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ADS-Bericht

Diskriminierungen sind in Deutschland weit verbreitet

In Kindergärten, Schulen sowie am Arbeitsplatz sind Diskriminierungen weit verbreitet – mit fatalen Folgen. Besonders betroffen sind Menschen mit ausländischen Wurzeln. Das geht aus dem Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hervor.

Mittwoch, 14.08.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Diskriminierungen im Bildungsbereich und Benachteiligungen im Arbeitsleben sind in Deutschland weit verbreitet und wirken sich negativ auf den Bildungserfolg, die Leistungsfähigkeit und Arbeitsmotivation der Betroffenen aus. Jeder vierte Schüler oder Student mit Migrationshintergrund fühlt sich diskriminiert oder Schüler werden aufgrund ihres türkischen oder arabischen Hintergrunds oft beschimpft. Zudem mangelt es an unabhängigen Hilfe- und Beratungsangeboten, an die sich Opfer von Diskriminierungen wenden können. Das sind die zentralen Erkenntnisse des zweiten gemeinsamen Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) und der weiteren zuständigen Beauftragten der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag, den die ADS am Dienstag vorgelegt hat.

Danach fängt Diskriminierung schon im frühen Kindesalter an, wenn Kinder etwa mit Migrationshintergrund oder „niedriger sozialer Herkunft“ segregiert werden und so unter sich bleiben. Solche Erfahrungen setzten sich auch an den allgemeinbildenden Schulen fort. „Kinder mit Migrationshintergrund leiden unter Vorurteilen und sachlich ungerechtfertigten Zuschreibungen wie etwa einer niedrigeren Leistungsfähigkeit. Sie bekommen häufiger einen sonderpädagogischen Förderbedarf attestiert“, heißt es in dem Bericht außerdem. So könne beispielsweise ein türkischer Name beim Lehrkörper dazu führen, dass Leistungen schlechter bewertet werden. Selbst bei gleicher Leistung neigten Lehrer dazu, Kindern mit Migrationshintergrund seltener eine Gymnasialempfehlung auszusprechen.

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Benachteiligung aufgrund Religion und Herkunft
Besonders kritisch sieht die ADS in diesem Zusammenhang das Verbot an einigen Schulen, in der eigenen Muttersprache zu sprechen. „Deutsch als Unterrichtssprache sollte genügen, weitergehende Verbote stehen der Förderung der kulturellen Vielfalt und Identität entgegen“, heißt es. Auch in der Religionsausübung gebe es für die rund 700.000 Schüler muslimischen Glaubens Herausforderungen. Dazu gehöre die vielfach mangelnde Akzeptanz von Schülerinnen mit Kopftüchern. Ihre Leistungen würden in der Schule häufig unterschätzt.

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Die ADS hat im Bildungsbereich 270 Beratungsanfragen wegen Diskriminierung verzeichnet. Davon entfiel fast jede zweite auf eine mögliche Benachteiligung wegen der Religion oder der ethnischen Herkunft. Insgesamt wurden 6.100 Anfragen wegen einer möglichen Verletzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes dokumentiert, 2.500 davon wegen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und rund ein viertel dieser Anfragen wiederum wegen einer Benachteiligung aufgrund der Religion oder der Herkunft.

ADS fordert Beschwerdestellen
Die Nicht‐Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen oder auch negative Einstellung gegenüber Menschen nichtdeutscher Herkunft hindert „viele Betroffene daran, einen adäquaten Beruf zu finden. Arbeitgebende glauben häufig, solche Personen passten nicht in den Betrieb“, heißt es in einer Erklärung des ADS.

Download: Den rund 450-seitige Bericht der ADS mit dem Titel: „Diskriminierung im Bildungsbereich und im Arbeitsleben“ könne Sie kostenlos herunterladen.

Dabei werde gerade auf dem Arbeitsmarkt deutlich, dass Unternehmen von Vielfalt profitieren könnten, wenn sie nur auf die Qualifikation eines Menschen schauen. Transparenz, Antidiskriminierungs- und Diversitystrategien müssen laut ADS das Ziel eines jeden Unternehmens sein, wenn es nicht Gefahr laufen will, das Potenzial wertvoller, gut qualifizierter Arbeitskräfte zu verlieren. Auf dem Weg zu weniger Benachteiligung fordert die ADS deshalb die Einführung innovativer Personalrekrutierungsverfahren und die bestehenden Beschwerdestellen in Unternehmen zu stärken. Auch sonst sei die Einrichtung von unabhängigen Beratungs‐ und Beschwerdestellen für Schulen und Hochschulen, die Betroffenen rasche und niederschwellige Hilfe anbieten, wichtig.

