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Die Arbeitssklaven der Golfstaaten

Die dunkle Fassade hinter dem Glanz

Wer „Emirate“ hört, denkt an beeindruckende Glaspaläste, aufsehenerregende Wolkenkratzer und luxuriöse Einkaufszentren. An die widrigen Arbeitsbedingungen und das Schicksal der ausländischen Gastarbeiter denkt kaum jemand.

Von Freitag, 18.10.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 08.01.2015, 12:34 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, legt mit ihrer Skyline ein eindrucksvolles Zeugnis hin. Wie eine unwirkliche Fata Morgana schimmert die glitzernde Architektur Tag und Nacht im Wüstenlicht. Mittlerweile gehört sie zu den modernsten und reichsten Städten der Welt. Die Metropole Dubai hat sich, durch ihren Bauprojekten, zu einem beliebten Reiseziele am Persischen Golf gemacht.

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Mit immer neuen Bauprojekten übertrumpft es sich selbst jedes Mal aufs Neue. Eines der derzeit höchsten Gebäude der Welt, der Burj Khalifa, das größte Einkaufszentrum Dubai Mall, sowie das luxuriöse Strandhotel Atlantis, sind hier zu bestaunen.

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Als außergewöhnlich gelten die künstlichen Inseln vor Dubais Küste. Auch die Wüstenwunderstaaten Bahrain und Katar, quasi das „arabische Monaco“, können sich sehen lassen. In Katar soll 2022 die Fußball-Weltmeisterschaft stattfinden. Große Bauprojekte, wie die Lusail City, eine komplett neue Stadt, die in der Wüste entstehen soll mit einem Stadion, in dem 90.000 Menschen passen sollen, laufen bereits. Nach außen hin glänzen alle Bauwerke, doch wie viel Glanz steckt hinter der Fassade?

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Arbeitssklaven aus Indien, Pakistan & Co.
Auf den größten Baustellen der Welt wirken hinter den glänzenden Kulissen der Golfstaaten Millionen Arbeitssklaven aus Indien, Pakistan, Bangladesch, Afghanistan und Sri Lanka. Über Rekrutierungsagenturen werden die Arbeiter an den Golf gelockt, um die milliardenschweren Investmentprojekte und die Visionen möglich zu machen. Doch die Not der Gastarbeiter wird von den Emeratis, die in der Liga der Weltmetropolen mitspielen wollen, aufs Brutalste ausgenutzt. Dies ist auch das schmutzige Geheimnis hinter dem unaufhaltsamen Fortschritt.

Die profitable Abzocke fängt schon bei der Rekrutierung der Arbeiter in den jeweiligen Herkunftsländern an. Mit falschen Lohnversprechungen werden sie angelockt und systematisch betrogen. Für ihre Vermittlungsdienste verlangen die Firmen bis zu 3.000 US Dollar. Das benötigte Geld leihen sich die verzweifelten Arbeiter aus und nehmen so eine Verschuldung in Kauf. Vom Hunger getrieben, trennen sie sich von ihrer Familie und ihrer Heimat. Den geringen Verdienst wollen sie dann nach Hause schicken, um ihren Angehörigen ein erträglicheres Leben zu ermöglichen. In ihren Ländern bestimmen Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit den Alltag.

Doch das Einzige auf das sie in den „Märchenländern“ treffen, ist nackte Ausbeute. Direkt nach der Einreise werden den Arbeitern die Reisepässe abgenommen. Damit erhalten die Arbeitgeber die absolute Kontrolle. Verträge, die vor der Einreise abgeschlossen wurden, werden nach der Ankunft oft für ungültig erklärt. Neue Verträge müssen unterzeichnen werden, deren Bedingungen wesentlich schlechter sind.

In „Labor Camps“, die von den Baufirmen eingerichtet wurden, werden mehrere Arbeiter in einem Zimmer untergebracht. Morgens werden sie dann mit Firmenbussen zu den Baustellen gefahren und abends wieder zurück. Auf der Rückfahrt schlafen die meisten Arbeiter, müde von der harten Arbeit und den 10 bis 14 Stundenschichten.

