Erstmals erforscht
Diskriminierung von Migranten beim Wohneigentumserwerb
Erstmals haben Forscher herausgefunden, inwieweit Migranten bei Wohneigentumserwerb benachteiligt werden. Die Forscher sprechen von strukturellen Diskriminierungen in besonderem Maße - der Exklusiv-Bericht im MiGAZIN
Von Haack, Mohajeri, Große-Heitmeyer Donnerstag, 15.11.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 20.05.2020, 9:56 Uhr Lesedauer: 7 Minuten |
Wenn sich der Wunsch nach einem eigenem Haus oder einer Eigentumswohnung erfüllt, dann gilt dies in Deutschland gemeinhin noch immer als eine so genannte Investition fürs Leben. Sehen das Haus- oder Wohnungseigentümer mit Migrationshintergrund auch so? Lässt sich schlussfolgern, dass sie diese Investition getätigt haben, weil sie sich in Deutschland wohl fühlen und vollends in die hiesige Gesellschaft integriert sind? 57,6 Prozent der Deutschen ohne Migrationserfahrungen sind laut Mikrozensus Wohneigentümer, hingegen nur 28,7 Prozent der fast 16 Millionen nach Deutschland Zugewanderten.
Dennoch, ihre Zahl wächst doppelt so schnell wie die der Hauseigentümer ohne Migrationshintergrund. Dass vergleichsweise so viele Menschen ohne Migrationshintergrund in einem Eigenheim leben, liegt unter anderem daran, dass immerhin rund ein Viertel von ihnen eine Immobilie erbt. Von den Zuwanderern kommen nur knapp sechs Prozent auf diesem Weg an ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung. Erben sie Vermögenswerte, wie Häuser oder Grundbesitz, in ihrem Heimatland, können sie diese nicht immer einfach nach Deutschland transferieren. So gesehen erscheint die Zahl der Immobilienbesitzer mit Migrationshintergrund sogar recht hoch.
Der Kaufpreis entscheidet
Natürlich kann sich nicht jeder – ob nun mit oder ohne Migrationshintergrund – den Wunsch nach einem eigenen Haus oder einer Eigentumswohnung erfüllen. Die Möglichkeiten und Präferenzen der Wohneigentumsbildung hängen vielmehr von Einflussfaktoren wie Einkommen und sozialem Status ab. Entscheidendes Kriterium für die Wahl des Wohneigentums ist zu 71 Prozent der Kaufpreis. Einkommensschwache Zuwanderergruppen, die sich für eine eigene Immobilie entscheiden, erwerben zumeist Etagenwohnungen in Bestandsgebäuden innerhalb der städtischen, ethnisch und vielfach auch sozial homogenen Wohnquartiere. 64,6 Prozent haben Wohneigentum von einem Vorbesitzer gekauft, während 29,7 Prozent der Zuwanderer neue Immobilien erworben beziehungsweise selbst gebaut haben. In Duisburg hat sich gezeigt, dass einkommensschwache Zuwanderer, die eine Immobilie erwerben möchten, mehr Wert auf deren Gebrauchs- als auf ihren Kapitalwert legen.
Die Mittelschicht bevorzugt „deutsche“ Wohnquartiere
Demgegenüber zeigen Menschen mit Migrationshintergrund, die der Mittelschicht zugeordnet werden können, dieselben Verhaltensmuster wie diejenigen der entsprechenden Bevölkerungsgruppe ohne Migrationshintergrund. Angehörige des einkommensstarken und bildungsbewussten Mittelstandes haben eine hohe Präferenz für Einfamilienhäuser, vielfach Neubauten, vorzugsweise in Stadtrandlage. Ein zentrales Motiv für die Standortentscheidung ist in dieser Gruppe die Demonstration des sozialen Aufstiegs. In Abgrenzung zum Herkunftsmilieu wird großer Wert auf ausgesprochen „deutsche“ Wohnquartiere gelegt. Dabei spielen die mit dem sozialen Aufstieg verbundenen Bildungseinrichtungen, die Qualität der Schule und der Kinderbetreuungseinrichtungen, sowie eine familienfreundliche Infrastruktur vor Ort eine herausragende Rolle.
