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Kısmet

Alles ein Skandal?

Alles gut? Nein, SKANDAL. Zumindest, wenn es nach Baba geht. Echauffiert hängt er am Telefon. Wie könne es denn sein, dass er nicht vorbeikommen darf, um Suppe zu bringen? Blicken wir etwas zurück.

Von Florian Schrodt Mittwoch, 28.08.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 02.09.2013, 2:33 Uhr Lesedauer: 7 Minuten  |  

Meine Freundin und ich sind krank. Die Nachricht hat sich rumgesprochen wie ein Lauffeuer. Anne ist am Telefon. So, wie sie klingt, ist sie ebenfalls krank – und zwar vor Sorge. Was man tun könne? Baba pressiert diese Frage ebenso. Außerdem lässt er grüßen. Wenigstens ändert sich nun das Thema. Ob man das so sagen könne „ich lasse grüßen“, will Anne wissen. Nun ja, ich halte es für nicht unbedingt zeitgenössisch. Aber guter Stil. Schon bekommt Baba seinen Wortschatz um die Ohren gehauen.

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Nachdem Anne aufgelegt hat, weil wir nichts brauchen, ruft kaum zwei Minuten später meine Schwägerin an. Sie sei schon auf dem Weg, ein Huhn zu besorgen, um Suppe zu machen. Wie hat sie so schnell davon erfahren? Und wie haben sich türkischstämmige Familien eigentlich früher koordiniert? Wiederum 5 Minuten später ruft Baba an und will wissen, warum er die Suppe nicht bringen darf. Ob er denn nicht zu Diensten sein könne? Nachdem ich ihn beruhige, will er wissen, ob denn sein Ausdruck richtig gewesen sei. Nun ja, etwas unzeitgenössisch gegebenenfalls. Aber guter Stil. Und ohnehin: alles gut! Zumindest wird alles besser. Mein Schwager übergibt die Suppe am Balkon, drinnen Quarantäne. Obendrein etwas frisches Obst, ein Genesungswunsch der Ladenbetreiberin. „Sie lässt grüßen“.

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Nach ein paar Tagen geht es besser. Wir machen uns auf den Weg zu Anne und Baba. Alles gut? Nein, SKANDAL! Baba ärgert sich über die deutsche Rentenpolitik. Er habe eine alternative Idee für das System. Ich höre ihm zu, es würde sicherlich auf einen Bierdeckel passen. Aber mit so viel Einfachheit haben wir auch in anderen Zusammenhängen schon Probleme gehabt. Die vergangenen Tage hatte ich Zeit zum Fernsehen schauen. Und eigentlich wollte ich meinen eigenen Skandal thematisieren. Wenn ich denn mal zu Wort käme. Ich hatte vergangene Woche wenig Möglichkeit zum Output. Freundin krank. Ich krank. Keine Lust zu reden. Dafür viel Zeit zum Konsumieren. Nein, nicht nur Medikamente. Sondern auch Medien. Bevor es nachher zur Vorhaltungen kommen sollte. Ich halte meine Erkenntnisse nicht unbedingt für ein Resultat medikamentöser Nebenwirkungen. Was ich zu sagen habe? SKANDAL. Mir gelingt es gerade noch, Baba auszubremsen, bevor er auf das Stichwort anspringt. Auch Anne kann ich beruhigen, die Baba ermahnen will, mir nicht immer ins Wort zu fallen. Was gab es also zu sehen, hören und lesen?

