Maischberger
Mafia und Islam – einfache Weltbilder
Anscheinend musste die ARD den niedrigen Einschaltquoten der vergangenen Zeit entgegenwirken. Und wie macht man das am besten? Einfach Mal eine Talkshow mit einem Titel wie „Feindbild Islam“ auf die Zuschauer loslassen - von Emran Feroz
Von Emran Feroz Mittwoch, 09.04.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 11.04.2014, 1:06 Uhr Lesedauer: 6 Minuten |
Seit einigen Wochen ist Hamed Abdel-Samad, Deutsch-Ägypter und „Islamkritiker“ – ja, mittlerweile ist das tatsächlich so etwas wie ein Beruf geworden -, wieder im Fokus der deutschen Mainstream-Medien. Der Grund hierfür ist sein Buch mit dem Titel „Der islamische Faschismus – eine Analyse“, welches seit dem 1. April im Handel ist und allem Anschein nach nicht als Aprilscherz gedacht ist. Die Medien haben in den letzten Tagen uns bewiesen, dass heutzutage ein solcher Buchtitel genügt, um auf irgendeine Art und Weise ernst genommen zu werden. Aus diesem Grund bekam der Publizist mehrmals die Chance, auf verschiedensten Veranstaltungen und Diskussionsrunden für sein Buch zu werben.
Anscheinend nahm die ARD diese Gelegenheit wahr, um den niedrigen Einschaltquoten der vergangenen Zeit entgegenzuwirken. So etwas funktioniert ganz einfach, indem man zum x-ten Mal eine Talkshow mit einem Titel wie „Feindbild Islam“ auf die Reihe bringt. Dass in einem solchen Fall die stets zahlreichen BILD- und WELT-Leser en masse einschalten werden, ist nämlich vorprogrammiert. Die Ehre als Gastgeberin hatte dieses Mal Sandra Maischberger. Dass Talkshows hauptsächlich nur der Unterhaltung dienen und auf keine Weise weiterbilden, sollte mittlerweile außer Frage stehen. Vor allem beim Thema Islam haben Jauch, Will, Maischberger und wie sie alle heißen, stets bewiesen, wie inkompetent sie sein können. So war auch dieses Mal ein Scheitern vor der Kamera vorprogrammiert.
Dafür reichte allein Hamed Abdel-Samads Anwesenheit aus. Die „Todes-Fatwa“, die ein ägyptischer Fanatiker über ihn erließ, wurde seitens der Moderatorin schnell zum Einstiegsthema gemacht. Was eine Fatwa eigentlich ist, wurde nicht erläutert. Mittlerweile spielt das auch keine Rolle mehr. Die deutschen Leitmedien haben es sich nämlich zur Angewohnheit gemacht, islamische Begriffe wie „Fatwa“, ein Synonym für „Tötet ihn!“, „Dschihad“, ein anderes Wort für einen Trip nach Syrien oder „Scharia“, also irgendetwas mit Steinigungen, inflationär in Gebrauch zu nehmen.
Einfaches Weltbild
Dieses einfache Weltbild wurde seitens Abdel-Samad gefördert, indem er Sätze von sich gab: wie: “Nur wer über die Mafia oder über den Islam schreibt, lebt in Gefahr“. Wie ernst man nun eine solche Aussage nehmen soll, ist fragwürdig. Zur Erinnerung: Als der Deutsch-Ägypter im vergangenen November in Kairo entführt wurde, steckten weder Islamisten, noch die Mafia dahinter, sondern lediglich ein paar Herrschaften, denen er Geld geliehen hatte. Abgesehen davon ist seine Aussage eine Ohrfeige für alle jene Journalisten, Publizisten und Autoren, die eben nicht von Islamisten oder Mafiosi bedroht werden, sondern von anderen Kreisen, zum Beispiel von Ägyptens neuem Diktator Abd al-Fattah as-Sisi.
