Islam-Studie
Friedrich verweigert öffentliche Entschuldigung wegen MiGAZIN-Artikel
Minister Friedrich hatte eine Entschuldigung vor der Presse wegen der vermeintlichen „Schock-Studie“ über junge Muslime angekündigt. Jetzt macht er einen Rückzieher. Das MiGAZIN habe über seine Entschuldigung bereits berichtet. Das reiche.
Freitag, 09.11.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 15.11.2012, 8:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Reicht eine Entschuldigung hinter verschlossenen Türen und im kleinen Kreis, wenn zuvor im ZDF heute-journal vor einem Millionenpublikum die Unwahrheit gesagt wurde? Wohl kaum. Doch das sieht Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) anders. Er meint, ein Artikel im MiGAZIN über seine Entschuldigung reiche aus. Doch der Reihe nach. Was war passiert?
Am 29. Februar 2012 berichtete Bild.de exklusiv über die Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ – Überschrift: „Schock-Studie – Junge Muslime verweigern Integration“. Die reißerische Überschrift und der selektive Inhalt der Bild-Meldung dominierten fortan die öffentliche Diskussion über vermeintliche muslimische Integrationsverweigerer – eine Woche nach der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nazi-Terrors in Deutschland.
Exklusiv für Bild-Journalisten
Journalisten, die ebenfalls Zugang zur Studie verlangten, wiegelte das Ministerium ab. Die Studie werde offiziell am 1. März veröffentlicht. Bis dahin müsse man sich gedulden. Woher die Bild-Zeitung die Studie habe, wisse man nicht.
In den folgenden Tagen und Wochen wurde diese Behauptung von Friedrich selbst und von Mitarbeitern seines Hauses mehrmals wiederholt. Unter anderem im ZDF heute-journal vom 1. März. O-Ton des Ministers: „Also, diese Studie ist nicht aus meinem Haus herausgegeben worden.“ Ähnliches wurde auch vom Staatssekretär Christoph Bergner im Parlament behauptet.
Studie doch zugesteckt
Erst auf Nachhaken der Linkspartei räumte das Bundesinnenministerium am 20. April ein, dass der Bild-Redaktion „vom Pressereferat des BMI ein Vorabexemplar übersandt“ wurde. Fünf Tage später entschuldigte sich Friedrich in der nicht öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages dafür, dass er und sein Staatssekretär gegenüber der Öffentlichkeit, den Medien und dem Parlament eine Falschauskunft erteilt hatten. Außerdem stellte Friedrich eine Entschuldigung gegenüber der Presse in Aussicht.
Darüber berichtete das MiGAZIN am 27. April – soweit ersichtlich – als einziges deutsches Medium. Wie das Ministerium jetzt mitteilt, hat Friedrich aufgrund dieses MiGAZIN Artikels von einer öffentlichen Entschuldigung abgesehen. Grund: Durch diese Berichterstattung sei die Öffentlichkeit ausreichend informiert worden.
MiGAZIN ausreichend
Wie allerdings die Linksfraktion feststellt, ist das MiGAZIN „zwar in Fachkreisen bekannt“, doch dürfte es „zum Beispiel der Leserschaft der Bild-Zeitung eher unbekannt sein“. Auch die Reichweite eines ZDF heute-journals dürfte das MiGAZIN bei Weitem nicht erreichen. Das nimmt das Ministerium aber hin.
Hingenommen wird auch die Nichtaufklärung der Umstände, die zu dieser Falschaussage geführt haben. Laut Ministerium wurde die Studie der Bild-Zeitung von einem Mitarbeiter des Pressereferats per E-Mail zur Vorbereitung eines Interviews mit dem Bundesinnenminister zugeschickt. Wieso der Minister oder auch sein Staatssekretär über diese Übermittlung nicht informiert wurde, ist bis heute unklar. Genauso unklar ist es, wieso Nicht-Bild-Journalisten der Zugang zur Studie verwehrt wurde.
