Flüchtlinge

Festung Europa

Vor Lampedusa fanden erneut zahlreiche Flüchtlinge aus Afrika einen grausamen Tod im Meer. Ein weiteres Mal erkennt man, dass all die Werte, welche die Europäische Union vorgibt zu präsentieren, spätestens vor den Toren Europas enden.

Von Emran Feroz Freitag, 04.10.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 10.10.2013, 9:31 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa ist ein Schiff mit mehr als 500 Flüchtlingen an Bord gesunken. Mindestens 82 Passagiere ertranken im Meer, unter ihnen mehrere Kinder. Die meisten Flüchtlinge stammten aus dem kriegsgeschundenen und verarmten Somalia. Der Vorfall, der schon der zweite innerhalb einer Woche ist – am Montag starben vor Sizilien mindestens dreizehn Flüchtlinge – macht ein weiteres Mal die bittere Realität von Flüchtlingen deutlich, die immer wieder auf dem Weg nach Europa scheitern und im schlimmsten Fall den Tod finden.

Die Verantwortlichen hierfür lassen sich vor allem im sicheren Brüssel finden. Allerdings herrscht nur geringes Interesse. Der Friedensnobelpreisträger – die Europäische Union – will vom Leid der Flüchtlinge nichts wissen. Jene Werte, auf die man anscheinend immer wieder Wert legen will, sprich, Freiheit, Menschlichkeit und Solidarität, scheinen an den Grenzen der europäischen Festung tagtäglich ihr Ende zu finden.

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Kein Wunder, denn die EU-Grenzen werden seit Jahren streng überwacht. Dies liegt vor allem an der „Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“, kurz, Frontex. Diese Organisation, die vorgibt, für „Sicherheit“ zu sorgen, hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie auf Menschenrechte keinen Wert legt. Stattdessen wird eiskalt Jagd auf Flüchtlinge gemacht.

Ein Beispiel hierfür ist ein Fall aus dem Jahr 2009. Damals hat Frontex ein senegalesisches Flüchtlingsschiff auf hoher See aufgebracht. An Bord waren nicht nur Menschen, die dem Verdursten nahe waren, sondern auch Leichen. Dies berührte die Flüchtlingsjäger – anders kann man die Mitglieder von Frontex gar nicht bezeichnen – in keinster Weise. Stattdessen wollte man den Flüchtlingen kein Wasser geben, drohte, ihr Schiff zu zerstören und schickte sie zurück in den Senegal.

Dieses Ereignis ist kein Einzelfall. Auf diese Art und Weise wurden schon Tausende von Flüchtlingen zurück nach Afrika getrieben. Zahlreiche Zeugenaussagen und Berichte bestätigen die gewalttätige und skrupellose Vorgehensweise der Organisation immer wieder. Obwohl Frontex des Öfteren von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert wurde, gab es bis zum heutigen Tag keine Konsequenzen seitens der EU. Stattdessen wird erbarmungslos weitergemacht.

Um die Belange von Flüchtlingen will man sich ohnehin nicht kümmern. Diese erleiden nicht nur auf hoher See derartige Schicksale. In Griechenland werden Flüchtlinge auf den Straßen von Neonazis gejagt. Die Polizei schreitet nicht ein, sondern unterstützt derartige Hetzjagden. Dass Flüchtlinge – unter ihnen auch Minderjährige – in griechischen Gefängnissen oftmals schwerst misshandelt werden, interessiert in Brüssel niemanden.

Ähnliche Zustände herrschen in Ungarn. Dort nimmt sich die extremistische Regierung Viktor Orbáns kein Blatt vor dem Mund. Flüchtlinge enden oftmals auf der Straße. Von Unterstützung fehlt jede Spur. Nun – zur „Krönung“ des Ganzen – entschloss sich die Regierung, Obdachlosen das Übernachten im Freien zu verbieten. Ein Protest seitens der EU war praktisch nicht vorhanden. Obendrein darf man nicht vergessen, dass man den Herrschaften von Frontex auch an den Landesgrenzen dieser Staaten begegnet. Diese gehen auch zu Lande alles andere als zimperlich mit den Flüchtlingen um.

In Staaten wie Deutschland und Österreich kann man solche Zustände nicht vorfinden. Stattdessen hat man sich entschlossen, Flüchtlingen auf bürokratischer Ebene Steine in den Weg zu legen. Aufgrund dieser Tatsache wissen syrische Flüchtlinge in Deutschland immer noch nicht, wie sie ihre Familien aus dem Krieg in der Heimat herausholen können. Das Gleiche gilt für Syrer mit deutscher Staatsbürgerschaft. Auch dieses Verhalten bringt die Doppelmoral sowie die Scheinheiligkeit der Politik in diesen Fragen zum Vorschein. Während man nur begrenzt Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen will, schreckt man vor Kriegsrhetorik, der Bewaffnung Aufständischer in fernen Ländern und der darauffolgenden Aufheizung des Krieges nicht zurück.