Denn seit das Militär in Ägypten die Macht wieder an sich gerissen hat, spielt es sich am Nil nicht mit Meinungsfreiheit. Vom „Frühling“ ist nicht viel übrig geblieben. Stattdessen herrscht tiefster Winter, eine Art Mubarak 2.0. Die Muslimbrüder, die morgen wahrscheinlich jede Wahl für sich entscheiden würden, wurden offiziell als „Terrororganisation“ erklärt und ihre Mitglieder für vogelfrei erklärt. Gerade erst verurteilte ein ägyptisches Gericht mehr als 500 Menschen zum Tod. Der Vorwurf: Die Angeklagten, die vor einigen Monaten gegen den Putsch, der von manchen immer noch nicht als solcher bezeichnet wird, demonstrierten, gehören angeblich der Muslimbrüderschaft an.
Über solche Dinge will Hamed Abdel-Samad jedoch kein Wort verlieren. Schon vor einigen Tagen machte er deutlich, dass die Muslimbrüder selbst an ihren Debakel schuld seien. Das Urteil des Gerichts findet Abdel-Samad nicht gut. Nicht etwa, weil es einer Aufforderung zu einem Massaker gleicht, sondern vielmehr aufgrund seiner Theorie, dass solche Urteile der Muslimbrüderschaft nützen und sie in eine Opferrolle drängen. Ja, auch so kann man Massenmord relativieren. Solange es nur Islamisten sind, interessiert es ja auch niemanden. Immerhin hielt sich auch die Kritik im Westen mehr als in Grenzen.
Alles Faschisten – irgendwie
Als Abdel-Samad begann, die Grundzüge des Islams mit dem Faschismus zu vergleichen und auf die Thesen seines Buches zu sprechen kam, wurde ein weiteres Mal deutlich, wie einfach man sich die Welt machen kann. Die Türkei, Ägypten, Saudi-Arabien – all diese Länder verbreiten irgendwie faschistisches Gedankengut. In seinem Buch geht Abdel-Samad übrigens nicht anders vor. Die AKP, die Muslimbrüder, die saudischen Wahhabiten, die Salafisten, die Mullahs im Iran und die Taliban in Afghanistan werden alle in einem Topf geworfen. Tatsachen wie jene, dass Saudi-Arabien das gegenwärtige Militärregime in Ägypten unterstützt und Salafisten die schiitischen Ayatollahs, die in Teheran und Qom sitzen, ablehnen, werden vom Autor beinhart ignoriert. Kein Wunder, was nicht ins Schwarz-Weiß-Bild passt, bleibt lieber unerwähnt.
Stattdessen ist es der Muslim, der die Welt in Gläubige und Ungläubige einteilt und deshalb leicht um Faschist werden kann. Wohlgemerkt, es gibt islamistische Gruppierungen, die tatsächlich so handeln und auf Andersgläubige tatsächlich Jagd machen. Derartige Extremisten finden sich allerdings nicht nur in allen abrahamitischen Religionen, sondern auch unter Hindus in Indien und Buddhisten in Burma. In beiden Fällen sind Muslime die Opfer.
Die anderen Gäste taten sich schwer, auf diese Tatsachen aufmerksam zu machen. Während Nahostkorrespondentin Antonia Rados und Religionspädagogin Lamya Kaddor versuchten, dagegen zu halten, wurden Abdel-Samads Thesen von Dauertalkshow-Gast und CDU-Islamexperte Wolfgang Bosbach unterstützt. Dieser machte wie so oft in der Vergangenheit auf die Gefahr des islamistischen Terrors aufmerksam, während NSU und diverse Terrorstatistiken (In Deutschland waren laut Global Terrorism Database von den 503 Terroranschlägen der Jahre 1992 bis 2012 genau 154 rechtsextremistisch. Nur drei wurden von Muslimen begangen) beiseite gedrängt wurden.
