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Allochthone Niederländer unterstützen die Sozialistische Partei

Im Politieke Barometer des Meinungsforschungsinstituts Ipsos Synovate liegt die Sozialistische Partei (SP) derzeit knapp hinter der rechtsliberalen VVD auf dem zweiten Platz. Es ist demnach möglich, dass mit Emile Roemer ab September 2012 erstmals ein SP-Politiker das Amt des niederländischen Ministerpräsidenten bekleidet. Was hat seine ehemals maoistische Partei zu den Themen Integration und Asyl zu sagen?

Von André Krause Dienstag, 04.09.2012, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 10.09.2012, 7:33 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Die SP ist populär. Ganz besonders unter Allochthonen. Eine Studie des öffentlich-rechtlichen TV-Programms De Halve Maan (Der Halbmond) sowie des Instituts Forum, das sich mit „multikulturellen Fragen“ auseinandersetzt, zeigt, dass 39% der türkischen, marokkanischen und surinamesischen Niederländer erwägen, den Sozialisten ihre Stimme zu geben. Dahinter folgen die sozialdemokratische PvdA mit 33% und GroenLinks mit 11%. Abgeschlagen sind die orthodox-protestantische SGP mit 3%, der christdemokratische CDA mit 2% und die linksliberalen D66 mit 1%. VVD und Geert Wilders‘ rechtspopulistische PVV erhalten 0% der allochthonen Stimmen. Interessant: Bei den letzten Wahlen zur Zweiten Kammer (vergleichbar mit dem Deutschen Bundestag) wählten noch 65% der Allochthonen die PvdA.

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Ebenfalls bemerkenswert: SP-Spitzenkandidat Emile Roemer, Typ Teddybär, genießt unter den Allochthonen das größte Vertrauen (52%). Es folgt der ehemalige Greenpeace-Aktivist Diederik Samsom (PvdA, 46%). Ministerpräsident Mark Rutte landet in dieser Studie nur bei 15%. Geert Wilders verbucht 0,3% (der PVV-Spitzenkandidat ist übrigens unter allochthonen Wählern der bekannteste Politiker: 97% haben seinen Namen schon einmal gehört).

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Die obigen Zahlen zeigen: Die SP ist momentan DIE Partei der Allochthonen. Ein Blick in das aktuelle Wahlprogramm Nieuw Vetrouwen (Neues Vertrauen) liefert Hinweise, warum dies so ist.

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Ausführungen zu den Themen Integration und Asyl finden sich im Kapitel Een gedeelde toekomst (Eine gemeinschaftliche Zukunft).

Darin steht einleitend das Folgende:

„Menschen in unserem Land haben unterschiedliche Abstammungen, aber eine gemeinsame Zukunft. Die Regierungspolitik (gemeint ist das Minderheitskabinett VVD/CDA, toleriert von Wilders, Anm. AK) hat die Gegensätze untereinander eher aufgebauscht als kleiner gemacht. Mit sinnloser Symbolpolitik (hier denken die Autoren wohl an den Gesetzesvorschlag für ein Burkaverbot, Anm. AK) und dem Zulassen von grober und diskriminierender Sprache gegenüber Migranten. Es ist unnötig viel Zeit verloren gegangen und es sind Chancen verpasst worden. Große Worte haben die Aufmerksamkeit von den echten Problemen abgelenkt. Junge Migranten erreichen weniger oft einen Schulabschluss, finden mühsamer eine Arbeitsstelle und sind häufiger an kriminellen Handlungen beteiligt. Wenn Menschen nicht zusammen wohnen, nicht zusammen arbeiten und nicht zusammen in die Schule gehen, entfremden sie sich voneinander […].

