Jetzt geht’s um die Wurst
Gericht stellt religiöse Beschneidung von Jungen unter Strafe
Das Landgericht Köln hat die religiöse Beschneidung von Jungen für Ärzte unter Strafe gestellt. Der Zentralrat der Juden kritisiert das Urteil scharf. Die Leidtragenden dürften die Kinder sein. Ärzte gibt es auch im Ausland, die Beschneidungen vornehmen.
Mittwoch, 27.06.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.07.2012, 0:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
„Diese Rechtsprechung ist ein unerhörter und unsensibler Akt.“ Mit diesen Worten kritisierte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, ein Urteil des Landgerichts Köln vom 7. Mai 2012 verworfen (Az. 151 Ns 169/11). Das Gericht hatte die Beschneidung von Jungen aus rein religiösen Gründen unter Strafe gestellt.
Zur Begründung führte die Kammer aus, dass die Beschneidung eine Körperverletzung darstelle und dieser Eingriff nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt sei, weil sie nicht dem Wohl des Kindes entspreche. Denn im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägung überwiege das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit vorliegend die Grundrechte der Eltern. Ihre Religionsfreiheit und ihr Erziehungsrecht würden nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie abwarten, ob sich das Kind später selbst für eine Beschneidung entscheidet.
Weitreichende Folgen
Im Ergebnis wurde der angeklagte Arzt, der den Eingriff vorgenommen hatte, zwar freigesprochen und das vorinstanzliche Urteil bestätigt – doch mit einem wesentlichen Unterschied: Der Arzt werde freigesprochen weil er sich in einem „unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden“ habe. Er habe angenommen, dass sein Handeln rechtmäßig gewesen sei. Dieser Irrtum sei für ihn unvermeidbar gewesen, da die zugrunde liegenden Rechtsfragen in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet würden.
Eine höchst umstrittene Entscheidung also, die auch hätte anders ausfallen können. Dennoch könnte dieser Richterspruch weitreichende Folgen haben: Von nun an kann sich kein Arzt mehr darauf berufen, er hätte die Strafbarkeit nicht gewusst. In der Praxis dürften Juden wie Muslime, die Beschneidungen ebenfalls aus religiösen Gründen vornehmen lassen, künftig Schwierigkeiten haben, einen Arzt zu finden, der sich bereit erklärt, die Beschneidung vorzunehmen.
Kindeswohl?
Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass Juden wie Muslime von heute auf morgen von dieser religiösen Pflicht absehen. „Die Beschneidung von neugeborenen Jungen ist fester Bestandteil der jüdischen Religion und wird seit Jahrtausenden weltweit praktiziert. In jedem Land der Welt wird dieses religiöse Recht respektiert“, so Graumann. Ähnliches gilt für Muslime.
Findet sich also kein Arzt in Deutschland, der die Beschneidung durchführt, dürften sich Ärzte im Ausland Ausland finden, die diesen aus jüdischer und muslimischer Sicht feierlichen Akt gerne vornehmen. Dabei hatte das Gericht mit dem Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit argumentiert. Nun dürften die Jungen für die Beschneidung künftig auch noch eine Reise ins Ausland auf sich nehmen. Dabei wäre die ärztliche Versorgung in Deutschland am ehesten gewährleistet. Auch im vorliegenden Fall stellte das Landgericht fest, dass die Beschneidung fachlich einwandfrei durchgeführt worden war.
Wichtiger Stellenwert
Mit dem Kindeswohl hatte übrigens auch die Vorinstanz argumentiert: Der Eingriff sei aufgrund der wirksamen Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern gerechtfertigt gewesen. Die Entscheidung habe sich an dem Wohl des Kindes ausgerichtet, da die Beschneidung als traditionelle Handlungsweise der Dokumentation der kulturellen und religiösen Zugehörigkeit diene, womit auch einer Stigmatisierung des Kindes entgegengewirkt werde. Ferner dürfe nicht verkannt werden, dass die Beschneidung auch im amerikanischen und angelsächsischen Raum aus hygienischen Gründen einen wichtigen Stellenwert einnehme. (es)
Leitartikel Recht
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Zitat Songül: @Gero
Sie sind eine der ganz wenigen, die auf die nichtvorhandene “islamische Pflicht” der Beschneidung hinweisen – fast überall sonst wird so getan, als ob die Religionsfreiheit angetastet würde.
