Rassismus in deutschen Medien
Warum Sandy beliebter ist als Nilam oder Son Tinh
Während der Hurrikan 'Sandy' für eine gefühlte Live-Berichterstattung in Deutschland sorgte, blieben die zwei weiteren großen Stürme der vergangenen Woche weitgehend unbeachtet. Die Berichterstattung offenbart einen unausgesprochenen rassistischen Konsens, in dem weiße Opfer Vorrang haben.
Von Lalon Sander Freitag, 02.11.2012, 8:29 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 23.10.2015, 17:26 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Drei Stürme haben diese Woche für große Zerstörungen weltweit gesorgt, doch in Deutschland wird man vermutlich nur den Namen von einem Unwetter kennen: der Hurrikan Sandy. Der Wirbelsturm traf am Dienstag auf die Ostküste der USA und sorgte dort für mehrere Dutzend Tote und vermutlich Milliardenschäden.
Doch währenddessen wüteten in Asien zwei weitere Stürme. Wenige Tage vor Sandy war der Taifun Son Tinh durch die Philippinen gezogen und hatte dort 27 Menschen getötet, danach traf er auf Vietnam und Südchina. In Vietnam sollen sieben weitere Menschen gestorben sein, die Dächer von 13.000 Häusern und fast 20.000 Hektar Reisland zerstört worden sein; in Südchina gab es Überflutungen. Am Mittwochabend traf hingegen der Zyklon Nilam auf die indische Ostküste und tötete bereits in den ersten Stunden zwei Menschen – glücklicherweise, so meldeten dortige Offizielle, hatte sich Nilam abgeschwächt und werde keine so großen Schäden verursachen wie gedacht.
Doch schon die oben aufgeführten Informationen fehlten in deutschen Medien, während zu ‚Sandy‘ eine regelrechte Sturmflut von Artikeln hereinbrach. Auf Spiegel-Online konnte man die Entwicklungen zum ‚Supersturm‘ fast stündlich verfolgen, die Nachrichtenseite bot außerdem Webcams und Fotoblogs, in denen man das Geschehen quasi live verfolgen konnte. Übertrumpft wurde Spiegel Online allerdings von der Süddeutschen, die kurzerhand einen Liveticker einrichtete – in der taz dagegen, sorgten pathetische Reportagen für menschelnde Tiefe.
Durch die extensive und intensive Berichterstattung wurde New York fast zur Erweiterung deutscher Städte. Das Sturmgeschehen konnte man verfolgen, als wäre es ein Bundesligaspiel – wenn nicht in live übertragenen Bildern, dann doch wenigstens im Liveticker. Mit den Betroffenen konnte man beim Internet- oder gar Stromausfall mitfühlen. Es war, als wäre die Katastrophe nur wenige Straßen entfernt. Dagegen schienen die Küstenstädte von Indien und Vietnam soweit entfernt, wie sie es tatsächlich sind.
Dass sich deutsche Journalisten mehr mit den Bewohnern der US-Ostküste und weniger mit denen Indiens oder Vietnams identifizieren, ist ein einfacher Fall von rassistischer und klassistischer Homophilie: in deutschen Redaktionen sitzen vor allem weiße Menschen, akademisch gebildet und gutverdienend. Zu ihrer Ausbildung gehört meist ein Auslandsaufenthalt, häufig in den USA. Wenn sie dort nicht selbst gewohnt haben, so haben sie wenigstens Freunde und Bekannte dort. Mit den Leiden eines Stromausfalls und dem Stopp des Börsenhandels ist näher an ihrem Alltag als das Leid indischer Fischer und vietnamesischer Bauern, deren Existenzen bedroht sind und die vermutlich niemals Strom- oder gar Internetanschlüsse hatten. Es ist ein rassistischer Konsens, der weiße, wohlhabende Opfer bevorzugt und in Deutschland offenbar Medien aus dem gesamten politischen Spektrum vereint – auch jene, die sich gerne antirassistisch geben.
Besonders deutlich ist diese Vorliebe in den Nachrichtenagenturen abzulesen: ‚Sandy‘ formierte sich am 22.10., seitdem gab es mehr als 1.000 Meldungen der internationalen und deutschen Nachrichtenagenturen zum Thema; zu ‚Son Tinh‘ dagegen, der bereits am 21.10. entstand, gab es während dieser Zeit ganze 17 Meldungen; zu ‚Nilam‘ hingegen berichtete allein die Deutsche Presseagentur in zwei Meldungen, jeweils drei Zeilen lang, jeweils im Ressort ‚Vermischtes‘.
