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Kümmert euch um eure eigene Politik!

Das Erdoğan-Bashing der deutschen Leitmedien nervt

Seit Wochen berichten hiesige Medien über die Demonstrationen am Taksim-Platz in Istanbul. Angeprangert wird vor allem der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan. Unter den Türkeistämmigen sind die Meinungen geteilt, Mustafa Esmer ist genervt.

Von Mustafa Esmer Freitag, 14.06.2013, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 09.07.2013, 12:13 Uhr Lesedauer: 8 Minuten  |  

Titel wie „Türkischer Frühling“ oder „Die Wut der Türken gegen das System Erdoğan“ zeugen nicht einzig von der Inkompetenz deutscher Redakteure, sondern von eindeutiger Einmischung in die türkische Innenpolitik, durch unhinterfragte Parteiergreifung. Seit Wochen erzeugen die deutschen Medien, durch undifferenzierte Berichterstattung, ein Zerrbild des türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan. Er wird als Despot, als Diktator oder bei den ganz kreativen Redakteuren als Sultan beschrieben. Dass man damit lediglich die Zuschreibungen bestimmter oppositioneller Gruppen wiedergibt, scheint unwichtig.

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Wer, außer den Volksvertretern, soll denn sonst die Macht innehaben?
Ich als Enddreißiger kenne die Türkei vor der AKP-Regierung. Daher stoßen Aussagen wie, dass es in der Türkei, unter der Erdoğan-Regierung, eine Einschränkung der Freiheitsrechte gibt, bei mir auf taube Ohren. Politik ist jedoch ein Prozess und diese Rechte müssen auch für die Zukunft bewahrt, sogar ausgebaut werden.

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Zu allererst müsste den deutschen „Experten“ auffallen, dass die türkische Republik mit einer Junta-Verfassung vom 7. November 1982 regiert wird. Diese sprach dem türkischen Präsidenten immense Macht zu und die Arbeit der großen türkischen Nationalversammlung (TBMM) fand unter dem Damoklesschwert des Militärs statt. Die stets von der Opposition kritisierten Gesetzesänderungen der Regierung stärkten den TBMM und die demokratisch gewählten Vertreter des Volkes. Dieses als Konzentrierung von Macht zu beschreiben ist bedauerlich!

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Die Dominanz des Militärs wurde eingeschränkt und die Rechte des Individuums gestärkt. Weitere Beispiele für einen positiven Wandel sind die Abschaffung der Todesstrafe, die Aufhebung der Benachteiligung von Frauen im Erbrecht, die Aufhebung der Strafmilderung für „Ehrenmorde“ und der Strafbarkeit unehelicher Beziehungen. Außerdem wurden die Rechte, der in der Republik lebenden Minderheiten gestärkt. Ein sehr gutes Gesundheitssystem aufgebaut, das Bildungswesen modernisiert und die an das 20. Jahrhundert, zu Zeiten des Kalten Krieges, erinnernden Militärparaden, an nationalen Feiertagen, abgeschafft.

Gleiches Recht für alle!
2005 wurden in der Türkei Anti-Terror-Gesetze verabschiedet, die wesentlich die Handschrift des Militärs und der türkischen Opposition tragen. Diese Gesetze legitimieren heute die Anklagen der Staatsanwaltschaften und haben zu den ganzen Inhaftierungen der letzten Jahre geführt. Selbst Erdoğan hat die Justiz dafür mehrfach kritisiert. Schließlich war er selbst, oft genug, Opfer der türkischen Justiz. Das Problem in der Türkei ist, dass jeglicher Reformversuch der Regierung, beispielsweise der Justiz, an der Opposition scheitert. Mit populistischen Kampagnen werden Vorwürfe wie Landesverrat, Islamisierung und so fort erhoben und eine negative gesellschaftliche Spannung erzeugt.

Man kann sich gerne die Zusammensetzung der Kommission für die neue Verfassung anschauen. Obwohl die AKP mehr als 50 % der Sitze im TBMM, innehat, ist sie selbst, mit der gleichen Anzahl an Mitgliedern vertreten, wie alle anderen im TBMM vertretenen Parteien auch, selbst die BDP (Politischer Arm der PKK), die nur einige Direktmandate hat.

