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Doppelte Staatsbürgerschaft

Ruhende Staatsbürgerschaft und Generationenschnitt sind faule Kompromisse

Seit Beginn der Koalitionsverhandlungen zerbrechen sich allen voran Unionspolitiker den Kopf darüber, wie man sich mit der SPD über die doppelte Staatsbürgerschaft einigen kann. Der Fantasie scheinen Grenzen gesetzt, wie das Beispiel der ruhenden Staatsbürgerschaft zeigt.

Von Montag, 04.11.2013, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.04.2017, 17:38 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Es überrascht, welch fantasiebeflügelnde Wirkung die doppelte Staatsbürgerschaft hat. Seit sich die Union in die Ecke gedrängt fühlt, beim Thema Doppelpass nachgeben zu müssen, preschen sie mit vermeintlichen Verfassungshürden, so Innenminister Friedrich, oder mit faulen Kompromissen vor. So etwa der geistreiche Vorschlag von der „Integrationsbeauftragten“ der Bundesregierung, Maria Böhmer, über die „ruhende Staatsbürgerschaft“. Danach soll der Hauptwohnsitz darüber entscheiden, welche Staatsbürgerschaft aktiv wird.

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Damit dieses Vorhaben funktionieren kann, müsste Deutschland völkerrechtliche Verträge mit den jeweiligen Herkunftsländern schließen. Und damit zumindest alle Nicht-EU-Ausländer gleich behandelt werden, wären etwa 160 bilaterale Abkommen nötig – von Ägypten bis Zentralafrika. Ein aussichtsloses Unterfangen, dass auch die große Schwäche dieser Regelung ausmacht: Erneut würden bestimmte Ausländer bevorzugt und andere benachteiligt werden.

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An diesem Manko krankt auch der Vorschlag des Sachverständigenrates für Integration und Migration (SVR), die den Doppelpass mit Generationenschnitt ins Gespräch bringen will. Danach soll eine unbegrenzte Weitergabe der Staatsangehörigkeit über das Abstammungsprinzip verhindert werden. Überraschend ist die SVR Begründung, die im CSU Gewandt daherkommt: Eindämmung rechtlicher Probleme und Verhinderung von Export „innenpolitischer Konflikte aus dem Herkunftsland“.

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Beide Vorschläge haben gemeinsam, dass sie am Kernproblem der bisherigen Doppelpassregelung vorbeigehen: Sowohl das Modell der ruhenden Staatsbürgerschaft als auch ein Generationenschnitt unterscheiden und unterteilen die Menschen danach, ob sie EU-Bürger sind oder nicht. Und genau dieser Umstand stößt bei den allermeisten Betroffenen auf Unverständnis.

Wieso werden EU-Bürger gegenüber Nicht-EU-Ausländern in puncto Staatsbürgerschaft bevorzugt behandelt? Wieso bekommt ein Grieche ohne Weiteres den Doppelpass und ein Türke nicht? Was kann ein seit 50 Jahren in Deutschland lebender Türke dafür, dass die bisherigen türkischen Regierungen es nicht geschafft haben, EU Mitglied zu werden? Und was könnte ein seit 50 Jahren in Deutschland lebender Grieche dafür, wenn die griechische Regierung im Zuge der Wirtschaftskrise der CSU Empfehlung gefolgt und aus der EU ausgetreten wäre? Wieso sollen solche Entwicklungen ausschlaggebend dafür sein, ob jemand seine Staatsbürgerschaft vererben darf. Wieso soll das Ruhen einer Staatsbürgerschaft davon abhängen, ob sich zwei Staaten einigen können? Was kann der einzelne Mensch dafür?

Und deshalb wird das Thema so lange nicht vom Tisch sein, bis den Betroffenen nicht nachvollziehbar erklärt werden kann, wieso elementarste Teilhaberechte von außenpolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen ihrer Herkunftsländer abhängen sollen. Um es mit anderen Worten zu sagen: Bei der doppelten Staatsbürgerschaft geht es primär darum, dass Menschen nicht in zwei Klassen eingeteilt werden, in rechtlich problematische und unproblematische, in loyale und nicht loyale, in privilegierte und benachteiligte. Deshalb sind alle Kompromisse, die danach unterscheiden, ob jemand EU-Bürger ist oder nicht, faul. Was dieses Land braucht, ist das Gefühl, dass alle Menschen gleich und gleichwertig sind, unabhängig von ihrer Herkunft! Das wäre ein modernes Staatsangehörigkeitsgesetz. Aktuell Meinung

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  1. orhan sagt:

    Unterstütze ich voll und ganz. Bin Student und habe keinen deutschen Pass. Ich will meinen Pass jedoch nicht abgeben, da dies meine Wurzeln sind. Die doppelte Staatsbürgerschaft hat Keine Nachteile für Deutscland. Im Gegenteil: Menschen fühlen sich akzeptiert, können an Wahlen teilnehmen und somit auch eine Stimme haben. Aber die doppelte Staatsbürgerschaft wird nicht kommen. Vielleicht wird die Optionspflicht gelockert, aber was bringt es den 95%, die nicht davon profitieren können. Deutschland verlangt nach Integration? Deutschland wach auf ! Wir sind schon integriert, trotz der Hürden und schlechten Behandlung von Ausländern in der Politik.