Mail digital geschreddert
Licht in das Dunkel könnte die E-Mail-Korrespondenz mit der Bild-Zeitung bringen. Was wurde vereinbart, welcher Mitarbeiter hat die E-Mail verschickt, hat er auf eigene Faust gehandelt oder doch auf Anweisung?
Laut jüngster Antwort des Ministeriums kann man den Sachverhalt nicht mehr rekonstruieren. Die Mail existiere nicht mehr. Die gesamte Korrespondenz mit der Bild-Zeitung sei unwiederherstellbar digital geschreddert worden – aufgrund begrenzter Speicherkapazitäten im Bundesinnenministerium! Im Mai dieses Jahres hatte das Ministerium noch behauptet, es liege „nach wie vor kein Schriftwechsel betreffend der Studie vor“. (es) Leitartikel Politik
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Und was ändert das nun am INHALT der Studie?
Gar nichts,
Vielleicht sollte man mal darüber sprechen und nicht von wem das wann veröffentlicht wurde, das ist prinzipiell nämlich vollkommen wurscht.
@Soli: Sie haben vollkommen recht. Wir sollten mehr über den Inhalt der Studie sprechen. Denn wie Prof. Wolfgang Frindte, einer der Autoren der Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ in einem Interview gesagt hatte:
„Die entscheidende Aufgabe der Mehrheitsgesellschaft – das haben wir dezidiert hervorgehoben – ist Kommunikation mit den Migranten. Die Gesellschaft muss gleiche Chancen für Muslime auf dem Arbeitsmarkt schaffen, gleiche Bildungschancen, mehr Möglichkeiten, die deutsche Sprache zu erlernen. Und man muss den jungen Migranten die Chance zur politischen Teilhabe geben. Es geht nicht nur um Symbolpolitik auf der Berliner Bühne, sondern um reale Kontakte in der Region, in den Stadtvierteln.“
http://www.sueddeutsche.de/politik/autor-der-studie-zu-muslimen-in-deutschland-sarrazin-fuehlt-sich-bestaetigt-das-ist-tragisch-1.1298747
Wozu sollen wir über Inhalte einer Studie sprechen, wenn Politiker wie Friedrich mit seinen Aktionen und Fehlleistungen nicht nur die Integration sondern auch die eigentlich recht positiven Ergebnisse der Studie mit Hilfe der BILD konterkariert?
Hier gerät die Studie in den Hintergrund und Friedrich mitsamt den eigentlichen Integrationsverweigerern spielen sich unfreiwillig in den Vordergrund. Das trifft auf viele Aspekte der Integration zu. Versagt hat auch die deutsche Politik in vielen Bereichen. Die Schuld für das Versagen der Politik wird den Einwanderern gleich mit in die Schuhe geschoben und es werden allerlei Studien über muslimische Lebenswelten angestellt, die in der BILD vorab als Schock-Studie präsentiert werden.
Ich habe die Studie gelesen, ich brauche sie nicht. Sie ist zwar interessant, trägt aber nicht dazu bei irgendwelche Probleme zu lösen. Ich brauche vernünftige Bildungspolitik, die Chancengleichheit gewährt.
Friedrich wählt heimlich NPD
Bundesinnenminister Friedrich ist seit seiner Amtszeit eine pure Enttäuschung für einen Großteil der Bevölkerung. Da wünscht man sich doch glatt den Staatsrechtsprofessor Thomas de Maiziere zurück. Seine Stellungnahmen haben bis dato nur zur Seperation, Intoleranz und Fiktionen beigetragen, die an der Realität vorbeischlittern.
Es war von Anfang an ein offenes Geheimnis, dass die Muslime in Deutschland kein Interesse daran hatten sich mit Friedrich gut zu verstehen. Dieser Artikel ist mal wieder die reinste Bit-Verschwendung.
