diese Hetzer sonst für sich beanspruchen. Einzig das Ziel zählt: unliebsame Stimmen zum Schweigen bringen.

Um dem entgegenzuwirken, starten das KulturForum zusammen mit zahlreichen Medienvertretern und Künstlern eine Solidaritätskampagne für Mely Kıyak und „verurteilen die rassistischen Kommentare und Aufrufe der Bild-Zeitung und rechtsextremer Internetforen, allen voran Politically Incorrect (PI)“. Das Berliner Ballhaus Naunynstraße und die Initiative Fans & Friends of Mely Kıyak veranstalten am 8. Juni 2012 ab 20 Uhr einen Abend „LIEBE MELY KIYAK… – Ein Abend für unsere Lieblingskolumnistin: Wider die Hetzkampagne!“ mit Lesungen und Diskussion.

Der TBB unterstützt die Solidaritätskampagne ebenfalls und ruft „alle rassismuskritischen Menschen in Berlin dazu auf, an diesem Abend teilzunehmen“. Diesem Aufruf schließen wir uns, die MiGAZIN Redaktion, an – für alle Mely Kıyaks. (red) Feuilleton Leitartikel

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  1. Gregor Molzberger sagt:

    Wer austeilt, muß auch einstecken können.

  2. Gero sagt:

    Mit dem Verweis auf “ unzählige rassistische Beleidigungen von rechts“ wird die ebenfalls fast schon rassistische Aussage von Mely Kiyak nicht besser.

    Wer es sich auf dem moralischen Hochsitz bequem gemacht hat und mit dem moralischen Anspruch der „Anständigkeit“ agiert (so wie sie es in unzähligen Beiträgen getan hat) muss sich über die Reaktion nicht wundern, wenn er der Gegenseite eine solche Steilvorlage gibt (Sarrazin als“lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“).

    Dieses Mal ist sie eben zu weit gegangen. auch eine Solidaritätskampagne wird diese Tatsache nicht abstreiten können.

  3. Ebru sagt:

    Liebe AutorIn, Mely Kiyak hat sich nicht entschuldigt, sie hat diesen Satz nur bedauert. Das ist ein großer Unterschied.
    Freuen würde ich mich über solch ein öffentliches Bedauern vor allem bei ihren Kollegen von der Springer-Presse, weil die ja formuliertechnisch bekanntlich alle Naselang ins Klo greifen…Aber dann kämen die ja gar nicht mehr zum Schreiben;)

  4. Commander sagt:

    Einfach peinlich von Frau Kiyak! Freiheit ist auch immer die Freiheit der anderen.
    Sowieso in Deutschland dürfen nur Friedmann und Konsorten, Mist machen und ist dann noch gesellschaftsfähig.

    Also, dass war es dann wohl

  5. Medienkritiker sagt:

    Damit man aber auch weiß, mit wem man sich hier so uneingeschränkt solidarisch erklärt, hier nochmal das Zitat von Kiyak, veröffentlich in ihrem Betrag „Liebe Wissensgesellschft!“ (Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau, Druck- und Onlineausgaben jeweils vom 19.05.2012):

    „Unbedingt müsste man auch Günter Jauchs von Herzen gut gemeinte Werbemaßnahme für Sarrazins Buch erwähnen und die Verplemperung unserer Fernsehgebühren für diese lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur, die Sonntagabend in Ruhe das tun kann, was er am besten kann; das niedrigste im Menschen anzusprechen. Ich meine Sarrazin.“

    artikel20.com/00.wiki/01/m/KiyakMely/Kolumne.Liebe.Wissensgesellschaft.BerlinerZeitung/index.html

    Abgesehen davon, dass die Solidarität von gewisser Seite jetzt so überreich empfangende Autorin Sarrazin damit wegen einer krankheitsbedingten Behinderung diffamiert, spricht sie ihm gleich auch noch als „Karikatur“ das Menschsein ab. Das ist die Sprache des Unmenschen, so wurden z. B. Juden im Dritten niedergemacht!

    Kiyak hat sich für diese Aussage mitnichten entschuldigt, vielmehr hat sie sie in einer „Klarstellung“ in den Druckausgaben der beiden Blätter mehr oder weniger gerechtfertigt, um sie dann mehr als halbherzig zu „bedauern“ und sich in einem weinerlich-selbstmitleidigen Tonfall über eine seitdem über sie hineinbrechende Beschwerdewelle auszulassen.

