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Lehrer mit Migrationshintergrund

Als Mittler zwischen den Kulturen

Muhittin Arslan ist Lehrer an der Johann-Daniel-Preißler-Schule, die Kinder und Jugendliche aus über 30 Nationen besuchen. Der Pädagoge unterrichtet seit mehr als zehn Jahren. Dabei kommen ihm seine türkischen Wurzeln zugute.

Von Nicole Schmitt Dienstag, 07.08.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 13.08.2012, 0:00 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

„Ich habe keine Katze. Ich habe keinen Hund. Ich habe einen Frosch mit einem breiten Mund.“ So schallt es mal laut, mal leise, dann wieder fröhlich und schließlich fast wütend aus der Aula der Johann-Daniel-Preißler-Schule im bayerischen Nürnberg. Beim Warm-up der Theater AG trainieren die Schüler die verschiedensten Gefühlsebenen. Die Emotionen gibt Lehrer Muhittin Arslan vor. Mit jeder Menge Engagement und Spaß versteht sich, was sich naturgemäß auch auf seine Zöglinge überträgt: „Der ist voll korrekt“, schwärmt die 15-jährige Zübeyde. Mitschülerin Miray, 14, pflichtet ihr bei: „Er ist nicht immer so ernst und redet viel mit uns.“ „Herr Arslan macht keinen Unterschied zwischen den einzelnen Schülern. Er gibt uns Respekt“, sagt die 14-jährige Dilara.

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„Wir sind stolz auf Sie!“
Es ist offensichtlich. Muhittin Arslan kommt bei den Schülern der Preißlerschule gut an. Der 38-Jährige ist Lehrer und Freund in einer Person. Die Kinder und Jugendlichen, die größtenteils aus Migrantenfamilien stammen, sehen Arslan, der selbst türkische Wurzeln ­­hat, als Vorbild: „Ich merke das vor allem bei den türkischen ­Eltern. Es kommt schon vor, dass die mich ansprechen und mir sagen: ,Wir sind stolz auf Sie!‘ Ich werde dann zwar immer rot. Aber letztendlich ist es für die Menschen auch ein Zeichen, dass man es auch mit Migrationshintergrund in Deutschland schaffen kann und dass die Integration vorangeht.“ Tatsächlich liest sich der Lebenslauf des Lehrers für viele seiner Landsleute nahezu traumhaft. Arslan wurde als Sohn türkischer Migranten in Deutschland geboren. Nach der Grundschule besuchte er ein Jahr die Hauptschule, bis eine Lehrerin seine Fähigkeiten erkannte und seinen Eltern riet, ihn auf das Gymnasium zu schicken. Für die damalige Zeit eher eine Seltenheit. Nach dem Abitur entschloss sich der junge Türke dann, mit jungen Leuten zu arbeiten. Er studierte Lehramt und kam schließlich als einer der ersten türkischstämmigen Lehrer nach Nürnberg.

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Von den verschiedenen Kulturen lernen
Das war vor über zehn Jahren. Seitdem unterstützt Muhittin Arslan ausländische Schüler und setzt auf interkulturelles Lernen: „Ich gestalte meinen Unterricht schon so, dass meine Muttersprache und meine Kultur mit einfließen können. Wenn zum Beispiel eine Schülerin über den Henna-Abend erzählt, kann ich wahrscheinlich besser ­als ein deutscher Lehrer einschätzen, welchen Stellenwert das in der türkischen Sitte hat. Da habe ich natürlich einen ganz anderen kulturellen Background.“

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Info: Das Bayerische Netzwerk für Lehrkräfte mit Migrationsgeschichte wurde 2010 gegründet. Ziel ist es, eine aktive Integration im Bildungsbereich voranzutreiben. Das Netzwerk wird unterstützt vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, vom Bayerischen Kultusministerium und namhaften Stiftungen.

Von den verschiedenen Kulturen lernen – das ist dem fränkischen Türken wichtig. Neben seiner Tätigkeit als Mittelschullehrer ist Muhittin Arslan deshalb für das Bayerische Netzwerk für Lehrer mit Migrationsgeschichte (LeMi) tätig. Primäres Ziel des LeMi-Netzwerks ist die aktive Unterstützung von Integration im Bildungsbereich. Konkret bedeutet das, nichtdeutschen Abiturienten etwa den Lehrerberuf näherzubringen und sie für einen Beruf im Bildungssektor zu interessieren. Zudem hält der Päda­goge Fortbildungen an Schulen, um andere Lehrkräfte mit Verhaltensweisen und Gebräuchen unterschiedlicher Kulturen vertraut zu machen: „Es gibt gerade in der Türkei Dinge, die die Gestik und Mimik betreffen, die sehr spezifisch sind. Wenn ein türkischer Papa zum Beispiel nach hinten nickt, dann muss das kein zustimmendes Nicken sein, sondern es kann auch ‚nein‘ bedeuten“, erklärt Arslan mit leicht fränkischem Akzent.

