Keine Räume für Nazis
Großvermieter unterzeichnen Vereinbarung gegen rechtsextreme Mieter
Zwei große Berliner Wohnungsbaugesellschaften ergänzen ihre Mietverträge mit einer Extremismusklausel. Ab sofort dürfen Räume nicht mehr für rassistische, antisemitische und rechtsextreme Zwecke genutzt werden.
Mittwoch, 23.04.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 28.04.2014, 22:13 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Mit speziellen Klauseln in ihren Mietverträgen wollen sich in Zukunft zwei der größten Berliner Wohnungsbaugesellschaften gegen rechtsextreme Mieter wehren. Am Donnerstag vergangener Woche unterzeichneten Vertreter der Gesellschaften degewo und Stadt und Land eine entsprechende Kooperationsvereinbarung mit Senatorin Dilek Kolat und dem Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Oliver Igel.
Ermöglicht hat die Kooperation der „Berliner Beirat für Schöneweide“, der sich seit 2013 für ein demokratisches Miteinander und gegen Rechtsextremismus und Rassismus im Bezirk einsetzt. Der Berliner Ortsteil Schöneweide hat seit einigen Jahren ein deutliches Potenzial für organisierte Rechtsextreme, die dort wohnen, leben und eine eigene Infrastruktur aufgebaut haben. Jahrelang bildeten – bis zu ihrer Kündigung vor wenigen Wochen – die Nazi-Kneipe „Zum Henker“ und das Ladengeschäft „Hexogen“ wichtige rechtsextreme Treffpunkte. Szeneläden oder Gaststättenlokale sind Ausgangspunkte und zugleich Ausdruck einer schleichenden rechtsextremen Besetzung des öffentlichen Raums. Fast immer täuschen die Neonazis dabei die Vermieter über den rechtsextremen Hintergrund der Anmietung. Gerichtliche Auseinandersetzung um die Kündigung dauern dann oft jahrelang.
Vorbildcharakter
Dilek Kolat (SPD) zur Kooperationsvereinbarung: „Beim Kampf gegen Rassismus, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit brauchen wir Zivilcourage“. Diese Kooperationsvereinbarung solle Vorbildcharakter auch für andere Stadtbereiche und andere Unternehmen haben. Am Beispiel, der Nazi-Kneipe ‚Zum Henker‘ könne man sehen, dass ein entschlossener Vermieter sehr wohl erfolgreich handeln kann. „Keine Handbreit Raum für Rechtsextremisten in Berlin, das darf nicht nur Lippenbekenntnis sein, sondern es müssen Handlungen folgen, wie heute in der Kooperationsvereinbarung“, so die Senatorin.
Oliver Igel ergänzt: „Die Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarungen durch zwei große Wohnungsunternehmen ist ein wichtiges Signal auch an andere Vermieter, Rechtsextremisten keine Gewerbe- oder Geschäftsräume zu überlassen, damit deren demokratiefeindliches, rechtsextremes, rassistisches und antisemitisches Gedankengut nicht weiter verbreitet werden kann.“
Eine klare Haltung
Christian Glaubitz, Leiter des degewo-Kundenzentrums Köpenick sagt: „Wir setzen uns für ein friedliches, tolerantes und vielfältiges Schöneweide ein, in dem die Menschen gerne leben. Mit dem Kooperationsvertrag zeigt degewo eine klare Haltung. Wer zu Hass und Gewalt gegen andere aufruft, ist bei uns nicht willkommen.“
In vielen Berliner Wohnquartieren hängte das nachbarschaftliche Miteinander in hohem Maße davon ab, wie die Integration von Bewohnern aus unterschiedlichen Herkunftsländern und verschiedenen sozialen Milieus gelinge. „Als kommunales Wohnungsunternehmen dulden wir keine politisch motivierten Störungen eines guten Miteinanders in unserer Nachbarschaft. Daher ist es für uns selbstverständlich, das gesellschaftliche Engagement im Kampf gegen Rassismus und für Aufklärung zu stärken“, meint Ingo Malter, Geschäftsführer der Wohnbauten-Gesellschaft Stadt und Land.
Klauseln auch für private Vermieter
Ziel der Kooperation ist es, Strukturen zu schaffen und Absprachen zu treffen, um zukünftige Vereinnahmungsversuche des Rechtsextremismus nicht nur in Schöneweide, sondern in ganz Berlin erfolgreich zu verhindern. Die entsprechenden Mietverträge enthalten ab sofort Klauseln, die die Nutzung gewerblicher Räume für rassistische, antisemitisch und rechtsextreme Zwecke explizit untersagen. Die Klauseln wurden von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) gemeinsam mit erfahrenen Juristen entwickelt. Auch private Vermieter können die Klauseln über die MBR beziehen und in ihre Verträge einarbeiten, um sich vor Neonazis zu schützen. (bk) Leitartikel Politik
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