Dass der Leibziger Imam Hassan Dabbagh ein weiteres Mal eingeladen wurde, war sicher alles andere als eine kluge Entscheidung. Abgesehen davon, dass er kein Vorzeigebeispiel für die Mehrheit der deutschen Muslime ist, wurde dem Imam wenigstens im Laufe der Sendung klar, dass ihm wohl seitens des Senders die Rolle des „bösen Buben“ zugeteilt wurde. Anders war das sicherlich auch nicht gedacht. Neben Lamya Kaddor, die sich selbst als „liberale Muslimin“ bezeichnet und dem Grünen-Politiker Omid Nouripour, der seine religiösen Gefühle seitens der Bücher Abdel-Samads ebenfalls verletzt sieht, hätte ein „normaler“ Imam, sprich, einer der der sich gut artikulieren kann und auch in der Lage dazu gewesen wäre, sich eindeutig von der „Todes-Fatwa“, die gegen den Publizisten ausgesprochen wurde, zu distanzieren, der Sendung gut getan.
Denn eines sollte klar sein: Auch ein populistischer, Hass schürender Hamed Abdel-Samad muss das Recht haben, seine Meinung – so abstrus sie auch sein mag – frei und ohne jegliche Gefahr äußern zu dürfen. Ob nun in islamischen Ländern oder in Deutschland. Genauso wie jeder andere Islamophober, denn genau das ist Abdel-Samad. Ein gewöhnlicher Islamophober. Nicht mehr und nicht weniger. Aktuell Meinung
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@Taifai
Gut das ihre Texte übereinander stehen was mich etwas zum schmunzeln Bringt.
Im Oberen Text steht:“dass es DEN Islam gar nicht gibt“
Sie möchten das wir Länder/Menschen mit dem Islam als Religion einzeln Betrachen.
Im unteren Text machen sie aber im grunde das Gleiche mit „Europa“was sie den Islamkritikern vorwerfen.
Spanien,Potugal sind ein teil von Europa nicht Ganz Europa.
Ich sage ja auch nicht das neue Seewege gesucht wurden weil Asien die Bekannten Seewege durch Raub,Diebstahl und Erpressung blockierten.
Nein es war das Osmanische Reich und nicht ganz Asien.
„Dennoch auch zur Zeit der Renaissance, waren etliche Bereiche der Welt (China, indische Mogulreiche) Europa sowohl wirtschaftlich als auch wissenschaftlich überlegen, was sich erst durch die einsetzende Industrialisierung im ausgehenden 18. Jh. änderte.“
Genau so ist es. Nicht zu vergessen, dass im 11. Jh., als Mitteleuropa noch wenig zivilisiertes war, es die maurischen Spanier die dem Abendland dem den Zugang Wissen arabischer Gelehrter und antiker griechischer Philosophen verschafften. Ganz Europa war im tiefen Mittelalter, nur Spanien leuchtete golden. Nicht ohne Grund war Arabisch damals die Sprache der Wissenschaften. Spanien blühte erst wegen den Arabern auf. Die Architektur, die berühmten Bewässerungssysteme oder die Tatsache, dass 20% des span. Wortschatzes auf das arabische zurückzuführen sind sind dafür Zeugnis genug. Wer dort war, weiß deren Erbe und wissenschaftlichen Einfluss zu schätzen.
http://www.planet-wissen.de/laender_leute/spanien/andalusien/
@TaiFei
@ceterumcensero
Aber grundsätzlich sind wir uns einig, dass Europa (und der Westen) nun mal heutzutage in jeder denkbaren Displizin führend ist. Und während alle Regionen weltweit versuchen zum Westen aufzuholen in dem sie ihn kopieren, scheint man in islamisch geprägten Ländern den Rückwärtsgang eingelegt zu haben, man weigert sich bspw. die Wissenschaft zu akzeptieren, weil sie dem Koran widerspricht, ditto bei Demokratie! Dass der Westen sich zu früheren Zeiten von anderen Weltreichen hat beeinflussen lassen wurde zu seinem Vorteil. Man war also offen für Neues, genau so wie Heute!
