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PopNed: Eigene TV- und Radio-Programme für Rechtspopulisten?

Der Rundfunkverein Populistische Omroep Nederland (PopNed) ist bestrebt, im Jahre 2015 die Voraussetzungen für den Erhalt einer vorläufigen Sendegenehmigung im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem der Niederlande zu erfüllen. Damit stellt sich unweigerlich die Frage, ob gut 10 Jahre nach der „Fortuyn-Revolte“ die Ausstrahlung von rechtspopulistischen TV- und Radioprogrammen nicht längst überfällig bzw. sogar wünschenswert ist.

Von André Krause Donnerstag, 17.01.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 21.01.2013, 3:17 Uhr Lesedauer: 6 Minuten  |  

Die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems unseres Nachbarlandes ist im globalen Maßstab einzigartig. Während in Deutschland Landesrundfunkanstalten wie der WDR oder der NDR die Programme der ARD produzieren, dominieren in den Niederlanden gegenwärtig 20 überwiegend nicht-staatliche Rundfunkvereine.

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Das dortige Mediengesetz schreibt traditionell vor, dass im Rahmen der TV- und Radiosendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks alle gesellschaftlichen Gruppen repräsentiert sein müssen. Aus diesem Grunde gibt es nicht nur Rundfunkvereine, die sich vorwiegend an Linke (VARA), Konservative (WNL) oder Liberale (AVRO), sondern auch exklusiv an Jugendliche (BNN), die „Netzwerkgeneration“ (PowNed) oder „Senioren“ (MAX) wenden. Darüber hinaus gibt es Rundfunkvereine für Katholiken bzw. Protestanten (KRO/EO), Juden (JO) und Buddhisten bzw. Hindus (BOS/OHM). Der muslimische Rundfunkverein (NMO) musste vor einigen Jahren wegen finanzieller Schwierigkeiten das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem verlassen.

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In den Niederlanden lautet das Zauberwort „externe Vielgestaltigkeit“. Dies bedeutet, dass alle Rundfunkvereine zusammen für ein mannigfaltiges Programmangebot sorgen müssen, in welchem sich im Idealfall jeder Niederländer wiedererkennt. Die einzelnen Rundfunkvereine wenden sich in erster Linie an ihre spezielle Zielgruppe. Ausnahmen bilden die staatlichen Rundfunkanstalten (NOS/NTR), die vor allem für die Ausstrahlung von nicht-ideologisch gefärbten Nachrichten bzw. Informationssendungen zuständig sind.

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Der Rundfunkverein PopNed möchte nun zum nächstmöglichen Zeitpunkt das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit rechtspopulistischen Formaten bereichern.

Dazu ist es in einem ersten Schritt zunächst einmal notwendig, den Status eines „Beitrittskandidaten“ (aspirant-omroep) zu erringen. PopNed hat die Aufgabe, bis zum Jahre 2015 nachzuweisen, für einen inhaltlichen Mehrwert sorgen zu können. Zudem ist es erforderlich, mindestens 50.000 zahlende Mitglieder zu werben. Der Mindestbeitrag beträgt laut gültigem Mediengesetz aus dem Jahre 2008 5,72 Euro im Jahr. Sofern beide Voraussetzungen erfüllt werden, erhielte PopNed eine vorläufige Sendegenehmigung. Danach müsste der „Beitrittskandidat“ in einem zweiten Schritt den oben erwähnten inhaltlichen Mehrwert in der Praxis mit qualitativ hochwertigen TV- und Radioprogrammen nachweisen und in den folgenden sechs Jahren seinen Mitgliederbestand auf mindestens 150.000 steigern. Erst wenn auch dies gelungen ist, könnte PopNed eine vollwertige Sendegenehmigung erhalten.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in den Niederlanden die Rundfunkvereine mit den meisten Mitgliedern auch die meiste Sendezeit sowie in der Regel die besten Sendeplätze auf den drei nationalen TV- bzw. sieben nationalen Radio-Sendern erhalten.

PopNed ist im Jahre 2008 von einem der bekanntesten rechtspopulistischen Politiker des Landes gegründet worden: Ronald Sørensen. Der erste Vorsitzende des Rundfunkvereins war von 2002 bis 2010 Fraktionsvorsitzender der auf lokaler Ebene agierenden Partei Leefbaar Rotterdam (LR). Dabei handelt es sich um die politische Bewegung, die mit ihrem damaligen Spitzenkandidaten Pim Fortuyn bei der Kommunalwahl im März 2002 in elektoraler Hinsicht den „populistischen Dammbruch“ in den Niederlanden ausgelöst hatte. Gegenwärtig ist Sørensen Mitglied der Ersten Kammer (vergleichbar mit dem Deutschen Bundesrat). Dort gehört der PopNed-Gründer der Fraktion der Partij voor de Vrijheid (PVV) an.

PopNed ist es im Jahre 2009 nicht gelungen, rechtzeitig 50.000 zahlende Mitglieder zu werben. Nun ist der aktuelle (weitgehend unbekannte) Vorsitzende Ronald Kaatee für die erfolgreiche Gestaltung des zweiten Versuches verantwortlich.

Es ist bemerkenswert, dass sich PopNed selbst als rechtspopulistisch bezeichnet. In der Regel schätz(t)en Populisten wie Pim Fortuyn, Rita Verdonk oder Geert Wilders dieses Etikett nicht sonderlich.

