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Essay

Plakataktion der Initiative Sicherheitspartnerschaft schürt Vorurteile

Je mehr der Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus in Deutschland sichtbarer wird, desto mehr wird merkwürdigerweise die Gefahr vor einem Islamismus beschworen, schreibt Yasin Baş.

Von Dienstag, 28.08.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.12.2015, 9:26 Uhr Lesedauer: 8 Minuten  |  

Sie erinnern an Vermisstenanzeigen und sollen auf die Gefahren vor der so genannten „islamistischen Radikalisierung“ junger Menschen aufmerksam machen. Mit einer 300.000 EURO teuren Plakatkampagne möchte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) Eltern, Verwandte, Freunde und Lehrer von jungen Muslimen sensibilisieren. Sobald sie Radikalisierungstendenzen erkennen, sollen sie sich bei einer Beratungsstelle beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) melden. Die Plakate sollen ab Ende September in deutschen Großstädten und in türkischen Tageszeitungen zu sehen sein. In den sozialen Netzwerken wie Facebook sollen die Werbebotschaften ebenso veröffentlicht werden.

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Bereits jetzt sind die Anzeigen auf der Internetseite der Initiative Sicherheitspartnerschaft (ISP) zu sehen. Dargestellt sind dort vier Personen. Unter allem steht folgende Botschaft: „Wir vermissen sie, denn wir erkennen sie nicht mehr. Sie zieht sich immer mehr zurück und wird jeden Tag radikaler. Wir haben Angst, sie ganz zu verlieren – an religiöse Fanatiker und Terrorgruppen.“ Darauf folgt die Telefonnummer der Beratungsstelle Radikalisierung beim BAMF.

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Diese Werbekampagne stößt bei der FDP auf Kritik. „Hier werden Steuermittel vergeudet und Ressentiments geschürt, weil der Islam in die Nähe des Terrorismus gebracht wird“, sagt Serkan Tören, integrationspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Für ihn bestärken solche Aktionen Vorurteile in der Gesellschaft gegen den Islam und die Muslime.

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Der Grundstein für diese Plakataktion wurde im Juni 2011 gelegt. Bundesinnenminister Friedrich lud zum „Präventionsgipfel“ in das Bundesministerium des Innern (BMI) nach Berlin ein. Dieser Präventionsgipfel war eine Auftaktveranstaltung der „Initiative Sicherheitspartnerschaft – Gemeinsam gegen Extremismus – Gemeinsam für Sicherheit“. Anlass des Zusammentreffens seien „die Fälle islamistischer Radikalisierung von Jugendlichen und Heranwachsenden in Deutschland“, hieß es. Zu den Teilnehmern der Initiative Sicherheitspartnerschaft zählen staatliche Organisationen wie das Bundeskriminalamt (BKA), das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) aber auch das in Nürnberg ansässige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Auf muslimischer Seite präsentiert die Initiative die Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), den Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), den Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), die Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF), den Zentralrat der Marokkaner in Deutschland (ZRMD) sowie die Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD) als ihre Kooperationspartner. Diese ISP sei eine „Partnerschaft zwischen muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und Sicherheitsbehörden“. Sie habe sich zum Ziel gesetzt, „gemeinsam Radikalisierung, Gewalt und Islamismus zu bekämpfen“.

Auf der Internetseite der Initiative Sicherheitspartnerschaft, erklärt das BAMF die Intention und Ziele der Sicherheitspartner: Anlass für die Gründung der Initiative Sicherheitspartnerschaft sei die Tatsache, dass vom „islamistischen Terrorismus“ für Deutschland nach wie vor eine Gefahr ausgehe. „Mit den tödlichen Schüssen auf US-Soldaten am Frankfurter Flughafen hat sich am 2. März 2011 erstmals ein ‚islamistisch’ motivierter Anschlag mit terroristischem Hintergrund auf deutschem Boden ereignet.“ Dieser schreckliche Vorfall zeige, dass die Gefahr nicht nur von „islamistischen Organisationen“ wie Al Qaida ausgehe, sondern dass auch sich im Verborgenen „radikalisierende Einzeltäter Anschläge vorbereiten und ausführen“ könnten. Aus diesem Grund sei die Teilnahme der muslimischen Bürgerinnen und Bürger entscheidend für eine „erfolgreiche Bekämpfung von Radikalisierungen und Extremismus in Deutschland“. Gerade die Muslime seien in der Lage, „im Privaten, in der Familie, in Vereinen, bei Predigten und beim Diskurs über das eigene Verständnis des Islam radikale Ansichten schon im Frühstadium“ wahrzunehmen und „mit den Betroffenen in eine Auseinandersetzung und Diskussion“ zu treten. Für Nicht-Muslime dagegen, sei dies „mangels Kenntnis oftmals nicht möglich“. Weiter heißt es: „Die Clearingstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat die Arbeit an diesem Punkt bereits aufgenommen (Stand: 01.02.2012).“ So habe das BAMF arabisch und türkisch sprechendes Personal für diese äußerst sensible Tätigkeit bereitgestellt.

