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Im Namen der Freiheit?

Macht „Die Achse des Guten“ Hass gegen Migranten salonfähig?

Die Internetseit „Achse des Guten“ des Publizisten Henryk M. Broder hat sich nach eigenen Angaben die Freiheit auf die Fahnen geschrieben. Doch, was ursprünglich als liberale Idee begonnen haben mag, ist mittlerweile auf merkwürdige Abwege geraten.

Von Dienstag, 07.05.2013, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 20.10.2015, 6:55 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Blogger und Echtzeitpublizisten leisten mittlerweile einen bemerkenswerten Beitrag zur Medienvielfalt in Deutschland. Portale wie die „Ruhrbarone“ und „Der Postillon“ genießen regionale mitunter sogar landesweite Aufmerksamkeit.

Besondere Bedeutung haben echtzeitpublizistische Netzwerke jedoch in der migrantischen community erreicht: Lange Jahre vermochten die Vertreter der Einwanderungsgesellschaft keine ausreichende Repräsentation in den großen Medien des Landes zu finden und auch die Themen der diversitären Gesellschaft wurden kaum in den großen Blättern und TV-Sendern abgebildet- zumindest nicht, wenn sie nicht gängige Klischees über Ausländer bedienen wollten und aus Sicht der Betroffenen erzählt wurden.

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Die „Blogosphäre“ hat diesen unbefriedigenden Zustand wesentlich verbessert und der multiethnischen und multireligiösen Gesellschaft Wort und Stimme gegeben. Hiervon zeugen nicht nur das DeutschTürkische Journal, sondern auch Formate wie Integrationsblogger. Diese Entwicklung ist hocherfreulich und hat große Bedeutung für das Informationsangebot einer immer komplexeren Gesamtgesellschaft, die ihre Fähigkeiten zur Diversität in vielen Punkten noch optimieren muss.

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Doch das Internet wäre nicht das Internet, wenn sich unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit nicht auch eine Gegenbewegung zu offenen Gesellschaft etablieren könnte. Tatsächlich sind nicht nur die sozialen Netzwerke voller Hasstriaden gegen den Islam, gegen Türken, „Kopftuchmädchen“ und Ausländer. Vielmehr haben sich auch mehr oder minder professionell geführte Portale formiert, die mit teils pseudowissenschaftlichem Eifer die Gefahren zu belegen versuchen, die dem christlichen Abendland von einer vermeintlichen „Überfremdung“ und „Islamisierung“ drohen. Was auf Webseiten wie „PI News“ verbreitet wird, ist kaum weniger als Anstachelung zum Rassenhass. Das inhaltliche und stilistische Niveau dieser Publikationen ist in aller Regel so beschämend, dass deren Strahlkraft kaum über die notorischen Zirkel rechtspopulistischer Verschwörungstheoretiker hinausreicht.

Etwas anders verhält es sich mit dem Portal „Achse des Guten“ des Publizisten Henryk M. Broder. Das Autorenkollektiv hat sich nach eigenen Angaben die Freiheit auf die Fahnen geschrieben und sucht den Anschluss an liberalkonservative Kreise, denen braunes Gedankengut fern liegt. Doch, was ursprünglich als liberale Idee begonnen haben mag, ist mittlerweile auf merkwürdige Abwege geraten.

Immer häufiger kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Freiheit die Broder meint, nicht die Freiheit der anderen und damit die Freiheit aller (!) Menschen ist, sondern vielmehr ein Freiheitsbegriff, der sich auf Intoleranz und Abgrenzung stützt. Broder und die seinen argumentieren mittlerweile konsistent im Stile jener islamophoben „Panikmacher“ (unter Bezugnahme auf das gleichnamige Buch des FAZ-ehemaligen Feuilletonchefs Patrick Bahners), die hinter jedem Moscheebau die Errichtung eines „europäisches Kalifat“ wittern. Mit manchmal abenteuerlichen, aber fast immer irrationalen Thesen wird insinuiert, der Islam sei im Kern eine totalitäre Ideologie und somit eine Gefahr.

Mit dieser Ausrichtung ist die „Achse des Guten“ nolens volens zum Stichwortgeber der rassistischen Rechten avanciert. Das ist schlimm. Schlimmer jedoch erscheint, dass die verantwortlichen Redakteure um diese zweifelhafte Rolle wissen, sich aber nahezu kein Abgrenzungsbedürfnis zu einer Szene erkennen lässt, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird.

