UN rügt Deutschland
Thilo Sarrazins Aussagen waren rassistisch
Deutschland hat seine Bevölkerung nicht ausreichend vor rassistischen Äußerungen von Thilo Sarrazin geschützt. Das entschied der Antirassismus-Ausschuss der UNO. Die Gesetzeslage müsse auf den Prüfstand gestellt werden, fordern Menschenrechtler und Oppositionspolitiker.
Freitag, 19.04.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 12.02.2016, 9:51 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
„Ich finde es peinlich und beschämend, dass wir das nicht im eigenen Land feststellen können, sondern warten müssen, bis die UNO uns rügt“, schreibt Bülent A. auf Facebook. Unter seinem Kommentar ein Verweis auf einen Artikel im Tagesspiegel. „Deutschland ist vom Antirassismus-Ausschuss der Vereinten Nationen gerügt worden, weil es Thilo Sarrazin dessen umstrittene Äußerungen zu Türken und Arabern hat durchgehen lassen“, heißt es dort.
Gemeint ist das Interview vom Thilo Sarrazin in der Zeitschrift „Lettre International“ im Herbst 2009. Über die türkischen und arabischen Migranten äußerte er wörtlich: „Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. […] Integration ist eine Leistung dessen, der sich integriert. Jemanden, der nichts tut, muss ich auch nicht anerkennen. Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.“
CERD Beschluss
Daraufhin hatte der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) Strafantrag wegen Volksverhetzung und Beleidung bei der Berliner Staatsanwaltschaft gestellt. Das Verfahren wurde eingestellt, zu einer strafrechtlichen Anklage kam es daher nicht. Damit war die Sache für die hiesige Justiz erledigt, die Aussagen Sarrazins freie Meinungsäußerung.
Der TBB gab nicht nach und wandte sich an den Antirassismus-Ausschuss der Vereinten Nationen (CERD). In dem jetzt bekannt gewordenen Beschluss steht: „Der Ausschuss kommt […] zu dem Schluss, dass das Versäumnis einer effektiven Untersuchung […] durch den Vertragsstaat […] eine Verletzung der Konvention (über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung) darstellt.“ Kurz: Die Aussagen von Sarrazin waren rassistisch und Deutschland hätte strafrechtliche Ermittlungen einleiten müssen.
Deutschland soll handeln
Laut Ausschuss sind CERD-Bestimmungen in Deutschland zwar im innerstaatlichen Recht verankert, doch reicht es nicht aus, wenn diese nur auf dem Papier stehen. Im vorliegenden Fall seien die Straftatbestände der Volksverhetzung und Beleidigung zu eng ausgelegt worden. Cerd verweist dabei auf seine Rechtsprechung. Danach bringe die Ausübung der Meinungsfreiheit spezielle Aufgaben und Verantwortlichkeiten mit sich, insbesondere die Verpflichtung, kein rassistisches Gedankengut zu verbreiten. Und Sarrazins Aussagen beruhten auf einem Gefühl rassischer Überlegenheit und enthielten Elemente der Aufstachelung zur Rassendiskriminierung.
Der Ausschuss fordert Deutschland auf, den CERD-Beschluss „breit“ bekanntzugeben, „auch unter Staatsanwälten und Justizorganen“. Deutschland wird aufgefordert, innerhalb von 90 Tagen zu erklären, wie diese Vorgabe umgesetzt werden soll. Nach Informationen des Tagesspiegels ist das Bundesjustizministerium dabei, die Entscheidung zu überprüfen.
Historische Entscheidung
Unabhängig vom Ausgang dieser Prüfung hat für TBB-Sprecher Hilmi Kaya Turan die Cerd-Entscheidung eine „historische“ Bedeutung. „Wir erwarten von der Bundesregierung, dem Bundestag und den Landesregierungen, dass die CERD-Empfehlungen ohne Verzögerung umgesetzt werden“, so Turan.
Tipp: Der Beschluss des Antirassismus-Ausschusses der Vereinten Nationen (CERD) kann hier heruntergeladen werden. Eine Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Verfahren vor dem UN-Anti-Rassismus-Ausschuss Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e. V. gegen Deutschland steht hier zum Download.