Die Entstehung sozial homogener Stadtteile wird abhängig vom sozialen Status stärker durch die finanziellen Möglichkeiten als durch die ethnische Herkunft beeinflusst. Der Verbleib einkommensschwacher Zuwanderer im angestammten Wohnumfeld ist also bei der Bildung von Wohneigentum in erster Linie dem einkommensabhängig begrenzten Handlungsspielraum geschuldet.
Begrenzter Zugang zum Wohnungsmarkt schafft Parallelwelten
Die soziale und ethnische Homogenisierung von Wohngebieten kann durch eine fehlende Angebotstransparenz sowie durch Informations- und Beratungsdefizite zudem verstärkt werden. Abhängig von ihrer sozialen Zugehörigkeit stellt sich der Immobilienmarkt für Menschen mit Migrationshintergrund häufiger als intransparent dar. Bei näherer Betrachtung der von Zuwanderern häufig genutzten Informationsquellen zeigt sich, dass diese sowohl bei der Wohnungssuche als auch beim Eigentumserwerb informelle Kontakte über Bekannte und Verwandte nutzen.
So entwickeln sich oftmals parallele, zunächst informelle Informationssysteme bei der Wohnungssuche. Die starke Bedeutung solch informeller Suchstrategien innerhalb der eigenen ethnischen Gemeinde kann dazu beitragen, dass sich die Zuwanderer durch Vermittlung von Objekten aus der unmittelbaren Umgebung sozial weiter ausgrenzen. Mit anderen Worten bleibt Wohneigentum suchenden Menschen mit Migrationshintergrund ein großer Teil des Wohnungsmarktes und bestimmter Wohnbezirke verschlossen. Sie verbleiben im angestammten Umfeld, die ethnische Konzentration in einzelnen Quartieren nimmt weiter zu. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass einkommensschwache Gruppen mit Migrationshintergrund nicht selten per Zufall vom Mieter zum Eigentümer der von ihnen bewohnten Wohnungen werden. Sind diese Wohnungen derart sanierungsfällig geworden, dass die Wohnungsgesellschaft entscheidet, den Mietkomplex zu verkaufen, so bleibt den bisherigen Mietern nur die Wahl zwischen Auszug und Kauf. Zu beobachten ist diese Form des Gelegenheitserwerbs von Immobilien durch einkommensschwache Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund beispielsweise in alten, unsanierten Zechen- und Fabriksiedlungen im Ruhrgebiet.
Dem steht die systematische Planung des Wohneigentumserwerbs bei bildungsbewussten und einkommensstarken Menschen mit Migrationshintergrund gegenüber. Insbesondere die Angehörigen der zweiten Generation, die beruflich etabliert sind, wissen genau, was sie wollen; auch beim Hauskauf. Im Zuge eines langfristig geplanten Wohneigentumserwerbs nutzen sie systematisch und gezielt vorhandene Informations- und Beratungsangebote. Neueste Studien zeigen, dass jeder zehnte Befragte mit Migrationshintergrund plant, innerhalb der nächsten fünf Jahre ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen.
Kreditvergabepraxis als diskriminierende Hürde
Dennoch kritisieren Wohneigentümer unabhängig von Einkommen und Migrationserfahrung gleichermaßen die Qualität der Beratung durch Banken und die mangelnde Transparenz der Förderinstrumente. Als eine echte Belastung empfinden sowohl Zuwanderer als auch Einheimische die Auseinandersetzung mit der grundsätzlichen Funktionsweise von Fremdfinanzierungen und konkreten Fördermöglichkeiten. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund vermissen in Deutschland eine neutral und glaubwürdig beratende Instanz. Dabei haben es Migranten aufgrund ihrer zuwanderungsspezifischen Unkenntnis der relevanten Anlaufstellen und Informationskanäle sowie aufgrund sprachlicher Hürden noch weit schwerer, die Möglichkeiten und Anforderungen beim Immobilienkauf zu überblicken. Die sprachbedingte Verständnis- und Verständigungsproblematik betrifft sowohl Beratungsgespräche als auch Fachliteratur und Beratungsbroschüren. Diese Broschüren sind aufgrund ihres Finanz- und Steuer-Fachwortschatzes bereits für Muttersprachler oftmals schwer zu verstehen.