Der apologetische Tenor des „Ach-Gut“-Autorenkollektiv lautet, man könne ja nichts dafür, von wem man Beifall bekomme (auch diese Logik scheint man sich bei Thilo Sarrazin abgeschaut zu haben). Man wäscht die Hände in Unschuld und übt sich in Relativierungen.

Doch so einfach kann man es sich machen: Der Jubel der falschen Leute hat sich bisher (leider) als sehr zuverlässiger Seismograph erwiesen und spätestens, wenn der Jubel dieser rechten islamophoben Szene zur eigentlichen Geschäftsgrundlage wird (wiederum lässt Sarrazin grüßen), bewegt man sich jenseits der Grenzen demokratischer Verantwortung.

Die pseudoseriös fundierten Angriffe auf muslimische Minderheiten und der dadurch ausgelöste Beifall rechter Wutbürger ist zum Treibstoff für die Publizität der „Die Achse des Guten“ geworden und als solcher unentbehrlich. Darum tun Broder und die seinen mittlerweile nichts, aber auch gar nichts mehr, um sich und ihr Portal gegenüber rechten Kreisen abzugrenzen. Ganz im Gegenteil übt man sich sogar in peinlichen Apologien: So entblödete sich Broder nicht, den PI NEWS zu bescheinigen, sie seien im Vergleich zu so mancher Wortmeldung aus der islamischen community doch fast „brave Sängerknaben“. Das ist nicht einmal mehr Verharmlosung, das ist Anbiederei.

Doch den Beifall der Islamhasserszene kann man sich nur erhalten, wenn man die Eskalationsspirale jeden Tag jeden Tag aufs Neue ein Stück weiter dreht. Von einer absoluten Verrohung zeugen beispielsweise die jüngsten Entgleisungen von Akif Pirinçci, der von Broder offenbar ermuntert wird, als vermeintlicher „Kronzeuge“ der Islamkritik zu agieren. Mit seinem Text „Das Schlachten hat begonnen“ versucht Pirinçci ernsthaft, die These zu streuen, in Deutschland ereigne sich ein von Migranten organisierter Massenmord an der deutschen Bevölkerung. Auch seien die meisten Vergewaltiger in Europa Muslime.

Nennen wir es beim Namen: Die menschenverachtenden Inkriminierungen des Autors bieten eine ideale Argumentationshilfe für jeden Neonazi, der präventive Lynchjustiz an Muslimen schlicht und einfach als „Notwehr“ auffassen möchte.

Noch dümmer und bösartiger kann man nicht mehr argumentieren, tiefer nicht mehr fallen. Auch einige noch verbliebene Liberale sahen sich zu Protest genötigt. Dieser Protest wurde übergangen. Pirinçci hat inzwischen weitere Artikel in diesem Stile nachgelegt.

Die „Achse des Guten“ hat sich nach rechts außen verschoben und ist längst kein liberales Portal mehr. Pragmatiker der Mitte, die auf der Suche nach Lösungen sind, ziehen sich angesichts der immer schauderlicheren Entgleisungen zurück. Liberal sein ist auch immer eine Frage des Stils. Und hier offenbaren sich bei der „Achse des Guten“ eklatante Defizite. Mittlerweile geht es vielen Autoren nur noch darum, sich in jeder Hinsicht zu enthemmen und die dünne Firnis von Zivilisation und Aufklärung vollends abzustreifen. Toleranz, Pluralismus und die Idee der offenen Gesellschaft, allesamt konstitutiv für den Liberalismus, haben keine Heimstatt mehr auf diesem Portal. Liberale sind gut beraten sich gegen dieses Portal abzugrenzen, das seinerseits jede Abgrenzung nach rechts meidet und stattdessen nach dem Beifall der Islamhasserszene heischt.

Soll unsere Gesellschaft eine freie und offene bleiben, soll unsere politische Kultur nicht einer allgemeinen Verrohung anheimfallen, dann darf Hass nicht salonfähig werden. Doch genau das passiert, wenn angesehene Publizisten hinnehmen, dass geistige Brandstiftung über ihr Medium in die Mitte der Gesellschaft eindringt. Aktuell Meinung

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  1. Lionel sagt:

    @aloo masala

    Ist es nicht interessant, zu erfahren, welche Koryphäen diesen UN-Ausschuss mit dem wohlklingenden Namen bevölkern?
    Und welche Schurkenstaaten sich bisher eine peinliche Belehrung gefallen lassen mussten?