Wie das konkret aussehen könnte, erklärte der integrationspolitische Sprecher der Grünenfraktion im Bundestag und Jurist, Memet Kılıç, dem MiGAZIN. Die Hürde für Volksverhetzung ist seiner Überzeugung nach in Deutschland zu hoch. Er fordert eine Verschärfung des Strafgesetzbuchs und härtere Bestrafung bei solchen Fällen. Die Entscheidung des CERD sei richtig, sonst werde Volksverhetzung noch „zum Volksport“ und zur „Bagatelle“.
Gesetze auf Prüfstand stellen
Ähnlich reagierte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Für sie hat die Entscheidung des Ausschusses über den Einzelfall hinaus Bedeutung: „Gesetzeslage und Praxis im Bereich der Strafverfolgung von rassistischen Äußerungen sind im Lichte der Entscheidung auf den Prüfstand zu stellen.“ Rudolf fordert einen besseren Schutz vor rassistischen Äußerungen in Deutschland.
Unterdessen häuften sich die Reaktionen auf Facebook – meist ironisch formuliert. Lamya K. etwa meint: „Rassismus? Nein! Das muss doch gesagt werden dürfen und die Türken, Araber und Muslime müssen auch mal kritische Töne aushalten können!“ Und Katrin Z. schreibt: „Rassismus, ach was. Alles nicht so schlimm. Bei uns doch nicht. Wir sind das ‚Niemals-wieder-Volk‘.“ (bk) Leitartikel Politik
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@aloo masala
Sarrazin verdient sich jetzt innerhalb der nächsten zwei Tage die Gerichtskosten zusammen, alleine wegen diesem Artikel hier auf Migazin!
Wenn das keine Ironie ist!
Übrigens, Herr oder Frau Masala, ist mir noch kein Rassist begegnet, der freimütig eingesteht, dass seine Aussagen rassistisch seien. Mir sind bisher nur Rassisten begegnet, die sich wahnsinig aufregen, wenn man ihre rassistischen Aussagen rassistisch nennt. Die behaupten dann auch gerne, die Aussagen derer, die rassismus zutreffend als Rassismus bezeichnen, seien rassistisch. Insofern ist ein Sachargument nicht zu erblicken, wenn Rassisten und ihre Sympathisanten behaupten, sie könnten nichts Rassistisches finden. Diejenigen, die Rassismus nicht rassistisch oder verwerflich finden, weil sie rassistischen Aussagen zustimmen, können natürlich nichts finden. Das ist aber für die Beurteilung rassistischer Aussagen völlig irrelevant.
Ich halte mich da ganz einfach an die offizielle Definition von Rassismus, auf welche sich die zivilisierte Völkergemeinschaft und die Rassismusexperten verständigt haben. Wenn man sich daran hält, ist Rassismus ganz leicht zu erkennen. Genau das tun auch die Gutachter, die Herrn S. Rassismus attestiert haben und ganz viele andere Experten mehr. Nicht zuletzt sind ja auch die Rassismusexperten vom UN-Rassismusausschuss auf diesem Gebiete höchst sachkundig – und wer Rassisten als Rassisten bezeichnet, der hetzt nicht, wie Sie hier auf perfide Weise den Sachverhalt ins Gegenteil verkehrend behaupten, der sagt die Wahrheit. Hetzen tun Herr Sarrazin und seine Sarrazyniker-Gefolgschaft. Somit bleibe ich dabei – Sarrazins Aussagen sind rassistisch und deshalb ist Herr Sarrazin ein Rassist.
@malenki lizard (schöner Name):
Rassistisch ist, wenn ich aufgrund der historischen Erfahrung zweier ausgelöster Weltkriege, einem Genozid singulärer Art und dem Benehmen mancher Touristen in südlichen Gefilden auf eine ganze Nation schliesse.
Noch Fragen?
@Marie
Nicht alle Aussagen von Sarrazin waren rassistisch! Und es war auch nicht das Buch von Sarrazin, das als rassistsch eingestuft wurde, sondern nur das Interview im „Lettre Internationale“.
Übrigens würde ich an ihrer Stelle, Marie, davon ausgehen, dass echter Rassismus hier auf Migazin überhaupt nicht gepostet werden kann, da die Moderatoren diese vorher herauslöschen!
