Plakataktion „Vermisst“
Sicherheitspartnerschaft kompromisslos und unbelehrbar gegen die Wand gefahren
Die vom Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich initiierte Sicherheitspartnerschaft mit islamischen Religionsgemeinschaften und Verbänden ist gescheitert. Vier von sechs Partnern haben die Zusammenarbeit beendet. Zu Recht!
Von Ekrem Şenol Montag, 03.09.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 07.09.2012, 7:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das Bundesinnenministerium wird die Internetseite der „Initiative Sicherheitspartnerschaft“ überarbeiten müssen. Vier von sechs Partnern hatten die Zusammenarbeit am Dienstag (28.8.12) zunächst auf Eis gelegt und nur drei Tage später (Freitag, 31.8.12) ganz „Eingestellt“. Grund ist die umstrittene Plakataktion „Vermisst“ des Bundesinnenministeriums.
In einer am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung kritisierten die Unterzeichner 1, dass die Plakataktion über ihre Köpfe hinweg und vom Bundesinnenministerium einseitig bestimmt wurde. Ihre Kritik sei unberücksichtigt geblieben. „Diese Vorgehensweise stellt uns als Kooperationspartner immer wieder vor vollendete Tatsachen, schafft destruktive Diskussionen, statt konstruktive Lösungen“, so die Unterzeichner.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wiederum kann diese Aufregung nicht nachvollziehen. Die Partner seien über den aktuellen Stand stets „informiert“ gewesen. In einem Radiointerview mit dem WDR verwies DITIB-Vorsitzender Prof. Ali Dere am Sonntag genau auf diesen Punkt hin. Das Bundesinnenministerium spreche stets davon, dass die Partner „informiert“ worden seien. So stelle man sich eine Partnerschaft aber nicht vor.
Ein Blick auf die Internetseite der Initiative zeigt, dass er so Unrecht nicht hat. „Eine erfolgreiche Kooperation kann nur im respektvollen Dialog auf Augenhöhe aller Beteiligten gelingen“, heißt es darin. „Augenhöhe“ ist laut Duden ein Synonym für „gleichberechtigt“. Dies wiederum verweist auf die sinnverwandten Wörter „auf gleicher Stufe, gleich, gleichgeordnet, gleichrangig, gleichstehend, gleichwertig, ranggleich, [rechtlich] gleichgestellt, vollwertig, von gleichem Rang“.
Dass das in der Praxis nicht der Fall war, macht die Reaktion von Friedrich deutlich. „Ich bedauere den Schritt der vier islamischen Verbände, aus der Sicherheitspartnerschaft auszutreten. Ich werde die Sicherheitspartnerschaft fortsetzen und habe die Hoffnung, dass die Verbände im Sinne des gemeinsamen Kampfes gegen den Terrorismus sich eines Besseren besinnen“, so der Bundesinnenminister am Freitag in Berlin. Die Begründung der vier muslimischen Verbände überzeuge nicht.
Kurz vor Kampagnenstart seien die Plakatmotive während einer Sitzung im Bundesinnenministerium ausgehändigt und gezeigt worden. Die Partner seien vorab um ihre Meinung gebeten worden. „Alle Beteiligten haben die Plakate für gut geeignet befunden“, teilt das Bundesinnenministerium mit. „Das stimmt nicht“, entgegnen die islamischen Religionsgemeinschaften. Die Wahrheit dürfte wahrscheinlich irgendwo in der Mitte liegen. Darum geht es aber nicht.
Spätestens mit dem „auf Eis legen“ am Dienstag hat das Bundesinnenministerium die deutliche und harte Kritik der „Partner“ an der Plakataktion vernommen. Ähnlich hart wurde die Kampagne auch von zahlreichen Politikern und aus der Zivilgesellschaft kritisiert. Das Bundesinnenministerium hatte die Chance, sich darauf einzulassen. Doch es wiegelte ab und hielt an den Plakaten fest. Damit machte es vor allem eins deutlich: Weder die Meinungen der „Partner“ zählen, noch die der breiten Öffentlichkeit.
Wie Hohn klingt es daher, wenn das Bundesinnenministerium in seiner Erklärung vom Freitag darüber belehrt, wie eine Partnerschaft zu funktionieren hat: „Die Initiative Sicherheitspartnerschaft ist darauf angelegt, auch kontroverse Positionen zuzulassen und auszutauschen. Meinungsunterschiede müssen thematisiert werden. Das gehört zu einer offenen Gesellschaft dazu.“
Was das Ministerium nicht mitteilt, ist, dass am Ende eines solchen Diskurses ein zumindest ein Kompromiss rauskommen sollte und kein Diktat. Das gilt umsomehr, wenn es sich um eine Initiative handelt, die den Partner selbst in die Nähe des Radikalismus und Terrors rückt sowie Angst vor Muslimen schürt – mit verheerenden Folgen, wie das Plakat oben zeigt.
- Türkisch-Islamische Union (DITIB), Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD)
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