  2. Realist sagt:

    Beim neuen Gesetz zur doppelten Staatsbürgerschaft sollten aber auch die IM NICHT-EU-AUSLAND LEBENDEN DEUTSCHEN berücksichtigt
    werden, wie ich finde.

    Warum können zum Beispiel Briten/Franzosen/Italiener PROBLEMLOS die doppelte Staatsbürgerschaft zum Beispiel mit den
    USA/Kanada/Australien/Neuseeland haben, während Deutsche gezwungen werden, entweder ihre Staatsbürgerschaft AUFZUGEBEN,
    oder ein langwieriges, teures, bürokratisches und unsicheres VERFAHREN für eine Beibehaltungsgenehmigung zu durchlaufen?

    Die meisten EU-Länder, die Schweiz und SOGAR RUSSLAND haben kein Problem mit dem Doppelpass, warum also Deutschland?

    Bitte kontaktet die Parteien und den Bundestag per E-Mail oder Kontaktformular auf ihren Websites und erinnert sie daran. (Ich habe es schon getan.)

    http://www.youtube.com/watch?v=fUnYd_jQUAA

    Vielen Dank im Voraus!

  3. voter sagt:

    CSU ist und bleibt Bayerische, spießige und ausländerfeindliche Partei und wird immer mit ausländerparolen auf Stimmenfang sein.

    CSU ist die Gerechtigkeit und Gleichheit EGAL…

  4. Dr. Sükrü Uslucan sagt:

    Was bei diesem Artikel leider fehlt, ist die Auseinandersetzung mit der Unionsbürgerschaft als Annex, also die EU-Perspektive. Denn wenn man die dazugehörige Rechtsprechunng des EuGH kennt, wird man bezweifeln müssen, ob ein solches Ruhen auch der Unionsbürgerschaftsrechte durch ein solches Abkommen – was die türkische Regierung wohl niemals mitmachen würde, würde sie doch gegen ihr hiesiges Klienel agieren – vom EuGH gebilligt werden. Schließlich ist die Unionsbürgerschaft mittlerweile zu einem besonderen Status erwachsen – trotz der Abhängigkeit zur nationalen Staatsangehörigkeit! Die dazugehörigen Rechte zu beschränken, wenn sie denn quasi passiv gestellt wäre, liegt wohl nicht in der ausschließlichen Hoheit der Bundesrepublik. Demgegenüber macht eine generationale Hinnahme so bis zur vierten Generation doch Sinn, zumal es der Realität entspricht. Denn immer mehr Menschen lassen sich ab dieser Generation ausbürgern, jedenfalls ein aktueller Trend bei den männlichen Türken, schon allein um das Freikaufen für den Wehrdienst, den es ja tatsächlich auch nicht mehr gibt, zu entgehen. Es zeigt sich eben, dass die andere Staatsangehörigkeit (hier: die türkische) vielen nicht mehr als 6.000.- € wert ist. Und warum man in der fünften Generation noch die andere Heimatstaatsangehörigkeit haben muss, ist nicht ganz klar. Davon zu trennen ist selbstverständlich die Pflicht, die andere ablegen zu müssen. Wenn das die hiesige Regierung für die Einbürgerung verlangt, ist das sicherlich eine falsche Symbolik. Macht es hingegen der andere Heimatstaat, um zu sehen, ob noch ausreichend Bindungen vorhanden sind, so ist das eigentlich nichts Ungewöhnliches im internationalen Vergleich. Das machen selbst die Deutschen.

  5. orkank sagt:

    Ich wünsche mir, dass man über doppelte Staatsangehörigkeit, dessen Vorteile und Nachteile besser informiert wird und dass man selbst entscheiden kann.
    Solange der Gesetzgeber selbst alles kontrollieren möchte und entscheiden möchte, wer doppelte Staatsangehörigkeit bekommen, wer nicht bekommen darf, wird es keine gerechte Lösung sondern Konflikte geben.

  6. Robert McMurray sagt:

    Die Idee einer „ruhenden“ ausländischen Staatsangehörigkeit ist völliger Quatsch und total unnötig!
    Hat ein deutscher Staastbürger auch eine ausländische Staatsangehörigkeit, dann braucht der deutsche Staat bzw. die deutschen Behörden diese einfach nicht anzuerkennen, was – so glaube ich – sowieso schon der Fall ist.

    Es muß nicht alles in Deutschland kompliziert sein!

  7. Pingback: Tokat: Wenn Bomberjacken auspacken - Ausländer, Frankfurt a.M., Integration, Jugendliche, Marcello Buzzanca, Migration, Tokat, Türken - MiGAZIN