Die Oppositionsparteien könnten zur Abwechslung auch mal am Tisch sitzenbleiben und gemeinsam mit der Regierung diese notwendigen, sorry, dringend notwendigen Reformen durchführen!

Die Behauptung „Erdoğan lässt knüppeln“ suggeriert doch in sich schon, dass es in der Türkei ein Sultanat gibt, wo der Ministerpräsident alles bestimmt.
Der Oberbürgermeister Istanbuls Kadir Topbaş, Architekt, der dies sicherlich eher entscheidet, ist seit 2004 im Amt und er war vorher Berater von Erdoğan, als dieser selbst noch Oberbürgermeister Istanbuls war. Ruft der dann bei Erdoğan an und fragt, ob er die Umweltschützer niederknüppeln lassen soll? Hat Erdoğan nichts Wichtigeres, worum er sich kümmern muss? Hüseyin Avni Mutlu, der Gouverneur von Istanbul, Jurist, hat lange Jahre die gleiche Tätigkeit im Südosten der Türkei, in Siirt und Diyarbakir, ausgeübt. Er kennt sich also mit gewaltbereiten Protestierenden aus. Ob seine Vita einen Einfluss auf seine Entscheidung bezüglich der Härte des Polizeieinsatzes hatte, kann ich nicht beurteilen. Es sollte dennoch festgehalten werden, dass er, als Gouverneur, die politische Verantwortung für die Ereignisse am Taksim-Platz trägt.

Mich stört, dass die meisten Erdoğan-Gegner – viele studieren oder studierten Wirtschaft oder Sozialwissenschaften – bei der Betrachtung der türkischen Innenpolitik ihre Bildung vergessen aufgrund einer ideologischen Verblendung.
Fördert die Regierung den Handel mit dem „Westen“, dann verkauft sie das Land und sie sind Verräter. Wird der Handel mit den vorwiegend islamischen Nachbarstaaten gefördert, islamisieren sie das Land. Werden Entscheidungsfindungsprozesse de-olligarchisiert und dem TBMM mehr Macht gegeben, versucht Erdoğan Sultan zu werden. Man nehme zum Beispiel das Präsidialsystem, das von Erdoğan favorisiert wird?

Jetzt mal ganz ehrlich! Wie viele Erdoğan-Gegner, die dieses Argument benutzen, haben sich mal angeschaut, wie es gestaltet werden soll? Wie viele haben recherchiert und wissen, wogegen sie sind? Wie viele haben die inhaltliche Validität ihrer Anklage wirklich untersucht?

Es ist die Absurdität der Vorwürfe, die mich ärgert. Natürlich brauchen wir den Handel mit den islamischen oder türkischen Staaten, weil wir kein eigenes Öl oder Gas haben und der Verbrauch, mit steigendem Wohlstand, steigt. Natürlich müssen wir Handel mit dem Westen betreiben, wie auch mit allen anderen Regionen in der Welt. Natürlich ist die USA, gerade in unserer Region ein wichtiger Bündnispartner.

Globalisierung bedeutet in der Türkei das Gleiche wie hier in Deutschland, das sollte jedem bewusst sein.
Mir gefällt’s! Es findet keine Islamisierung statt, was sich im Straßenbild widerspiegelt. Die Menschen dürfen seit den letzten Jahren erst offen zeigen, dass sie Muslime sind, ohne verhöhnt zu werden. Weil sie das tun, fällt auf, das es mehr sind als vorher. Richtig! Aber kämpft man nicht für Freiheiten? Es wird viel von der Symbolik der baulichen Änderungen am Taksim-Platz gesprochen, die man als Indiz für eine Islamisierung und einer Abkehr von Atatürk deutet. Ich frage mich, ob auch nur ein deutscher Journalist das Projekt kennt, wenn Aussagen der Protestler publizistisch reproduziert werden? Dieses Projekt ist bereits 2011 verabschiedet worden und trägt nicht nur die Unterschrift der AKP, sondern auch die Unterschrift, der damals vom Projekt begeisterten und heute dagegen protestierenden Oppositionspartei CHP. Aktuell Meinung

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  1. Mustafa Esmer sagt:

    Zunächst eine Korrektur!
    Die Kommunalwahlen in der Türkei finden am 30.03.2014 statt. Sie wurden verschoben!

