Zurückgerudert
Innenministerium stoppt „Vermisst“ Plakataktion
Das Bundesinnenministerium hat die Plakataktion „Vermisst“ vorerst gestoppt, hält an der Kampagne aber weiter fest. Dagegen demonstriert die Türkische Gemeinde. Das Ministerium solle ihre Energie für die Aufarbeitung der NSU-Morde sparen.
Freitag, 21.09.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 27.09.2012, 7:46 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Aufgrund einer aktuellen Gefährdungsbewertung des Bundeskriminalamtes (BKA) hat das Bundesinnenministerium (BMI) den Start der Plakataktion der Öffentlichkeitskampagne „vermisst“ verschoben. Das teilte das Ministerium am Donnerstagnachmittag in einer offiziellen Erklärung mit.
Eine konkrete Begründung lieferte ein Ministeriumssprecher erst auf Nachfragen der Medien: Zwar gebe es keine konkrete Gefährdung, allerdings spiele der Kontext der Proteste gegen das islamfeindliche Schmähvideo und andere Unruhen in islamischen Ländern eine Rolle. Es sei nicht auszuschließen, dass dies bei fanatisierten Einzeltätern „einen Tatimpuls“ auslösen könnte, teilte ein Ministeriumssprecher mit.
Eingelenkt?
Hinter vorgehaltener Hand wird allerdings gemunkelt, dass die breite und seit Wochen andauernde Kritik an der Plakataktion das Ministerium zum Einlenken bewegt hat. Vor allem islamische Verbände und Religionsgemeinschaften hatten sich massiv gegen die Aktion ausgesprochen. Die Plakate schürten Vorurteile und Angst gegenüber Muslimen.
Das Ministerium zeigte sich davon unbeeindruckt und hielt an den Plakaten fest. Wie geplant sollten die Plakate ab Freitag (21.9.2012) in Berlin, Hamburg und Bonn an großen Werbetafeln ausgehängt werden. Die Reaktion der islamischen Religionsgemeinschaften konnte das Ministerium nicht nachvollziehen. Die Plakate seien von den Vertretern abgesegnet worden. Das führte zum Eklat. Vier islamischen Religionsgemeinschaften und Verbände traten daraufhin aus der „Initiative Sicherheitspartnerschaft“ aus.
Demo vor dem Reichstag
Zahlreiche Aufrufe an das Ministerium aus dem In- und Ausland folgten, von der Plakataktion abzusehen. Der Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), etwa forderte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf, die Plakate „in die Tonne zu treten“. Für Grünen-Vorsitzende Claudia Roth gehören die Plakate ebenfalls „eingestampft“. Mit der offiziellen Begründung habe Friedrich zugegeben, dass „seine Plakataktion nicht nur unsensibel, sondern sogar gefährlich ist“, betonte Roth am Donnerstag.
Davon möchte das Ministerium aber nach wie vor nichts wissen. Wie am Donnerstag weiter mitgeteilt wurde, werde die Öffentlichkeitskampagne „ansonsten planmäßig fortgesetzt“. Dagegen richtet sich ein Protest der Türkischen Gemeinde (tgd). Sie hat für Freitag (heute – 21.9.2012, Uhr 13:30) eine Demonstration vor dem Reichstag angekündigt. Das Innenministerium solle, lieber die Aufarbeitung der NSU-Mordserie vorantreiben. Mit dem angekündigten Protest wolle man das „DEUTLICH SICHTBAR (!)“ machen. (bk) Leitartikel Politik
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Die Plakate sollen also Angst und Vorurteile gegenüber Muslimen schüren.
Und aus Angst vor Anschlägen islamischer Extremisten wird die Plakataktion jetzt ausgesetzt – wo doch diese dummen Vorurteile völlig unberechtigt sind.
Ein schöner Erfolg der Aktionsgegner.
Aber Lionel, ich bitte Dich. Die Argumentation, dass die Kampagne aus Angst vor Anschlägen ausgesetzt wird, ist doch reine Polemik! Eine Schutzbehauptung. Verantwortungsverschiebung… es entbehrt jeder Grundlage! Das Ministerium hat einfach einsehen müssen, dass diese Aktion kompletter Murks ist!
Für mich wird die ganze Debatte zu sensibel geführt (Video, Plakataktion, Karikaturen…). Wenn wir nun alle so sensibel wären, müssten wir ja alle wie toll aufeinander los rennen und uns in die Luft jagen.
Ich wünsche mir auf allen Seiten eine sehr viel souveränere, selbstsicherere Gelassenheit. Und ich würde mich freuen, wenn alle, die hier Recht und Freiheit einfordern, auch selber Recht und Freiheit für anders Denkende garantieren würden. Es wäre auch gut, wenn wir aufhören wollten, uns einzubilden, dass wir extremen Radikalismus verhindern können, wenn wir nur das geeignete Mittel finden. Gucken wir lieber, dass es allen Menschen gut geht auf der Erde, unabhängig davon, ob uns das viel Geld einbringt oder nicht!
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