Menschenrechtsorganisationen bezeugen hohe Arbeitszeiten und Löhne, die bei 150 bis 250 US Dollar liegen. Eine verspätete Entlohnung oder sogar die Einbehaltung der Löhne kommt nicht selten vor. Die Möglichkeit, den Arbeitgeber zu wechseln, bleibt den Meisten verwehrt, da die Arbeitserlaubnisse von den Agenturen nur für einen bestimmten Arbeitgeber erteilt werden.

Obwohl die schnelle wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre und der heutige Reichtum der Golfstaaten auf die Gastarbeiter zurückgeht, ist keine Besserung der Arbeitsbedingungen in Sicht.

Dem Arbeitsministerium der beteiligten Länder ist das Wohl der Baufirmen wichtiger und so wird der Arbeitsschutz nahezu ausgeblendet. Offensichtliche, miserable Arbeitsbedingungen werden ignoriert. Auf wackligen Baugerüsten schuften die Arbeiter sechs Tage die Woche, bei hohen Temperaturen und ohne kostenloses Wasser. Schwere Verletzungen und Todesfälle kommen beängstigend häufig vor.

Nur die Fußballmillionäre sind wichtig
Obwohl dieses Problem schon seit Jahren bekannt ist und die Golfstaaten wegen zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik stehen, hat die FIFA die Entscheidung getroffen, die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar auszutragen. Ordnungsgemäße Vorbereitungen und oder den Mindestanforderungen entsprechende Arbeitsbedingungen wurden nicht sichergestellt. Allein in den letzten Monaten sind zahlreiche Gastarbeiter auf den WM Baustellen ums Leben gekommen. Verantwortung will Katar nicht übernehmen, die Bauunternehmen seien schuld.

Sollte sich an der Situation nichts ändern, wird die Anzahl der Opfer bis zum WM Beginn 4.000 überschreiten – so jedenfalls die Schätzungen. Dennoch sieht die FIFA nach wie vor keinen Anlass, einen offenen Diskurs über die Reise-, Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter zu führen. Viel zu wichtig scheinen die Millionenbeträge zu sein, die so eine WM kostet und einbringt. Und so bleibt den Arbeitern nichts anderes übrig, als unter zwangsähnlichen und menschenwidrigen Bedingungen weiterzuarbeiten.

Die einzige breite und öffentliche Diskussion, die – auch von der FIFA – über die WM in Katar geführt wurde, betraf die Frage, zu welcher Jahreszeit die WM stattfinden soll, zum Wohl der Millionäre auf dem grünen Rasen. Aktuell Ausland

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  1. posteo sagt:

    Saadiya sagt:
    „Solange wir in Deutschland Arbeitnehmer haben, die trotz Vollzeitbeschäftigung nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Zusatzleistungen (Aufstocker Hartz IV) zu bestreiten und solange es auch in Deutschland Firmen gibt, die ihre Mitarbeiter unter Tarif bezahlen, sie unter Druck setzen, ihnen Pausen nicht gewähren und den Arbeitsschutz missachten, solange sollte wir nicht in andere Länder schauen, sondern lieber erst mal in Deutschland anfangen.“

    Liebe Saadiya,
    abgesehen davon dass man dieses Argument auch in Bezug auf die Flüchtlingspolitik anwenden könnte (erst mal den Armen in Deutschland helfen), die Missstände um die WM-Bauten sind sehr wohl eine deutsche Angelegenheit, da der FIFA-Präsident Sepp Blatter, der den Austragungsort Katar durchgesetzt hat, nun mal ein Deutscher ist.