Die hiesige Kreditvergabepraxis diskriminiert Interessenten mit Migrationshintergrund in besonderem Maße: Ohne unbefristeten Aufenthaltsstatus erhalten sie grundsätzlich keine Kredite. Zudem wird bei Zuwanderern davon ausgegangen, dass sie finanzielle Verpflichtungen im Herkunftsland hätten. Da das nur schwer nachprüfbar ist, erlegen die Kreditinstitute Zuwanderern, die einen Kredit beantragen wollen, per se einen höheren Zinssatz als Risikozuschlag auf.
Häufig Migranten betreffende Hürden
Hinzu kommen weitere Zinszuschläge, die zwar nicht migrantenspezifisch sind, aber dennoch häufig Immobilieninteressenten mit Migrationshintergrund treffen. Bei preisgünstigen Altbauten beispielsweise treiben Wertgutachten, die Sanierungsobjekte als risikoreich bewerten, die entsprechenden Zinszuschläge bei der Kreditvergabe in die Höhe. Im schlimmsten Fall verhindert diese zusätzliche Kostenbelastung den angedachten Wohnungserwerb, auch wenn die Wohnung selbst den Interessenten zunächst finanzierbar erschien. Schlechte Karten bei der Kreditvergabe haben auch Großfamilien, in denen nur eine Person den Lebensunterhalt verdient. Denn die Kreditinstitute errechnen bei der Einschätzung der Kreditwürdigkeit ihres Kunden das frei verfügbare Einkommen nach Abzug der Zins- und Tilgungsraten vom Nettoeinkommen. Die Berechnung der Lebenshaltungskosten setzt bei 600 Euro an und erhöht sich um 200 Euro für jedes weitere Familienmitglied. Großfamilien mit nur einem Arbeitnehmer – was bei Zuwandererfamilien häufiger vorkommt – werden hier automatisch schlechter gestellt als Kleinfamilien oder gar kinderlose Ehepaare.
Ist der Alleinverdiener zudem noch selbständiger Kleinunternehmer und durch Firmenkredite finanziell zusätzlich belastet, so nehmen die Banken auch hier ein erhöhtes Risiko bei einer Kreditvergabe an. Entsprechend ist der Zinszuschlag auch hier die kostensteigernde Folge. Der Betroffenheitsgrad ist hier für Migranten deshalb erhöht, weil Menschen mit Migrationshintergrund eine hohe Selbständigenrate aufweisen.
Erwerb von Wohneigentum als Ausdruck der Integration
Können Zuwanderer und ihre Familien unter derart erschwerten Bedingungen ihre Bleibeabsicht überhaupt durch den Kauf von Wohneigentum zementieren? Oder bleiben sie in dieser Hinsicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen? Der zweite Integrationsbericht der Bundesregierung weist nämlich den Erwerb von Wohneigentum als Indikator für Integration aus. Zentrale integrative Komponente sei eben diese Bleibeabsicht der Zuwanderer. Der Bericht lässt jedoch zwei wesentliche Punkte unberücksichtigt. In vielen anderen Ländern Europas und der Welt bedeutet der Kauf einer Wohnung oder eines Hauses nicht zwangsläufig auch eine lebenslange Nutzung der Immobilie. Darüber hinaus sagt der Integrationsbericht mit dieser Formulierung nichts über die Bereitschaft der Deutschen aus, die Zuwanderer vollständig auf dem Wohnungsmarkt zu integrieren.
Integration durch gleiche Rechte und Pflichten
Ein wesentlicher Schritt für die Integration von Immobilieninteressenten mit Migrationshintergrund ist sicherlich, ihnen die gleichen Kreditrechte und -Pflichten beim Haus- oder Wohnungskauf zuzugestehen. Diese Rechte und Pflichten müssen dann aber auch allgemeinverständlich und verbindlich erklärt werden. Auch wenn das zur Folge hat, dass eine Bank in einem Stadtbezirk mit einem beispielsweise hohen türkisch-stämmigen Bevölkerungsanteil einen Immobilienberater mit türkischen Sprachkenntnissen beschäftigt oder bilinguale Informationsbroschüren herausgibt. Auch bankenunabhängige Beratungsdienstleistungen durch Behörden oder Migrantenselbstorganisationen könnten sicherlich einige Unsicherheiten aus dem Weg räumen. Andere Möglichkeiten, den Anteil selbstgenutzten Wohneigentums durch Migranten zu erhöhen, wären Quartiersprojekte, die multikulturelles Wohnen fördern wie das beispielsweise in den Niederlanden über einen multikulturellen Wohnungsbau erfolgt. Diese Modelle haben gezeigt, dass eine neue städtische Mittelschicht angesprochen wird, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in die Suburbia ziehen will. Zudem gewähren die Niederlande Steuernachlässe beim Eigentumserwerb.