    Das UN-Gremium folgt in seiner Argumentation wesentlich einem Gutachten, das vom steuerfinanzierten deutschen Institut für Menschenrechte erstellt wurde.
    Für eine ausführliche juristische Würdigung der dort vertretenen – völlig absurden – Meinung ist hier kein Raum.
    Nur soviel: Sarrazin ist nie (selbst von diesem dubiosen UN-Gremium) explizit als Rassist bezeichnet worden.
    Wenn ein übereifriger naiver Staatsanwalt es tatsächlich zu einer Anklage gegen ihn gebracht hätte – ich würde eine Flasche des besten Weins geköpft haben.
    Denn: Selbst der schlechteste Berliner Hinterhof-Anwalt hätte in einem Prozess den anklagenden Staatsanwalt mit links zur Schnecke machen können.
    Gar nicht zu reden von einem Juristen der 1. Garde, den Sarrazin aufgefahren hätte.

  2. mo sagt:

    @aloo masala
    Bei dem von Ihnen erwähnten Michael Mannheimer würde ich nicht widersprechen, wenn Sie ihn als geistigen Brandstifter bezeichnen. Denn Mannheimer hat zu Straftaten aufgewiegelt. Er ist dafür auch verurteilt worden. Bei Broder ist das Ihre persönliche Meinung, die sei Ihnen unbenommen. Wenn Sie allerdings ohne ein einziges Zitat, ohne jeden Beleg, nur mittels Ihrer subjektiven Beurteilung (“rechtsextreme” und “menschenfeindliche” Äußerungen) argumentieren, zudem noch in einem recht aggressiven Ton, müssen Sie sich nicht wundern, dass Ihnen widersprochen wird.

  3. aloo masala sagt:

    @Lionel

    Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der UN zum Rassismus-Vorwurf gegen Sarrazins Äußerungen ist hier sehr viel Speicherplatz vorhanden. Die UN hat klare Kriterien, die auch von Deutschland ratifiziert wurden und hat diesen Kritierien Sarrazins Aussagen gegenüber gestellt. Ist die Argumentation plausibel oder unplausibel?

    Es ist ein Fehlschluss anzunehmen, dass Argumente falsch werden, wenn sie von den falschen Leuten kommen. Falls Sie das patrout nicht einsehen wollen, dann tun Sie einfach so, als ob die Argumente nicht von der UN sondern von mir kommen.

    Im übrigem teile ich selbst nicht den Vorwurf der UN gegen Deutschland. Ich teile nur den Vorwurf, dass Sarrazin sich rassistisch geäußert hat. Doch seine Äußerungen sind für mich durch die Meinungsfreiheit gedeckt, so wie auch die Äußerungen des Rassisten Broders.

  4. Vic sagt:

    Könnte man das auch so sagen?
    Es ist ein Fehlschluss anzunehmen, dass Argumente falsch werden, wenn sie von den falschen Leuten kommen. Falls Sie das partout nicht einsehen wollen, dann tun Sie einfach so, als ob die Argumente nicht von Broder sondern von mir kommen.

    Toleranz mit einem „l“.

  5. aloo masala sagt:

    @mo

    Ich versuche schon die ganze Zeit folgendes zu erklären: Wenn Sie regelmäßig Äußerungen tätigen, die Juden vor dem Kopf stoßen und gleichzeitig bei Antisemiten und Islamisten begeistert beklatscht werden und hasserfüllte Reaktionen hervorrufen, müssen Sie sich ernsthaft Gedanken darüber machen, ob Sie bereit sind, weiter den Brandstifter zu spielen oder aber sich auch gegenüber Juden verantwortlich fühlen und auf ihre Wortwahl und Inhalte achten, weil Sie ja eben nicht Juden vor dem Kopf stoßen und gemeinsame Sache mit Extremisten machen wollen. Wer es wie Broder oder Sarrazin vorzieht, wider besseren Wissens um die Wirkung seiner Worte weiter regelmäßig Öl ins menschenfeindliche Feuer zu kippen ist ein geistiger Brandstifter.

    Wenn Sie wissen wollen, wie die Botschaften von Typen wie Broder und Sarrazin in großen Teilen der Gesellschaft aufgenommen werden, sollten Sie mal einen Blick in die Kommentarspalten der Zeitung „DIe Welt“ werfen oder sich die Reaktionen in islamfeindlicher und rechtspopulistischer Blogs wie PI genauer anschauen.

    Dort finden Sie all die Leser, die Broder und Sarrazin ansprechen und von denen beide begeistert beklatscht werden. Das sind Leser, aus deren Kommentarzeilen purer Hass trieft. Wer nun glaubt, dass der Hass nicht irgendwann in irgendwelchen Köpfen konsequent zu Ende gedacht zu Gewaltausbrüchen führt, kann in seiner Naivität auch gleich einen Brief an den Weihnachtsmann schreiben.

