Gesetzesentwurf

Gerichte sollen rassistische Straftaten härter bestrafen

Rassistisch motivierte Straftaten sollen von Richtern in Zukunft härter bestraft werden. Das möchte das Bundesjustizministerium mit einer kleinen Ergänzung des Strafgesetzbuches erreichen. Kritikern gehen diese Änderungen nicht weit genug und am Problem vorbei.

Montag, 28.04.2014, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 30.04.2014, 1:01 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Rassistisch motivierte Straftaten sollen in Zukunft härter bestraft werden. Das geht aus einem Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums hervor. Konkret geht es um die Änderung des Paragrafen 46 des Strafgesetzbuches. Darin ist vorgeschrieben, dass „die Beweggründe und die Ziele des Täters“ bei der Strafzumessung beachtet werden müssen. Laut Entwurf sollen die Richter „besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Motive des Täters berücksichtigen.

Damit setzt Justizminister Heiko Maas (SPD) ein Passus aus dem Koalitionsvertrag um. Darin hatten sich Union und SPD auf folgende Formulierung geeinigt: „Weil Opfer rassistischer, fremdenfeindlicher oder sonstiger menschenverachtender Straftaten den besonderen Schutz des Staates verdienen, wollen wir sicherstellen, dass entsprechende Tatmotive bei der konkreten Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt werden.“

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Gesetzesänderung geht am Problem vorbei
Ob mit dieser Gesetzesänderung dieses ehrenhafte Ziel erreicht werden kann, darf allerdings bezweifelt werden. Kritiker werfen dem Justizminister vor, nur symbolische Änderungen vorzunehmen. Die Änderungen gingen nicht weit genug und am eigentlichen Problem vorbei. Wenn die Polizei rassistische Motive nicht erkenne oder gar ignoriere, könne ein Richter nicht mehr viel bewirken.

Das Ministerium weist diese Kritik zurück. Durch die Gesetzesänderung würden nicht nur die Gerichte, sondern auch die Ermittlungsbehörden sensibilisiert, rassistische Motive besonders im Blick zu haben. Ob und inwieweit sich diese kleine Ergänzung des Strafgesetzbuches auf die Praxis der Polizei auswirkt, wird die Zeit zeigen. Wie man diesen Prozess beschleunigen könnte, steht im Koalitionsvertrag und bisher nicht auf der Tagesordnung: „Bei Polizei und Justiz stärken wir die interkulturelle Kompetenz und steigern die personelle Vielfalt“. (bk) Aktuell Politik

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  1. H.P.Barkam sagt:

    Es entwickelt sich immer mehr zu einer gängigen Politiker-Methode, durch Blabla-Gesetze und Verordnungen zugewiesene und erwünschte (schließlich hat Frau/Mann sich ja wählen lassen) Verantwortung in Unsinn abzulegen.

    Wenn Rechtsprechung gegen Rassismus politisch gewollt wäre, müssten Leute wie Thilo Sarrazin, Sachsens Politelite, Acif Pirrinci, Hans-Peter Friedrich, hunderfach Polizisten, die meisten Staatsanwälte, viele Richter und ein Großteil der Deutschen Bevölkerung genau aus diesem Grund zur Rechenschaft gezogen werden.

    Ich erlaube mir jedenfalls, sie anzuklagen.

    In diesem Sinne

  2. Jurastudentin sagt:

    Das wird verfassungsrechtlich nicht durchgehen, weil das Recht nur „Mord“ oder „Diebstahl“ als solches kennt. Würde man da Unterschiede machen, etwa zwischen einem Moslem, der mordet oder einem Deutschen – aus welchen Gründen auch immer- wäre das eine rechtliche Bevorzugung. Eine solche ist aber nicht grundrechtskonform. Es darf niemand benachteiligt, aber auch nicht bevorzugt werden. So steht es im Grundgesetz. Wir leben nun einmal in einem Rechtsstaat und nicht in einem Gesinnungsstaat.
    Oder wiegt der Mord eines U-Bahnschlägers weniger als der eines „Nazis“?