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Das lässt mich etwas schmunzeln. Wie kommt es, dass ich mit meiner “Außenseitermeinung” so überzeugend auf sie wirke? Vielleicht weil meine Aussage Ihnen eher in den Kragen passt?
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Hallo Songül,
zweifelsohne haben Sie in dieser Hinsicht recht. Hier geht es mir wie allen anderen Forenteilnehmern (oder zumindest den meisten, wenn sie ehrlich sind).
Aber ganz abgesehen davon ist der Einwand, ob eine als religiös bezeichnete Praxis auch religions“rechtlich“ vogeschrieben ist, schon wichtig für das Verständnis. Es wird ja allzu oft (und vor allem zu oft vorschnell) behauptet, die „Religionsfreiheit“ sei tangiert.
Leider wird gerade von einer Vielzahl vn Muslimen diese Argumentation auch da angewandt, wo sie nachweislich falsch ist.
gruß, Gero
@ zensus
es ist schon bezeichnend, dass sie die rechtstreue der muslime bezweifeln und die der juden komplett aussen vor lassen. aber das ist eine andere geschichte. fuer sie wahrscheinlich auch ein hinkender vergleich, dass viele menschen zuebzeiten einen vertrag mit bestattern im ausland unterschreiben, damit sie verbrannt und die asche im wald verstreut wird. sowas von rechtsuntreu aber auch. im uebrigen: dass die beschneidung strafbar sein soll, hat bisher nur dieser richter gesagt warten wir mal ab. und wetten, dass der gesetzgeber das vorher klaert. denn hier sind nicht nur muslime betroffen sondern auch juden ;)
Das Urteil war längst überfällig!
Religiöse Riten, die Kinder opfern, verstümmeln oder religiös idoktrinieren sind atavistisch und in unserer Zeit nicht mehr hinnehmbar.
Außerdem führen solche Riten zu religiöser Ausgrenzung, zu religiösem Rassismus: hier die Beschnittenen, die Rechtgläubigen dort die Unbeschnittenen, die Ungläubigen.
Die Beschneidung eines Kindes ist Kindesmissbrauch und hat einzig ein Ziel: Der spätere Erwachsenen kann seine Religion zumindest körperlich nicht mehr Rückgängig machen. Das ist einer der Hauptgründe für diese Verstümmelungen. Das widerspricht eklatant den humanistischen Idealen der Selbstbestimmung.
@Gero
„Aber ganz abgesehen davon ist der Einwand, ob eine als religiös bezeichnete Praxis auch religions”rechtlich” vogeschrieben ist, schon wichtig für das Verständnis. Es wird ja allzu oft (und vor allem zu oft vorschnell) behauptet, die “Religionsfreiheit” sei tangiert.
Leider wird gerade von einer Vielzahl vn Muslimen diese Argumentation auch da angewandt, wo sie nachweislich falsch ist.“
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Soweit so gut, was die Muslime betrifft.
Wie ich jedoch heute in den Nachrichten der Aussage von Herrn Graumann entnehmen konnte stellt die Beschneidung von männlichen Säuglingen am 8. Lebenstag für Juden tatsächlich eine religiöse Pflicht dar. Das jüdische Leben sei damit innerhalb Deutschlands nicht mehr möglich. Und zwar nur und gerade in Deutschland…!
Im Übrigen begrüße ich das Urteil nicht, sehe es ähnlich wie der Teilnehmer sandmann. Kenne keinen Mann, der sich im Nachhinein darüber beschwert hat oder traumatisiert ist. Ein Hindernis sich später für oder gegen eine Religion zu entscheiden stellt die Beschneidung auch nicht dar.