Im Gegensatz zu Zeitungen, Fernseh- und Radiosendern sind Nachrichtenagenturen rein geschäftliche Einrichtungen. Sie müssen sich gesellschaftlich nicht rechtfertigen, sich nicht als Träger der Meinungsfreiheit oder Wächter über die Demokratie anpreisen – sie machen Geschäfte und verkaufen diejenigen Nachrichten, die eben nachgefragt werden. Was zählt ist, dass sie diese möglichst schnell und billig an die Kunden liefern.
Bei deutschen Medien war ‚Sandy‘ nachgefragter als ‚Nilam‘ oder ‚Son Tinh‘.
Aktuell Meinung
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen
Die nahe liegende Schlussfolgerung von Lalon Sanders Artikel ist: Rassismus ist ja dann wohl nicht so schlimm wie ich dachte. Der ZDJ würde dazu sagen: Lalon Sanders Artikel ist eine Verharmlosung einer menschenverachtenden Gesinnung.
Ich würde dazu sagen: Der Artikel von Lalon Sander enthält mehr „rassistische“ Elemente als die Berichterstattung um Sandy und Nilam. das Niveau der Vorwürfe von Lalon Sander gegen die sicher kritikwürdige deutsche Berichterstattung entspricht dem von Sarrazin, wenn er über Türken und Araber spricht.
Das wird ersichtlich in den folgenden Passagen:
—
Dass sich deutsche Journalisten mehr mit den Bewohnern der US-Ostküste und weniger mit denen Indiens oder Vietnams identifizieren, ist ein einfacher Fall von rassistischer und klassistischer Homophilie:
—
Der Vorwurf wird Türken in Deutschland vertraut klingen. Auch sie müssen damit klar kommen, dass man ihnen nachsagt, sich mehr mit der Türkei als mit Deutschland zu identifizieren.
Ich weiß nicht, was daran so schlimm ist, aber die Türkenkritiker kommen nicht damit klar, dass man sich auch mit etwas anderem als Deutschland identifizieren kann, dieses Land nicht lieben und schätzen lernt und dennoch hier rechtschaffen leben kann. Lalon Sander hat bzgl. Journalisten wohl ein ähnlich gelagertes Problem mit deutschen Journalisten wie Sarrazin-Fans mit Türken.
Das ‚rassistische‘ Element was wir hier erkennen ist, dass eine Gruppe (deutsche Journalisten) mit einem vermeintlich negativen Merkmal (falsche Identifkation) negativ konnotiert wird.
Weiter:
—-
in deutschen Redaktionen sitzen vor allem weiße Menschen, akademisch gebildet und gutverdienend. Zu ihrer Ausbildung gehört meist ein Auslandsaufenthalt, häufig in den USA. Wenn sie dort nicht selbst gewohnt haben, so haben sie wenigstens Freunde und Bekannte dort. Mit den Leiden eines Stromausfalls und dem Stopp des Börsenhandels ist näher an ihrem Alltag als das Leid indischer Fischer und vietnamesischer Bauern, deren Existenzen bedroht sind und die vermutlich niemals Strom- oder gar Internetanschlüsse hatten. Es ist ein rassistischer Konsens, der weiße, wohlhabende Opfer bevorzugt und in Deutschland offenbar Medien aus dem gesamten politischen Spektrum vereint – auch jene, die sich gerne antirassistisch geben.
—-
Ist es schlimm gebildet zu, Freunde in den USA zu haben und gutes Geld zu verdienen? Ist Lalon Sander selbst nicht gebildet und hat er keine Freunde oder Bekannte in den USA?