In der ISP müsste es aber auch um die eigene Sicherheit der Muslime gehen. Nach den Mordanschlägen in Norwegen, die der Täter Anders Behring Breivik selbst als antiislamische Tat bezeichnet hat, nach den Lynchmorden von rechtsextremistischen Terroristen in Deutschland auf Muslime und die noch nicht vollständig aufgeklärte Rolle der Sicherheitsbehörden in diesem Fall (bewusste Aktenvernichtung, Geheimnisverrat, Mitgliedschaft in rassistischen Organisationen wie dem Ku-Klux-Klan) und nach dem islamfeindlichen Verbrechen, die inzwischen fast die gleiche Stufe wie die antisemitischen Delikte erreicht haben (laut BKA wurden zwischen 2006 bis 2011 pro Jahr 24 politisch motivierte Anschläge auf Moscheen und 25 vergleichbare antisemitische Delikte verübt), sind die Muslime selbst in höchstem Maße bedroht und müssen sich neben der gesamtgesellschaftlichen- auch um ihre eigene Sicherheit sorgen. Allein 2011 wurden nach Erkenntnissen der Linkspartei mindestens 13 weitere Anschläge auf Moscheen nicht in die Statistik aufgenommen. So gibt es deutliche Hinweise, dass islamfeindliche Angriffe vonseiten der Behörden heruntergespielt und unterbewertet werden. Die Existenz von Mordlisten mit muslimischen Persönlichkeiten vermittelt darüber hinaus ebenso kein Gefühl der Sicherheit. Unter diesen Umständen erscheint eine unverhältnismäßige Fokussierung auf „islamistische Radikalisierung von Jugendlichen und Heranwachsenden“ eigenartig. Fachleute, deren Aufgabe es ist, für alle (!) Menschen in unserem Land Sicherheit zu gewährleisten, müssten nochmals erörtern, von welchen Kreisen die eigentliche Radikalisierungs- und Extremismusgefahr ausgehen.

Auch die Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts in der Sommerpause lässt einige Zweifel nach sich ziehen. So wurde nicht nur eine gesellschaftliche Debatte über die Art und Weise der Arbeit unserer Verfassungsschützer umgangen, sondern auch eine mögliche Kritik an der Erstellung des Verfassungsschutzberichts selbst. In dem Bericht tauchen für 2011 keine Todesopfer rechtsextremer Gewalt auf. Dass die Behörden- und Ministerialleitung nach diesen Ereignissen immer noch den „islamistischen Terrorismus“ als größte Bedrohung in den Vordergrund rückt, ist nur schwer nachvollziehbar.

Zweifellos gibt es eine Gefahr vor Radikalen, die die Religion für ihre extremistischen und radikalen Ansichten und Ziele missbrauchen. Diese Verbrecher müssen auch gewiss zur Rechenschaft gezogen werden. Doch je mehr der Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus in Deutschland sichtbarer wird, desto mehr wird merkwürdigerweise die Gefahr vor einem „Islamismus“ beschworen. Das fällt selbst dem letzten Dilettanten auf.

Ferner werden immer mehr Sicherheitsinitiativen, sowohl im Bund als auch in den Ländern, ins Leben gerufen, die sich politisch ausnutzen lassen. Es ist zu hoffen, dass diese Strategie keine Investition für kommende Landtags- und Bundestagswahlkämpfe ist. Auch der letztes Jahr ausgearbeitete und erst vor wenigen Wochen bekannt gewordene Merkmalskatalog mit Indikatoren für „radikale Islamisten“ aus dem „Handlungskonzept zur Antiradikalisierung und Prävention im Bereich des islamistischen Extremismus und Terrorismus in Niedersachsen“, trägt einem vertrauensvollen Verhältnis zwischen Partnern wenig bei.