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Aus Mangel an Alternativen landet man bei den Nachrichten. Kohls 30 Jahre alten Äußerungen machten die Runde. Irgendwie wollten sie trotz vielfältiger Bemühungen der Mainstreammedien nicht so recht zum Skandal taugen. Dabei versuchten diese ihr Bestes und holten sogar Herrn Sarrazin aus der Mottenkiste. Statt die Ruhe zu genießen, platzte mir der Kragen. Warum? Weil sich niemand so recht echauffieren wollte. Oder anders. Weil sich niemand interessieren will. „Türken raus“, das war zum Zeitpunkt der kohlschen Äußerungen eben gesellschaftsfähig. Heute würde das niemand mehr machen. Die Türken haben sich doch erstaunlicherweise gut integriert. Punkt. Für mich ist diese Rechnung etwas zu einfach. Weiter geht es mit dem NSU-Skandal. Ich höre heraus, dass wir institutionell Probleme mit gedanklichen Tendenzen haben. Wie es scheint nur da. Wir haben ja Multikultizonen wie Berlin. Da läuft es doch. Abgesehen von Problembezirken mit zu vielen Ausländern. Je mehr ich darüber nachdenke, denke ich SKANDAL! Oder kein Grund zum Aufregen? Alles gut. Eigentlich. Ja eigentlich ist hierzulande immer alles gut. Ich finde hingegen nicht alles schlecht, aber bei Weitem nicht gut. Warum? Weil wir vieles mit einer engstirnigen Borniertheit betrachten. Und die Medien als Claqueure bereitstehen, wenn es darum geht, Dinge zu skandalisieren. Helmut Kohl ist als Kanzler Geschichte. Seine Äußerungen auch? Alles vergessen und verziehen? Naja, vielleicht taugt der Sohn samt türkischer Ehefrau zum Aufmacher. Was ist aber mit den vielen anderen (türkischen) Einwanderern, die den Paradigmenwechsel anders erlebt haben? Offene Abneigung, oder auch Hass, man muss das Kind auch mal beim Namen nennen, ist nicht mehr zeitgemäß. Was für viele heute unvorstellbar ist, ist nicht gleichzeitig für andere in Vergessenheit geraten.

Die Zeiten als Türken-Bashing durchaus populär war, erlebte meine Freundin noch mit. Sie wurde nicht direkt angefeindet. Dennoch war ihre Jugend in den 80ern dadurch nicht immer amüsant. Ihre Freundinnen, die Kopftücher trugen, wurden direkt drangsaliert und offen angefeindet. Sie hingegen wurde als „Deutsche“ stilisiert und hingenommen. „Du bist kein Türke, weil du nicht so aussiehst“, machte das Leben aber nicht unbedingt leichter. Flankiert wurden diese Erfahrungen von deutlichen Statements über türkische Mitbürger in Form von Graffitis an den Häuserwänden. „Türken raus“. Das machte es schwer, eine Identität zu finden und sich in dem Land, in dem man geboren, aufgewachsen, geprägt wurde, heimisch zu fühlen. Aber auch heute noch gibt es „Unbedarftheiten“, die ein Spaß am Rande sein sollen, für die Betroffenen aber alte Wunden aufreißen.

Ein Arbeitskollege erzählte meiner Freundin jüngst, dass seine Tochter irritiert von der Schule zurückgekommen sei. Viele Mädchen mit ganz fremd klingenden Namen hätten gesagt, sie seien Deutsche. Er sei nun der Meinung, dass man bei Besitz eines deutschen Passes seinem Kind doch auch einen deutschen Namen geben könne. Warum Fatma, wenn auch Anne ginge? Als meine Freundin nur ungläubig guckt, schickt er „nur Spaß“ hinterher. Nur Spaß! Ja auch ich erinnere mich an viele Witze. Türkischer Reisekoffer? Türkische Disco? Wir alle erinnern uns. Gehen wir lieber nicht ins Detail. Warum ich bei all diesen Angelegenheiten an SKANDAL denke? Weil ich mir immer mehr eigener „schmerzfreier“ Ressentiments bewusst werde, die anderen hingegen in der Summe als sehr schmerzvoll empfinden. Aber ich will keinen Skandal inszenieren, wo es keinen gibt. Das überlasse ich den Medien. Was ich tun will? Andere Perspektiven zeigen, für Neues und Anderes begeistern. Wie sagte neulich ein amerikanischer Freund? Gesellschaftliche Gewalt beruht auf mangelndem Verständnis füreinander. Daraus leite ich ab, dass es nicht reicht, dass Bashing nicht mehr populär ist, wir alles statistisch für beendet erklären und beim Gang an eine Imbissbude meinen, interkulturelle Erfahrungen zu machen. Ich will nicht als Kulturpessimist gelten, ich will aber auch nicht, dass wir im gesellschaftlichen Konsens Dinge kaschieren und euphemisieren, uns einreden alles sei gut. Vieles ist besser. Aber nicht alles gut.