Aber ganz gleich, ob nun ein Haus in bürgerlicher Randlage erworben oder die Mietwohnung in der innerstädtischen Blockbebauung gewählt wird, Integration bedeutet immer, gegenseitige Wertschätzung bei gleicher Verteilung von transparenten Rechten und Pflichten. Gesellschaft Leitartikel Studien
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Wie kommn die Saudis nur an deutsche Immobilien?
Liebe Redaktion, mit Artikeln wie diesen macht ihr euch schlicht lächerlich.
Zur Begründung möchte ich zunächst auf folgenden Widerspruch hinweisen:
Die genannten gut integrierten, finanziell abgesicherten Migranten der 2. Generation, sollten keine keine Sprach- und Verständnisschwierigkeiten haben und sie haben in der Regel auch ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht, wenn nicht gar die deutsche Staatsangehörigkeit.
Dass eine Bank Sicherheiten fordert, erwarte ich als Kundin von meiner Hausbank auch, da die Verluste ja auf mich als Kundin umgelegt werden.
Und dazu gehört eben auch ein gesicherter Aufenthaltsstatus.
Als Eigentumsbesitzerin habe ich für meinen Wohnungskredit auch Sicherheiten vorlegen müssen, die über mein laufendes Einkommen hinausgingen.
Sollte ich mich deswegen jetzt auch beklagen, dass meine langjährige Hausbank mir so wenig Vertrauen entgegenbrachte?
Dann gibt es noch zahlreiche Länder, die Grundbesitz an Ausländer gesetzlicherseits nur unter hohen Auflagen genehmigen.
In der Schweiz z.B. haben bestimmte Saudis da sicher bessere Chancen als der Otto Normalverbraucher aus dem „großen Kanton“.
Noch eine Anmerkung
und eine Anektode aus dem Land der Häuslesbauer.
Anmerkung: Wenn heimische Banken Migranten benachteiligen, gibt es doch auch die Möglichkeit zu einem ausländischen Kreditinstitut zu gehen (Stichwort: islamic banking), oder auch einen Kredit im Herkunftsland zu nehmen.
Aus dem Land der Häuslesbauer:
Die Ötztürks, eine schwäbische Herzeige-Familie:
Bei einem Spaziergang zu Besuch in meinem schwäbischen Heimatort, wollte meine Mutter mir unbedingt ein besonderes Haus zeigen.
So standen wir also vor einem durchaus respektablen 2-Familienhaus, modern, weiß gestrichen, gepflegter Garten. Aber, was war das besondere?
Das Haus hat eine türkische Familie in Eigenleistung gebaut, erklärte meine Mutter,
„Das hättest Du sehen sollen! Von morgens bis abends standen die Frauen mit Kopftuch und Rock in der Baugrube und haben den Keller mit Hand ausgeschachtet, nur um den Bagger zu sparen.
Und die haben auch gemauert und gestrichen, das hättest du sehen müssen!“
Ich verstand, Frauen in Kopftuch und Rock verrichten Bauarbeiten. Ja die mageren Jahre sind ja nun schon ein Weilchen her.
Und die Ötztürks*? * (Name frei erfunden)
Das sind feine** Leut, da könnt ihr jeden in meinem Heimatort fragen.
** fein bedeutet im schwäbischen tüchtig, rechtschaffen, respektabel.
Aber in DE leben keine Saudis.
*facepalm*
an Pepe:
Nun mit eeinem ehemaligen kollegen von mir und dem saudischen Botschafter müssen es zumindest schon mal 2 sein.
Ungeklärt ist jetzt, was *facepalm* bedeutet.
*facepalm*
Dies entspricht der Redewendung „die Hände vors Gesicht schlagen“.
Ich frage mich, wie sich Schwester Ingeborg mit ihren saudischen Bekanntschaften unterhält, wenn ihr Englisch so unausreichend ist…
@schwesteringeborg
*facepalm*=„die Hände vors Gesicht schlagen“ — wird dann wohl das Eingeständnis sein von: ‚die Augen fest zuhalten‘ = ‚die Realität nicht sehen WOLLEN‘! ;-)