Erweitern Sie ihren Wortschatz doch mal um die Wörter: konservativ, rechtspoulistisch, polemisch, populistisch, unterstellend, böse, ignorant…usw., aber ständig diese Rassismusvorwürfe zu lesen gegenüber Menschen die nicht rassistisches gemacht haben, nervt.
Wenn Sie so felsenfest von ihren Rassismusvorwürfen überzeugt sind, dann dürfte es ja kein Problem sein ihr richtiger Name inkl. Foto hier zu veröffentlichen oder wovor verstecken Sie sich? Sie kämpfen selbstredend für die angeblich gute Seite.
„Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate.“
Es ist belegt, dass Türken eine höhere Geburtenrate aufweisen, als Deutsche. Da gibt es nichts dran zu meckern. Höchstens das Wort „erobern“ in diesem Zusammenhang ist etwas ungünstig. Da gebe ich Ihnen recht.
„Integration ist eine Leistung dessen, der sich integriert. “
Das ist einfach so. Ich habe mehrere Jahre in Spanien gewohnt. ICH musste mich integrieren, nicht die anderen. Was ist daran rassistsch? In Ihrer heilen Welt müssen WIR uns mit offenen Armen hinstellen, und jeden willkommen heißen, der des Weges kommt, oder wie? Was tun Sie eigentlich für Migranten, ausser in diesem Forum zu zetern? Bieten Sie Unterkunft und Essen an? Übernehmen Sie soziale Aufgaben in irgendeiner Art und Weise?
„Jemanden, der nichts tut, muss ich auch nicht anerkennen.“
Wer macht das nicht? Ich meine, wenn ich in Anatolien irgendwo in ein Dorf komme, und meine deutschen Sitten weiterpflege, mich aber nicht selbst finanzieren kann und dauerhaft auf die HIlfe der anderen angewiesen bin, was meinen Sie, wie genau würden die Leute dort reagieren?
“ Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert.“
Das mit den Kopftuchmädchen ist tatsächlich Unsinn, der Rest ist nicht so weit hergeholt, wie Sie behaupten. Es gibt tatsächlich Tendenzen in migrantischen Milieus, die für die Ausbildung der Kinder nicht sorgen und ständig neue Kinder produzieren. Diese Tendenzen gibt es aber leider auch bei deutschen Unterschichtsfamilien.
„Es wundert mich auch nicht, dass Sie die nach Sarrazins Ansicht angeblich herkunftsbedingten Intelligenzunterschiede nicht rassistisch finden“
So so, in Maries heiler Welt wird also Intelligenz nicht vererbt und es gibt auch keine Kulturen, die höhere Intelligenz aufweisen als andere. Immer schön politisch korrekt, ja niemandem auf den Schlips treten. Was wird denn vererbt in ihrer heilen Welt? Die Schuhgröße?
Witzig, wie damals Henryk Sarrazin Broder in London abgewatscht worden ist.. Wollten Einen auf Intellektueller machen, und haben den Stinkefinger gekriegt.. Damit kann man/frau wirklich nur eine spezielle Zielgruppe in der BRD befriedigen.. Könnte mich immer noch kugeln, ob dieser total verzerrten Selbstwahrnehmung dieser deutschen Idole.. Schade einmal mehr um’s Ansehen Deutschlands im Ausland…
@AI
nochmal, leider wurde mein Beitrag nicht veröffentlich. Also, Sie finden, wenn man sagt: „Die Engländer benehmen sich in Spanien teilweise echt daneben. So sind sie halt, die Engländer. Die haben sich ja in den Kolonien auch schon so aufgeführt.“ ist das Rassismus? Ich würde das Vorurteil nennen.
Glauben Sie mir, ich sage auch: „die Deutschen als Volk sind mir eigentlich zuwider. Ich kann sie teilweise nicht ertragen. Schon gar nicht im Urlaub. Diese Bücklingsmentatlität“. Ja, da würde dann jeder hier nickend und schweigend zustimmen. Würde ich aber jetzt sagen:“ also die Türken (in ihrer Gesamtheit) kann ich nicht leiden. So laut und nervend!“ würden alle wieder Rassismus, Rassismus krähen. Dass es aber den einen oder anderen Deutschen/Engländer/Türken gibt, mit dem man sich SEHR gut versteht, wird völlig ausser acht gelassen.