Weniger gut ist zum Beispiel die Abendplanung. Anne und Baba müssen ihre Beteiligung am Familienausflug absagen. Meine beiden Familienhälften wollten mal zusammen einen Kaffee trinken. Baba fühlt sich nicht wohl. Wir fahren also alleine. Wollen nur noch kurz bei der Händlerin halten, um uns für das Obst zu bedanken. Eine beeindruckende Frau. Sie ist eine wuchtige Gestalt, wirkt nach außen hin eher harsch und von ihrer Kleidung her sehr traditionell. Als wir den Laden betreten, lästern einige deutsche Kundinnen über sie, weil sie doch „typisch türkisch“ wirkt. Ich wollte schon fast etwas sagen, doch verkneife es mir. Genug Skandale für heute. Von ihrem Mann hat die Besitzerin sich kürzlich scheiden lassen, weil sie nicht mehr Geisel des Patriarchats sein wollte, und hat ihren eigenen Laden eröffnet. Und der hat große Klasse, weil alles frisch ist.

Sie empfängt uns mit einem herzlichen Lachen, während sie gerade mit einem Bestäuber Petersilie hegt und pflegt. Gerne würde ich auch hier ein wenig mehr aus anderen Perspektiven berichten, aber die Zeit drängt. Sie drückt uns noch etwas Extraobst in die Hand. Für die Schwiegereltern. „Für die Besserung.“ Ihr fahrt zur Familie? Hier auch noch etwas für die.

Als wir am Treffpunkt bei meiner Tante ankommen, wird meine Freundin schon mit dem obligatorischen „Kümmeltürk“ empfangen. Das hat sich zum Dauerbrenner entwickelt, heute gibt es jedoch keinen Gebrannten (Kümmel). Dafür einige berührende Aussagen meiner Tante. Wir haben den Wagen mit Menschen vollgepackt bis zum Rand. Türkische Ausflugsverhältnisse, sage ich spaßig gemeint. Meine Tante hingegen drückt meine Freundin und sagt: „Wirklich toll, wie sich unsere familiären Verhältnisse entwickelt haben, seit dem du Teil dieser Familie bist. Alles ist viel enger und lebendiger. Und auch Florian ist viel offener dafür. Aber mal was anderes. Was ist denn eigentlich mit eurem Bayram? Wie ist das so? Ich habe das auf der Straße mitbekommen und musste an dich denken?!“

Was soll ich dazu sagen? Skandal? Nein, nur Spaß. Auch ich habe vielerorts Menschen gehört, die über Bayram sprachen. Auch sie sind Teil unserer Gesellschaft. Die Medien berichten leider nicht (oder selten). Ist auch kein Skandal. Babas Rentenpläne könnten aber dazu taugen. Aber lassen wir das. Denn es ist nicht alles gut. Aber vieles. Maşallah! Aktuell Meinung

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  1. Songül sagt:

    @Florian
    Awas, Sie gehen auf jeden Kommentar ein. Selten sowas hier erlebt. Erinnere mich, dass ich das in unserer allerersten Diskussion auch schon mal bemerkt hatte. Jetzt haben Sie erfolgreich ein (erneutes) Lob erzwungen ;)
    Geht doch, weil ich im Alltag selten auf soviel Diplomatie/Höflichkeit stoße. So bemerkenswert es auch ist, ist es schön mit anzusehen dass auch Sie ihr Missfallen in klare Worte fassen können. Und selbst dass in einer sehr höflichen Form. Und schon wieder ein Lob ;-)
    Nun ist aber zuviel des Guten! Wir Tippfaulen lassen uns nicht allzugerne in ewig lange Diskussionen einwickeln. Aber eine Frage sollte beantwortet werden, soviel Höflichkeit muss dann doch sein;)

  2. Lionel sagt:

    @aloo masala

    Die Anwerbeabkommen Anfang der 60er waren reine Regierungsentscheidungen, ohne Partizipation in den Parteien.
    Nach Abschluss der Abkommen war es allein Entscheidung der Wirtschaft, ob oder wieviele Gastarbeiter angefordert wurden.
    Die poltischen Entscheider verhielten sich in der Folge passiv, bestenfalls reaktiv.

    In den Belegschaften gab es Unmut über die neuen Kollegen. Nach einer repräsentativen Umfrage von Infas Ende der 60er wollte die Mehrheit der Arbeitnehmer lieber eine Stunde in der Woche mehr arbeiten und stattdessen auf die Anwerbung von Gastarbeitern verzichten.

