Baden-Württemberg
Ausländische Kinder wechseln verstärkt auf Gymnasien
Die Zahl der Schüler ohne deutschen Pass ist auf Gymnasien und Realschulen sprunghaft angestiegen. Grund ist der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung. Seit 2012 entscheiden die Eltern, auf welche Schule ihre Kinder gehen.
Mittwoch, 06.02.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 11.02.2013, 23:42 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Änderung des Schulgesetzes im Dezember 2011 hat die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung aufgehoben. Seit dem entscheiden die Eltern, auf welche Schule ihre Kinder gehen. Wie das Statistische Landesamt jetzt mitteilt, hatte das vor allem Folgen für Schüler mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit.
Sie wechselten zum Schuljahr 2012/13 wesentlich häufiger auf Realschulen und Gymnasien als in früheren Jahren. So entschieden sich von den insgesamt knapp 8.500 ausländischen Viertklässlern gut 28 Prozent für eine Hauptschule, knapp 38 Prozent für eine Realschule und 30 Prozent für ein Gymnasium. Weitere 4 Prozent wechselten auf eine Gemeinschaftsschule oder eine andere Schulart. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren noch 48 Prozent der ausländischen Viertklässler auf eine Hauptschule übergegangen, 27 Prozent auf eine Realschule und gut 23 Prozent auf ein Gymnasium.
Unterschiede spürbar verringert
Damit haben sich die Unterschiede beim Übergangsverhalten zwischen deutschen und ausländischen Schülern zwar spürbar verringert, es bestehen aber weiterhin deutliche Unterschiede. Denn von den rund 86.300 deutschen Viertklässlern wechselten mit knapp 15 Prozent anteilsmäßig fast nur halb so viele auf eine Hauptschule wie von den ausländischen. Die Übergangsquoten auf die Realschule liegen bei deutschen und ausländischen Viertklässlern auf ähnlichem Niveau (37 bzw. knapp 38 Prozent). Zum Besuch eines Gymnasiums haben sich gut 45 Prozent der deutschen Viertklässler entschieden – der entsprechende Anteil der Ausländer beträgt 30 Prozent.
Maßgeblich: Bildungsstand der Eltern
Auch zwischen den einzelnen Stadt- und Landkreisen bestehen weiterhin große Unterschiede bei den Übergangsquoten. Die Übergänge auf die Hauptschulen zum Schuljahr 2012/13 streuen zwischen 5 Prozent im akademisch geprägten Stadtkreis Heidelberg und 25 Prozent im ländlichen Landkreis Rottweil. Die Realschul-Übergänge schwanken zwischen knapp 20 Prozent im akademisch geprägten Stadtkreis Freiburg und knapp 46 Prozent im mehrheitlich ländlichen Alb-Donau-Kreis. Am größten ist der Abstand zwischen den Übergangsquoten aber bei den Gymnasien: Während im überwiegend ländlichen Landkreis Waldshut gut 30 Prozent der Viertklässler auf ein Gymnasium wechselten, war der Anteil im Stadtkreis Heidelberg mit 61 Prozent etwa doppelt so hoch. (sb) Gesellschaft Leitartikel
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Dass Eltern nun entscheiden können, in welche weiterführende Schulform sie ihre Kinder anmelden, erscheint mir als ein wichtiger Schritt zur Bildungsgerechtigkeit. Jetzt sollte der Übergang zu den weitereführenden Schulen noch auf das Ende des 6. Schuljahrs gelegt werden, damit die Prognose für den Schulerfolg der Kinder sicherer wird und sie nicht abgestuft werden.
Rita Zellerhoff
„Dass Eltern nun entscheiden können, in welche weiterführende Schulform sie ihre Kinder anmelden, erscheint mir als ein wichtiger Schritt zur Bildungsgerechtigkeit.“
Was soll das mit Bildungsgerechtigkeit zu tun haben? Bildungsgerechtigkeit bedeutet, dass jeder, unabhängig von seiner Ethnie oder sozialen Herkunft die gleichen Chancen auf einen bestimmten Schul- und Ausbildungsabschluss hat.
Gymnasien mit Schülern, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, zu fluten, weil die Eltern der Meinung sind, ihr Kind gehöre auf ein Gymnasium ist nicht Ausdruck von Bildungsgerechtigkeit, sondern Ergebnis einer katastrophalen Schulpolitik, die weder Leistung verlangt noch fördert. Warum soll man sich in der Grundschule anstrengen, wenn man eh aufs Gymnasium kommt?
Die Leidtragenden sind wie immer die Kinder: In Hamburg ist der Anteil der Schüler, die das Gymnasium wieder verlassen sprunghaft angestiegen. In Baden-Württemberg droht Ähnliches; man wird das an den entsprechenden Zahlen in zwei bis drei Jahren sehen.