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Islamische Friedhöfe

Mit dem Gesicht gen Mekka – doch wo?

Es ist die Frage nach der letzten Ruhe: Wo möchte ich nach meinem Tod begraben werden? Was passiert mit meiner Leiche? Was für deutsche Mitbürger meist ziemlich klar ist, kann für muslimische Migranten eine schwere Entscheidungsfrage sein.

Von Hebah Omar Donnerstag, 07.02.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 11.05.2016, 9:06 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Denn sie stehen zwischen zwei Kulturen – viele haben den Wunsch sich in ihrem Heimatland begraben zu lassen andere wiederum wünschen sich ein islamisches Begräbnis in Deutschland. Doch ohne Kompromisse lässt sich keins von beiden umsetzen.

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Bei den Muslimen muss es schnell gehen, innerhalb von 24 Stunden sollte der Leichnam beerdigt werden – doch die Überführung der Leiche in die Heimat kann meist bis zu einer Woche dauern. Dennoch nehmen dies viele Muslime in Kauf, schließlich wollen sie dort begraben werden, wo alles angefangen hat, sprich, wo sie geboren wurden.

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Doch selbst die neue Generation der Muslime – in Deutschland geboren und aufgewachsen – kann sich ein Begräbnis in dem Heimatland der Eltern gut vorstellen. Tarek El-Tohami ist einer von ihnen. Er hat ägyptische Wurzeln und obwohl er noch nie in Ägypten gelebt hat, kommt für ihn ein Begräbnis in Deutschland nicht in Frage. „Ich wünsche mir, in Ägypten begraben zu werden. Dort sind meine Vorfahren, alles andere würde sich irgendwie falsch anfühlen. Besonders der Gedanke, dass meine Großeltern dort begraben sind, bestärkt meine Entscheidung“, so der Kölner Student.

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Diese Meinung ist keinesfalls eine Ausnahme. Knapp 90 Prozent der in Deutschland beheimateten Muslime wünschen eine Überführung ihrer Leiche in die Heimat.

So genau will sich Sara Benhadj aber noch nicht festlegen. Die 24-jährige Deutsch-Tunesierin sieht das aus zwei Perspektiven: „Sollte ich sterben, bevor ich hier eine eigene Familie habe, dann möchte ich in Tunesien auf unserem Familiengrab beerdigt werden. Doch sobald ich Kinder in Deutschland habe, käme für mich auch eine Bestattung in Deutschland in Frage. Schließlich möchte ich es meinen Kindern und Enkelkindern ermöglichen mich zu besuchen – nicht nur im Sommerurlaub. Sie würden sonst Tausende von Kilometern von der Grabstätte entfernt leben.“

Islamische Bestattungen ohne Sarg
Eine Bestattung nach islamischen Regeln ist in Deutschland bis heute noch nicht 100%ig umsetzbar. Zwar gibt es muslimische Grabfelder, diese erfüllen aber nicht alle Vorschriften.

Ein großes Hindernis ist hierbei der Sargzwang. Es gibt in Deutschland dafür noch kein bundesweites Gesetz, je nach Bundesland variiert die Rechtslage. So ist in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ein Sarg nicht zwingend notwendig. In Nordrhein-Westfalen hat es der Gesetzgeber den Friedhofsverwaltungen überlassen, über die Sargpflicht zu entscheiden.

Andere Bundesländer haben bereits das Problem erkannt und zeigen sich kooperativ. So wurden zum Beispiel in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz die Gesetze dementsprechend gelockert. Ein Begräbnis ohne Sarg ist in diesen Bundesländern aus wichtigen oder ausdrücklich religiösen Gründen erlaubt. Jedoch müssen die Leichname in vielen Fällen in einem Sarg transportiert, dürfen aber ohne Sarg bestattet werden.

In Hessen soll eine Beisetzung in Tüchern nach islamischem Brauch wohl bald möglich gemacht werden. Hier wird es dann den Kommunen überlassen, sich dafür oder dagegen zu entscheiden, je nachdem ob hygienische Gründe oder der Umweltschutz es erlauben.

Ob sich dadurch die Nachfrage bei Muslimen steigert, wird sich zeigen, denn oft spielen auch ganz andere Faktoren eine wichtige Rolle.

Die Verbundenheit zum Vaterland ist ausschlaggebend
Hisham El-Founti kennt die Vorschriften für ein islamisches Begräbnis. Er ist seit drei Jahren Bestatter und wird tag täglich damit konfrontiert. Der 22-Jährige arbeitet in dem islamischen Bestattungsinstitut seines Vaters.