@aloo masala
Ich gebe ihnen recht, dass die Politik nicht alles richtig gemacht hat (also wie schon immer seit es Politik gibt). Aber seien sie sich auch bewusst, dass die Integrationspolitik nur bei einer speziellen Gruppe von Migranten nicht funktioniert hat und das sollte dann schon nachdenklich machen. Ich bin zum Beispiel der Meinung, dass der Staat verlangen kann, dass man die deutsche Sprache beherrscht, wenn man hierherkommt und der Staat keine staatlich finanzierten Deutschkurse anbieten muss. Das gehört nämlich ganz klar zu den Pflichten der Einwanderer.
„Laut jüngster Antwort des Ministeriums kann man den Sachverhalt nicht mehr rekonstruieren. Die Mail existiere nicht mehr. Die gesamte Korrespondenz mit der Bild-Zeitung sei unwiederherstellbar digital geschreddert worden – aufgrund begrenzter Speicherkapazitäten im Bundesinnenministerium!“
Unter diesen Umständen braucht man sich, nicht wundern, wenn ein Eindruck entsteht, dass „vor lauter Aktenzerschredderung, Täuschung und Verschleierung kommen die Sicherheitsbehörden nicht dazu, Strafanzeigen wegen Volksverhetzung zu verfolgen“. – Zitiert aus http://bit.ly/SPON-Wie-bei-Volksverhetzung-ermittelt-wird .
@Gerber
Die spezielle Gruppe bei der die Integration nicht so läuft, wie es die hiesigen Deutschen wünschen haben nur eines gemeinsam: Sie kommen aus einer sozial und bildungsmäßig benachteiligten Schicht.
Das ist im Grunde nichts neues, wird aber in der Politik nicht gerne öffentlich diskutiert. Man verweist lieber auf die integrationsbockigen Muslime und ihre Bringschuld. Tatsache aber ist, dass nur eine Minderheit der Muslime in Deutschland nicht integrationswillig ist. Studien, die das belegen, werden von der BILD unter Mitarbeit von Friedrich als Schock-Studie verfälscht. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Leute wie Sie glauben weiterhin daran, dass Integration bei einer speziellen Gruppe nicht funktionieren kann. Ich würde behaupten, Friedrich ist zusammen mit der BILD ein guter PR-Coup gelungen.
Der Sachverhalt, dass sozial und bildungsmäßig benachteiligte mehr Schwierigkeiten mit der Integration haben, offenbart worin die Lösung besteht: In der Bildungspolitik. Hier aber hat die deutsche Bildungspolitik versagt. Das deutsche Bildungssystem ist ein System, das sozial Benachteiligte und vor allem Migranten unter allen Industrienationen am stärksten diskriminiert. Vorwürfe der UN weist die deutsche Politik natürlich weit von sich und schiebt die Schuld den Schwächsten der Gesellschaft in die Schuhe.
Aus diesem Grund kritisierte ich in meinem ersten Artikel massiv die Poltik. Die recht positiven Inhalte der Studie rücken unter diesen Umständen in den Hintergrund.
Gruß
al masala
Was kümmert uns die Stellungnahme der Regierung zu einem über seine Religionszugehörigkeit definierten Teil der deutschen Gesellschaft, wenn die himmelschreiende Tatsache ignoriert wird, dass es sich um Rassismus pur handelt. Oder hat noch niemend von Ethnisches Profil gehört?
Das Bildungsproblem betrifft nicht nur Buerger_innen „mit Migrationshintergrund“ sondern auch Deutschsprachige der N-ten Generation. Aber Ethnisierung liegt nun mal im Trend der veroeffentlichten Meinung. Was ist denn an dieser ausgrenzenden Gesellschaft so erstrebenswert, dass die Integration als Bringschuld rechtfertigen sollte? Nein, es geht darum, immer genug Reserve fur die Dreckjobs zu haben und dies auch den den Outcasts in die Schuhe zu schieben, die sehr wohl hier geboren und aufgewachsen sind – egal welche Sprache sie sprechen. Lady Bitch Ray sagt „… Almanya“ – viel Spass mit der Suchmaschine :-)