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Bades Meinung

„Wer betrügt, der fliegt“. Eine himmlische Realsatire

Was würde Franz Josef Strauß selig über die Kampagne seines derzeitigen irdischen Amtsnachfolgers Seehofer gegen angebliche Armutswanderer und Sozialbetrüger aus Bulgarien und Rumänien sagen? Klaus J. Bade hat darüber nachgedacht.

Von Montag, 27.01.2014, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.01.2014, 23:18 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

„Cefix-Halleluja-Bimmbam-Hollerstaudenbusch“, zeterte auf einer blau-weißen Wolke im Himmel Erster Klasse, in dem man zwar schimpfen, aber nicht fluchen darf, der etwas dickliche Engel und vormalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß, der hienieden seinerzeit in Innsbruck promovieren wollte, worum es damals einigen Ärger gegeben hatte, vorbei, vorbei.

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Der bayerische Engel schimpfte, wie zu Lebzeiten, mit vorgerecktem und auf den Hemdkragen gedrücktem Doppelkinn, mit zornig vorgeschobenen Schultern und auf den Zehen wippend; denn er sah mit einigem Missfallen herab auf das ungeschickte Wirken des CSU-Generalsekretärs Dr. phil. Andreas Scheuer, der in Prag promoviert, aber erheblich mehr Ärger damit hatte und gerade eifrig den Kampfspruch verbreitete „Wer betrügt, der fliegt!“, den des Engels letzter irdischer Amtsnachfolger Seehofer in die Welt gesetzt hatte.

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Gegen den Spruch selbst hatte der Engel nichts, im Gegenteil: Er hätte von ihm selber stammen können; ging es dabei doch um die in seinem Politischen Testament hinterlassene Richtlinie, dass es rechts von der CSU keine bedeutende, demokratisch legitimierte Kraft mehr geben dürfe. Ganz auf dieser Linie versuchte sein politischer Nachfahre im Amt, Seehofer, mit dem Motto „Wer betrügt, der fliegt“ die NPD mit ihrem Slogan „Geld für die Oma, nicht für Sinti und Roma“ rechts zu überholen und zugleich der Alternative für Deutschland rechte Wählerstimmen abzujagen; denn die bayerischen Kommunalwahlen und die Europawahl standen bevor.

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„Wohl getan“, lobte deshalb der Engel und klopfte sich auch selbst auf die gefiederte Schulter. Gleichwohl bedauerte er rückblickend, dass er seine alte Drohung, die CSU bundesweit zu etablieren, zu Lebzeiten nicht mehr umgesetzt hatte; denn damit hätten sich in Bayern die liberal-konservativen Kräfte in der CDU und bundesweit die rechtskonservativen Kräfte im Saugschwamm der CSU sammeln können. „Was nicht ist, kann ja noch werden“, tröstete sich der Engel FJS.

Was den himmlischen Ministerpräsidenten a.D. aber ärgerte, war die Tatsache, dass es für die Anwendung des Kampfspruchs „Wer betrügt, der fliegt“ offenbar viele Kandidaten in der CSU selber gab; denn mit der semantischen Drohgebärde war ja z.B. nicht ein namenloser, faul promovierter CSU-Landrat gemeint, der seine Doktorarbeit buchstäblich zusammenkopiert hatte. Gemeint damit war auch nicht der lustige und allseits beliebte Bayern-Präsident, Spekulant und Steuerhinterzieher Uli Höneß.

Und ausdrücklich nicht gemeint war auch der erwähnte, eifrig über angebliche ‚Armutswanderer‘ und Sozialbetrüger aus Bulgarien und Rumänien herziehende smarte CSU-Generalsekretär Dr. Andreas Scheuer, obgleich der sich fabelhaft für den Spruch eignen würde; denn Scheuer muss sich nicht nur wegen des Führens eines in Deutschland falschen Doktortitels, sondern obendrein auch noch wegen des Verdachts auf Plagiate bei dessen Erwerb, mithin wegen gleich zweier potentieller Verfehlungen im Bereich der Titelerschleichung verantworten.

Er übertrifft damit sogar noch den CSU-Freiherrn von und zu Gutenberg mit der gleichermaßen flott gegelten Frisur, bei dem zwar auch ein Teil der Doktorarbeit abgeschrieben, aber wenigstens der Titel echt, wenn auch ebenfalls erschlichen und deshalb zurückzugeben war.