    Broder weiß genau, wie seine Tiraden ankommen. Er weiß genau, was für eine Wirkung seine Worte bei vielen Menschen haben. Er steckt selbst im Sumpf islamfeindlicher Kreise. Aus diesem Grund ist er ein größerer Brandstifter als beispielsweise Michael Mannheimer, auch wenn Broders Aussagen nicht das Kaliber von Mannheimer erreichen.

  6. mo sagt:

    @aloo masala
    Ich habe längst verstanden, was Sie sagen wollen, aber zustimmen werde ich Ihnen deshalb keinesfalls. Nicht alles, was Ihrer oder meiner Meinung nicht entspricht, ist immer hasserfüllt. Wenn Sie hier einen konkreten Text von Broder hätten, könnte man sich daran abarbeiten. Mit pauschalen Zuschreibungen wie hasserfüllt, menschenverachtend oder rechtsextrem kann ich in Bezug auf Broder nichts anfangen. Ich habe viel von ihm gelesen, auf mich wirkt es nicht so.
    Leute, die ständig in allen Rassisten und Menschenfeinde sehen und nicht zimperlich sind mit negativen Beurteilungen anderen gegenüber (man nennt sie in Deutschland auch gerne Saubermänner) sollten mal eine Selbstüberprüfung vornehmen. Vor allem, wer sich als religiös betrachtet sollte vielleicht ein bisschen mehr „Feindesliebe“ an den Tag legen. Ich weiß, dass wir in diesem Kommentarbereich nicht zu einer gemeinsamen Meinung kommen werden. Lassen wir es einfach dabei.

  7. Lionel sagt:

    @ aloo masala

    Vielleicht sollte erst einmal die Stellungnahme des Justizministeriums abgewartet werden.
    Die dürfte ja bald erfolgen.

  8. aloo masala sagt:

    @Lionel

    Das Justizministerium hat sich mit einem völlig anderen Vorwurf seitens der UN auseinanderzusetzen, nämlich das Unterlassen strafrechtlicher Ermittlungen. Ich hoffe, wie ich bereits angedeutet habe, dass Sarrazins rassistische Äußerungen nicht strafrechtlich verfolgt werden, weil ich sie auch Ausdruck der Meinungsfreiheit halte.

    Aber das ist ein anderes Thema. Haben Sie auch etwas zum eigentlichen Thema zu sagen oder möchten Sie es lieber vermeiden? Zur Erinnerung, das eigentliche Thema ist die Argumentation der UN zu den Rassismusvorwürfen gegen Sarrazins Aussagen. Das kann gut diskutieren, auch wenn das Justizministerium sich noch nicht geäußert hat oder auch wenn für Sie die UN-Vertreter völlig unglaubwürdig sind. Wer hier auch langsam unglaubwürdig wird sind Sie.

  9. aloo masala sagt:

    @mo

    Ich bezweifle, dass Sie überhaupt irgendetwas verstanden haben. Ihr einziges Argument ist nein, egal was ich sage. Selbst wenn ich Sie bitte mir zu sagen, was ein geistiger Brandstifter denn überhaupt ist, lautet Ihre Antwort nein. Wer nicht klar sagen kann, was ein Brandstifter ist, kann wohl kaum sagen, wer kein Brandstifter ist. Sie können das aber. Weil Sie eben gerne nein zu sagen pflegen.

    Ich denke, wenn Sie noch nicht mitbekommen haben, wie die Botschaften von Broder in Kommentarspalten von Die Welt und diversen Hetzblogs aufgenommen werden und welche hasstriefenden Reaktionen diese hervorrufen, dann sind Sie offenbar nicht auf dem Laufenden. Vielleicht sollten Sie sich erst einmal über grundlegende Dinge selbst informieren, bevor sie von anderen Belege anfordern.

  10. mo sagt:

    @aloo masala
    Die Definition von geistiger Brandstifter, die im übrigen nicht nur meine, sondern die geläufige ist, habe ich Ihnen oben geliefert. Irgendwo auf Seite 4 oder 5 müsste es stehen. Wer Anschuldigungen vorträgt, und das sind Sie, muss sie belegen, nicht umgekehrt. Was Sie machen, ist aber Unterstellungen mit Unterstellungen zu „belegen“, also lauter Luftnummern. Sie haben jetzt ein paar hundert Zeilen dazu verschwendet, immer wieder dasselbe zu sagen und nicht ein einziges Zitat von Broder gebracht. Nicht einmal, wenn man sagt, okay, Sie haben die Meinung und ich eine andere, geben Sie Ruhe.