ADS-Leiterin Christine Lüders: „Es ist das erste Mal in Deutschland, dass Benachteiligungserfahrungen bei Bildung und Arbeit derart umfassend untersucht wurden. Beides sind zentrale Lebensbereiche, in denen Diskriminierung stattfinden kann. Gerade hier bieten sich aber auch große Chancen, um auf mehr Vielfalt und Chancengleichheit hinzuwirken.“ (sb) Gesellschaft Leitartikel Studien

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  1. Marie sagt:

    „Im übrigen unterstelle ich Ihnen Marie eine feindselige Haltung allen gegenüber, die sich Ihrem regieden Diskursstil nicht vorbehaltlos anschließen.Sie verkörpern für mich das, was ich zutiefst ablehne: den autoritären Charakter…..“

    Dieses reizende Kompliment gebe ich gerne an Sie zurück, da ist es besser aufgehoben. Sie dürfen gerne mit Aloo Masala oder wem auch immer diskutieren, ich stehe für Ihre Beschimpfungen leider nicht mehr zur Verfügung.

  2. Frank Faust sagt:

    Migrationsspezifische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt ist eines der extremsten Probleme bei der Ausländerdiskrimierung. Was leider in Deutschland -unabhängig von der Religionszugehörigkeit- ein gravierendes Problem ist. Deutschen Unternehmen, die verantwortlichen in den Personalabteilungen, tragen ihren Teil dazu bei, dass Deutschland u.a. von den Vereinten Nationen, der EU etc. etc. etc. regelmäßig abgemahnt. Dies triff auch auf den sozialen Schlüsselbereich des Wohnungsmarktes zu. Der Hohn daran ist dann, wenn Ausländern pauschal unterstellt wird, dass sie sich gerne, bevorzugt unter ihres gleichen in Ghettos zurückziehen. Anstatt ANGEBLICH sich lieber in angenehmen, zentral gelegenen Stadtteilen niederläßt. INTEGRATION IST EINSEITIG, DIE MÖGLICHKEITEN HIERZU FÜR DEN AUSLÄNDER EINDEUTIG BEGRENZT!! Der Ausländer kann die Sprache des Landes lernen, sich den kulturellen Gegebenheiten anpassen, DANACH ist er aber dem guten Willen u.a. z.B. dem Personalverantwortlichen, dem Wohnungsvermieter, Makler ausgeliefert. Da gibt es keinen Automatismus bei der Integration.

  3. surviver sagt:

    WARUM gibt es denn in Deutschland so wenige unabhängige BERATUNGS- UND BESCHWERDESTELLEN ?
    Womit sind die Vereine und Islamverbände den ganzen Tag beschäftigt?

  4. Saadiya sagt:

    @surviver: „Womit sind die Vereine und Islamverbände den ganzen Tag beschäftigt?“

    Mit ihrem Hauptberuf außerhalb des Vereines/Islamverbandes. Die meisten Vereine und Islamverbände organisieren sich auf ehrenamtlicher Basis. Es arbeiten dort keine angestellten Fachkräfte, die einen solche Beratung gewährleisten könnten.

    Es existieren aber an anderer Stelle bereits Beratungs- und Beschwerdestellen, die von deutschen Wohlfahrtsverbänden oder auch den Städten und Gemeinden betrieben werden. Leider ist es kaum möglich, den strukturellen und in der Gesellschaft angelegten Rassismus bzw. die damit einhergehende Diskriminierung zu bekämpfen, wenn sie vom System her so gewünscht oder unabsichtlich so impliziert wird (z.B. Kopftuchverbot bei Lehrerinnen in einigen Bundesländern).

  5. surviver sagt:

    @Saadiya
    Es gibt aber auch genug rüstige Rentner oder Arbeitslose, die sich auch mal für sowas engagieren könnten.
    (Wahrscheinlich haben diese Leute eh kein Plan von sowas)