Wie auch immer, auch diese Vorwürfe klingen ähnlich wie aus dem Sarrazin-Lager, nur dass nicht nur die falschen Typen am Schalthebel sitzen, sondenr auch fehlende Bildung und falsche Kontakte zum Manko werden:
Im Gemüsehandel sitzen vor allem ungebildeten Türken und Araber, die kaum deutsch sprechen. Die türkische Kundschaft identifiziert sich vor allem mit ihren Landsleuten und schert sich nicht darum, dass dem deutschen Gemüsehandel die Kundschaft weg bricht. Das Geschehen in ihrem Heimatland interessiert sie mehr als das was in Deutschland passiert, obwohl sie hier bei uns auf der Tasche liegen. bla bla bla
Ich denke nicht, dass Lalon Sander rassistisch ist. Ich denke aber, dass er mehr Verständnis für Rassisten haben sollte als jeder andere.
Mo sagt:
9. November 2012 um 07:44
„Die Krux an dem Artikel liegt bereits darin, Prioritäten beim Nachrichten-Interesse und bei der Moral auf eine Weise zu vermengen, die geradezu lächerlich ist. Wahrscheinlich werden in den Augenblicken, in denen ich diesen Kommentar schreibe, einige Kinder, die auf Minen treten, zerfetzt. Aber wir diskutieren hier (unter anderem) über Betreuungsgeld….
… Natürlich werden nicht Opfer gegen Opfer ausgespielt, aber so lange wir sie nicht kennen oder keinen Bezug zu ihnen haben, bleiben Opfer abstrakt. Auch die (mir unbekannten) toten Amis oder tote Europäer berühren mich nicht so stark wie die Bauchschmerzen meines Katers. Das heißt nicht, dass ich jetzt Tiere mehr liebe als Menschen…“
Läuft am Thema vorbei. Es geht hier um vergleichbare Größen. Im Artikel steht ja „Drei Stürme haben diese Woche für große Zerstörungen weltweit gesorgt, doch in Deutschland wird man vermutlich nur den Namen von einem Unwetter kennen: der Hurrikan Sandy“ Also in EINER Woche DREI vergleichbare Phänomene mit vergleichbaren Folgen, aber eine Berichterstattung welche völlig ungleichmäßig verteilt ist. Langsam frage ich mich, ob hier einige Poster überhaupt noch richtig lesen können.
Natürlich wird in DE eine Berichterstattung über dt. Ereignisse immer vorrangig behandelt werden. Diese Ereignisse betreffen uns ja direkt. Die Frage ist doch eine völlig andere, warum wir denn SO ausführlich über SANDY unterrichtet wurden(wohlgemerkt auch nur von ihren Folgen in den Staaten) aber praktisch gar nicht von den anderen. Wie schon richtig erwähnt, sind uns die Toten Amis als dt. Allgemeinheit doch eher unbekannt. Eine kurze Meldung zum Thema SANDY (so zwei/drei Minuten mit Einspieler) hätte es doch völlig getan. War aber eben nicht der Fall. Es wurde lang und breit ausgewalzt mit X-Live-Schaltungen und Sonderformaten. Die Gewichtung ist doch der springende Punkt.
PS: Zum Thema Fussball; da frage ich mich überhaupt, was das in den Nachrichten verloren hat?
@aloo masala
Sorry, aber Ihre Bsp. greifen überhaupt nicht. Sie vergleichen PRIVATE türkische Familien und Familienbetriebe im PRIVATwirtschaflichen Sektor mit einer ÖFFENTLICHEN medialen Berichterstattung. Noch mal, die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten behaupten einen ALLGEMEINEN INFORMATIONS- und BILDUNGSAUFTRAG zu besitzen. Damit wird eine GESELLSACHFTLICHE ZWANGSABGABE begründet. Türkischen Familien und Gemüsegeschäfte sind nicht der GESELLSCHAFT verpflichtet, mal vom Steueraufkommen abgesehen. Ihre Identifikation oder Motivation ist überhaupt nicht gesellschaftlich relevant. Es ist mir ein Rätsel, wie man solche Kategorien in Zusammenhang bringen will.
Im privatwirtschaftlichen Mediensektor liegt die Sache sicher anders, da man hier ja von Verkaufszahlen abhängig ist. Eine Fokussierung auf den Mainstream ist somit zwingend nötig. Hier kommt dem Begriff Homophilie besondere Bedeutung zu. Ich schlage vor, dass Sie sich mal mit dessen Definition auseinandersetzten. Jedoch kann man es sich auch hier nicht so einfach machen, da die Privaten Medien ja zunehmend in Abhängigkeit von Werbekunden und PR-Abteilungen geraten. Damit unterliegen sie jedoch deutlich höher der Gefahr des Agendasettings, sprich die Auswahl der Artikel und ihre Gewichtung unterliegt zunehmend lediglich der Intension des Geldgebers und seiner Interessen.