    Herr Turan,

    zunächst vielen Dank, dass Sie sich die Mühe gemacht, Punkt für Punkt auf meine Argumente einzugehen. Ich habe in meinem Beitrag kritisiert, dass die deutschen Leitmedien ungeprüft die Äußerungen der Opposition übernehmen und damit parteiisch agieren. Da die deutschen Leitmedien das gleiche Sprech aufweisen wie Sie, mal einige Fakten, gegen ihre Propaganda.

    Durch die Reproduktion der Oppositionsmeinung bezieht Deutschland Position in der türkischen Innenpolitik, gegen ein demokratisch- legitimiertes Staatsoberhaupt, eines Bündnispartners und souveränen Staates! Nur, um es auf den Punkt zu bringen.

    Zu ihren „Argumenten“. Nicht böse sein, jedoch werde ich mich kurz fassen.

    Punkt 1: Todesstrafe nicht abgeschafft

    Falsch! „Ende 2003 schaffte die Türkei die Todesstrafe ebenfalls im Militärgesetz ab. Der Vertrag ist im Januar 2004 vom türkischen Parlament unterzeichnet worden.“ (http://www.todesstrafe.de/todesstrafenatlas_tuerkei.html)

    Punkt 2: Anti-Terror-Gesetz (Meinungsfreiheit, inhaftierte Journalisten usw. )

    Der erste Versuch einer Reform des 2005 verabschiedeten Gesetzes, wurde durch Fahnenmärsche der Opposition verhindert. Trotz Agitation und Negativpropaganda der Opposition wurde das Gesetz dennoch April 2013, gegen den erneut heftigen Widerstand der Opposition geändert! (http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE93B01R20130412)

    Ohne die geänderten Anti-Terror-Gesetze wären die Friedenverhandlungen mit der PKK/BDP nicht möglich

    Punkt 3: Keine Konsequenzen trotz Fehlverhalten der Ordnungskräfte

    Erdogan sagte am 01.06.2013: . “Die Polizei hat trotz der Provokationen illegaler Gruppierungen, trotz der Zerstörung der Läden und trotz der Angriffe mit Steinen und Molotowcocktails ihre Arbeit getan. Ich habe dem Innenminister und dem Gouverneur Anweisungen gegeben. Es werden die nötigen Schritte eingeleitet falls übermäßige Gewalt angewendet wird.” (http://de.euronews.com/2013/06/01/protestwelle-erdogan-bleibt-hart/)
    Warum sollte es keine Suspendierungen geben, falls Fehlverhalten vorliegt? Warten Sie es doch einfach mal ab.

    Punkt 4: Bildungsniveau nach Parteizugehörigkeit und Präsidialsystem
    Schauen Sie sich doch mal die Bilder an. Es sind vorwiegend Studenten linker Gruppierungen. Ihnen müssten die geschwenkten Fahnen doch was sagen. Meine Beurteilung der Bildung basiert auf Deutschland. Richtig! Ich lebe hier! In der Türkei sind es aber auch vorwiegend linke Studenten, die an den Protesten teilnehmen. So stellte sich ja bereits raus, dass es sich bei den meisten inhaftierten, teils angeblichen, Ärzten, um Medizinstudenten handelt … Was belästige ich Sie mit Fakten. Ich habe in meinem Studium gelernt Zahlen lesen zu können. Sollten Sie auch mal tun, denn es existieren Studien zum Bildungsniveau der Anhängerschaft der einzelnen Parteien. Damit Sie mir nicht vorwerfen, die Daten des türkischen Statistikamtes seien nicht seriös, suchen Sie selber!

    Dann schreiben Sie, dass das Präsidialsystem noch nicht ausgearbeitet sei, nur um in ihren darauf folgenden Sätzen, Erdogan erneut zu unterstellen, als Sultan regieren zu wollen.

    Zunächst: Das Präsidialsystem …
    1. basiert auf dem Prinzip der Gewaltenteilung!
    2. Der Präsident/die Präsidentin wird per Direktwahl vom Wahlvolk gewählt.
    (…) (www.baskanliksistemi.com)

    Ich will nur zwei Punkte ihrer Kritik hervorheben. Sie schreiben, dass dieser „die Richter des Verfassungsgericht ernennt“ und „Gesetze beschließen kann“. Dem ersten Argument widerspricht das Prinzip der Gewaltenteilung und dem Zweiten auch.

