Erdoğan und der Alkohol
Wieso ist der Aufschrei so groß?
In der Türkei soll der Verkauf von Alkohol eingeschränkt werden. Kritiker werfen der Regierungspartei eine schleichende Islamisierung vor und tranken in den letzten Tagen aus Protest. Man kann Erdogans Regierung gut und gerne für vielerlei Dinge kritisieren, wer hier jedoch tatsächlich islamistische Einflüsse wittert, ist fehl am Platz.
Von Emran Feroz Freitag, 31.05.2013, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 03.06.2013, 23:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die türkische Regierung will den nächtlichen Verkauf von Alkohol verbieten. Konkret soll es zwischen 22.00 und 06.00 Uhr nicht mehr erlaubt sein, alkoholische Getränke zu verkaufen. Abgesehen davon soll die zulässige Alkoholschwelle im Straßenverkehr von 1,0 auf 0,5 Promille gesenkt werden. Vor Moscheen soll in Zukunft gar kein Alkohol mehr verkauft werden.
Diese Maßnahmen wurden nicht nur von der türkischen Opposition mit scharfer Kritik aufgenommen. Unter anderem ist die Rede von einer „schleichenden Islamisierung“ sowie das „Aufzwingen eines konservativ-islamischen Lebensstils“. Diesen Eindruck wollen auch westlich-europäische Medien vermitteln, die großteils das Geschehen ebenfalls mit Kritik aufnehmen.
Zugegeben, die türkische Regierung hat seit geraumer Zeit alles andere als einen guten Ruf. Dies betrifft nicht nur außenpolitische Fragen, wie den gegenwärtigen Syrien-Konflikt, sondern auch den Umgang mit Minderheiten sowie der Meinungs- und Pressefreiheit im eigenen Land. Über diese Dinge wird jedoch komischerweise nur selten berichtet. Umso weniger ist es verwunderlich, dass gerade diese Reform von bestimmten Kreisen ausgenutzt wird, um sie mit dem Islam und der Scharia in Verbindung zu bringen.
Was in diesem Kontext oftmals unerwähnt bleibt, ist die Tatsache, dass es derartige Verbote auch in Ländern gibt, die man als „westlich“ und „nicht islamisch geprägt“ bezeichnen kann. Das Paradebeispiel hierfür ist Norwegen. Dort dürfen unter der Woche alkoholische Getränke nur von 8.00 bis 20.00 Uhr verkauft werden. Am Wochenende und an Feiertagen sogar nur bis 18.00 Uhr. Abgesehen davon erhält man in Supermärkten nur Getränke, die maximal 4,5 Prozent Alkohol enthalten. Alles was darüber liegt, sprich, Hochprozentiges, wird in speziellen Alkoholläden verkauft. Die Alkoholschwelle im Straßenverkehr liegt bei 0,1 Promille. Demnach ist die Gesetzeslage im skandinavischen Land sogar um einiges strenger als man es in der Türkei plant.
Nun stellen sich einige die Frage, warum derartig strenge Verbote in Norwegen zum Alltag gehören. Die dortige Regierung ist sicherlich nicht an einer „Islamisierung“ oder ähnlichem interessiert, auch wenn sich vielleicht einige „Verteidiger des Abendlandes“ dies immer wieder einbilden. Viel mehr liegt es auf der Hand, dass man in Nordeuropa – das Alkoholgesetz inSchweden und Finnland ist ebenfalls streng – erkannt hat, was für schwerwiegende Folgen der Konsum von Alkohol für die Gesellschaft haben kann. Damit assoziiert man nicht nur das wöchentliche Komasaufen von Jugendlichen, sondern auch die Tatsache, dass jedes Jahr zahlreiche Menschen durch Alkohol am Steuer den Tod finden.