„Selten kommt es vor, dass Migranten sich für ein Begräbnis in Deutschland entscheiden. Ein Grund dafür ist, dass für die in Deutschland lebenden Muslime es auch nicht immer möglich ist, ihre Verwandten so zu beerdigen, wie es ihr Glaube und ihre Kultur vorgeben. Besonders die Aushebung nach 25 Jahren aus einem Reihengrab schreckt viele Muslime ab, sich in Deutschland beerdigen zu lassen, denn nach islamischem Gesetz soll eine ewige Totenruhe garantiert werden.“

Gerade bei islamischen Bestattungen bedarf es besonderer Rituale. So werden beispielsweise bestimmte Koransuren rezitiert und die rituelle Waschung des Leichnams hat einen festgelegten Ablauf. Der Leichnam wird anders als in Deutschland vorgesehen nur in Leinentücher eingeschlagen und nicht in einem Sarg begraben. Nach islamischem Ritus muss die Leiche immer in Blickrichtung gen Mekka liegen.

Hinzu kommt, dass die Beerdigung bestenfalls noch am Sterbetag erfolgt, denn aus Achtung vor dem Toten, dürfen keine anderen Geschäfte vor der Bestattung geführt werden. Eine Feuer- oder Seebestattung ist im Islam nicht erlaubt.

Doch es sind nicht nur die islamischen Regeln, die für eine Bestattung in der Heimat sprechen. Hisham El-Founti kennt die Gründe seiner muslimischen Mitmenschen nur zu gut. „Viele möchten neben ihren Vätern und Vorfahren beerdigt werden und die sind meist auf den heimischen Friedhöfen begraben“, so El-Founti. „Die Verbundenheit zum Vaterland ist oft ausschlaggebend für die Entscheidung.“

Die Arbeit mit Leichnamen ist für ihn nicht immer einfach. Vor einigen Wochen ist ein junger Mann in seinem Alter nach einem Unfall gestorben. Diese Fälle gehen ihm besonders nahe und zeigen ihm von Tag zu Tag, dass der Tod unberechenbar ist.

Über seine eigene Bestattung hat er sich aus diesem Grund auch schon Gedanken gemacht: „Ich bin zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen, dennoch möchte ich, wenn es so weit ist, in Marokko meine letzte Ruhe finden.“ Gesellschaft Leitartikel

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  1. Ahmetzade sagt:

    So lange in Deutschland ein Grab gepachtet werden muss – sprich: dafür permanent Geld gezahlt werden muss – statt dass ein Grab nichts kostet…
    So lange die Erdbestattung als Privileg Wohlhabender gilt und die Feuerbestattung als Standard-Bestattung…
    So lange es eine begrenzte Ruhefrist gibt statt einer „ewigen“ Ruhefrist…
    So lange die Beerdignung in teuren Luxussärgen erfolgen muss…
    So lange Muslimen eher halbherzig Gräberfelder in öffentlich verwalteten christlichen Friedhöfen zur Verfügung gestellt werden, wo ebenfalls die o.g. Regeln gelten (Kosten, begrenzte Ruhefrist)…
    So lange es keine ausreichenden islamischen Friedhöfe und Gräberfelder gibt, wo islamische Bestattungsregeln gelten und jeder Versuch, islamische Friedhöfe einzurichten, einen ähnlichen Aufschrei verursacht wie beim Bau von Moscheen, sofern in der Presse davon berichtet wird…

    …solange werden die meisten Muslime in Deutschland es auch bevorzugen, im Ausland kostengünstiger beerdigt zu werden als hier. Diejenigen, welche dennoch hier beerdigt wurden, waren übrigens in ihrer Lebensweise nicht integrierter als diejenigen, welche im Ausland beerdigt wurden. Mir ist ein Fall bekannt, wo ein verstorbener Muslim eingeäschert werden sollte, weil niemand für die Bestattung aufkam. Die Einäscherung wurde verhindert, nachdem ein Muslim auf den Fall aufmerksam wurde und eingriff. Muslime haben in Deutschland das Recht, nach islamischen Regeln beerdigt zu werden. Wer das in Abrede stellt, der hat entweder keine Ahnung, oder er hat ein Problem. Ich hoffe, dass die Stadtverwaltungen das ernster angehen und Muslime in Zukunft sich mehr dafür einsetzen und mehr Interesse zeigen. Nur so könne sie auch kriegen, was sie möchten.

  2. M.Aras sagt:

    Würdet ihr euch in einem Land, in dem Ihr lebt beerdigen lassen, in dem behauptet wird, das eure Religion/Kultur nicht dazu gehört?
    Ich würde gern, aber habe da so ein komisches „Ihr seit nur zu Gast“ Gefühl in der Bauchgegend…
    Man denke nur an jüdische Friedhöfe in Deutschland…und vom Judentum wird ja immer behauptet, er gehöre zur abendländischen Kultur…zumindest vor 1933 und nach 1945…