    Darf Obama alleine Gesetze entscheiden? Die USA sind das klassische Beispiel für ein Präsidialsystem! Weiterhin frage ich mich, was Sie für ein Demokratieverständnis haben, wenn Sie sich gegen eine Direktwahl aussprechen. Ist das türkische Wahlvolk ihrer Ansicht nach zu Blöd?

    Sie schließen, wie man es von der Opposition gewohnt ist, reißerisch ab, mit den Worten: „Faktisch hätte ein Präsident im Präsidialsystem die Kontrolle über das ganze Land, ohne selbst kontrolliert zu werden. Der Weg zu Machtmissbrauch wäre nicht sehr weit.“

    Sie sollten sich besser informieren, bevor Sie, für die türkische Opposition- typische „Dolchstoß“-Legenden verbreiten“ (http://universal_lexikon.deacademic.com/112418/Pr%C3%A4sidialsystem)

    Punkt 5: Hier schreiben Sie: „Die Proteste gibt es ja schon länger, und nicht erst seit 2 Wochen. Aber nie wurde den Betroffenen zugehört, auch unter der CHP nicht. Was Herr Emser jedoch vergisst – damals wurden die Menschen nicht brutal zusammengeschlagen und verjagt. Vielmehr wurden Sie einfach ignoriert.

    Hier haben Sie vollkommen Recht! Damit, dass es die CHP nicht interessiert hat (schließlich haben 111 CHP-Abgeordnete im Istanbuler-Stadtrat für das Taksim-Projekt gestimmt) und die Protestierenden wurden nicht brutal zusammengeschlagen.

    Wäre auch unsinnig, die eigene Klientel zusammenprügeln zu lassen.
    Die CHP ließ stattdessen lieber die kleinen Mädchen und die jungen Frauen, die gegen das Kopftuchverbot demonstrierten, mit Tränengas und Schlagstöcken wegprügeln! (Hier haben Sie zu Bildern des Ganzen auch noch gute Musik ;) http://youtu.be/l1nKbmhlvbY)

    Wo waren Sie damals mit ihrer Moral?

    Punkt 6: Das ich die AKP und Erdogan zu wirtschaftliberal finde, steht auch im Beitrag.

    Was ihre Behauptungen zu der Vergabe der Bauaufträge angeht … Wie auch hier in Deutschland, müssen Aufträge der öffentlichen Hand auch öffentlich Ausgeschrieben werden. Bringen Sie Beleg für ihre Behauptung, dass er Vetternwirtschaft betreiben würde … BEWEISE! Keine Mutmaßungen.

    Ihre Wirtschaftanalysen … :) mich würde die Quelle ihrer Prognosen interessieren?
    • Dominion Bond Rating Service (DBRS)?
    • Fitch Ratings?
    • Japan Credit Rating Agency Ltd.,?
    • Standard & Poor’s Ratings Services?
    • Moody’s Investors Service?

    Sollten Sie keine kompetente und seriöse Quelle bringen können, sind ihre „Prognosen“ nichts weiter als ihre persönliche Denke!

    Punkt 7: Es geht nicht um das „Ob“, es geht um das „Wie“!

    Zu ihrem letzten Teil.

    Sie schreiben.“ Ich habe zu Beginn ja bereits erläutert, das die Macht vom Volke aus geht.“ Verstanden haben Sie es anscheinend nicht, wenn Sie die Legitimität des, in freien Wahlen, demokratisch, gewählten Ministerpräsidenten der türkischen Republik in Frage stellen.

    Ihre Äußerung: „Wahlen bedeuten aber auch, das diese fair und nachvollziehbar durchgeführt werden müssen“ impliziert, dass dem nicht so sei. Gibt es in der Türkei keine freien Wahlen? Ich habe keine Soldaten, wie früher, vor der AKP, an den Wahlurnen gesehen. Sie?

    Belustigt hat mich dich dieser Teil jedoch am Meisten: „Eine objektive Berichterstattung war zu keinem Zeitpunkte gegeben. Wie soll sich der Bürger so eine Meinung bilden?“

    Es hätte nur noch der Satz gefehlt, dass die deutschen Leitmedien objektiv berichten. Dann hätte ich wahrscheinlich erst morgen geantwortet, weil ich mich vor Lachen nicht mehr eingekriegt hätte …

    Haben Sie diese Bilder im deutschen TV gesehen? http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=Sqt1blqt3wI Ich auch nicht!

