V-Mann Felten
Wehe, wenn das Volk entscheidet
Erneut war V-Mann Felten unterwegs auf geheimer Mission, diesmal hinter Schweizer Bergen und deutschen Gartenzäunen. Auszug aus seinem Bericht: Gut, dass in Deutschland das Volk nur darüber direkt entscheidet, wer im Dschungelcamp bleiben darf.
Von Werner Felten Freitag, 28.02.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 03.03.2014, 17:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Da kann es dann passieren, dass keine Ausländer mehr rein dürfen ins Land, wenn dem einem aus dem Volk einfach zu viele Ausländer in der Straßenbahn stehen oder dem anderen die fremden Sprachen auf die Nerven gehen. Nun sind die Schweizer ja dafür bekannt, dass sie nur von Berg zu Berg gucken und selten über sie hinaus. Außer auf der anderen Seiten liegen Bündel voller Geld. Aber mittlerweile sind die Löcher im Schweizer Bankgeheimnis größer als in deren Käse.
Nun sind solche Entscheide des Volkes in Deutschland nicht möglich. Die Erfinder der deutschen Verfassung waren wirklich kluge Köpfe. Auch wenn sich viele insgeheim wünschen, alles und auch wirklich alles selbst entscheiden zu können. Da es nicht geht, weisen sie warnend darauf hin, man könne ja die Entscheidung in der Schweiz auf das gesunde Volksempfinden in Deutschland übertragen.
Warum sollen denn die Deutschen anders ticken als die Schweizer? Während die Schweizer nur bis zu ihren Bergen gucken, schauen die Deutschen nur bis zu ihrem eigenen Gartenzaun.
Dafür entscheidet in Deutschland ein Teil des Volks aber direkt darüber, wer im Dschungelcamp Würmer essen oder sich vor laufender Kamera beim Singen und Tanzen blamieren darf. Der andere Teil geht dann zu den anderen Wahlen.
Die delegierte Abgabe der Stimme ist immer noch nicht so ganz gelernt. Parlamentarische Demokratie führt zu einem Dauernörgeln, weil der Abgeordnete sich grundsätzlich weigert, die unzähligen unterschiedlichen Auffassungen und Wünsche seiner Wähler einzeln umzusetzen. Denn der Wähler will nicht den größtmöglichen gemeinsamen Nenner, sondern den Kleinsten: seinen eigenen.
Ja, der Volonte Generale hätte keinen guten Ausgang für die Ausländer in Deutschland.
Dumm nur für die Ausländer, wenn über ihr Schicksal entschieden wird und gerade vor der Entscheidung die ARD mal wieder so einen Sind-nicht-alle-Ausländer-kriminell-Tatort sendet. In dem dann wieder alle Klischees bedient werden, die man so gerne in den Jägerzaun umrandeten Reihenhäusern hört und sieht.
Da nützen auch nicht mehr die türkischen Gemüsehändler an der Ecke mit ihrer gratis Organe. Oder der Billig – Döner für den schnellen Imbiss zwischendurch zur Meinungsfindung.
Der demagogische Teufel aus der Kiste ist wieder da: der Misanthrop mit dem schlechten Laune Gesicht. Gegen was oder für was er jetzt wieder ist, lässt sich aus seinem Kauderwelsch noch nicht mal mehr heraus interpretieren.
Hier die letzten Bundespräsidenten, die direkt vom Volk gewählt geworden wären: Thomas Gottschalk, Franz Beckenbauer, Dieter Bohlen, amtierender Bundespräsident: Thilo Sarazin.
Da ist mir persönlich ein selbst ernannter Widerstandskämpfer als Bundespräsident dann doch lieber. Aktuell Meinung
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Diese Kommentare sind sehr interessant. Mich würde aber schon interessieren, mit welchem Recht sich das Ausland in innere Angelegenheiten der Schweiz einmischt. Bei knapp 25 % Ausländeranteil ist die Schweizer Gesellschaft eh sehr tolerant. Und meine Damen und Herrn, ob es uns passt oder nicht, die Schweizer haben so entschieden wie sie meinen, dass es richtig ist. Wer von uns denkt, das wär nicht demokratisch, der hat aber ein seltsames Verständnis davon. Und wenn nur weniger als 50 % zur Abstimmung gegangen sind, zeigt das doch, das es den Rest nicht interessiert hat.
Alternativen? Vorübergehend bin ich der Meinung, dass unser derzeitiges „System“ einer tieferen Spaltung der Gesellschaft entgegenwirkt.
Zu einem späteren Zeitpunkt mag sich das ändern.Politische Teilhabe ist ja auch ohne Volksabstimmungen jederzeit möglich.Es setzt nur voraus, dass sich die „Minderheiten“ organisieren und Beharrungsvermögen zeigen.Dann ist ihre Einflussnahme sicher gestellt.Die „Mehrheitsgesellschaft “ kann sich dazu positionieren und ihre Einflussmöglichkeiten nutzen. So findet auch Veränderung statt, wobei in der Regel alle Abstriche bei absoluten Forderungen machen müssen.
@mathis
Sie behaupten, direkte Demokratie würde zu Spaltung führen und das eine parlamentarische Demokratie einer solchen Spaltung entgegenwirken würde. Können Sie das mit Beispielen belegen?
Demokratie ist eben nicht die Diktatur einer Mehrheit über eine Minderheit.