  2. Han Yen sagt:

    Die Gastarbeiter-Debatte ist ewig-gestrig, wie man an den Kommentatoren merkt. Wir haben schon eine UNO-Organisation für die Regulation internationaler Arbeitsströme – der Name ist ILO. Die Mitglieder in der ILO sind Staaten. NGO’s werden angehört von der ILO. Die ILO liefert Empfehlungen, die die Nationalstaaten implementieren können. Sie hat keine Macht sie in den Nationalstaaten durchzusetzen. Das Thema Gastarbeiter ist schon lange in ILO Empfehlungen verarbeitet worden. Am Wissen und Handlungsmöglichkeiten liegt es also nicht.

    Was der ILO fehlt ist die Durchsetzungsmacht. Für Gastarbeiter existiert keine Global Union wie für Matrosen, Flugpersonal und Hafenarbeiter, die eigene Arbeitsinspektoren haben. Mit einer Globalen Gewerkschaft für Gastarbeiter mit kollektiver Vertretungsmacht gegenüber Staaten und Arbeitgeber ließe sich das Problem lösen.

    Man muss erst einmal begreifen, wie solche Arbeitsverhältnisse möglich sind – dann weiß man, warum es nichts hilft nach dem Staat zu rufen.

    Einwanderungsstaaten haben grundsätzlich ein Interesse Saison-Arbeitskräfte und gefährliche Arbeiten an ausländische Staatsbürger auszulagern, ohne für ihre Sicherheit aufzukommen. Bei Bedarf können sie ausgewiesen werden.

    Auswanderungsstaaten haben grundsätzlich ein Interesse überschüssige Arbeitskraft zu exportieren, um Rücküberweisungen und Devisen von den Gastarbeitern zu re-importieren.

    Da Rücküberweisungen inzwischen in die Rating-Noten eingearbeitet werden, ist das Interesse der Auswanderungsstaaten möglichst viele Gastarbeiter exportieren zu können noch größer geworden. Staaten brauchen nämlich eine gute Rating-Note, um sich Kapital für Entwicklung und militärische Sicherheit auf den internationalen Kapitalmärkten zu besorgen.

    Ein- und Auswanderungsstaaten verhandeln die Arbeitsmigration zu den Bedingungen, die beiden Staaten den meisten Nutzen bringt. An die ILO Bestimmungen und das Gastarbeiter-Interesse wird nicht gedacht. Gastarbeiter werden niemals bei den bilateralen Verhandlungen durch eine Organisation repräsentiert.

    Durch die demographischen Ungleichgewichte zwischen reichen und armen Staaten werden bilaterale Gastarbeiter-Abkommen und temporäre Arbeitsmigration eher noch zunehmen.

  3. posteo sagt:

    Liebe(r) Han Yen,
    gut geschrieben,aber nach meinem Geschmack etwas zu fatalistisch.
    Wenn ich Sie recht verstanden habe, bestimmt allein das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage die Arbeitsbedingungen.
    Dann können wir uns jeden staatlichen Eingriff in den Arbeitsmarkt und auch die Arbeit der Gewerkschaften sparen.
    Aber, wie die Geschichte gezeigt hat, haben die gewerkschaftlichen Zusammenschlüsse der Arbeiter doch etwas bewirkt, und zwar auch für die, die in keiner Gewerkschaft organisiert sind.
    Mit unseren Gewerkschaftsbeiträgen unterstützen wir letztendlich auch die internationalen Gewerkschafts-Netzwerke, an denen unsere Industriegewerkschaften beteiligt sind. Da die Gewerkschaftsbeiträge dem Einkommen angepasst sind, ist das eine Unterstützung, die jeder Arbeitnehmer leisten kann.
    MfG posteo

  4. posteo sagt:

    Uuuuups!!!
    Soeben habe ich erfahren, dass der FIFA-Präsident Sepp Blatter ein SCHWEIZER ist. Aber da der Profi-Fußball für Deutschland auch von großem wirtschaftlichen Interesse ist, bleibe ich bei meiner Meinung, dass uns Katar sehr wohl etwas angeht.