Denn das schon im Jahr 2004 von Herrn Scheuer erworbene, nur an der Prager Universität zu erwerbende ‚kleine Doktorat‘ ist ja kaum mehr als eine gehobene Magisterarbeit, wobei der ‚kleine‘ Doktortitel in Deutschland nur in Bayern und Berlin geführt werden darf.

Das hätte ja für Herrn Scheuers bilokale Arbeit als Generalsekretär in München und als Bundestagsabgeordneter in Berlin zuletzt sogar ganz passend sein können – wenn der faule Titel nicht ebenso aufgeflogen wäre, wie die Tatsache,
dass Herr Scheuer in seiner Arbeit überdies aus Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung abgeschrieben hatte – dummerweise sogar mit einem unverzeihlichen Abschreibefehler, der den Engel FJS erboste; denn Herr Scheuer hatte ausgerechnet den Namen Franz Josef Strauß falsch mit abgeschrieben, nämlich mit einem Bindestrich zwischen dem ‚Franz‘ und dem ‚Josef‘.

„Dieses geht entschieden zu weit, Halleluja“, schimpfte der Engel entrüstet, aber so, dass man es nicht bis zur nächsten Wolke hören konnte, denn die NSA ist auch da oben überall. Aber vielleicht war das da unten in Bayern ja auch schon erledigt: Scheuers schlichte Ankündigung, seinen seit 2004 geführten falschen Doktortitel dann eben künftig nicht mehr führen zu wollen, veranlasste seinen Ministerpräsidenten Seehofer sogleich zu der bayerisch-höchstrichterlichen Exkulpation: Damit sei die Sache für ihn erledigt und der Generalsekretär genieße wieder sein volles Vertrauen.

So ist das System Bayerns. Wie hieß doch gleich der Titel der ‚kleinen‘ Doktorarbeit des Herrn Scheuer? „Die politische Kommunikation der CSU im System Bayerns“. Das ist, mit Verlaub, wirklich bescheuert. Aktuell Meinung

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  1. Bill sagt:

    Auffällig bei Scheuer ist auch, dass er nie bestritten hat, plagiiert zu haben. Derzeit stehen 2 CSUler und zwar Karl Theodor von und zu Guttenberg (Plagiate auf 94.4 % der Seiten) und Jakop Kreidl (90.91 %) auf Platz 1 und 2 der ewigen Täuscher-Rangliste von Vroniplag. Es ist also noch ein Podestplatz frei.

    Ausserdem wurde Scheueraus der CSU heraus per Gesetzesänderung vor der Staatsanwaltschaft geschützt, sonst wäre er wohl schon wegen Titelmißbrauchs verurteilt:

    http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.csu-general-andreas-scheuer-doktor-titel-per-gesetz-erlaubt.c4271911-b29d-46f5-a6a5-ebe7999d992e.html

  2. Han Yen sagt:

    Sehr geehrter Herr Professor Bade,

    der Versuch die Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien mittels einem Bilddiskurs und rassisticher Sprache zu „zigeunern“ sollte uns allen zeigen, wie stak der Rassismus in Deutschland ist. Die institutionelle Dominanz politischer und medialer Eliten macht von falschen Statistiken als rhetorisches Mittel Gebrauch, die allein durch häufige Wiederholung glaubwürdig gemacht werden. Transnationale Haushalte werden gezwungen dieses Spiel über die GEZ Gebühr mit zu finanzieren. Es gibt keine Rechtsmittel Gegendarstellungen durch Schiedsgerichte oder Klagen erreichen zu können. Der Rundfunkrat ist handzahm. Durch diese institutionelle Hegemonie werden transnationale Haushalte zur Komplizenschaft mit dem herrschenden Rassismus gezwungen – nicht wenige übernehmen sogar den medial verbreiteten Rassismus.