Nun hat die türkische Regierung ähnlich gehandelt und der Aufschrei ist groß. Natürlich mag es übertrieben sein, dass man in Filmen, Musikvideos und Serien alle Bilder alkoholischer Getränke verpixelt, dennoch ist der Grundgedanke der Alkoholeinschränkung kein falscher. Die Senkung der Alkoholschwelle im Straßenverkehr ist keineswegs „islamistisch“, sondern eine durchaus vernünftige, verkehrspolitische Maßnahme. Auch Warnhinweise auf den Etiketten des mit Abstand gefährlichsten, legalen Rausch- und Suchtmittels erscheinen sinnvoll.
Von all dem wollen allerdings die üblichen „Kritiker“ nichts wissen. Stattdessen wird Stimmung gemacht, indem man ein weiteres Mal islamophobe Vorurteile schürt. Laut dem aktuellen Drogen- und Suchtbericht der deutschen Bundesregierung trinken mehr als 44 Prozent der 18- bis 29-jährigen Männer riskant viel Alkohol. Das Rauschtrinken von Kindern und Jugendlichen ist in Deutschland immer noch verbreitet. An den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums sterben jährlich 74.000 Menschen. Über diese Fakten zeigt sich niemand empört. Stattdessen wird mit dem Finger auf die Türkei gezeigt und man empört sich künstlich über Gesetze, die in führenden westlichen Staaten schon längst zum Alltag gehören. Aktuell Meinung
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Grundsätzlich richtig. Gesundheitspolitisch vermutlich auch richtig, obwohl ich hierüber keine wissenschaftlichen Befunde kenne und dies nicht mein Fachgebiet ist. Allerdings wird norwegischen Stewardessen nicht verboten Lippenstift zu tragen wie bei der Türkisch Airlines oder warum muss es vor den Moscheen besonders verboten sein?
Warum werden Jugendliche, die sich öffentlich küssen, wie in der Hauptstadt Ankara angegriffen und die Polizei beschützt sie nicht.
Es muß der Gesamtkontext nicht vergessen werden, in der diese Maßnahmen ergriffen werden.
So etwas kann auch nur von einem Afghanen kommen. Was zu dem Verbot noch dazu kommt wird von dem „freien Journalisten“ nicht erwähnt.
z.B. Efes Pilsen ist der grösste und beliebtets Bierbrauer in der Türkei und unterstützt viele erfolgreiche Kunstprojekte, wie das Internationale Jazz Festival in Istanbul, sowie Sport und Sportler in der Türkei aber mit diesem „modernen“ gesetz wird jegliche Art von Werbung mit verboten. Was soll aus diesen Projekten werden? Aber Kunst ist ja auch was böses und wird auch in den westlichen Ländern nicht gefördert. Übrigens wie war das damals in Afghanistan, zu allererst wurde Kunst zerstört und dann das ganze Land an die Gotteskrieger übergeben.
Warum denn in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!
Baden-Württemberg – Ab März 2010 Alkohol-Verkaufsverbot ab 22.00 Uhr
http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/ab-maerz-alkohol-verkaufsverbot-ab-2200-uhr-1.2009874
Das mit dem Lippenstift stimmt nicht. Da werden immer wieder solche Gerüchte gestreut. Das war ja mit den Kleidungsvorschriften vor einiger Zeit auch so. Nichts davon hat sich bewahrheitet.
Schulen, Gotteshäuser sind für mich besonders schützenswert bzw. passt es nicht. Übrigens würde diese Regelung mit den Moscheen nur neue Lizenzen betreffen. D.h. alle bisherigen Lizenzen bleiben weiter bestehen.
In meinen Augen sind auch die 0,5 Promille viel zu viel.
Und daraus den Untergang der Kunst und Einzug der Taliban heruafzubeschwören ist mehr als lächerlich. Denn diese Szenarien werden seit Jahrzehnten immer wieder heraufbeschworen. Auch als Erdogan damals Bürgermeister von Istanbul wurde hiess es das die Scharia Einzug hält und bald in Istanbul alle Frauen vollverschleiert werden. Nun wissen wir alle das diejenigen die am lautesten geschrien haben diejenigen waren die das Land ausgebeutet haben.
xyz sagt: 31. Mai 2013 um 09:20
„oder warum muss es vor den Moscheen besonders verboten sein?“
In Sachsen will man Alkohol sogar von ALLEN öffentlichen Plätzen verbannen. Sind wir deswegen Islamisiert.