Überdies bestürzt die Aussage des scheidenden Verfassungsschutzpräsidenten Fromm über die NSU, dass es nicht auszuschließen sei, „dass Einzelne diese Taten sich zum Vorbild nehmen und ähnlich agieren könnten“, nicht nur die gesamte Gesellschaft, sondern vor allem auch die Muslime, besonders vor dem Hintergrund, dass rassistische Terroristen derzeit im Untergrund agieren und im Besitz gefährlicher Waffen sind. Was gedenken die Verantwortlichen hier für die Sicherheit der Menschen aber auch der Muslime zu unternehmen? Dazu gibt es keine Äußerung. Wie wäre es vielleicht mit einem „Präventionsgipfel“ oder einer „Initiative Sicherheitspartnerschaft ‚Gemeinsam gegen Extremismus – Gemeinsam für Sicherheit’“?

Eine Partnerschaft besteht erfahrungsgemäß auf gemeinsamer Augenhöhe und wenn beide Seiten über den gleichen Informationsstand verfügen. Partnerschaft bedeutet, dass man über die Ziele des Partners stets in Kenntnis ist. Ohne dieselben Voraussetzungen oder Ressourcen kann nur schwer von einer Partnerschaft gesprochen werden. Bei einer Partnerschaft wird der Partner in der Regel ernst genommen, er wird weder mit Misstrauen betrachtet noch beobachtet noch getäuscht.

Wie ist es überhaupt zu bewerten, dass eine Religionsgemeinschaft sich mit Sicherheitsbehörden an einen Tisch setzt? Findet diese widersinnige Praxis auch mit anderen Religionsvertretern der Kirchen und Synagogen statt? Diese Verfahrensweise mit islamischen Religionsgemeinschaften entspricht nicht dem allgemeinen Verständnis eines Rechtsstaats, sondern erinnert stark an antidemokratische und totalitäre Regime, die in Religionsgemeinschaften oder Kirchen ihre Erfüllungsgehilfen such(t)en.

Die Partner von Religionsgemeinschaften in einem Rechtsstaat sind bekannt: Es sind nicht Sicherheitsbehörden oder Nachrichtendienste, sondern Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Synagogen, Moscheen und Tempel. Es sind jüdische Rabbiner, buddhistische Mönche, christliche Pfarrer und Pastoren, muslimische Imame oder Geistliche anderer Glaubensgemeinschaften. Die muslimischen Religionsgemeinschaften müssen sich ihren eigenen Aufgaben widmen. Diese sind vorrangig Seelsorge, religiöse Betreuung und Unterweisung in den Gemeinden, die Mitorganisation des islamischen Religionsunterrichts und weitere Dienste mit religiösem Bezug. Dies sind Themen, in denen die islamischen Religionsgemeinschaften etwas bewegen können.

Die vorrangige Aufgabe dieser Gemeinden ist nicht die Gewährleistung von Sicherheit oder das Melden von vermeintlichen „Radikalen“, die bestimmte „Radikalisierungsmerkmale“ wie „sichtbare äußere Veränderungen“ (Kleidung, Verhalten, Aussehen), Teilnahme an Kampfsportarten oder die Beschäftigung mit dem Tod, aufweisen. Dies wiederum ist die Pflicht der Sicherheitsbehörden. Falls die Behörden unbedingt mit Muslimen zusammenarbeiten möchten, können sie muslimisches Personal einstellen und ihre Stuben für andere Kulturen und Religionen öffnen. Dies wäre ein kleiner Schritt für den in den letzten Tagen so oft beschworenen Mentalitätswandel bei den Behörden. Eine moderne Personalpolitik, die Verschiedenheit als Chance erkennt, würde den Behörden alles andere als schaden. Interkulturelle Öffnung und interreligiöse- sowie interkulturelle Kompetenz müsste auch und gerade bei bestimmten Behörden ausgebaut werden. Dies würde Vertrauen schaffen. Außerdem würde es bestimmten Missverständnissen und dilettantischen Formulierungen vorbeugen, die so manche Texte der Dienststellen füllen. Allein das Motto der ISP: „Gemeinsam mit Muslimen für Sicherheit“ ist, um es freundlich auszudrücken, suboptimal. Wieder werden Muslime und Sicherheit im gleichen Atemzug genannt.