Die Niederlande müssen ein Land bleiben, in dem Menschen willkommen sind: als Tourist, um Geschäfte zu machen, aber auch, um einen sicheren Platz zu finden. Gleichzeitig müssen wir ehrlich über die Folgen der Migration sein. Viele Migranten haben hier ihren Platz unter der Sonne gefunden und sie tragen an der Entwicklung unserer Gesellschaft bei. Aber das gilt nicht für jeden. Wer hier lebt, hat gleiche Rechte und Pflichten. Wir lassen es nicht zu, dass jemand benachteiligt wird und wir treten immer gegen Diskriminierung ein. Wir sorgen für gute Rahmenbedingungen in den Bereichen Bildung, Wohnen und Arbeit.“
Nach diesen grundsätzlichen Darlegungen folgen die konkreten Vorhaben der SP:

„Wir plädieren im europäischen Verband für die zeitweilige Wiedereinführung von Arbeitsgenehmigungen für osteuropäische Arbeitnehmer, um den Menschenhandel mit Arbeitskräften und die Zerrüttung des Arbeitsmarktes zu bestreiten.“

Betriebe seien zudem für eine „anständige“ Unterbringung, Sprachkurse und die Ausbildung der „Arbeitsmigranten“ zuständig. Wer niederländische Tarifverträge und Bestimmungen im Bereich des Arbeitsrechts nicht einhält, solle „hart angepackt“ werden. Die Arbeitsinspektionen in Europa seien dazu angehalten, „illegale Arbeitsvermittler, die Arbeitnehmer wie Verkaufsware behandeln“, mit Sanktionen zu belegen.

Die Sozialisten möchten zudem die Segregation in den Städten angehen. Deshalb plädieren sie für „gemischte Nachbarschaften“ und „gemischte Schulen“.

Auch das Thema Einbürgerung steht auf der Agenda der Sozialisten. Wer sich an die Absprachen hält, müsse in der Zukunft seinen Einbürgerungskurs zum Beispiel nicht mehr bezahlen. Zudem möchte die SP das Einbürgerungsexamen im Ausland für „Ehe- und Familienmigranten“ streichen.

Beim Thema Asyl finden sich die folgenden Punkte:

Die SP ist der Ansicht, die Niederlande müssten die Staaten an den EU-Außengrenzen in ihrem Bestreben unterstützen, die Migration „beherrschbar“ zu halten. Mit Ländern außerhalb der EU sollen Vereinbarungen getroffen werden, um „den Durchlass von tausenden Migranten auf ihrem Weg nach Europa“ zu stoppen.

Die SP plädiert außerdem dafür, Asylbewerber möglichst in ihrer Heimatregion zu versorgen. Sofern ein Mensch in den Niederlanden einen Asylantrag stellt, müsse er stets human behandelt werden und schnell Klarheit im Hinblick auf seine Zukunft erhalten. Die Sozialisten schreiben, dass Asylbewerber Flüchtlinge und keine Kriminellen seien. Daher müsse es ihnen gestattet sein, zu arbeiten. Darüber hinaus dürften Asylbewerber auf keinen Fall in Haftzentren eingesperrt werden, wenn es dafür keinen plausiblen Grund gibt. Familienzusammenführungen sollen erleichtert werden. Kinder, die länger als fünf Jahre in den Niederlanden leben, dürfen nach dem Willen der SP nicht mehr in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden. In diesem Zusammenhang spricht sich die Partei Emile Roemers für die von anderen Parteien initiierte „Kinderamnestie“ aus (man denke an dieser Stelle an die aufsehenerregenden Fälle „Sahar“ und „Mauro“, die ebenfalls hier im MiGAZIN besprochen worden sind).

Insgesamt betrachtet bleibt festzuhalten, dass die Sozialisten bei den Themen Integration und Asyl ein linkes, durchaus diskutables, allerdings keineswegs radikales pro-„Multi-Kulti“-Programm präsentieren. Vermutlich ist es gerade dieser Aspekt, der viele der allochthonen Wähler überzeugt.

Darüber hinaus wird die SP im Falle eines Wahlsieges am 12. September 2012 mit mindestens drei anderen Parteien koalieren müssen. Es ist denkbar, dass unter Umständen sogar die Christdemokraten (CDA) als Regierungspartner in einer Mitte-Links-Koalition hinzugezogen werden. Vor diesem Hintergrund bietet das oben skizzierte Programm Punkte, die auch Parteien jenseits der linken Flanke des politischen Spektrums ansprechen. Aktuell Meinung

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