Bei mir ist es so: ich mag weder Deutsche, Engländer noch Türken (in ihrer Gesamtheit wohlgemerkt). Aber ich habe deutsche, englische und türkische Freunde. Noch Fragen?
@ malenki lizard: Ich hatte tatsächlich keine Fragen an Sie. Ich habe nur Ihre Frage, ob und an welcher Stelle die Äusserungen von Herrn Sarrazin rassistisch gewesen seien, versucht zu beantworten. Aus Ihrer Antwort entnehme ich, dass Sie und Ihr Umfeld sich nicht unbedingt über die Nation definieren, oder über die Religion. Also ist es doch ziemlich mies über eine (nationale bzw. religionszugehörige) Verallgemeinerung / Pauschalisierung ein Problem – das sicherlich besteht – anszusprechen, anstatt das Problem – wortwörtlich – beim Namen zu nennen. Dann wäre Herr Sarrazin auch nicht dem Rassismusvorwurf ausgesetzt. Das wollte ich mit meiner Aussage unterstreichen.
Ich finde es ja lustig, dass Sie nicht auf meinen Vorschlag eingehen wollen, woraus sich jetzt erst eine Frage entwickelt. Folge ich Ihrer Argumentation, könne man schon sagen, dass „die“ Deutschen Nazis sind? Oder wie ich es mal von einem französischen Bekannten hörte: Die Deutschen hätten ein rechtsdrehendes Hakenkreuz-Chromosom. Und wie viele Deutsche gibt es, die von den Annehmlichkeiten in diesem Land profitieren und es dennoch ablehnen? Ein Vorurteil ist etwas nicht Bestätigtes. Ich würde es eher Ressentiment nennen.
Integration ist ein beiderseitiger Prozess. Und da müssen wir halt lernen, dass wir nicht von „den“ Deutschen oder Briten in Spanien sprechen, sondern von Menschen auf die man zeigen kann. Bei Pauschalisierungen aber, und darum geht es hier, wird eine ganze Gruppe – auch Ihre Freunde – in denselben Topf gesteckt. Und schon im Interesse Ihrer Freunde sollten Sie dagegen etwas tun.
Sie outen Sich immer eindeutiger, Herr Kessler – haben Sie das mit den 70 und 90 % absichtlich wegggelassen? In Ihrer Welt gibt es also rassebedingte Intelligenzunterschiede – die Rasselehre lässt grüssen, das haben auch die Nazis genauso behauptet.
Was ich tue oder nicht tue, das geht Sie übrigens einen feuchten Kehrricht an, Herr Rolf Kessler, ich verbitte mir Ihre übergriffigen ins Persönliche gehenden Fragen. Noch übergriffiger wird ja Ihr Kompagnon im Geiste, der Herr Umbecco – ich mein Foto und meinen richtigen Namen hier veröffentlichen? ich bin doch nicht lebensmüde, Herr PI-Umbecco – für wie dumm halten Sie mich eigentlich?
Rolf Kessler sagt: 21. April 2013 um 15:27
„Das mit den Kopftuchmädchen ist tatsächlich Unsinn, der Rest ist nicht so weit hergeholt, wie Sie behaupten. Es gibt tatsächlich Tendenzen in migrantischen Milieus, die für die Ausbildung der Kinder nicht sorgen und ständig neue Kinder produzieren. Diese Tendenzen gibt es aber leider auch bei deutschen Unterschichtsfamilien.“
Ah, was höre ich denn da heraus. Hier darf ich mal kurz an den offiziellen Kommentar zum „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14.07.1933 erinnern, welcher erläuterte was als „Schwachsinn“ einzuordnen ist; nämlich die Unfähigkeit „in einem geordneten Berufsleben seinen eigenen Unterhalt zu verdienen, noch sonst sich sozial einzufügen“. Das Ergebnis waren Zwangssterilisierungen, Null-Fett-Diäten im Rahmen einer medizinischen „Behandlung“ oder ein schwarzer Winkel im KZ. Der Wert eines Menschen muss sich halt an seinem volkswirtschaftlichen Nutzen messen lassen. Ja, ja dieses Gedankengut ist halt nicht tot zukriegen und hat heute wieder Konjunktur.