Möglicherweise könnten die Verantwortlichen ihre Texte und Formulierungsentwürfe kultursensiblen Fachleuten vorlegen, bevor sie sie der Öffentlichkeit präsentieren. Mit dieser Arbeitsmentalität wird man Muslime schwer als Partner gewinnen. Mit solchen Formulierungen werden Muslime, vornehmlich muslimische Kinder in Schulen und Sportvereinen täglich mit Sicherheitsfragen und Bedrohungsszenarien in Zusammenhang gebracht. Schon im Kindesalter werden die Menschen unterschiedlicher Religionen in „Wir“ und „Ihr“ differenziert. Dieses zugespitzte Klima vergiftet das gemeinsame Leben in unserem Land. Dem müssen wir alle gemeinsam entgegen treten. Aktuell Meinung

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  1. Rotormitsch sagt:

    Ich weiß, viele hier auf Migazin halten nichts von Wikipedia, zumindest, wenn es nicht PRO-Islam ist. Trotzdem hier noch ein kurzer Text zum Thema Ehrenmorde

    „In anderen islamischen Ländern wie etwa Jordanien oder Pakistan gilt die milde oder sogar ausbleibende Strafe für Ehrenmorde als Garant der Aufrechterhaltung der Sexualmoral. Die gelegentlich angestrebte Gleichstellung von Ehrenmorden mit anderen Morden wird aus diesem Grunde gerade von Islamisten bekämpft. Im Jahre 2003 lehnte das Parlament in Jordanien eine vom Senat vorgeschlagene Verschärfung der Strafen für Ehrenmord ab, weil dies „religiöse Traditionen verletze“.[32] In Pakistan wiederum wird die „abschreckende Wirkung“ betont, welche angeblich Ehrenmorde bezüglich „sexuell unmoralischen“ Verhaltens, besonders von Frauen, hätten.“

  2. ManKinda sagt:

    @ rotormitsch

    Sie wollen allenernstes den Muslimen „beweisen“, dass „Ehrenmorde“ eigentlich „islamisch“ sind? Es ist Ihnen egal was die Muslime bezüglich dieser archaischen vorislamischen Tradition sagen, Leute wie Sie werden immer das verstehen was sie wollen. Umgekehrt werden Sie nicht erleben, dass katholische Priester und im Allgemeinen das Christentum genuin mit der Kindesmisshandlung in Verbindung gebracht werden. Kennen Sie etwa einen Muslim, der in dieser Richtung publiziert und auch noch Anhänger hat? Abgesehen davon, sollten Sie sich lieber mal auf die „Familientragödien“ in Deutschland konzentrieren. Über 10.000 Kindesmisshandlungen mit mehren 100 Toten Kindern, jeden Tag wird ein neues Kind auf den Müll geworfen. Das sind doch mal Arbeitsgebiete, die Deutschland abarbeiten sollte, bevor man andere Kulturen und Religionen mit Schmutz bewirft.

  3. Songül sagt:

    @Rotormitsch
    „Nicht jedes türkisches Familiendrama ist ein Ehrenmord, da gebe ich Ihnen recht.“
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    Wow, wieviele TÜRKISCHE Ehrenmorde sind Ihnen denn bekannt? Sie scheinen ja ein ausgesprochener Spezialist zu sein.

  4. Hans sagt:

    Mankinda, ich weiß nicht, wieviele Kinder in muslimisch-indischen Gebieten jedes Jahr sprichwörtlich auf dem Müll landen, nur weil sie Mädchen sind. Überhaupt ist Kindesmißhandlung sich kein genuin deutsches Problem. Studien beweisen, dass in muslimischen Familien mehr Gewalt herrscht. Ich denke, da sind sich die Kulturen alle recht ähnlich.

    Gut, Sie beide bestreiten, dass es Ehrenmorde überhaupt gibt? Gut, Thema abgehakt. Mehr kann man nicht machen. Wie immer auf Seiten der muslimischen Community: Einsicht null. Und dann frägt sich noch jemand, warum es mit der Integration scheitert. West und Ost, unvereinbar seit eh und je.