Übrigens kann man Raub, Kriege und Ausbeutung nur betreiben, wenn man seinem Gegner überlegen ist. Und der Reichtum kommt durch die Überlegenheit und nicht die Überlegenheit durch den Reichtum! Ganz grundsätzlich! Somit hat Europa (Westen) sein Reichtum durch die gleiche Art und Weise erhalten wie alle anderen „Weltreiche“, nur dass man erfolgreicher war, was natürlich Neid bei anderen auslöst. Weder China, Indien noch das osmanische Reich wurden durch reine Nettigkeit zu Großmächten.
trauma sagt:25. April 2014 um 16:21
@Taifai
Gut das ihre Texte übereinander stehen was mich etwas zum schmunzeln Bringt.
Im Oberen Text steht:”dass es DEN Islam gar nicht gibt”
Sie möchten das wir Länder/Menschen mit dem Islam als Religion einzeln Betrachen.
Im unteren Text machen sie aber im grunde das Gleiche mit “Europa”was sie den Islamkritikern vorwerfen.
Spanien,Potugal sind ein teil von Europa nicht Ganz Europa.
Ich sage ja auch nicht das neue Seewege gesucht wurden weil Asien die Bekannten Seewege durch Raub,Diebstahl und Erpressung blockierten.
Nein es war das Osmanische Reich und nicht ganz Asien.
@Trauma
Sie müssen schon den Kontext lesen und sowohl gesellschaftliche, als auch historische Erkenntnisse berücksichtigen
1. Posting bezog sich auf den Vergleich zwischen Faschismus und Islam, der kompletter Blödsinn ist. Zumal Faschismus auch immer von einer Volksgemeinschaft ausgeht, die es im Islam gar nicht gibt. Ebenso wie das Christentum ist der Islam in verschiedene Fraktionen unterteilt, nicht umsonst sind ja bis heute sämtliche PAN-Visionen hier gescheitert.
2. Posting bezog sich auf den Grund der europ. Vormachtsstellung. Wo habe ich den hier was zusammengewürfelt? Diese begann mit den großen Entdeckungen der iberischen Länder. Es folgten die Niederlande, Frankreich und England. Übrigens hatte auch das Kfst. Brandenburg Anfangs eine eigene Flotte und überseeische Besitzungen, die es jedoch nicht unterhalten konnte. Ende des 19. Jahrhunderts hatten fast alle europ. Mächte überseeische Kolonien und Protektorate. Ich werfe hier also nichts durcheinander sondern zitiere nur Fakten. Fakt ist auch, dass die ganze europ. Wirtschaftsregion bereits von den Eroberungen Spaniens und Portugals profitierten. Das die europ. Mächte so lange, immerhin über 400 Jahre benötigten um diese Vormachtstellung zu fixieren, lag eben an den Konkurrenzkämpfen der einzelnen Nationen. Im Übrigen kontrollierte das Osmanische Reich keineswegs den gesamten Seeweg sondern nur das letzte Stücke vom Persischen Golf/Roten Meer zum Mittelmeer. Das war´s auch schon.
@Trauma geschichtliches Halbwissen, welches Sie und dieser Naturwissenschaftler vorbringen reicht nicht. Grundsätzlich ist die Aussage lächerlich, dass unsere „Blüte“, wie Kong behauptet, unseren Humanisten und Freidenkern zu verdanken ist. Wer weiß schon wie viele Errungenschaften anderer Kulturen, wir auf unserem Weg zur Spitze nicht zerdeppert haben.
Merca sagt:26. April 2014 um 11:30
…Und während alle Regionen weltweit versuchen zum Westen aufzuholen in dem sie ihn kopieren, scheint man in islamisch geprägten Ländern den Rückwärtsgang eingelegt zu haben, man weigert sich bspw. die Wissenschaft zu akzeptieren, weil sie dem Koran widerspricht, ditto bei Demokratie! Dass der Westen sich zu früheren Zeiten von anderen Weltreichen hat beeinflussen lassen wurde zu seinem Vorteil. Man war also offen für Neues, genau so wie Heute!