Diese Praxis kann man nicht nur im Hinblick auf Syrien beobachten. Man bombardiert Länder wie Afghanistan, den Irak, Libyen oder Mali, man lässt den afrikanischen Kontinent aushungern und man lechzt nach Flächenbränden in Krisenregionen. Nur die Flüchtlingswellen aus diesen Ländern sind nicht erwünscht, denn die Festung muss „sicher“ bleiben. So will es der Friedensnobelpreisträger. Leitartikel Meinung

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  1. fritz! sagt:

    @TaiFei
    Glauben Sie nicht daran, mit Schuldzuweisungen irgendetwas erreichen zu können. Selbst wenn das alles stimmen würde, was Sie da schreiben, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Europäer morgen 50 Milliarden Euro nach Afrika schicken oder mehr Flüchtlinge aufnehmen werden.
    Konstruktive Vorschläge sind gefragt und keine Vorträge über die koloniale Vergangenheit des afrikanischen Kontinents gemischt mit antikapitalistischen Parolen und der Aberkennung von europäischen Errungenschaften. Was soll das bringen?

    Im Mittelmeer ertrinken Menschen während Sie hier über koloniale Verantwortung schwadronieren. Na, hoffentlich können Sie mit ruhigem Gewissen schlafen gehen, nach dem sie es diesen blöden Europäer gegeben haben! Ich finds kindisch was hier abgeht!

  2. TaiFei sagt:

    fritz! sagt: 17. Oktober 2013 um 11:53
    „@TaiFei Ich finds kindisch was hier abgeht!“
    Natürlich, weil sie meine Texte nicht richtig gelesen und schon gar nicht verstanden haben.

    mo sagt: 17. Oktober 2013 um 11:03
    „Ich möchte jetzt auch nicht das Thema China vertiefen, aber das, was dort entwickelt wird, ist Peanuts. (Autos bauen auf dem technologischen Niveau von vor 10 Jahren ist keine technologische Leistung – alle Hochtechnologie-Produkte werden derzeit in Europa, USA/Kanada oder Japan/Südkorea/Singapur entwickelt.“
    Bis vor einigen Jahren hätten Sie Südkorea und Singapore hier gar nicht aufführen können und Japan auch erst seit einigen Jahrzehnten. Ich denke schon, dass man in 30/40 Jahren hier China auch dranhängen kann.

    mo sagt: 17. Oktober 2013 um 11:03
    „Für Afrika kann man weder europäische noch chinesische Lösungen hernehmen. Es braucht afrikanische. Aber das wiederum setzt auch afrikanische Initiative voraus. Teilweise vorhanden. Es sieht ja nicht in allen afrikanischen Ländern so schlecht aus.“
    Dass es in Afrika andere Ansätze braucht versteht sich von selbst. Da gehe ich mit Ihnen absolut konform. Die Frage ist jedoch, ob afrikanische Initiativen überhaupt zugelassen werden. Bisher war das eher nicht der Fall. Eine Chance würde ich hier allenfalls sehen, wenn es mehreren Ländern gelingen würde, als Einheit aufzutreten, und somit ein größeren, homogeneren Wirtschaftsraum zu schaffen. Dann hätten sie eventuell genügend Macht, diesen zu schützen und zu entwickeln.

  3. mo sagt:

    @TaiFai
    „Ich denke schon, dass man in 30/40 Jahren hier China auch dranhängen kann.“
    Vollkommen richtig, wenn nicht sogar wesentlich früher.

    „Eine Chance würde ich hier allenfalls sehen, wenn es mehreren Ländern gelingen würde, als Einheit aufzutreten, und somit ein größeren, homogeneren Wirtschaftsraum zu schaffen. Dann hätten sie eventuell genügend Macht, diesen zu schützen und zu entwickeln.“

    Es gibt ja so etwas (Afrikanische Union heißt die, glaube ich, aber recht einflusslos).
    Es wird vielleicht auch nicht so einheitlich gehen, wenn man bedenkt, dass es allein in Deutschland Regionen gibt, die sehr unterschiedlich sind, die eine hängt von subventionierter Kohle ab, die andere lebt vom Tourismus. Möglicherweise ist ja der Export von Sonnenenergie irgendwann eine Chance (wenn man löst, wie man Energie speichert oder über weite Strecken exportiert). Voraussetzung wären stabile politische Verhältnisse und ein funktionierendes Gesundheits- und Bildungssystem. Die größten Gefahren bestehen in Biopatenten und Privatisierung von Wasser.

  4. posteo sagt:

    mo sagt: 17. Oktober 2013 um 13:43
    „… Möglicherweise ist ja der Export von Sonnenenergie irgendwann eine Chance (wenn man löst, wie man Energie speichert oder über weite Strecken exportiert). ..“
    Die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff+Sauerstoff mit Hilfe einer elektrischen Spannung (Elektrolyse) und die weitere Synthese von Wasserstoff+Kohlendioxid zu dem weniger flüchtigen Methangas + Wasser kann Ihnen im Osten jedes Kind erklären ;-).
    Wir Wessis können uns unter den Suchbegriffen „Solargas“ oder „Windgas“ schlau machen .