PopNed hat den Anspruch, ein Rundfunkverein zu sein, bei welcher der Respekt vor der niederländischen Kultur und Identität im Mittelpunkt steht. Die anderen Rundfunkvereine seien bloß Sprachrohre der „sozial-liberalen Elite“, die sich in ihrer Weltanschauung weit von den vorherrschenden Meinungen der „einfachen“ Bürger entfernt habe. Demzufolge möchte PopNed das bestehende Unbehagen in Bezug auf die gegenwärtigen Machtverhältnisse und die verantwortlichen Politiker in Den Haag widerspiegeln. In den ins Auge gefassten TV- und Radio-Programmen sollen Menschen zu Wort kommen, die Standpunkte vertreten, welche von denjenigen der etablierten Parteien abweichen.

PopNed kritisiert unter anderem die „Segnungen“ der multikulturellen Gesellschaft und die „sogenannte Religion des Friedens“ (den Islam). Darüber hinaus drückt der Rundfunkverein seine Skepsis in Bezug auf supranationale Organisationen wie die EU aus. Plädoyers für härtere Strafen runden die Skizzierung der eigenen, klassisch rechtspopulistischen Ideologie ab.

Auf der PopNed-Homepage findet sich überdies eine Rubrik, die den Titel „Hetzer“ trägt. Dort kann sich der interessierte Leser eine sechsspaltige Liste zu Gemüte führen, auf welcher (im politischen Sinne links orientierte) Menschen wie der Cartoonist Adriaan Souterbroek (Blog Joop.nl) oder die Sozialdemokratin Fatima Elatik (PvdA) der Hetze gegen Geert Wilders bezichtigt werden.

Unabhängig von der eigenen Meinung über das rechtspopulistische Gedankengut ist im Zusammenhang mit dem Thema „PopNed“ das Folgende zu beachten:

Seit dem Jahre 2002 wählen stets knapp 1 Million Niederländer rechtspopulistische Parteien wie die Lijst Pim Fortuyn (LPF) oder die PVV. Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung, dass ein rechtspopulistischer Rundfunkverein nüchtern betrachtet über eine Existenzberechtigung verfügt, nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. Im Gegenteil: Das niederländische Mediengesetz erteilt den Verantwortlichen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk explizit die Aufgabe, für eine adäquate Repräsentation aller gesellschaftlichen Gruppen zu sorgen.

Nun ist das Rundfunksystem der Niederlande äußerst demokratisch ausgerichtet. Da es PopNed beim ersten Versuch im Jahre 2009 nicht gelungen ist, 50.000 Bürger für einen Eintritt zu begeistern, scheint das Interesse an einem (offen) rechtspopulistischen Rundfunkverein gering zu sein. Es ist zum aktuellen Zeitpunkt auch nicht unbedingt davon auszugehen, dass es PopNed beim zweiten Anlauf gelingt, genügend zahlende Mitglieder (über 16, wohnhaft in den Niederlanden) zu werben. Bislang sagen die Niederländer demnach in überwältigender Mehrheit: „Wir brauchen kein Populisten-TV!“

Allerdings gelingt es diesen Populisten abermals, auch erklärte Gegner zu Gedanken über grundsätzliche Fragen zu bewegen. Es ist schließlich wegen der oben genannten Bestimmungen des Mediengesetzes im juristischen Sinne nicht zu rechtfertigen, das Anliegen PopNeds als verwerflich brandmarken.

Sofern man das traditionelle Prinzip der „externen Vielgestaltigkeit“ ernst nimmt, muss man unter Umständen auch mit TV- oder Radio-Programmen leben, die ihre Sendezeit nutzen, um das Weltbild der PVV oder anderer rechtspopulistischer Bewegungen zu loben bzw. zu verbreiten.

Ob es hingegen wünschenswert ist, als Zuschauer mit Talkshows behelligt zu werden, in denen allabendlich der Islam pauschal als „faschistische, blutrünstige Ideologie“ abgestempelt wird, steht auf einem anderen Blatt. Abgesehen von dem Umstand, dass natürlich niemand gezwungen ist, einzuschalten, gäbe es jedoch auf jeden Fall zahlreiche andere Rundfunkvereine in den Niederlanden, die das PopNed-Gedankengut in ihren eigenen Sendungen aufs Korn nehmen könnten. Die Rechtspopulisten würden keineswegs die Deutungshoheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem übernehmen. Stattdessen wären sie bloß eine von vielen, bisweilen äußerst unterschiedlichen Stimmen. Außerdem droht unweigerlich der rasche Verlust ihrer (vorläufigen) Sendegenehmigung, wenn sie sich regelmäßig der Diskriminierung von einzelnen Bevölkerungsgruppen oder der Volksverhetzung schuldig machen würden.

PopNed ist demnach keine Bedrohung für den gesellschaftlichen Frieden in unserem Nachbarland. Stattdessen könnte den zahlreichen Sympathisanten der Rechtspopulisten ein zentrales Argument bei ihrer Anklage gegen „die Elite“ entnommen werden: Die Stichhaltigkeit der oftmals vorgetragenen Behauptung, dass sie kein Podium für die Darlegung ihrer (abweichenden) Weltsicht haben, würde verpuffen. Die beliebte Märtyrer- bzw. Opferrolle in der öffentlichen Debatte müsste künftig von anderen ausgefüllt werden. Eigentlich keine üble Aussicht, oder? Aktuell Meinung

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