Übrigens kann man Raub, Kriege und Ausbeutung nur betreiben, wenn man seinem Gegner überlegen ist. Und der Reichtum kommt durch die Überlegenheit und nicht die Überlegenheit durch den Reichtum! Ganz grundsätzlich! Somit hat Europa (Westen) sein Reichtum durch die gleiche Art und Weise erhalten wie alle anderen “Weltreiche”, nur dass man erfolgreicher war, was natürlich Neid bei anderen auslöst. Weder China, Indien noch das osmanische Reich wurden durch reine Nettigkeit zu Großmächten.“
Zunächst mal zum zweiten Absatz. Nein eben nicht Überlegenheit kommt vom Reichtum. Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, dass ein paar Tausend, wenn überhaupt so viele, Spanier durch Ihre „Überlegenheit“ in der Lage waren ganz Lateinamerika zu unterwerfen oder die Briten, denen es gelang ganz Indien unter Ihre Kontrolle zu bringen. Das hatte mit Überlegenheit nichts zu tun. Weltweite Truppenverlegungen dauerten damals Monate oder gar Jahre. Die Strategie war damals wie heute: „Teile und Herrsche.“ Natürlich kann man nicht ignorieren, dass andere Großreiche der Geschichte auf gleiche Art und Weise entstanden sind. Nur bin ich mir ziemlich sicher, dass der größere Erfolg bei Raub, Mord und Plünderung nicht wirklich eine zivilisatorische Leistung ist, die einem Stolz abverlangt.
Zum ersten Absatz folgt.
@Merca
1. Was hat „Demokratie“ mit „Wissenschaft“ zu tun? Nicht auf jede Nation passt die selbe Staatsform. Erst recht nicht indem man sie ihr militärisch aufzwingt. Im Übrigen versteht unter Demokratie auch im Westen nicht jeder das selbe: meinen sie nun die zentralistische Demokratie Frankreichs, oder die Präsidialdemokratie der USA oder vielleicht die konstitutionelle Monarchie (!!!) Groß Britanniens?
2. „Weder China, Indien noch das osmanische Reich wurden durch reine Nettigkeit zu Großmächten.“
Aber auch nicht durch das gnadenlose Auslöschen indigener Bevölkerungen. Das ist der Unterschied.
Merca sagt:26. April 2014 um 11:30
„…Und während alle Regionen weltweit versuchen zum Westen aufzuholen in dem sie ihn kopieren, scheint man in islamisch geprägten Ländern den Rückwärtsgang eingelegt zu haben, man weigert sich bspw. die Wissenschaft zu akzeptieren, weil sie dem Koran widerspricht, ditto bei Demokratie!“
Nun zum ersten Absatz:
Was meinen Sie mit islamisch geprägten Ländern? Das ist eine Verallgemeinerung, die kaum greift. Länder, in denen die Mehrheit muslimisch geprägt ist, sind über mehrere Kontinente und Kulturkreise verstreut, von den Barbaresken bis nach SO-Asien. In den meisten dieser Länder haben theokratische Kräfte wenig bis keinen Einfluss.
Fundamental kann man wohl nur die Golf-Monarchien und Saudi Arabien ansehen. Dort kann von einem Rückwärtsgang zumindest aus ökonom. Sicht kaum gesprochen werden. Komischerweise ist das Demokratiedefizit dort aber international kaum ein Thema. Ferner sollte auch hier die Herkunft jener Fundamentalisten in Betracht gezogen werden. Die heutigen Monarchien verdanken im wesentlich ihre Macht einer starken brit. Hilfe im WW1 gegen das Osmanische Reich.
Ferner gibt es noch im Iran einen großen Einfluss theokratischer Kräfte. Diese stehen jedoch konträr zu den wahhabitischen Saudis. Ferner hindert das auch den Iran nicht daran, sich wissenschaftlich und ökonomisch zu entwickeln, immerhin haben die ja auch ein umstrittenes Atomprogramm. Das der Iran überhaupt unter die Führung der Mullahs gelangen konnte, ist aber auch eine direkte Folge des Schah-Regimes, welches mit westl. Hilfe dort installiert wurde. Zuvor war die Regierung eher säkular und auch demokratisch.
Auch die meisten Staaten in Nordafrika haben bisher fundamentalistische Kräfte immer klein gehalten. Die dortigen Regime waren zwar immer autokratisch jedoch eher säkular, was eine Folge der Versuche mit dem Pan-Arabismus ist, bzw. auch eine direkte Folge der Strukturen des Kalten Krieges mit ihrem bipolaren Machtsystem. Zwar haben fundamental muslimische Kräfte zunehmend Zulauf, da sie eine starke Opposition zu den Autokraten bieten, in Einfluss war jedoch, bis zum lybischen Bürgerkrieg recht begrenzt. Hinzu kommen dort noch große Bevölkerungsteile, die den Berbern angehören. Diese kämpfen schon seit Jahrzehnten für größere Autonomie und sind willkommene Verbündete einiger muslimischer Extremisten.
Ähnliches gilt für die ehemaligen Mandatstaaten im Nahem Osten, die strukturell eher säkular (Stichwort Baath-Partei) geprägt sind/waren. Die Unterwanderung mit fundamentalistischen Gruppen wird durch hauptsächlich von den Golf-Monarchien finanziert. Da diese Staaten aber große Minderheiten, sowohl religiös als auch kulturell haben, die dem sunnitischen Wahhabismus konträr entgegen stehen, erleben wir dort jetzt Bürgerkriege. Der Libanon spielt hier noch eine gesonderte Rolle.
Afghanistan geriet erst durch die Hilfe der USA unter fundamentalistischer Kontrolle. Indirekt kämpft man in Pakistan inzwischen mit den gleichen Problemen, da die jetzigen Regierungen durch die Grenzkriege, ja das sind Kriege, unter Druck geraten.
Bleiben als islamisch geprägt im Wesentlichen noch Malaysia und Indonesien. Das sind beide wirtschaftlich recht erfolgreiche Staaten. Auch hier sollte jedoch erwähnt werden, dass Demokratisierungsversuche, wie z.B. in Indonesien, schnell mit westl. Hilfe weggeputscht wurden.
Es ist völliger Blödsinn, zu behaupten, in „islamisch geprägten Ländern“ würde man den Rückwärtsgang einlegen. Im Punkt Demokratie können die das nicht, weil diese dort entweder NIE existierte oder weil frühe Versuche gerne mal mit westl. Hilfe unterdrückt wurden. Wirtschaftlich sind einige Staaten inzwischen schon recht weit. Allerdings leiden diese Länder alle noch an den Folgen ehemaliger kolonialer Strukturen, da deren Wirtschaft im wesentlichen auf Rohstofflieferant und Absatzmarkt beschränkt war.
„Wirtschaftlich sind einige Staaten inzwischen schon recht weit. Allerdings leiden diese Länder alle noch an den Folgen ehemaliger kolonialer Strukturen, da deren Wirtschaft im wesentlichen auf Rohstofflieferant und Absatzmarkt beschränkt war.“
Sorry, aber ist die Ausrede der ehemaligen kolonialen Strukturen nicht so langsam abgelutscht? Europa war nach dem 2.WK ein einziger Trümmerhaufen. 10 Jahre danach, war wieder alles soweit aufgebaut, dass sogar Gastarbeiter wieder kamen. Wieso schaffen es muslimisch geprägte Länder nicht selbst zu Einwanderungsländer zu werden?
Ihre Verweise auf die koloniale Vergangenheit offenbart, dass man selbst keine Verantwortung übernehmen will und sich als so Unfehlbar hält, dass nur jemand anderes den eigenen Erfolg stoppen kann.
muslim sagt: 27. April 2014 um 15:47
“Weder China, Indien noch das osmanische Reich wurden durch reine Nettigkeit zu Großmächten.”
Aber auch nicht durch das gnadenlose Auslöschen indigener Bevölkerungen. Das ist der Unterschied“
Dafür würde ich meine Hand nicht in Feuer halten. Genozide haben eine lange Tradition und Tote aufzurechnen bringt uns hier nicht wirklich weiter. Im übrigen geschah zumindest das Auslöschen der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas eher unbeabsichtigt, durch die Verbreitung von Krankheiten. Damit wil ich natürlich nicht behaupten, dass es keine Massaker gegeben hätte, diese radikale Dezimierung war jedoch ganz bestimmt nicht geplant, weshalb dann für die Erschließung Lateinamerikas auch der Dreieckshandel von immenser Bedeutung wurde.