Neben unterschiedlichen Verhaltensmodi sei die Sprache zudem eine der größten Barrieren für eine gelungene Integration. Um Missverständnisse zu vermeiden, übernimmt Muhittin Arslan deshalb bei Elterngesprächen auch hin und wieder die Rolle des Dolmetschers. „Ich rede eigentlich generell mit den türkischen Eltern auch Türkisch. Einerseits weil viele der Eltern die deutsche Sprache nur gebrochen sprechen, andererseits weil Türkisch eben unsere Muttersprache ist. Alles andere wäre auch nicht natürlich.“

Bindeglied zwischen Elternhaus und Schule
Der Lehrer Arslan Muhittin als Mittler zwischen den Kulturkreisen? Auf jeden Fall übernimmt er als Lehrer ­mit Migrationsgeschichte die wichtige Funktion als Bindeglied zwischen Elternhaus und Schule. Dabei musste er auch schon im persönlichen Umfeld kulturvermittelnd tätig werden. Als er seine heutige Frau, eine Deutsche, zum ersten Mal seinen Eltern vorstellte, war sein Vater zunächst alles andere als erfreut. „Mein Vater hat bei mir die Ängste schüren wollen, dass ich hier in Deutschland verloren gehe, dass also unsere Identität verloren geht. Das war mir immer zu abstrakt. Natürlich bin ich türkischstämmig. Das werde ich auch nie ablegen können. Ich selbst sehe mich aber mehr als Weltbürger. Ich denke nicht mehr in Nationen. Meiner Meinung nach sind wir letzten Endes alle Menschen auf der Erde mit verschiedenen Kulturen und Sprachen.“ Und süffisant lächelnd fügt Muhittin Arslan hinzu: „Wenn die Welt eine Monokultur wäre, das wäre doch grausam, oder?“ Feuilleton Leitartikel

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  1. Sinan A. sagt:

    Die Fiesheiten stecken hier im Detail, sanft verpackt, aber wenn eine Deutsche ein kleines Portrait schreibt über einen türkischen Lehrer, dann kommt das wohl dabei heraus. Das Bild hätte sicher auch ein wenig freundlicher sein können, und der Text ist bereits an der Grenze dessen, was im MiGAZIN erscheinen sollte.

  2. Haanna sagt:

    @Sinan A.
    Ich habe jetzt extra den Artikel nach ihrem Kommentar nochmal durchgelesen und es tut mir leid, Sie sind vllt ein bisschen dünnhäutig, aber in diesem Artikel wird ausnahmslos NUR GUTES über diesen Lehrer geschrieben.
    Vielleicht können sie die einzelnen Sätz die Sie als fies empfinden nochmal zitieren, damit wir darüber diskutieren können.

    Sie scheinen mir aber nach diesem Satz:
    „…aber wenn eine Deutsche ein kleines Portrait schreibt über einen türkischen Lehrer, dann kommt das wohl dabei heraus.“
    sehr germanophob zu sein. Haben Sie ein Problem mit Deutschen?

  3. Sinan A. sagt:

    Wie schnell die Beschneidungsgegner aus der Deckung kommen. Wird ja auch langweilig mit der Zeit, nur ein Thema. Die Vokabel „germanophob“ kann man getrost rechtsradikal nennen.

    Bevor ich wieder missverstanden werde: Es geht um das Schulbild insgesamt. Das positive Bild des Lehrers wird ausgeglichen von dem eher abwertenden Bild der Schüler. Muhittin Arslan quasi als interkultureller Blitzableiter. Diese Darstellung wird seinem Engagement und insbesondere den Fähigkeiten der Schüler nicht gerecht.

    Und Zitat: „Tatsächlich liest sich der Lebenslauf des Lehrers für viele seiner Landsleute nahezu traumhaft“

    Spätestens mit diesem Satz hat Schmitt ihre Engstirnigkeit unter Beweis gestellt.

  4. las artes sagt:

    Schüler/innen der AG „Theater und Film“ der Johann-Daniel-Preißler-Mittelschule und zwei Mitglieder des Gostner Hoftheater Jugendclubs arbeiteten gemeinsam an dem Spielfilmprojekt mit dem Arbeitstitel „Hirschlausfliegen in Gostanbul“, das von der Regierung von Mittelfranken und der Ev.-Luth. Kirche in Bayern finanziell gefördert wurde.

  5. Haanna sagt:

    @Sinan A.
    „Die Vokabel “germanophob” kann man getrost rechtsradikal nennen.“

    Also wie gesagt: Sie sind sehr dünnhäutig! Außerdem ist germanophob genauso zulässig wie islamophob. Was daran rechtsradikal ist, kann wahrscheinlich nur jemand erklären der obigen Artikel als fies gegenüber Türken bezeichnen würde.

    „Und Zitat: “Tatsächlich liest sich der Lebenslauf des Lehrers für viele seiner Landsleute nahezu traumhaft”
    Spätestens mit diesem Satz hat Schmitt ihre Engstirnigkeit unter Beweis gestellt.“

    Ganz ehrlich: Nach dem ich hier auf Migazin mind. 163 Artikel darüber gelesen habe, wie unfair doch anscheinend Muslime in den Schulen behandelt werden würden, finde ich auch, dass der oben genannte Lehrer einen für Türken traumhafte Karriere in Deutschland hingelegt hat. Von der Hauptschule aufs Gymnasium und dann Lehrer. Ich finde so etwas beeindruckender als ein 1,0er Abi. Wahrscheinlich kam die Frau Schmitt auf diese Feststellung nachdem sie sich Statistiken dazu angekuckt hat.

    Aus ihren Kommentaren spricht viel Neid. Ich weiß nicht ob das sich gegen erfolgreiche Türken wendet oder gegen Deutsche Autorinnen, die über einen Lehrer mit Migrationshintergrund schreiben. Klären Sie uns auf!