    Besonders gut ist der letzte Teil ihrer Ausführung:

    „Zudem haben mehreren ausl. Wahlbeobachter von Wahlfälschungen, vor allem im Osten der Rebuplik, berichtet. Was ist daran fair und nachvollziehbar.“

    Es waren internationale Beobachter zugegen, die genau das Gegenteil dessen aussagen, was Sie behaupten!

    „Internationale Wahlbeobachter haben den Ablauf der Wahl als friedlich und ordnungsgemäß bewertet.“ (http://www.kas.de/wf/doc/kas_23602-1522-1-30.pdf?110811142812)

    Zu ihrem Fazit. Ich will gar nicht näher darauf eingehen, wie die Opposition bereits seit 1993 mit Erdogan umgeht, welche Kampagnen bereits gefahren wurden und wie oft er wegen der Behauptungen der Opposition vor Gericht stand und jedes Mal von allen Vorwürfen freigesprochen wurde, trotz der kemalistischen Justiz der alten Eliten.

    Die Beleidigungen gegen seine kürzlich verstorbene Mutter und Vieles mehr. Das meinte ich, als ich fragte, ob Sie auch ihren eigenen Ton mal hören? Anscheinend nicht!

    Nur auf zwei Punkte will ich mich noch kurz einlassen: Erstens: „ Wieso werden auf Staatkosten Besucher zu seiner Kundgebung gefahren und mit Geschenken belohnt?“ und Zweitens: „Wieso werden Staatbedienstete gezwungen, zu seinen Kundgebungen zu gehen und mit Konsequenzen gedroht, wenn diese nicht erscheinen?“

    Der Oberbürgermeister von Istanbul hat gestern eine Presseerklärung abgegeben, dass die Busse und die Fähre, gegen ENTGELT, von der AKP gemietet wurden und nur die Schüler/Studenten, die gestern zu ihren Prüfungen mussten, kostenlos die Busse nutzen konnten. Weiterhin habe es keinerlei Aufruf oder Nötigung gegeben, dass Mitarbeiter der Stadt, an der Veranstaltung teilnehmen sollten … (http://www.cnnturk.com/2013/guncel/06/16/ibbden.kazlicesmeye.otobus.aciklamasi/711877.0/)

    Sie sollten sich besser informieren, Herr Turan, bevor Sie hier versuchen ihre Oppositions-Propaganda zu platzieren! Sonst konfrontiert man Sie schnell mit der belegbaren Wahrheit … und weil exakt das Gleiche auch für die deutsche Presse gilt, habe ich diesen Beitrag verfasst und diesem den Titel gegeben: „Kümmert euch um eure eigene Politik! Das Erdoğan-Bashing der deutschen Leitmedien nervt.

    Nicht weil Sie nicht das Recht dazu haben, sondern einzig, weil sie es nicht objektiv tun!

  2. Marie sagt:

    Tja, Marie, um Ihre Argumentation mal auf Deutschland anzuwenden:
    Wenn eines Tages mal wieder eine extrem rechte Partei gewählt wird die mit großer Unterstützung in der Bevölkerung dafür sorgt dass alle Türken und Moslems die Koffer zu packen haben (die Juden dann gleich noch mit) dann ist das halt Sache des Deutschen Volkes. Andere haben sich da nicht einzumischen. Punkt! Ist halt so!

    Wollen Sie damit jetzt sagen, Erdogan sei ein zweiter Hitler? Kaum zu glauben.

