Bundesagentur für Arbeit
Nicht auf dem aktuellen Stand des Anti-Diskriminierungs- und Diversitywissens
Auf ihrer Internetseite zeigt die Bundesagentur für Arbeit, welche Angaben in einen Lebenslauf gehören. Für Alev Dudek ist das ein klarer Beleg: Die Agentur hat nicht nur ein Mangel an Anti-Diskriminierungs- und Diversitywissen, sie leidet auch an Inkompetenz.
Von Alev Dudek Freitag, 01.03.2013, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 05.03.2013, 7:43 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das Aufführen von persönlichen Informationen wie Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand oder Anzahl der Kinder können zu Diskriminierung führen. Deshalb sollten diese Informationen nicht im Lebenslauf erwähnt werden. Das gehört zum Diversity- und Anti-Diskriminierungsgrundwissen.
Das scheint bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) aber noch nicht angekommen zu sein. Sie rät in einem Muster-Lebenslauf dazu, sogar das Alter des Kindes anzugeben. Durch diese „Erfindung“ demonstriert die Agentur gekonnt, ihr Nichtkönnen im Bereich der Anti-Diskriminierungs- und Diversitybemühungen.
Spätestens seit dem das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft getreten ist (2006), sollte die BA Maßnahmen etabliert haben, um Diskriminierung vorzubeugen und zu reduzieren. Sie sollte im Einklang mit diesem Gesetz – Diskriminierung zu reduzieren und Gleichberechtigung zu fördern – arbeiten. Und sie sollte auf gar keinen Fall gegen die Ziele der AGG arbeiten!
Bedingung dafür aber wäre, dass die MitarbeiterInnen der BA wissen, welche Informationen im 21. Jahrhundert in Übereinstimmung mit Anti-Diskriminierungsbemühungen und Diversityförderung im Lebenslauf aufgeführt oder ausgelassen werden sollten. Eine Bedingung die sie anscheinend nicht erfüllen können oder wollen.
Warum sind persönliche Informationen ein Problem?
Erstens, weil sie zu Diskriminierung führen können. Zweitens, weil sie in einer professionellen Kommunikation irrelevant sind oder zumindest sein sollten. Selbstverständlich kann es Ausnahmen geben, wenn diese Informationen relevant sind. Das müsste dann aber aus der Stellenausschreibung hervorgehen. Ansonsten gehört das Alter des Kindes nicht in den Lebenslauf; es sei denn, Förderung von Diskriminierung ist das Ziel.
Denn das Kindesalter ist eine äußerst riskante Information und sollte nicht ohne Grund freiwillig mitgeteilt werden – besonders Frauen sollten vorsichtig sein. Viele Kandidatinnen werden das aus eigener Erfahrung bestätigen können.
Falsche Ratschläge auch „hinter geschlossenen Türen“?
Wenn dieses öffentliche Beispiel die Kompetenz der MitarbeiterInnen und Vorstand der BA reflektiert, müssen wir uns fragen, welche Ratschläge die Kunden dieser Agentur „hinter geschlossenen Türen“ erhalten. Rät die Agentur einer Frau mit Kopftuch etwa, sie solle ihr Kopftuch ablegen, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen?
Die BA sollte ein Vorreiter für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt sein und als ein positives Beispiel vorangehen, anstatt falsche und in der Auswirkung fatale Informationen zu disseminieren. Wie einfach es sein kann, auf dem heutigen Stand zu sein, demonstriert ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Und da müssen wir uns fragen: Wenn sogar eine Tageszeitung über den heutigen Stand akkurat informieren kann, sollte dies nicht auch für die BA möglich sein?
Was auch immer die Gründe für dieses unakzeptable Niveau und Inkompetenz sind: Hiermit wird die BA aufgefordert, ihre MitarbeiterInnen zeitgemäß zu unterrichten und die Streuung von „Ratschlägen“, die zur Diskriminierung führen können, zu unterlassen. Dieser Muster-Lebenslauf sollte unverzüglich von der Webseite entfernt und mit einem zeitgemäßen Beispiel ersetzt werden.
Zum Abschluss noch einmal – unabhängig davon, welche Ratschläge die BA gibt: Ohne einen besonderen Grund gehören Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand und Anzahl der Kinder genauso wenig in den Lebenslauf wie die Anzahl der Cousinen, Onkeln, Tanten, Schuhgröße, Kleidergröße oder der Stand der Familienplanung einer Kandidatin. Aktuell Meinung
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@ Kolcek
„Anonyme Bewerbungen funktionieren nur, wenn alle mitmachen.“
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In diesem Punkt gebe ich Ihnen Recht! Nur wenn auch Arbeitgeber mit anonymisierten Lebensläufen einverstanden sind, kann das funktionieren.