@Tai Fei
Ihnen unterläuft ein Fehler bei der analogen Inferenz.
Stellen Sie sich mal vor, dass 5 Journalisten der TAZ gemeinsam einen Kommentar über die deutsche Berichterstattung von „Sandy“ schreiben. Der Artikel missglückt, weil die Journalisten unterschiedlicher Auffassung sind und diese auch in den Artikel auch einfließen lassen. Was dabei herauskommt ist ein stilistischer Mix mit zum Teil widersprüchlichen Gedanken.
Der Volksmund sagt dazu: Zu viele Köche verderben den Brei.
Und was sagt Tai Fei zum Volksmund? Tai Fei sagt: Sorry, das Beispiel greift überhaupt nicht. Der Volksmund vergleicht private Köche im privatwirtschaftlichen Sektor mit einer öffentlich medialen Berichterstattung, die im Gegensatz zu den Köchen einen allgemeinen Informations- und Bildungsauftrag besitzen.
Halleluja, das geht in diesem Tenor noch paar Zeilen weiter. Dabei erklärt Tai Fei in Großbuchstaben, was besonders wichtig ist. Es könnte ja sein, dass der Leser (in diesem Falle ich) aus was für Gründen auch immer das von selbst nicht erfassen könnte. So wie der Leser (also ich) es sich mal wieder zu einfach macht und ihm (also mir) deswegen nahelegt wird, sich mal besser mit dem Begriff Homophilie auseinander zu setzen.
Er sagt noch vieles mehr, zum Beispiel, es sei ihm ein Rätsel, wie man solche Kategorien (Köche vs. mediale Berichterstattung) in Zusammenhang bringen kann.
Mir ist es auch ein Rätsel, wie man Köche vs. mediale Berichterstattung in einem Zusammenhang bringen kann und selbst die simpelste Analogie nicht erfasst aber trotzdem über ein anmaßendes Selbstbewusstsein verfügt, anderen zu erklären, dass sie es sich zu einfach machen und am Thema vorbei schreiben.
Jedenfalls erklärt die Fehlleistung ihrer analogen Inferenz, dass auch sämtliche andere Beiträge das Thema verfehlen. Ihre Medienkritik teile ich sogar zum großen Teil. Aber ein Argument, das belegt inwieweit die auch für mich kritikwürdige Berichterstattung um „Sandy“ fiktive oder reale Unterschiede von der weißen und südostasiatischen Gruppe überbetont und gleichzeitig dabei die asiatische Gruppe negativ bewertet, um sich als weiße Gruppe von Asiaten abzugrenzen fehlt immer noch. Das wäre Rassismus. Sie sollten sich mal mit der Definition von Rassismus auseinander setzen, Herr Professor.
@Tai Fei:
Nein, das steht nicht im Artikel. Hätte Herr Sander sagen wollen, dass deutsche Journalisten im Fall der Hurricane-Berichterstattung unbeabsichtigt, d.h.nicht vorsätzlich, rassistisch gehandelt haben, hätte er das auch so gesagt. Hat er aber nicht.
Mit dieser Hilfskonstruktion von „unbewusstem Rassismus“ soll nur die eigentlich Aussage abgemildert werden, aber das ändert an der Sache nichts: Herr Sander stellt Menschen unter Generalverdacht, aufgrund ihrer Hautfarbe und Ethnie andere Menschen wegen deren Hautfarbe und Ethnie zu diskriminieren.
@Tai Fei: Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Die Unterscheidung zwischen was Menschen als Privatpersonen interessiert und was Journalisten und Medien als öffentliche Akteure interessieren sollte ist hier tatsächlich die relevante Unterscheidung.
@Hyper on Experience: Nein, solange rassistisch gehandelt wird, wird aufgrund rassistischer Konstruktionen wie Nicht-Weiß-Sein (siehe Racial Profiling) oder eben Weiß-Sein gehandelt. Darauf hinzuweisen, dass nach diesen Kategorien gehandelt wird, impliziert nicht, dass man diese Kategorien übernimmt.