  3. Friedrich Wilhelm Höper sagt:

    Stellen Sie sich mal vor Herr Ester, Sie wären behindert, sässen im Rollstuhl, und würden von Vertretern der Staatsmacht aus nächster Entfernung mit Wasserwerfern unter Beschuss genommen. Genau so ist es einem Mann in Istanbul in den letzten Tagen ergangen. Wie würden Sie auf so etwas reagieren? Ist es legitim, wenn Polizisten einen hilflosen Menschen so brutal attackieren?
    Sollen wir wegschauen, weil wir als Deutsche kein Recht haben, uns über Vorgänge in der Türkei ein Urteil anzumassen. Ist so etwas nicht eine eklatante Verletzung der Menschenwürde?
    Mehrere Menschen sind
    durch Polizeigewalt gestorben, Bei einem Mann wurde bei der Obduktion eine Kugel in seinem Kopf gefunden.
    Viele Menschen haben ihr Augenlicht verloren. Tausende sind zum Teil schwer verletzt. Ärzte, die ihre Pflicht erfüllen, und verletzten Menschen fühlen sich bedroht von der Staatsgewalt. Rechtsanwälte werden daran gehindert , ihre Mandanten zu erreichen.
    Ein Fernsehsender bringt eine Dokumentation über Pinguine in der Antarktis, während zur gleichen Zeit, Bürger von Polizisten misshandelt werden.
    Haben Sie gesehen , wie friedlich, fantasievoll und fröhlich die Menschen im Gezi Park miteinander umgegangen sind?
    Sie sollten als Türke stolz auf solche Landsleute sein und wir Deutschen sollten uns diese Menschen als Vorbild nehmen.
    Herr Erdogan und seine Leute beschimpfen und beleidigen diese Bürger in unerträglicher Weise: es sind keine Marodeure und schon gar keine Terroristen.
    Wer Menschen -und Bürgerrechte mit Füssen tritt, wie Herr Erdogan wird sich für dieses Verhalten vor internationalen Gerichten zu verantworten haben!

  4. Marie sagt:

    „Selbiges sagt man über so manch andere ehemalige Diktatoren auch… (huh, jetzt warte ich auf den großen Aufschrei). Ein Mensch, der seine eigenen Bürger vergast und nun mit der Armee droht, verleitet mich zu einer Meinung. Dieser Beitrag verleitet mich ebenfalls zu einer Meinung. Und ich bin in der ausgezeichneten Lage Artikel differenziert zu betrachten – dies hier möchte mir jede Form von Mündigkeit absprechen und da stimme ich nicht zu.

    Kein Mensch ist gut genug, einen anderen Menschen ohne dessen Zustimmung zu regieren. -Abraham Lincoln“
    @ Beobachterin: Dass Sie in der Lage sind, differenziert zu betrachten, ist durch Ihren Beitrag eindeutig widerlegt – und die Wortwahl „seine eigenen Bürger vergast“, die Erdogan in einen Zusammenhang mit Hitler stellt, ist absolut unverfroren. In jedem Staate muss es sich eine Minderheit gefallen lassen, von jemandem regiert zu werden, den die Mehrheit gewählt hat und Erdogan wurde von der Mehrheit gewählt – wollen Sie die Demokratie und freie Wahlen abschaffen?

    „Die Polizei setzte Wasser, Tränengas, Pfefferspray und Schlagstöcke ein. “ – die Luftwaffe Übrigens auch, ne das war nicht in der Türkei, das war in Deutschland. Und beileibe nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Male. Aber das ist natürlich etwas gaaaaanz anderes. http://www.mz-web.de/nachrichten,20641290,18423664,itemid,20245690.html

    Betrachten Sie auch das Foto!

    Es gab Übrigens auch eine Menge Verletzte und die Leute wurden in Käfigen ohne richterlichen Beschluss über lange Zeiträume festgehalten. Gerichtlich wurde festgestellt, dass das rechtswidrig war und gegen die Menschenwürde verstieß – aber das ich natürlich was gaaanz anderes, das war ja nicht Erdogan.

    http://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/urteile-des-verwaltungsgerichts-schwerin-zu-rechtswidrigen-freiheitsentziehungen-in-den-g8-kaefigen-von-rostock-160/

    Ich spreche mich eindeutig gegen jede Polizeigewalt aus, aber die Heuchelei in Sachen Erdogan ist unerträglich.

  5. Marie sagt:

    Stellen Sie sich mal vor Herr Ester, Sie wären behindert, sässen im Rollstuhl, und würden von Vertretern der Staatsmacht aus nächster Entfernung mit Wasserwerfern unter Beschuss genommen.

    Auch bei Blockupy wurde einem Rollstuhlfahrer Gewalt angetan – zwar nicht mit Wasserwerfern, aber Gewalt bleibt Gewalt. Es traf auch Alte, Rentner, Frauen, kleine Kinder und Journalisten, denen Pfefferspray ins Gesicht gesprüht wurde und Schlagstockeinatz nebst stundenlanger Freiheitsberaubung ohne Toilette gab es auch. Was bei G 9 an Polizeistaatsmethoden angewandt wurde, habe ich bereits geschrieben und das sind nur zwei Beispiele unter sehr vielen. Bei Blockupy wurden Journalisten an der Berichterstattung gehindert, Ihnen wurde körperliche Gewalt angedroht, man hat sie mit Pfefferspray attackiert, sie wurden eingekesselt und ihrer Bewegungsfreiheit beraubt und.