  3. Ali Küçükbaş sagt:

    Jurastudentin es geht ja darum Rassismus als Straftat anzuerkennen und nicht darum eine andere Straftat zum Beispiel Mord je nach Straftäter anders zu bewerten. Das sind ja zwei paar verschiedene Schuhe.

  4. muslim sagt:

    @ Ali Kücükbas
    Nein, es geht nicht darum einen neuen Straftatbestand „Rassismus“ zu schaffen, sondern darum, ob zur Bestimmung der Strafzumessung, die auf Schwere der Schuld beruht, (bzw. zur Senkung des Strafmaßes bei schuldmindernenden Umständen) auch „besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Motive des Täters berücksichtigt werden sollen.

    Eine reine Strafzumessungsfrage also, sofern der Täter sich bereits strafbar gemacht hat. Die Frage ist nur ist er geringfügig oder besonders schwer schuldig und ist dementsprechend die Strafe zu mindern, bzw. zu erhöhen.

    Ich persönlich habe das Gefühl, dass das wieder nur ein Fall der „Symbolgesetzgebung“ darstellt, der Gesetzgeber tut so, als ob er Probleme angeht, tatsächlich sind das Nebelkerzen, genauso wie rein symbolisch geschaffene Straftatbestände ohne besonderes strafrechtliche Notwendigkeit, wie § 237 StGB. Damit wird die Situation von Opfern nicht verbessert, solchen Straftaten wird auch nicht vorgebeugt. Kurz: Dieser Aktionismus schießt am Problem vorbei. Schon jetzt ist gemäß § 46 II 2 StGB „die Gesinnung, die aus der tat spricht“ für die Zumessung zu berücksichtigen. Auch die zu berücksichtigenden „Beweggründe“ erfassen bereits niedere Motive. Es besteht kein Bedürfnis einer zusätzlichen Kategorie. Dass die genannten Umstände bereits fremdenfeindliche und rassistisch motivierte Gesinnungen erfassen wird auch deutlich daran, dass der BGH z.B. 2003 in einem Tötungsfall niederige Beweggründe angenommen, wenn das Motiv
    „die Zugehörigkeit des Opfers zu einer politischen, sozialen oder ethnischen Gruppe war und das Opfer in entpersönlichter Weise quasi als Repräsentant einer Gruppe zum Opfer wurde“ (BGH, Urt. v. 11.07.2003, Az. 2 StR 531/02). Es besteht mithin kein Bedürfnis für eine solche aktionistische Symbolgesetzgebung, die nur wieder zu Abgrenzungs- und Auslegungsschwierigkeiten führen wird und damit vom eigentlichen Problem ablenkt.

    Übrigens ist dieser Vorstoß keineswegs aktuell: Bereits 2007 wurde während der dt. Ratspräsidentschaft ein entsprechender Rahmenbeschluss gefasst (Dok-Nr.: 8704/07 DROIPEN 36). Das entsprechende Strafrechtsänderungsgesetz ist schon seit 2 Jahren bekannt.

  5. r sagt:

    In dem Gesetzesentwurf, aus dem Jahr 2008 (!!) übrigens, heißt es zur Begründung: „Gewalttaten gegen Ausländer, Juden, Spätaussiedler, Behinderte, Obdachlose, Homosexuelle und Zugehörige anderer Bevölkerungsgruppen … fordern entschlossene und konsequente Reaktionen durch die Justiz.“ (BT-Drs. 16/10123)

    Irgendwie ist da wer implizit ausgeklammert … Ich sag nur Marwa Al Sherbini. Also wenn schon so eine Verschärfung, dann bitte auch konsequent.

