Gesetzesentwurf
Bundesrat geht gegen Kettenduldungen vor
Der Bundesrat geht mit einer Gesetzesinitiative unter anderem gegen die sogenannten Kettenduldungen vor. Die bisherigen Regelungen seien zu restriktiv und würden Integrationsleistungen der Betroffenen nicht ausreichend honorieren.
Dienstag, 02.04.2013, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 03.04.2013, 23:58 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Länder möchten das Aufenthaltsrecht für gut integrierte Ausländer reformieren und damit einen Beitrag gegen sogenannte Kettenduldungen leisten. Ein im März beschossener Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, jugendlichen oder heranwachsenden geduldeten Ausländern eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn sie sich seit vier Jahren im Bundesgebiet aufhalten und einen erfolgreichen Schulbesuch in Deutschland nachweisen können. Erwachsene Ausländer sollen nach achtjährigem Aufenthalt und nachgewiesener nachhaltiger Integration eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Wie die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion mitteilte, lebten Ende vergangenen Jahres rund 85.000 Menschen mit einer Duldung in Deutschland. Damit hat sich die Zahl der Geduldeten in den letzten beiden Jahren kaum verändert. 42 Prozent der 85.000 Geduldeten leben bereits seit mehr als sechs Jahren in Deutschland. Ein Drittel aller Geduldeten ist unter 21 Jahre alt. Hauptherkunftsland war der Vorlage zufolge Serbien mit 9.784 Betroffenen, gefolgt vom Irak mit 7.478.
Unsicherheit, Stress und Angst
Wie die Bundesregierung weiter mitteilt, wurden rund 2.400 Jugendlichen und Heranwachsenden ein Aufenthaltstitel aufgrund „guter Integration“ erteilt. Im Vorjahr betrug die Zahl dieser Aufenthaltstitel noch 225. Angesichts dieser Entwicklung bewertet die Bundesregierung die Neuregelung „als äußerst wirksam und als großen Erfolg ihrer Bemühungen, die Integration von Ausländern mit aufenthaltsrechtlichen Instrumenten zu fördern“.
Das kann die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, nicht nachvollziehen. Insgesamt 27.600 Jugendliche würden aufgrund dieser restriktiven Regelung weiterhin in Unsicherheit, Stress und steter Angst vor einer Abschiebung aufwachsen. „Durch Kita, Schule und Sport integrieren sich gerade Kinder und Jugendliche schnell. Doch die eigens für gut integrierte Jugendliche geschaffene Bleiberechtsregelung bleibt für viele verschlossen.“ Jelpke fordert eine „großzügige gesetzliche Bleiberechtsregelung, die sich allein an humanitären Kriterien orientiert“.
Vier statt sechs Jahre
Die geltende Rechtslage setzt bei Jugendlichen unter anderem einen sechsjährigen Aufenthalt und einen sechsjährigen Schulbesuch in Deutschland voraus. Der Gesetzesentwurf der Länder stellt nun auf einen vierjährigen Voraufenthalt und den erfolgreichen Schulbesuch als anerkennenswerte Integrationsleistung ab. Die bisherigen „eng gefassten Erteilungsvoraussetzungen“ stünden der Ausstellung eines Aufenthaltstitels „in vielen Fällen trotz anerkennenswerter Integrationsleistungen“ entgegen, heißt es dazu in der Gesetzesbegründung.
Die Länderkammer sieht darüber hinaus auch weitergehenden Änderungsbedarf. Sowohl die Bleiberechtsregelung als auch die Altfallregelung hätten nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Sie begünstigen ausschließlich einen Personenkreis, der zuletzt vor dem 1. Juli 1999 bzw. 1. Juli 2001 in das Bundesgebiet eingereist ist. Allen nach diesen Zeitpunkten eingereisten Ausländern ist der Zugang zu einer Bleiberechtsregelung jedoch verwehrt.
Integrationsleistung unzureichend honoriert
„Die bisherigen Bleiberechts- bzw. Altfallregelungen haben zwar einer großen Zahl ehemals ausreisepflichtiger Personen zu einem Aufenthaltstitel verholfen, den Umfang der geduldeten Ausländer aufgrund der stichtagsgebundenen Regelungen naturgemäß aber nicht dauerhaft reduzieren können. Dementsprechend konnten die bisherigen Regelungen keinen nachhaltigen Beitrag zur Vermeidung von sog. Kettenduldungen und den damit einhergehenden Problemen schaffen“, heißt es im Gesetzesentwurf. Kurz: Das aktuelle Aufenthaltsgesetz sehe keine Regelung vor, um Integrationsleistungen anzuerkennen und sogenannten Kettenduldungen zu vermeiden.
Wie aus der Antwort der Bundesregierung weiter hervorgeht, lebten Ende 2012 außerdem mehr als 40.000 asylberechtigte Menschen in Deutschland. Hinzu kommen rund 74.500 Menschen, die Flüchtlingsschutz genießen sowie 36.000 Menschen mit einem Aufenthaltstitel, die aufgrund bestimmter Abschiebungsverbote erteilt wurden. (bk) Aktuell Politik
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Spurwechsel ermöglichen Migrationsexperte fordert Bleiberecht für arbeitende…
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen