Bundespräsident besucht Kreuzberg
Joachim Gauck auf dem „Weg zum Miteinander“
Der Bundespräsident Joachim Gauck spricht in Berlin Kreuzberg mit Neuen Deutschen über ihr Selbstverständnis, ein neues Verständnis von Deutschsein. Man sieht: Gauck kann noch einiges lernen.
Von Gabriele Voßkühler Montag, 24.03.2014, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 08.01.2015, 16:23 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Es hat sich rumgesprochen, dass der Bundespräsident zu Besuch nach Kreuzberg kommt, nicht nur bei den Anwohnern des „Kottis“ – einem traditionsreichen Café auf der Empore des Kreuzberger Zentrums. Etwa hundert linke Demonstranten begrüßen den Bundespräsidenten an diesem regnerischen Mittwochnachmittag (19.03.) in der multikulturellen Hochburg Kreuzberg, wo er mit Vertretern verschiedener gemeinnütziger Organisation und Initiativen über das Deutschsein reden will.
„Hau ab, dein Vater war ein Nazi“ und „Kriegstreiber“, hört man jenseits des weitläufig abgesperrten Eingangs zur Empore. Joachim Gauck zeigt sich unbeeindruckt von diesem eher unfreundlichen Empfang und steigt, einmal im Café Kotti Platz genommen, direkt ein in die Diskussion über die Frage „Was heißt denn Deutschsein?“. Der Bundespräsident erzählt von seiner Herkunft: Kindheit und Jugend in Mecklenburg-Vorpommern zu DDR-Zeiten. Viel Multi-Kulti gab es da nicht.
Schon einen Schritt weiter
Die jungen Leute, die an diesem Nachmittag mit ihm diskutieren, scheinen da schon einen Schritt weiter zu sein: „Wir brauchen ein viel weiteres Verständnis, von dem was Deutschsein heißt“, sagt eine Vertreterin von JUMA (Jung-Muslimisch-Aktiv), einem Berliner Dialogprojekt mit muslimischen Jugendlichen. Während Gauck sich noch auf dem „Weg zum Miteinander“ sieht, sind seine Diskussionspartner schon in der Einwanderungsgesellschaft angekommen, mit allen ihren Konsequenzen: „Die Idee, dass ich mich nur aus den Identitäten meiner Eltern zusammensetze, ist für mich absurd. Wir sind alle deutsch, aber wir haben alle noch ein Plus“, sagt Julia Mi-ri Lehmann von DeutschPlus, der Initiative für eine plurale Republik. „Welche sozialen Dienste braucht eine alternde Bevölkerung mit Migranten“, fragt sich der Vorsitzende von DeutschPlus Farhad Dilmaghani und spricht damit konkrete politische Handlungsfelder an.
Deutschland hat viele Gesichter: Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft können deutsch sein. „Deutsch-Türke“, „schwarze Deutsche“ – viele Menschen wollen gar nicht mehr so genau definieren, „was“ sie eigentlich sind: „Ich würde mir wünschen, dass Identität nicht mehr so wichtig ist“, sagt eine junge Frau in diesem Zusammenhang. Was braucht unsere Einwanderungsgesellschaft? „Geduld“, antwortet ein junger Mann um die zwanzig. Und der Bundespräsident zeigt sich sichtlich beeindruckt von soviel Weisheit in solch jungen Jahren. Aktuell Politik
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