EU-Parlament
Schengen-Länder geben sich die Grenze
Das Europäische Parlament hat beschlossen: Grenzkontrollen innerhalb der EU sollen in Zukunft einfacher wieder eingeführt werden können, wenn die innere Sicherheit „massiv bedroht“ ist, etwa bei Flüchtlingsströmen, nicht aber bei Migration.
Donnerstag, 13.06.2013, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 14.06.2013, 8:52 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ab 2014 können Schengen-Staaten in Notfällen wieder Grenzkontrollen für bis zu zwei Jahre wieder einführen, wenn die innere Sicherheit „massiv bedroht“ ist. Bislang war dies nur bis zu einem Zeitraum von 30 Tagen bei Großereignissen, wie z.B. Fußballspielen, erlaubt. Für diese Reform stimmte das EU-Parlament am Mittwoch in Straßburg mit deutlicher Mehrheit.
Für Nadja Hirsch, integrationspolitische Sprecherin der FDP im Europäischen Parlament, ist das ein schlechter Tag für die Freizügigkeit in Europa. „Die Mitgliedstaaten sind einem populistischen Reflex erlegen. Angestachelt von der Debatte um die Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren nach Deutschland und die afrikanischen Flüchtlinge aus Italien hat Innenminister Friedrich (CSU) lautstark vereinfachte Grenzkontrollen gefordert – und Verbündete gefunden“, so die FDP-Politikerin.
Dabei sind Rumänien und Bulgarien nicht Teil des Schengen-Raums. Im März 2013 verhinderte Deutschland mit ihrem Veto die Aufnahme. Innenminister Friedrich erklärte, die beiden Staaten seien noch nicht so weit, ohne Grenzkontrollen auszukommen. Insofern würde die vereinfachte Wiedereinführung von Grenzkontrollen diese Länder gar nicht betreffen. Auch soll laut Beschluss „Migration und das Überschreiten der Außengrenzen durch eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen“ nicht von vornherein als Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit betrachtet werden. Das gelte nur dann nicht, wenn Flüchtlinge massenhaft über die Grenzen kommen.
Auf Stimmenfang?
Im Gegensatz zu Hirsch, zeigte sich Innenkommissarin Cecilia Malmström erfreut über den Parlamentsbeschluss. Mit der Reform sei verhindert worden, dass die Länder in Zukunft nicht mehr im Alleingang entscheiden können, ob sie Grenzen dichtmachen. Sowohl die EU-Zentralbehörde als auch die jeweiligen Anrainerstaaten hätten breite Mitwirkungsmöglichkeiten erhalten. „Die Kommission wird zusammen mit Experten sicherstellen, dass die Schengen-Regeln respektiert werden“, so Malmström. Die Grünen wiederum sehen das anders. Sie kritisieren, dass das Europäische Parlament unter dem Strich keine volle Entscheidungsgewalt habe und die Länder weitestgehend selbst bestimmen könnten, ob die Schranken fallen.
Auslöser für die Reform war der Arabische Frühling. Nach 2011 kamen viele Flüchtlinge aus Nordafrika nach Italien und reisten von dort aus weiter in andere Schengen-Länder. In der Folge schloss Paris die Grenze zu Italien, was zu einem Grenzstreit führte. Allerdings hätte auch die jetzt beschlossene Reform das Weiterreisen der Flüchtlinge nicht unterbinden können. Italien stattete die Flüchtlinge aus Protest mit gültigen Schengen-Visa aus. Damit hätten die Flüchtlinge eine Grenzkontrolle passieren können. FDP-Politikerin Hirsch: „Es ist also fraglich was genau Friedrich sich von den Grenzkontrollen erhofft – außer Wählerstimmen!“ (bk) Aktuell Politik
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