    Da schauen wir auch weg, jedenfalls nicht so genau hin, wie wir das in der Türkei tun. Auch in Deutschland wurden schon Menschen bei Demonstrationen von Polizeibeamten erschossen und überollt und es gab da auch schon Tote – ich finde die Polizeigewalt entsetzlich. Die Heuchelei ist allerdings auch entsetzlich. Ein Staat wie Deutschland, der Polizeistaatsmethoden anwendet, kann beim selben Vorgehen in anderen Staaten nicht als Moralinstanz und angeblicher Hüter der Menschenrechte auftreten. Der hat jede Glaubwürdigkeit verloren und das ist in höchstem Maße scheinheilig.

  6. aloo masala sagt:

    @marie

    Bevor Sie sich so laut gegen die Heuchelei in Deutschland aussprechen wäre doch mal interessant zu wissen, weshalb Sie die neoliberale Ausrichtung der SPD so scharf kritisieren und gleichzeitig die Politik der neoliberalen und islamisch-wertkonservativen AKP so huldigen?

  7. Ted sagt:

    Erdogan kann machen was er will, immer kommt von deutschen Medien und in deren Hetzforen größtmögliche Kritik. Dabei kennen die Kritiker nur schemenhaft, wie es in der Türkei im Allgemeinen so läuft und wer Erdogan überhaupt ist.

    Ich persönlich glaube fest daran, dass seit einigen Jahren eine große Kampagne von interessierten Mächten läuft. Diesen ist eine schwache Türkei viel lieber, als eine immer stärkere und selbstbewußtere Nation. Der Erfolg fußt auf Erdogans Regentschaft, also wird auf Teufel komm raus der „Verursacher“ des Erfolges politisch zu vernichten versucht.

    Noch einmal eine Stufe tiefer läuft die Verteufelung der islamischen Gläubigen. Dies ist ein Plan, den der bekannte US-Journalist Max Blumenthal klar aufdeckt: http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_11/LP00111_010111.pdf

    Der Türkei wünsche ich weiterhin viel Glück! Sie hat eine so lange und große Geschichte, dass es sich lohnt, weiter zu blühen. Da werden auch die ganzen Lohnschreiber (siehe „Megaphone Desktop Tool“) auch nichts daran ändern. Auch die Hetzforen der deutschen Onlinemedien, die fast jede Pro-Türkei/Islam-Meinung löschen oder nicht veröffentlichen (unbelegte Hetzbeiträge dafür umso lieber), werden ihre Ziele nicht erreichen.

  8. aloo masala sagt:

    @Ted

    Europa und vor allem die USA brauchen die Türkei. Insbesondere jetzt, während des Syrien Konflikts und dann gibt es ja auch noch den Iran, den man befreien möchte. Keine Sorge, da brennt nix für Erdogan an, das ist ein extrem wichtiger geostrategischer Partner der USA und NATO.

  9. Ted sagt:

    Wenn die Kritik der deutschen Medien wenigstens nicht so hysterische übertrieben wäre. Heute durfte man im Spiegel lesen, dass Erdogan ein Hassprediger sei, der seine Anhänger ankarrt und für die Demo bezahlt. Das erinnert mich an den Stürmer. In den Hetzforen fast aller deutschen Onlinemedien darf Erdogan als zweiter Hitler, Nazi, Faschist, Islamist, Diktator, Sultan, Größenwahnsinniger, Kriegstreiber, zweiter Pol Pot und vieles mehr bezeichnet werden. Es ist unglaublich! Egal wie berechtigt eine Kritik auch sein mag, solche Beleidigungen gehen einfach viel zu weit. Mit Kritik hat so etwas absolut nichts mehr zu tun. Mich würde wirklich mal interessieren, ein paar solcher „Kritiker“ zu ermitteln, um zu sehen, was für Leute das so sind.

  10. Mehmet sagt:

    mehr als teilen kann ich leider nicht machen. danke für den beitrag!

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