Im Übrigen unterstelle ich den Journalisten, die ich kritisiere, dass sie auch anders handeln könnten: Ein Konsens wird ausgehandelt und kann auch neu verhandelt werden; eine Vorliebe kann verändert werden; die Nachfrage nach bestimmten Themen ebenfalls. Das ist deutlich anders als rassistische Konstruktionen, die aufgrund von rassistischen oder kulturalistischen Thesen Menschen unterstellen, unfähig zu rationalem Denken, zum demokratischen Handeln usw. zu sein.
@Lalon
Zwei Bemerkungen:
a) Was Menschen als Privatpersonen interessiert und was Journalisten und Medien als öffentliche Akteure interessieren sollte ist sicher ein interessanter Punkt aber in dieser Debatte keineswegs relevant. Über das was die Aufgaben der Medien sind und was nicht, scheint Konsens zu herrschen.
Kein Konsens herrscht dagegen hinsichtlich der Motivation der Berichterstattung über Sandy. Während Sie als auch Tai Fei den Journalisten mehr oder weniger Rassismus unterstellen, gehen andere Teilnehmer davon aus, dass Ihre Argumentation unplausibel erscheint.
Schön ist, dass Sie mit diskutieren. Schade ist, dass Sie der Bitte, Ihren Standpunkt schlüssig zu erläutern, nicht nachkommen. Mich interessiert es, worauf Sie die menschenfeindliche Haltung der Journalisten stützen. Das bedeutet, ich würde gerne verstehen, weshalb die Berichterstattung um Sandy
– fiktive oder reale Unterschiede zwischen Weißen und Südostasiaten überbetont
– und dabei eine Bewertung der beiden Gruppen vornimmt, wobei die Gruppe der Südostasiaten negativ beurteilt wird.
– und schließlich unzulässig verallgemeinert wird.
Das sind grob die allgemeinen Kriterien, die gleichzeitig erfüllt sein sollten, wenn Rassismus vorliegt (s. Albert Memmi).
Weder Sie noch Tai Fei haben sich die Mühe gemacht, Ihre Argumentation anhand der Kriterien des Rassismus dazulegen. Ich finde es peinlich, dass Sie bei derart schwerwiegenden Vorwürfen nicht von selbst darauf kommen, eine wasserdichte und schlüssige Begründung ihrer Vorwürfe darlegen.
b) Unklar ist mir, was die Berichterstattung um „Sandy“ mit dem Racial Profiling von Sicherheitsbehörden zu tun hat?
Hallo @aloo masala
a) Der Unterschied zwischen dem private Interesse von Personen und dem öffentlichen Interesse von Journalisten/Medien ist sehr wohl relevant, wenn Sie die Nichtbeachtung von den Opfern von Nilam und Son Tinh (bzw. den Opfern von Sandy auf Kuba und Haiti) versuchen gleichzusetzen mit einer angebliche Nichtbeachtung von Berichterstattung über Deutschland durch „ungebildete Türken und Arabern“. Denn tatsächlich ist es schwierig Privatpersonen ihre Vorlieben vorzuwerfen, wenn allerdings ein ganzes System (die Medien) einen so großen blinden Fleck entwickelt, der auch noch den selbstgesetzen Zielen dieses Systems widerspricht, muss das kritisiert werden.
Darum geht es auch wenn ich von einem „unausgesprochenem rassistischen Konsens“ spreche, denn jeder einzelne Journalist handelt nach eigenen Vorlieben, die aber in ihrer Gesamtheit rassistisch sind. Deshalb ist dieser Konsens auch eine vermutlich unbeabsichtigte Folge des Handelns vieler. Die Bezeichnung dieser Vorliebe als rassistische und klassistische Homophilie muss in diesem Sinne auch nicht unbedingt als Vorwurf aufgefasst werden, sondern als eine Struktur von Privilegien, über die man sich bewusst sein sollte und der man auch entgegnen sollte.
