Brückenbauer
Was zu einer Willkommenskultur dazugehören sollte: Normalität
Seit längerem bedroht der Fachkräftemangel den deutschen Arbeitsmarkt und die deutsche Wirtschaft. Zu wenige Hochqualifizierte kämen nach Deutschland, stellte erst vor kurzem die „Hochrangige Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung“ fest. Doch wie müsste eine Willkommenskultur aussehen, damit es mehr Zuwanderung gibt?
Von Arzu Değirmenci Donnerstag, 11.10.2012, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 14.10.2012, 22:55 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Viele deutsche Städte werben heute offen mit ihren Integrationskonzepten um neue Zuwanderer. Als Paradebeispiel kann man das Stuttgarter Integrationskonzept nehmen, das durch verschiedene Kampagnen das Zugehörigkeitsgefühl ihrer Einwohner mit Migrationshintergrund stärkt und für weitere Zuwanderung wirbt.
Die Philosophie der Stadt beruht auf drei „T“s: Technologie, Talente und Toleranz. Diese Ts gehen auf den US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Richard Florida zurück, der die These vertritt, dass die wirtschaftliche Entwicklung von Städten und Regionen stark von der kreativen Klasse abhängt. Somit haben diejenigen Städte, die die kreative Klasse an den Standort binden, einen Vorsprung im Konkurrenzkampf um „die besten Köpfe“. Wenn man diesen Stuttgarter Ansatz auf die BRD überträgt, so müsste man sich ein Deutschland vorstellen, das alle strukturellen Hindernisse bei der Einreise von Zuwanderern beseitigt und offen für eine neue „creative class“ wirbt.
Neben den Hochqualifizierten müsste es aber auch eine Willkommenskultur für alle Zuwanderer geben, d.h. unabhängig von ihrem Erwerbsstatus. Dies betrifft z.B. auch den ohne Papiere angereisten iranischen Ingenieur, der nach der aktuellen Gesetzesgrundlage als Flüchtling weder arbeiten, noch längerfristig sich in Deutschland aufhalten darf. Wenn Deutschland aber im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe mithalten will, muss es in Zukunft nach den Qualifikationen seiner Zuwanderer, die Möglichkeit zur Weiterbildung und Berufstätigkeit geben.
Was dem Land jedoch bis jetzt fehlt, ist eine „Willkommens- und Anerkennungskultur“ nach innen. Eine Kultur der Mehrheitsgesellschaft gegenüber Migranten und Migrantenkindern, die schon seit mehreren Jahren in Deutschland leben oder in Deutschland geboren sind. Ein erster wichtiger Schritt ist hierbei, die in Deutschland geborene Kinder von Einwanderern als Deutsche zu akzeptieren. Das heißt, dass das jus soli konsequent umgesetzt wird und die Optionsregelung wegfällt. Es muss möglich sein, eine doppelte und mehrfache Staatsbürgerschaft zu besitzen, wie sie in anderen Ländern zur Normalität gehört.
Ein weiterer Punkt ist, Kindern von Migrantenfamilien, die mittlerweile hochqualifizierte Absolventen sind, zu signalisieren, dass sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt gebraucht und gesucht werden. Ein ausländisch klingender Name darf kein Einstellungshindernis sein. Im Gegenteil, es muss zur Normalität gehören. Deutschland muss alle seine Talente und Potentiale nutzen, damit es auch in Zukunft seine Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis stellen und den neuen Herausforderungen (z.B. demografischer Wandel) standhalten kann.
Dabei ist die Philosophie der 3 Ts, Technologie, Talente und Toleranz, der Schlüssel für eine florierende Wirtschaft, für den sozialen Frieden und für eine wohlstandsorientierte Gesellschaft. Aktuell Meinung
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@Klaus Wussow der Zweite
„Das verstehe ich jetzt nicht. Wie soll man jemanden, der mehrere Staatsangehörigkeiten hat, vollends als Deutschen sehen? Das ist doch ein Widerspruch. Entweder, ich bin Deutscher mit allen Konsequenzen, oder ich hänge irgendwo zwischen zwei oder mehreren Kulturen. So wie das viele türkischstämmige Migranten zur Zeit handhaben. Auf der einen Seite sich nicht vom Mutterland lösen wollen und können, auf der anderen Seite auch kein vollständiges Mitglied der neuen Heimat werden wollen bzw. sein können. “
Der Widerspruch läßt sich leicht auflösen. Deutschsein ist eine imaginierte Identität, die man im 19 Jh. mit der Schaffung der National-Literatur, Einheitsschule, Wehrpflicht und Printpresse geschaffen hat. Bei den Staatsangehörigkeiten handelt es sich um eine Rechtsperson: den Bürger. Bürgerrechte sind Verträge zwischen Staaten und Menschen. Bei doppelten und Mehrfach Staatsbürgerschaften schliessen mehrere Staaten Verträge mit ein- und denselben Menschen – d.h. Sie sollen den „Türken“ als Teil der Bürgerschaft anerkennen, also als Träger von Bürgerrechten.
Die Bürger mit türkischen Migrationshintergrund akzeptieren bereits die Konsequenzen der Zugehörigkeit zur Bürgerschaft, weil sie die Gerichte akzeptieren. Selbst Straftäter bekennen sich schuldig oder nicht-schuldig vor deutschen Gerichten. Das Rechtsbewußtsein ist bereits mit dem Grundgesetz und dem BGB im Einklang, wenn sie auf schuldig oder nicht-schuldig plädieren. Wenn das nicht so wäre, würden sie verlangen mit einem anderen Gesetzbuch beurteilt zu werden. In der Mehrzahl der Fälle bekunden sie die Akzeptanz des hiesigen Rechtes.
Eine Reihe von Staaten führte die Doppelte Staatsbürgerschaft ein. Aus Handelsgesichtspunkten ist es sehr interessant polyglotte Bürger bei den wichtigsten Export- und Import-Staaten zu haben, weil es im Welthandel für Markteffizienz an Infrastruktur fehlt, so dass Händler vor Ort die Transaktion moderieren müssen. Träger doppelter Staatsbürgerschaften eignen sich dazu.
Aus der Perspektive der Zuwanderer ist das Thema doppelte Staatsbürgerschaft eher Gift, weil die Bürgerrechte in den Herkunftsstaaten oft Wehrpflicht und Steuern mit sich bringen.
Es wäre viel besser für die Zuwanderer das Thema als Einschub zwischen den Menschenrechten und den nationalen Bürgerrechten zu debatieren, wie wir es bereits in der EU-Bürgerschaft und dem Commonwealth Citizenship haben.
Die Debatte zur doppelten und Mehrfach Staatsbürgerschaft ist anachronistisch in der Globalisierung. Wir brauchen eine Harmonisierung mit einer transnationalen Bürgerschaft, zu der alle wichtigen OECD Staaten Zugang haben. Die zunehmende Dichte grenzüberschreitender Interaktionen bei Medien, Ökonomie, Karrieren und Politik braucht auch einen Rechtsrahmen.
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