    Auch die Redaktionen von BLZ und FR reagierten ähnlich, Kritiker an den Aussagen von Kiyak werden pauschal als Rechtsextremisten diffamiert oder in die PI-Schmuddelecke abgeschoben.

    Ohne die tatsächlich erfolgten Reaktionen mit faschistisch-rassistischem Tonfall irgendwie rechtfertigen zu wollen, gibt es andererseits keinen Anlass, sich deswegen jetzt mit Kiyak solidarisch zu zeigen. Sie hat eine faschistoide Denkweise zu erkennen gegeben und dafür Reaktionen u. a. aus einem ihr offensichtlich geistig gar nicht mal so fern stehenden Umfeld erhalten, da muss sie jetzt durch!

    Nicht nachvollziehbar ist auch die Handlungsweise von BLZ und FR, die es zunächst zugelassen haben, dass eine derart faschistische Aussage in ihren Blättern erscheinen konnte, sich von dieser dann nicht distanziert, sondern sie wohl nur aufgrund wachsenden Drucks nur einfach aus ihren Onlineausgaben entfernt haben, um dann die Kritiker pauschal zu diffamieren und sich uneingeschränkt hinter Kiyak zu stellen. Das ist mehr als dürftig und seriösen Medien einfach unwürdig!

  6. MoBo sagt:

    Kiyak hat eine Einzelperson aufgrund bestimmter Merkmale beleidigt und der Beitrag wurde zurückgezogen – Sarrazin hat Millionen Menschen rassistisch beleidigt und damit Millionen Bücher verkauft.

    Die Macht des Stärkeren?

  7. Roby Klein sagt:

    Ist doch eine bekannte Tasache, dass Sarrazin stottert, lispelt und „äh“ sagt.
    Was ist denn daran so schlimm?
    Soll die Journalistin etwa sagen, dass er ein brillanter Redner ist?
    Wer andere Kraft ihrer Abstammung für dumm hält, wie Sarrazin es über die Ausländer sagt, der soll sich nicht wundern, wenn man in ihm seine schlechte Sprechweise vorhält.

  8. aloo masala sagt:

    Kiyak nannte Sarrazin eine „lispelnde, stotternde, zuckende Menschen-Karikatur“. Seit Sarrazin sich einer Tumor Op unterzogen hatte ist halt eine Gesichtshälfte teilweise gelähmt. Wo ist denn da jetzt das Problem? Es ist doch die Wahrheit. Das wird man doch wohl mal sagen dürfen?

    Die Aufgeklärten, die provokativ Mohammed Karikaturen als neues Symbol der Meinungsfreiheit schwenken, spucken auf Muslime, um ihnen zu zeigen, wie frei sie sind. Empören sich die Muslime, so heißt es, dass sie radikal sind, unaufgeklärt, hinterwäldlerisch und eben nicht zu uns passen. Es sind eben wie ihr Prophet Sarrazin vorbetete nichts als dumme Türken und Araber die mit ihrer Kopftuchmädchenproduktion Deutschland abschaffen.

    Doch unsere Aufgeklärten vertragen es nicht, wenn Kiyak ihren Propheten Sarrazin karrikariert, um ihn und seinen Jubelpersern einen Spiegel vor seiner zuckenden und stotternden Gesichtshälfte zu halten. Die Reaktionen und Beschwerdewellen der Aufgeklärten sind vulgär, enthemmt und rassistisch. Darunter sind Reaktionen, die man nicht einmal von islamistischen Hasspredigern zu hören bekommt.

    Kiyak liefert uns mit ihrer „Geschmacklosigkeit“ den Beweis, dass die Aufgeklärten nichts als ein Haufen heuchelnder Mimosen sind. Dafür danke ich ihr, auch wenn die Aufgekärten inkl. des Springer Verlags das nie verstehen werden. Sie hat meine volle Unterstützung und Solidarität.

  9. Sinan A. sagt:

    Volle Solidarität, und mehr als das. Mely Kıyak hat nicht die schnelle Karriere gewählt. Sie liefert nicht die von Deutschen bestellte Ware, sondern schreibt, was Sache ist. Im Namen von Millionen von Menschen. Mely Kıyak ist die größte Heldin, die wir haben.

  10. oiseaudefeu sagt:

    @ aloo masala

    Sie verwechseln das Einhalten ethischer Prinzipien mit Schwäche, Kıyaks Einlassungen zu verteidigen, heißt, sich auf eine Stufe mit dem Mob, den Sie anzugreifen meinen, zu begeben. Der Mob, gleich welcher, hat grundsätzlich den Knüppel verdient.