Diese Auffassung vertrat jedoch Ägyptens früherer Präsident Mursi – ein Fehler, wie man heute weiß.
Eine funktionierende Demokratie lebt von Zugeständnissen und Kompromissen – die Belange der Minderheit werden durchaus auch in der Mehrheitsentscheidung berücksichtigt.
Die Schweiz hat das auch in diesem Referendum praktiziert.
Es gibt ja keinen absoluten Einwanderungsstopp, sondern innerhalb der nächsten 3 Jahre soll es eine Quotierung geben. Die kann jedoch so hoch liegen, dass es de facto kaum zu einer Beschränkung führt.
Zudem gibt es fast keine feste Mehrheit oder Minderheit.
Politische Entscheidungen werden von Männern, Frauen, Rentnern, Arbeitnehmern, Alten, Jungen, Steuerzahlern, Sozialhilfeempfängern etc. getroffen.
Mehrheiten und Minderheiten wechseln da beträchtlich.
Die Schweiz ist Europas beständigste Demokratie und weltweit eines der ökonomisch und sozial erfolgreichsten Länder.
Irgendetwas müssen die Schweizer daher schon richtig gemacht haben.
Beispiele?
Nehmen wir doch mal den Volksentscheid der Schweiz gegen Minarette als Bestandteil der Moscheen. Die Religionsfreiheit stellt sicher, dass auch in der Schweiz Moscheen gebaut werden können.Die Chance,dem verbreiteten Unmut Nachdruck zu verleihen,bietet ein Referendum gegen ein „unerhebliches Detail“:Minarette.Die Befürworter des Verbots erringen einen Sieg, die Muslime eine Niederlage.
Tatsächlich ist eine Moschee auch ohne Minarette eine Moschee. Gegenstand der Abstimmung ist eine Symbolik: die einen lehnen diese ab, die anderen wollen nicht darauf verzichten. Aus meiner Sicht ein unnötiger Akt wechselseitiger Entfremdung. Das gleiche symbolische Hauen und Stechen betrifft meinethalben das Kopftuch, Burka etc. etc. Als friedliebender Mensch lehne ich diese Scheingefechte ab, da ich darin keinen Zugewinn an demokratischer Kultur zu erkennen vermag.
@Mathis
Dieses Beispiel ist für mich kein Argument gegen direkte Demokratie. Denn in einer direkten Demokratie sollte wie in einer parlamentarischen Demokratie nur Beschlüsse gefasst werden dürfen, die sich auch im Rahmen demokratischer Prinzipien bewegen. Mit anderen Worten, Demokratie ist nicht nur der Wille der Mehrheit, sondern auch gleichzeitig die Achtung von Menschen- und Grundrechten. Demokratische Prinzipien umfassen u.a. auch den Schutz der Minderheiten. Wenn man beispielsweise vor 75 Jahren in Deutschland einen Volksentscheid durchgeführt hätte, ob man die Juden vernichten solle, dann wäre das kein Akt einer direkten Demokratie gewesen, sondern ein Volksentscheid ohne jegliche Achtung vor Menschen- und Grundrechten.
Ähnliches gilt für das Minarettenverbot und das Verbot ein Kopftuch zu tragen, die sowohl per Volksentscheid als auch über die parlamentarische Demokratie beschlossen wurden. Beides sind für mich Beschlüsse, die unvereinbar mit der Religionsfreiheit sind. Deswegen stelle ich weder die direkte noch die parlamentarische Demokratie in Frage. Hier gilt es die Grundfreiheiten in einer Demokratie zu erstreiten.
@Masala
Da haben wir den Salat: Volksabstimmungen dürfen sich nicht gegen die Gesetze eines Landes wenden, sonst werden sie auch in der Schweiz nicht zugelassen.Was kann dann sinnvoller Weise Gegenstand einer Volksabstimmung sein, was nicht auch in Bürgerversammlungen, Infoveranstaltungen oder Demonstrationen bewerkstelligt werden könnte und zwar unter Beteiligung aller, die es angeht und sich zu Wort melden wollen.
Beim Moscheebau in Köln wurde auch über Minarette gestritten.Am Ende wurden sie etwas kürzer, als ursprünglich geplant.Man einigte sich (zumindest in diesem Punkt) auf einen Kompromiss. Das ist für mich politische Teilhabe, die allen Beteiligten etwas abverlangt, aber nicht eine Gruppe zum Verlierer via Abstimmung macht.
Gegenstand sinnvoller Volksabstimmungen kann sein:
EU, Euro, Pershing-Stationierung, militärische Interventionen, usw.
In vielen Fällen berücksichtigt die parlamentarische Demokratie nicht die Meinung der übergroßen Mehrheit des Volks. Warum ist nun trotzdem direkte Demokratie frustrierender als parlamentarische Demokratie?
@ Masala, „Frustrierender“ ist direkte Demokratie dann nicht, wenn sich, wie bei Deinen Beispielen, Interessen in der Gesamtgesellschaft in einer Volksabstimmung bündeln, diesen Interessen gemeinsam in „direkter Demokratie“ Nachdruck verliehen wird. Die Befürworter und Gegner finden sich in allen gesellschaftlichen Gruppierungen und nicht entlang bereits bestehender „Gräben“. Aber man kann wohl kaum das Eine ohne das Andere haben.