Fiktive oder reale Unterschiede zwischen Weißen und Südostasiaten überbetont
-> indem bei ähnlicher Faktenlage, ein Gruppe von Opfern eine intensive und extensive Berichterstattung erhält, die andere aber kaum bis gar nicht Erwähnung findet
Und dabei eine Bewertung der beiden Gruppen vornimmt, wobei die Gruppe der Südostasiaten negativ beurteilt wird
-> indem das Leiden der zweiteren Gruppe durch Nichtbeachtung für weniger wichtig erklärt wird
Und schließlich unzulässig verallgemeinert wird
-> indem die Nichtbeachtung auf keiner sachlichen Begründung basiert, sondern einfach so gemacht wird
b) Racial Profiling hat nichts direkt mit der Berichterstattung zu tun. Falls sie sich auf die Klammer in meinem letzten Post beziehen: die Nennung diente lediglich der Illustration.
– Lalon Sander
Hallo Lalon Sander,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Der entscheidende Punkt ist, dass Rassismus in erster Linie eine zutiefst menschenfeindliche Gesinnung ist. Der zweite Punkt ist, dass Rassismus ein allzu dehnbarer Begriff ist und als solcher auch reichlich überstrapaziert wurde.
Die Fragen sind:
– Gibt es keine anderen Motive für die Einseitigkeit der deutschen Berichterstattung außer einer menschenfeindlichen Gesinnung?
– Lässt sich aus Ihren Antworten eine menschenfeindliche Haltung der Journalisten ableiten?
– Wird durch Ihre Antworten der Begriff Rassismus maßlos überdehnt, in dem Sinne, dass Rassismus bereits dann vorliegt, selbst wenn keine zutiefst menschenfeindliche Haltung vorliegt?
Was sehr gegen Ihre Annahme spricht ist, dass die deutsche Berichterstattung beispielsweise über die Tsunamis im indischen Ozean 2004 und 2011 in Japan sehr intensiv berichtet hatte. Das widerspricht dem Prinzip eines Rassisten, dessen menschenfeindliche Gesinnung ein Prinzip ist und daher danach strebt, die Zielscheibe seiner rassistischen Gesinnung kontinuierlich auszugrenzen.
Ich kann sicher nicht für andere sprechen, jedoch kann ich ein Beispiel dafür sein, dass Ihr Vorwurf schwer haltbar ist. In Deutschland würde ich als Inder eher ausführlich über Sandy als über Nilam berichten, in Indien umgekehrt. Daraus folgt aber nicht, dass in Deutschland das Leid meiner Landsleute weniger wichtig ist und ich mich mit weißen Opfern identifiziere oder dergleichen.
Zu Ihren Antworten:
1. Differenz:
Lalon Sander: -> indem bei ähnlicher Faktenlage, ein Gruppe von Opfern eine intensive und extensive Berichterstattung erhält, die andere aber kaum bis gar nicht Erwähnung findet.“
Das ist keine Betonung der Unterschiede von zwei Gruppen, sondern bereits eine ‚diskriminierende‘ Handlung. Ob diese aus rassistischen oder anderen Motiven erfolgt sei dahin gestellt.
Bewertung:
Lalon Sander: -> indem das Leiden der zweiten Gruppe durch Nichtbeachtung für weniger wichtig erklärt wird.
Das ist Ihre Interpretation. Die Auswahl der Themen in den Medien erfolgt in der Regel oftmals anderen Kriterien als nach der Größe des Leidens.
Verallgemeinerung:
-> indem die Nichtbeachtung auf keiner sachlichen Begründung basiert, sondern einfach so gemacht wird
Die Nichtbeachtung ist für Sie die Betonung der Unterschiede. Der Rassismus unterscheidet dabei nicht zwischen realen oder fiktiven (also auch unsachlichen) Unterschieden. Die Kriterien des Rassismus unterscheiden jedoch ausdrücklich zwischen Differenz und Verallgemeinerung.
Ihre Antworten von „Betonung der Unterschiede“ (Differenz) und „Verallgemeinerung“ sind nicht gegeben. Ihre Antwort der Wertung ist unschlüssig (Bsp: Indischer Journalist in Deutschland und Indien).