@Emran Feroz
„Natürlich mag es übertrieben sein, dass man in Filmen, Musikvideos und Serien alle Bilder alkoholischer Getränke verpixelt“
Das ist in vielen Ländern Asien aber auch schon länger Standart. In TH z.B. werden u.a. Alkoholflaschen in Filmen, Serien, Nachrichten schon seit einigen Jahren gepixelt, da käme aber niemand auf die Idee Islamismus zu unterstellen.
xyz, Hier in Deutschland werden Türken ermordet wegen falschem Glauben! Weil sie Muslime sind, wurden sie umgebracht. Und Sie bemängeln, dass man in der Türkei kein Bier mehr vor einer Moschee saufen kann bzw. dass ein paar Idioten ein paar Leute schubsen, weil sie sich küssen?
Bülend, was erzühlen Sie? Dasvon ist nichts wahr! Efes kann natürlich Werbung machen, ausserdem haben Efes auch Ritmix, was ohne Alkohol ist Bitte besser informieren!
Alokoholgrenze von 0,5 ist besser als in Deutschland! Also immer bei der Wahrheit bleiben über Türkei bitte!
Problematisch ist, mit welchen Argumenten Erdogan die geplanten Regelungen begründet:“Religion bestimmt, was richtig ist. Welche Religion auch immer, eine Religion bestimmt, was richtig und was falsch ist.“
(zit. nach Hürriyet Daily News, 28.5.13)
Die Religion, also göttliches Recht, soll die Gesetze bestimmen
Die Türkei definiert sich doch als als laizistischer Staat und nicht als Theokratie.
Diese Begründung in Zusammenhang mit den angesprochenen weiteren Massnahmen lässt noch manches Ungemach befürchten…
sehr schlecht recherchierter beitrag. wenn man den beitrag liest muss man dem schreiber recht geben, alles halb so wild. der schreiber hat aber bewusst oder unbewusst (aus welchen gründen auch immer) nicht aufgeführt das in einem radius von 200 metern um eine moschee, beetraum, schule, kindergarten oder einer sonstigen nachhilfeunterrichtsraum KEIN alkohol verkauft werden darf. egal um welche uhrzeit auch immer, also immer, jeden tag 24 std verboten. wenn man mal in der türkei war dann weiss man das alle paar hundert meter eine kleine schule, eine kleine moschee oder etwas ähnliches steht. damit ist in der gesamten stadt alkoholverbot. somit kann man auch kein alkohol verkaufen bzw kaufen.
Für alle, die Herrn Erdogan immer noch nicht verstanden haben:
“Wenn zwei Säufer ein Gesetz machen, dann respektieren Sie es. Aber wenn wir ein Gesetz machen für etwas, das der Glauben befiehlt, dann lehnen Sie es ab. Warum?”
“In der Türkei sollen Gesetze gemacht werden, die der Glauben gebietet.
“Egal welche Religion – sie gebietet, was richtig ist. Sie gebietet nichts Falsches. Wenn sie etwas gebietet, wollen Sie nur deshalb dagegen sein, weil es die Religion gebietet?”
http://www.hurriyetdailynews.com/wh…marks.aspx?pageID=238&nID=47817&NewsCatID=338
Sagt der Premierminister eines (offiziell) immer noch laizistischen Staates !
Und wen meint er wohl mit den 2 Säufern ???
Atatürk ? Und Inönü ?
In dem Artikel vergleicht ein AKP Abgeordneter „das Trinken von Alkohol
mit dem Tragen einer Schusswaffe“.
Und Bahceli (MHP) unterstützt die Gesetzgebung natürlich,
na dann……
Das ist eine Polemisierung die hier stattfindet. Für Dinge die in der BRD ganz normal sind. Denkt nur mal über unsere Tabak und Raucher Gesetze nach. Wer wirklich will kann auch nach 22h noch trinken aber die Jugend wird sicher besser in den Griff gebracht. Der Islam spielt da keine Rolle bei der Sache.