    Die Wirtschaft argumentierte dagegen; bei den Gastarbeitern handele es sich um reine Konjunkturpuffer, die im Fall einer Krise wieder gehen würden.

    Bei den Gastarbeitern selbst hieß es noch um 1980: „Im nächsten Jahr gehen wir wier´der zurück in die Heimat.“
    Auch deshalb, weil zu diesem Zeitpunkt noch die Aufenthaltserlaubnmis alle 2 Jahre verlängert werden musste.
    Erst infolge des Kohlschen Gesetzes von 83/84 kam es zu einer eindeutigen Festlegung.

    Die Frage von Songül erging zwar an aloo masala, ich erlaube mir aber eine Antwort.
    Die Parteien (zwei nennen sich Volksparteien) dienen dem politischen Willensbildungsprozess.
    Hier hätte es einen Diskurs über die grundsätzliche Frage, ob Einwanderungsland oder nicht, geben können, ja müssen.
    Den gab es aber nicht.
    Die Bevölkerung wurde hier de facto politisch entmündigt, sie wurde gezwungen, nie von ihr gewollte Tatsachen, die eine Eigendynamik entwickelten, zu erdulden und später als vorgebliche Wohltat zu bejubeln.

  3. Florian Schrodt sagt:

    @Songül sollte kein fishing for compliments sein, daher umso mehr lieben Dank. :-)
    @Lionel wir sollten nicht vergessen, dass wir hier über Menschen reden (die seit Jahrzehnten hier ihr Leben verbringen und mitunter dieses Land mit Tatkraft mitgestaltet haben und auch ihr Bestes versuchen, ihren Familien hier eine Heimat zu geben und es selbst so empfinden, auch wenn sie nicht den deutschen Wunschkriterien entsprechen). Den Duktus der Argumentation kann ich nur bedingt nachvollziehen, insbesondere mit Blick darauf, dass Globalisierung und Mobilität omnipräsent sind.

  4. Lionel sagt:

    @Florian Schrodt

    Nicht immer ist eine unmittelbare Replik sinnvoll.
    Deshalb möchte ich hier auf den Artikel selbst verweisen, es geht dort um (deutsch-türkisches) Zwischenmenschliches.
    Etwas, was im Internet leider Seltensheitswert besitzt – nur zu oft stehen Streit und Schuldzuweisungen im Vordergrund.
    Bedauerlicherweise kommt es fast gar nicht zu Antworten auf die Frage, wie eine echte Symbiose gelingen könnte.

  5. Marie sagt:

    @Songül sollte kein fishing for compliments sein, daher umso mehr lieben Dank. :-)
    @Lionel wir sollten nicht vergessen, dass wir hier über Menschen reden (die seit Jahrzehnten hier ihr Leben verbringen und mitunter dieses Land mit Tatkraft mitgestaltet haben und auch ihr Bestes versuchen, ihren Familien hier eine Heimat zu geben und es selbst so empfinden, auch wenn sie nicht den deutschen Wunschkriterien entsprechen). Den Duktus der Argumentation kann ich nur bedingt nachvollziehen, insbesondere mit Blick darauf, dass Globalisierung und Mobilität omnipräsent sind.

    Ich bewundere ihre höfliche Diplomatie, Herr Schrodt. Wenn ich das menschenverachtende Lamento der „Wir-armen-Deutschen-sind-in-1960- nicht-gefragt-worden-und-müssen-ungefragt-Ausländer-erdulden“-Fraktion lese, wird mir, vorsichtig ausgedrückt, sehr schlecht. Menschen mit nichtdeutschen Wurzeln werden den Wunschkriterien dieser Fraktion nie entsprechen, egal, wie sehr immer sie sich auch bemühen mögen. Die nationalistische Opfermythosfront wird auch in 2060 noch jammern und wehklagen, dass die armen Deutschen nicht gefragt wurden und ungefragt Ausländer „erdulden“ müssen, selbst wenn die Ausländer schon seit 100 Jahren Deutsche sind und der überalterten „echten-Deutschen-Fraktion“ den Hintern putzen. Für Menschen, die keine rassistischen Vorbehalte haben, haben die Wurzeln eines Menschen keinerlei wertbildende Bedeutung, für Rassisten schon.