Zu Teilen von a): Da ist Ihnen womöglich der gleiche Fehler wie Tai Fei unterlaufen. Vielleicht hilft meine Antwort an Tai Fai (9. November 2012 um 15:42) weiter.
al masala
@aloo masala
Tja offensichtlich habe ich ja Recht gehabt. Sie können eben einige Sachen nicht von selbst erfassen, obwohl sie sogar hervorgehoben waren. Das zeigt ja schon einer Ihrer ersten Sätze: „…Stellen Sie sich mal vor, dass 5 Journalisten der TAZ gemeinsam einen Kommentar über die deutsche Berichterstattung von “Sandy” schreiben….“
Schon komisch, mir war nicht bekannt, dass die TAZ ein ÖR-Medium ist. Mir ist auch keine Passage in irgendwelchen Staats-Rundfunk-Verträgen bekannt, welche der TAZ einen allgemeinen Informations- und Bildungsauftrag zugestehen. Ich wusste wüsste auch nicht, dass die TAZ jemals Gelder seitens der GEZ erhalten hätte.
Wenn Sie also die Hervorhebungen zur Kenntnis genommen hätten, wäre Ihnen vielleicht aufgefallen, dass ich hier durchaus differenziere.
Sie scheinen sich bei Ihrer Rassismus-Definition von Extrembeispielen beeinflussen zu lassen. Rassismus liegt aber bereits vor, wenn die Gleichrangigkeit in Frage gestellt wird.
Im Artikel wird die Gleichwertigkeit, bzw. deren Nichtvorhanden sein, in der Berichterstattung von drei Stürmen im recht nahen zeitlichen Kontext analysiert. Sie werfen hier ein, dass über andere ähnliche Ereignisse ja eingehend berichtet wurde: aloo masala sagt:
10. November 2012 um 23:09
„…Was sehr gegen Ihre Annahme spricht ist, dass die deutsche Berichterstattung beispielsweise über die Tsunamis im indischen Ozean 2004 und 2011 in Japan sehr intensiv berichtet hatte. Das widerspricht dem Prinzip eines Rassisten, dessen menschenfeindliche Gesinnung ein Prinzip ist und daher danach strebt, die Zielscheibe seiner rassistischen Gesinnung kontinuierlich auszugrenzen….“
Sie ignorieren hier jedoch den zeitlichen Kontext. Der westl. Kulturraum wurde zu diesen Zeitpunkten ja nicht gleichzeitig von Katastrophen ähnlichen Ausmaßes getroffen. Tatsächlich zeigte doch gerade auch die Berichterstattung der Fukushima-Katastrophe 2011 recht eindeutig, dass diese sehr schnell durch eine Diskussion über die Sicherheit einheimischer bzw. europäischer AKWs überlagert wurde.
Es widerspricht auch nicht unbedingt einer rassistischen Berichterstattung Teile des Weltgeschehens konsequent auszugrenzen. Das wäre der heutigen globalisierten Welt auch gar nicht mehr konsequent möglich. Hier gewinnt die Gewichtung eben eine größere Rolle bzw. auch die Interpretation. Ein schönes Bsp. sind da z.B. die „Maueropfer“ welche zu bestimmten Stichtagen eine sehr hohe Medienpräsents erhalten. Ich will diese auch keineswegs verniedlichen, nur wird den ca. 16.000 Opfern seit 1990, welche an den Außengrenzen der EU ums Leben gekommen sind, nicht mal annähernd soviel Aufmerksamkeit geschenkt. Aber das sind ja auch nur Wirtschaftsflüchtlinge aus dem afrikanischen und orientalischen Bevölkerungsgebiet. Da diese auch nicht auf dt. Boden umgekommen sind, kann man hier die Mitverantwortung auch sehr schön delegieren.
Lalon Sander kommt bei der Analyse zum Ergebnis, dass die Berichterstattung rassistisch motiviert scheint. Zumindest was den ÖR-Bereich betrifft, welcher ja nicht von Verkaufszahlen und Quoten abhängig ist, kann man sehr wohl zu dieser Schlussfolgerung kommen. Bei den Privaten ist das schon schwieriger, da man hier die Abhängigkeiten nicht immer kennt. Schön das trifft zwar auch auf die ÖR-Medien zu, dort sollte es diese aber zumindest theoretisch nicht geben. Sie argumentieren hier jedoch überhaupt nicht auf gleichem Niveau. Sie stellen eine Maximaldefinition von Rassismus auf und bestreiten darauf bezugnehmend, ohne auch nur ein Argument anzuführen, die durchaus relevante Aussage dieses Artikels. Versuchen Sie doch mal diese zu widerlegen? Sich hinstellen und zu behaupten: „Stimmt nicht“ kann jeder. Wo sind Ihre Argumente?