  6. r sagt:

    @Jurastudentin
    „Das wird verfassungsrechtlich nicht durchgehen, weil das Recht nur “Mord” oder “Diebstahl” als solches kennt. … Es darf niemand benachteiligt, aber auch nicht bevorzugt werden. So steht es im Grundgesetz. Wir leben nun einmal in einem Rechtsstaat und nicht in einem Gesinnungsstaat.“

    Langsam: das Gesetz kennt Mord. Richtig. Wer aber Mörder ist, richtet sich u.a. nach – Achtung! – täterbezogenen Mordmerkmalen. In Ihren Worten: „Gesinnung“. Im Strafrecht spielt die subjektive Komponente natürlich eine Rolle. Hier geht es um die Zumessung, die sich nach dem Schuldvorwurf richtet. Das steht in § 49 StGB. Lesen Sie bitte mal § 49 Abs. 2 S. 2 StGB, da steht es sogar wortwörtlich: „Gesinnung“. Wie Sie hier auf eine Verfassungswidrigkeit kommen, ist mir schleierhaft.

  7. trauma sagt:

    @r
    Wenn es schon im Strafgesetz Buch steht ,wozu ein neues Gesetz?

  8. Ayten sagt:

    Danke r! Wieder etwas wichtiges gelernt….

  9. Jurastudentin sagt:

    „Ius respicit aequitatem“

    Lieber Ali Küçükbaş: Sie irren sich, denn genau darauf würde ein solches Gesetz hinauslaufen. Einen „Nazimord“ im juristischen Sinn kann es nicht geben. Ihn als Straftatbestand gesetzlich festzulegen, widerspricht elementaren Rechtsgrundsätzen. Mit der gleichen Begründung könnte man den Straftatbestand für Falschparken durch Bayern oder Türken einführen. Das wäre das Ende einer objektiven Justiz. Es kommt nicht darauf an, wer mordet, sondern dass gemordet wird.
    Wenn Ali XY mordet kann das nicht besser sein, als wenn Nazi XY oder Hausfrau XY mordet. Einen Straftatbestand für eine einzelne Gruppe zu erfinden, widerspricht dem Grundgesetz, das für alle in gleicher Weise gilt und gelten muss, sonst ist es Plunder. Mit dem gleichen Recht könnte man dem Herrn H., der Millionen hinterzogen hat, weniger hart bestrafen, weil er ein „Ehrenmann“ ist, der viel Gutes tut als den Bauarbeiter Y, der über Jahre hinweg schwarz gearbeitet hat.

    Das Ziel der Justiz muss es sein, das Recht zu finden. Der Gesetzgeber hat sich dem anzupassen. Eine reine Gesinnungsgesetzgebung kann aus der Sicht des Juristen nur verurteilt werden. Sie würde zur langsamen Abkehr der Bürger vom Rechtsstaat führen. Das geht beim Verfassungsgericht nie und nimmer durch. Dass die Mutwilligkeit bei einer Tat, die böse Absicht bei einer Tat berücksichtigt werden muss, ist mir klar, die politische Überzeugung oder die Herkunft des Täters darf dabei aber keine Rolle spielen. Wo kommen wir denn da hin?

  10. r sagt:

    @trauma
    Das ist doch die Frage. Es besteht schlichtweg kein Bedürfnis für einen solchen Passus, wie auch muslim schon richtig formuliert hat. Die vorhandenen Kategorien „Gesinnung“ und „Beweggründe“ in § 46 StGB sind weit genug und haben sich in der Vergangenheit bewährt.
    @Jurastudentin
    Es geht nicht um einen neuen Straftatbestand für Nazis. Natürlich muss Justitia blind sein. Es geht darum, was im Rahmen der Zumessung bei Bestimmung der Schwere der Schuld berücksichtigt werden soll. Und es macht durchaus rechtlich einen Unterschied, aus welcher Motivation heraus man tötet. Als Jurastudentin sollten Sie die Bratpfannenproblematik kennen. Da ging es gerade um die Frage, ob der „Mord“ weniger schlimm war, weil ihn eine misshandelte Ehefrau begangen hat und ob das im Rahmen der Strafzumessung oder der täterbezogenen Mordmerkmale berücksichtigt werden soll. Es macht strafrechtlich einen Unterschied, aus welcher Motivation heraus gehandelt wird. Also Strafzumessungserwägungen.