@biker
Soweit ich weiss gibt es in Deutschland weniger Juden als Muslime. Wobei es die Muslime einfacher haben werden sich anzupassen, da man als Muslim im Gegensatz zu den Juden sich nicht unbedingt beschneiden lassen muss.
@ BiKer
ja hier ist mit Sicherheit das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es sollte nocheinmal deutlich gesaggt werden, dass das LG Köln keinesfalls abschliessend und schon gar nicht verbindlich für alle anderen Gerichte in D über die Strafbarkeit der religiösen Beschneidung entschieden hat!
Unser Schöpfer der Allmächtige hat uns Menschen so geschaffen wie wir sind, mit all unseren Gliedmassen, Organen, usw. Und alles was der Allmächtige geschaffen, hat Sinn, auch der Blinddarm, die Mandeln, die Vorhaut und Genitalien der Frauen, usw. Und kein Mensch soll an seiner Schöpfung herumpfuschen. Religion ist Menschenwerk.
Sollte Religionsfreiheit soweit ausgenutzt werden das hierzulande auch Händeabhacken,Steinigungen (Islam) oder Menschenopfer (Mayas, Azteken) gebilligt werden?
Dann kommen irgendwann religiöse Gruppen daher, die aus irgendwelchen religiösen Gründen Neugeborenen die Ohren abschneiden, oder die Finger oder was weis ich was für Körperteile. Die werden sich dann sicher auch auf die Religionsfreiheit berufen.
Das Gericht hat richtig entschieden.
@ Al Bundy:
„Sollte Religionsfreiheit soweit ausgenutzt werden das hierzulande auch Händeabhacken,Steinigungen (Islam) oder Menschenopfer (Mayas, Azteken) gebilligt werden?“
Es geht um Beschneidung, was seit über 2000 Jahren ein Anerkannter Ritus im Nahen Osten ist und in Deutschland seit Jahrhunderten in der jüdischen Gemeinde praktiziert wird, nicht um Mord. Bitte vergleichen Sie nicht Äpfel mit Birnen.
Ich denke, hierbei geht es nicht um den Wohl des Kindes, sondern eher um eine Einschränkung, um wieder soviele Menschen, sei es Juden oder Muslime in Verzweiflung zu führen. Provokation Provokation, das sind wir hier im Lande gewohnt. Die BRD will unbedingt alle Migranten zu echten Deutschen machen. Die können es einfach nicht dabei belassen, Menschen so zu akzeptieren. Ich und weitere sehr viele Freunde von mir sind beschnitten und wir haben keinen Schaden davon getragen. Hierbei gehts wieder nur um eigene […] Prinzipien.
Zu den Rechten der Frau kann ich hier anfangen zu diskutieren, aber ich habe leider keine Menschen vor mir, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Alles was ich sage wird sowieso (aus Erfahrung) nicht akzeptiert, weil […] ihre eigene Meinung durchsetzen müssen, weil sie schon von Anfang an eine Antisympathie gegenüber die Menschen habe, die nicht so sind, wie sie selbst. Sich von den Massenmedien den Hirn manupulieren lassen und danach Kommentare hier in den Foren […]. NEINE DANKE!
Was für kranke Argumente hier freigelegt werden. Das müsste eigentlich verboten werden. Steinigung der Frau im Islam? Wo hat denn der AL BUNDY diesen […]? Sowas gibt es nicht im Islam, wenn ja, dann beweise es mir Anhand des Korans. Du bsit wie viele Menschen ein Medienopfer, leider muss ich das so diagnostizieren bei dir. Therapie vorschlag: Keine BILDZEITUNG lesen, sich mehr für Religion und andere Kulturen interessieren und nicht die Fundamentalisten als Beispiel geben, denn die werden im KORAN verflucht, nur mal zu Info. Ich weiss, das alles was ich Sage ist für dich Unglaubwürdig :-). Aber nur zu…..deine Welt wird sich zum positiven ändern.