Kino
Willkommen bei Habib
Es geht um vier Männer: Habib, Neco, Bruno und Ingo. Allen gemein ist die universelle Frage: „Wozu lebe ich, wie und warum hier?“ - eine erfrischende Inszenierung erzählt mit Witz von Heimat und Integration. Kinostart: 5. Juni 2014.
Von Rukiye Çankıran Montag, 02.06.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 04.06.2014, 2:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Innerhalb weniger Tage ändert sich das Schicksal von vier Männern in einer Großstadt. Der 49jährige türkische Imbissbetreiber Habib trifft nach vielen Jahren einen alten Bekannten wieder, der ihn zu einer Hochzeit einlädt, es stellt sich heraus, dass die Mutter der Braut die Jugendliebe von Habib ist.
Neco, 24 Jahre alt und Sohn von Habib ist verheiratet und selber Vater eines Sohnes und hat nebenher eine Geliebte. Er ist außerdem in einige stressige Angelegenheiten verwickelt, die es zu klären gilt.
Bruno, 46 Jahre alt und erfolgreicher Geschäftsmann, wird des Betruges verdächtigt und aus seiner eigenen Firma geworfen. Er beschließt auf der Verkehrsinsel vor dem Firmengebäude in Streik zu treten und wird so für ein paar Tage zum Obdachlosen und geht in dieser Zeit bei Habib essen, sie werden Freunde. Er hilft Habib sogar im Imbiss bei der Arbeit.
Ein weiterer Kunde ist der 78jährige verwirrte und herzkranke Ingo. Dieser versucht immer wieder seine Tochter telefonisch zu erreichen, um sich für seine Fehler in der Vergangenheit zu entschuldigen und endlich mit dem Leben Frieden zu schließen. Der Telefonshop, in den er geht, gehört Andrea, der deutschen Ehefrau von Habib.
Der Zuschauer fragt sich, welche Rolle dieser Laden spielt, denn Zentrum des Geschehens ist der Imbiss von Habib, aber die Antwort erhält der Zuschauer später.
Regisseur Michael Baumann ist es gelungen, die sehr unterschiedlichen Lebensgeschichten realistisch miteinander zu verflechten. Der Stil der Tragik und des Witzes im transnationalen Kino ist dem englischen und französischen Publikum bekannt, das deutsche Mainstream-Publikum wird langsam warm und kann sich auf diese Tragikomödie freuen.
Es ist ein Film über das Glück des Verlierens. „Was ist der Sinn und Zweck des Lebens?“ Das ist die philosophische Frage, die gestellt wird. Willkommen bei Habib zeigt, dass menschliche Schicksale nicht an Herkunft gebunden, sondern universell sind. Regisseur Michael Baumann beschreibt dies mit den Worten „In jedem Leben gibt es Momente, in denen durch äußere oder innere Umstände verdrängte Sehnsüchte, faule Kompromisse, ungelöste Probleme an die Oberfläche dringen.“ Willkommen bei Habib ist ein Film über den normalen Alltag in einer Großstadt, in der verschiedene Kulturen Alltag sind und gar nicht so fremd, wie häufig angenommen wird. Die Darstellung dieser Normalität ist sehr gelungen und eine besondere Stärke des Films.
Eine wichtige Aussage von Habib ist: „Ich dachte, man kann nur eine Heimat haben. Habe versucht, die alte zu vergessen.“ Der Film hat dramatische, sentimentale und komische Elemente. Willkommen bei Habib ist weniger eine Komödie, mehr ein Drama. Er ist stückweise ein Film zwischen den Kulturen, aber er ist eigentlich ein deutscher Film. Irgendwann wird dieses Dazwischen hierzulande zur Normalität und genau diese beschreibt Michael Baumann. Es ist ein deutscher Film der neuen Art, gut durchdacht.
Die Tragik im Film erinnert an „Dreiviertelmond“, wenn auch nicht so herzzerreißend, der junge Neco könnte eine Figur aus Fatih Akins Filmen sein und die Musik könnte passender nicht sein, u.a. „Fesupanallah“ von Erkin Koray: „Arkası gelmez dertlerimin, bıktım illallah! Biri biterken öbürü de başlar, vermesin Allah!… 1
Arabeske Musik behandelte in der Türkei traditionell die Sorgen und Nöte der leidenden Menschen, unerfüllte Sehnsüchte mit viel Herz und Schmerz, in der Liebe wie im Alltag. Die Texte sehr leidend, die Musik sehr orientalisch. „Fesupanallah“ ist ein Song in diesem Stil und gibt dem Film eine eigene dramatische Note, einen gewissen skurrilen Charme.
Der Film ist ruhig, aber auch spannend, traurig aber auch lustig, empfehlenswert für Kinogänger, die Lust haben, sich auf Menschen einzulassen und mehr erwarten als nur Unterhaltung, die sie zum Lachen bringt.
- Übers.: Meine Sorgen nehmen kein Ende, ich bin es leid, meine Güte! Bevor eine Sorge vorbei geht, beginnt schon die nächste, möge Gott es vermeiden!…
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