Merca sagt: 28. April 2014 um 11:06
„Sorry, aber ist die Ausrede der ehemaligen kolonialen Strukturen nicht so langsam abgelutscht? Europa war nach dem 2.WK ein einziger Trümmerhaufen. 10 Jahre danach, war wieder alles soweit aufgebaut, dass sogar Gastarbeiter wieder kamen. Wieso schaffen es muslimisch geprägte Länder nicht selbst zu Einwanderungsländer zu werden?“
Wie schon gesagt: historische Halbbildung hilft hier nicht weiter. Im übrigen sind die Golfstaaten z.B. seit Jahren Einwanderungsländer und dennoch fundamental islamisch. Ferner sollten auch Sie langsam zur Kenntnis nehmen, dass überhaupt nur ein Bruchteil von Flüchlingen es nach Europa schafft, die Meisten sitzen in Ländern der dritten Welt fest. Damit sind diese, auch wenn die´s garnicht wollen, automatisch Einwanderungsländer.
Es ist völliger Schwachsinn wirtschaftliche Potenz an theokratische Grundsätze zu koppeln. Warum kräpelt z.B. ein Großteil Lateinamerikas am Existenzminimum rum, wo die doch streng katholisch sind. Sehen Sie wie dämlich der Verleich ist?
Ich bin ich der Frage nach dem Schicksal der indigenen Völker nachgegangen mit folgendem Ergebnis:
China: Ureinwohner sind die Miao oder als Eigenbezeichnung Hmong mit 6 Millionen Mitgliedern in China + Nachbarstaaten. Die Hmong wurden schon vor 3000 Jahren von der aufstrebenden Han-Dynastie an den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rand gedrängt.
Indien: Adivasi (indische Sammelbezeichnung für verschiedenste indigene Völker): 70.Millionen =7%. Die Adivasi werden im hinduistischen Kastenwesen zur untersten Kaste gezählt und entsprechend ausgegrenzt.
Lateinamerika: Es ist richtig, dass kleine Volkstämme insbesondere in Feuerland und auf Jamaika durch die Spanier vollständig ausgerottet wurden. Insgesamt hat sich die Zahl der indigenen Lateinamerikaner infolge des allgemeinen Bevölkerungswachstums jedoch sogar erhöht.
Den höchsten Bevölkerungsanteil an rein indigenen Einwohnern (Maya) gibt es in Guatemala. Aber auch die Nachfahren der Inka in Peru und Bolivien erkennt man noch heute an ihrem charakteristischen Aussehen. Auch die ursprünglichen Sprachen Quiche und Quechua haben sich erhalten, bzw. wurden wieder belebt und als Landessprachen anerkannt.
Anders als die Inka und Maya haben sich die Azteken mit den Spaniern weitgehend vermischt und den charakteristischen Phänotyp des Mexikaners= Mestizo (wörtlich Mischling) hervorgebracht.
Diese 3 großen Hochkulturen selbst haben jedoch ebenfalls kleinere Völker kulturell geschluckt, oder auch physisch ausgelöscht. Das Kriegswesen nahm insbesondere bei den Azteken und Maya eine ähnlich bedeutende Stellung ein, wie in allen anderen Hochkulturen auch.
Die Anzahl der nordamerikanischen Indianer ist mit 2,5 Millionen wieder genauso hoch, wie zu Beginn der europäischen Kolonialisierung, da ihre Lebensweise als Jäger-Nomaden und Subsistenz-Bauern nur eine sehr dünne Besiedlungsdichte zuließ.
Nun noch ein Blick in unsere eigene europäische Vergangenheit: Wo blieben die Etrusker, was wurde aus den Kelten, wohin sind die Wikinger verschwunden? Wer näheres weiß, möge es bitte posten.