    Und wenn ich dann noch lese, aus der Feder angeblicher Antirassisten, gerichtet an die „wir-armen-leidenden-Deutschen-müssen-Ausländer-seit-1960-ungefragt-ertragen-Fraktion“ : „Bleiben Sie einfach Ihrer Linie treu. Sie besitzen die seltene Fähigkeit, selbst bei hinterhältigen, persönlichen Angriffen sachlich zu bleiben.“, dann könnte ich mich …. ! (Den Satz zu vollenden, verbietet mir die Höflichkeit).

  6. aloo masala sagt:

    @Songül

    Der Beitrag berücksichtigte mehrere Kommentare. Einige Foristen sind der Meinung, dass man sich um die Bevölkerung bei wichtigen nationalen Entscheidungen nicht weiter scheren braucht. Ich sehe das anders.

    Der zweite Teil des Beitrags bezog sich auf Aussagen von Lionel. Er meinte u.a., es hätte keine „Volksbefragung“ oder so ähnlich gegeben. Ein Volksentscheid ist in Deutschland jedoch per Gesetz nicht möglich.

  7. aloo masala sagt:

    @Florian Schrodt

    Wer zugewandert ist, ist unantastbar. Dennoch halte ich den Einwurf von Lionel für wichtig. Denn schließlich werden die Forderungen der Wirtschaft nach Arbeitskräften aus dem Ausland immer wieder kommen.

    Man kann hier unliebsame Stimmen der Deutschen nicht einfach beiseite wischen. Denn die Deutschen sollten sich schon Gedanken machen, warum die Wirtschaft Zuwanderung will und was die Lehren aus der Vergangenheit sind. Ich habe großes Verständnis dafür, denn es ist ihr Land und sie sollen darüber entscheiden dürfen, wie sie ihr Land gestalten wollen. Man muss nicht die Meinung von Lionel teilen aber man sollte sich der Debatte stellen, ohne dabei automatisch diejenigen in Frage gestellt zu sehen, die bereits hier ihre Existenz aufgebaut haben und hier gleichberechtigt weiter leben dürfen.

  8. Lionel sagt:

    Ein letzter erklärender Hinweis: Eine Volksbefragung oder einen Volksentscheid sieht unsere Verfassung nicht vor.
    Demokratische Willensbildung findet vor allem in den Parteien statt.
    Die großzügige Aufnahme der (Spät-)Aussiedler aus Russland war ein Projekt der größten Volkspartei, der CDU – die SPD war bekanntlich hier skeptisch.
    Daher kann bei der Aufnahme dieser Bevölkerungsgruppe von einer demokratischen Legitimation (de facto, nicht de iure) gesprochen werden.

  9. Marie sagt:

    Wenn Sie hier richtig gelesen hätten, Herr Masala, wäre Ihnen aufgefallen, dass es den „Wir-sind-nicht-gefragt-worden“ Lamentierern nicht um die zukünftige Zuwanderung geht, sondern um die Folgen der Zuwanderung in 1960. Und hier speziell um die hier verbliebenen Türken (und andere missliebige „Kulturen“). Das wurde und wird weiterhin sehr deutlich und wurde auch exakt genauso so ausgedrückt und bejammert.

    Wenn nun Lionel die Zuwanderung von Russlanddeutschen für “ de facto demokratisch“ legitimiert erachtet, weil die von der CDU „gewünscht“ wurde, die Zuwanderung anderer Ethnien, die ohne Zuwanderungserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis der jeweils demokratisch legitimierten Regierung nicht möglich gewesen wäre und für Menschen außerhalb der jetzigen Freizügigkeit der EU auch weiterhin nicht möglich wäre, wird der rassistische Hintergrund des Lamentos noch einmal mehr als deutlich.

    Im Übrigen gehört Deutschland nicht den rassistisch lamentierenden Deutschen – wo kommen wir denn da hin, wenn die entscheiden, welche Herkunft hier „erwünscht“ und welche nicht „erwünscht“ ist? Wie bereits erläutert und nachgewiesen: Die haben nix gegen Spanier (und Russlanddeutsche) oder andere „kulturell“ genehme Nationen, gegen „nicht genehme“ Kulturen schon. .

  10. aloo masala sagt:

    @Marie

    Die Aufarbeitung der Vergangenheit ist kein Selbstzweck.