    Die Institutionalisierung der Mobilität für Kapital, Dienstleistungen, Arbeit und Gütern erfordert die Institutionalisierung von Einflussmöglichkeiten der Regionen und Sozialpartnern auf die Förderpolitik des Europäischen Strukturfonds und des Sozialfonds. Nur durch den Ausverkauf kommunaler Handlungsmacht durch Cross-Border Leasing, Zinsswaps und U3 Ausbau durch Bund und Länder konnte es so weit kommen, dass Kommunen mit Aufgaben überlastet werden. Die Migrationsstatistiken in den europäischen Mitgliedstaaten müssen von Grund auf neu aufgestellt werden und harmonisiert werden. Ökonomisch wesentliche Berufsgruppen und Haushaltstypen werden überhaupt nicht aufgeführt und verzerren die Bedarfsplanung in der Regionalpolitik für die Metropolen und Grenzregionen. Mit den gegenwärtigen Migrationsstatistiken braucht man keine Bildungspolitik, Infrastrukturpolitik, Arbeitsmarktpolitik und Finanzpolitik ins Auge fassen, weil die Statistiken nichts über die Faktor-Kombination von Kapital, Arbeit und Produktionstechnologie prognostizieren können. Es wird dringend eine einheitliche regionale Input-Output Statistik für die EU Regionen gebraucht, ohne Rücksichtsnahme auf historische Verwaltungseinheiten für den Planungsbedarf auf Grundlage von Eigentumsstrukturen. Mit der alten Statistik auf der Grundlage vom Sitzland-Prinzip kann man kein gerechtes Steuer-Design für Körperschaften und Erwerbstätige und Konsumenten konstruieren. Ein gerechtes Steuersystem für Körperschaftssteuern, Einkommens- und Umsatzsteuer ist aber notwendig, um die Business-Zyklen durch Zeitpunktverlagerungen von Unternehmensinvestitionen und Konsum glätten zu können, damit der Fiskus ein planbares Steueraufkommen erhält.

    Wir haben uns im Migrations- und Integrationsdiskurs selber in die Sackgasse hinein manöviert, weil wir den institutionellen Rassismus nicht hart bekämpfen – und wir leisten uns sogar Brunnenvergifter Karrieren wie die von Thilo Sarrazin, Buschkowsky, Necla Kelek, Seyran Ates und Serap Cileli und Güner Balci, Solche Karrieren sind nur durch rassistische Wissensstrukturen möglich. Diese Leute müssen hart angegangen werden.

    Wir haben in der Bundesrepublik uns zu lange einen institutionellen Rassismus geleistet. Die Bundesregierung ist schuld an der seltsamen Verquickung von Anti-Terrorpolitik und Religionspolitik mit der seltsamen Institutionalisierung von Multikulturalismus in der Islam-Konferenz. Ich fordere den Auschluß des Innenministeriums aus der Islam-Konferenz und die Inklusion der Bildungsministerien und Wohlfahrtsverbände.

    Wir wissen seit den 1970er mittels monatlicher Zeitreihen der Zentralbanken, wie groß die privaten Rücküberweisungen zwischen transnationalen Haushalte sind. Neben Auslandsdirektinvestitionen sind Rücküberweisungen der größte Posten mit dem gewaltigen Unterschied, dass Auslandsdirektinvestitionen die Weltwirtschaft volatiler machen, während Rücküberweisungen die Krisen-Konjunktur dämpfen. Rücküberweisungen werden durch das nationale Umsatzsteuersystem dem Fiskus zugeführt und begünstigen durch Gender und Arbeitsmarktpolitik die Bevölkerungsmehrheiten im Auswanderungsland, Die Verbesserung der Lebensumstände für die Majorität der Frauen aus den Auswanderungsländern wird also durch die Reproduktion der transnationalen Haushalte in Folge der Heiratsmigration hervor gerufen. Mit unserer Entwicklungshilfe und den Publikationen von Kelek und Konsorten hat das nichts zu tun.

    In Folge der Regionalisierung der Weltwirtschaft durch makroregionale Projekte wie der EU, MERCOSUR, CAN, ASEAN … werden durch multilaterale und bilaterale Abkommen alte sozioökonomische Verhältnisse verdampft, und die Sub-Souveräne und Souveräne suchen nach neuen sozioökonomischen Gleichgewichten. Das Asset für die Adaptionsfähigkeit der Weltwirtschaft sind die 3% internationale Migranten im globalen Norden und den Golfstaaten, weil sie eine Quelle für Devisen und Umsatzsteuern und konjunkturdämpfende transnationale Familiensolidarität sind. Diese monetären Beiträge nehmen die Einwanderungs- und Auswanderungsstaaten gerne an, ohne Migranten eine Repräsentation in den regionalen und Welthandelsrunden zu geben.

  3. Pingback: MIGRATION AKTUELL 32 (27.01. – 09.02.2014)