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Deutsche Nationalelf

Ein Integrationsmotor?

Vermutlich ist der DFB einer der stärksten Verfechter einer diversen Gesellschaft. Das spiegelt sich auch in der Nationalmannschaft wider: 6 von 23 Spielern haben einen Migrationshintergrund. Doch ist der deutsche Fußball tatsächlich so interkulturell, wie er sich zu zeigen pflegt?

Von Montag, 23.06.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.06.2014, 23:19 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Nationalmannschaft ist Deutschlands Aushängeschild im Ausland – so auch jetzt bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. So viele Leistungsträger mit Migrationshintergrund gibt es wohl in keinem Bundesministerium. Aber wie sieht es tatsächlich im deutschen Fußball aus? Ist er wirklich so offen für „verschiedene“ Kulturen wie er nach außen immer wieder dargestellt wird?

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Dieser Frage gingen kurz vor dem WM-Auftaktspiel der deutschen Fußball-Nationallmannschaft am 16. Juni Experten unterschiedlicher Disziplinen nach. Zur Podiumsdiskussion eingeladen hatte unter anderem das sozialwissenschaftliche Institut der Humboldt-Universität zu Berlin. Thema: Integrationsnarrative des DFB – Ist das Nationalteam ein Integrationsmotor?

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Sportsoziologe Professor Silvester Stahl erklärte in seinem Impulsvortrag zunächst, wie es Ende der 90’er Jahre zu einem grundlegenden Einschnitt im deutschen Fußball kam. Die damalige Fußball-Nationalmannschaft Frankreichs, die Équipe Tricolore, bestand größtenteils aus Menschen mit Migrationshintergrund und gewann mit dieser Mischung im Jahre 1998 den WM-Titel. Zwei Jahre später folgte mit fast derselben Mischung der nächste große Coup: EM-Titel.

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Die deutsche Nationalelf hingegen schied mit einem relativ homogenen Kader früh aus beiden Turnieren aus. Bei der Weltmeisterschaft in Frankreich (1998) verlor man im Vierteilfinale gegen Kroatien mit 0:3. Zwei Jahre später bei der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine schied die deutsche Nationalmannschaft schon in den Gruppenspielen aus mit zwei Unentschieden und einer Niederlage.

Der Erfolg der französischen Nationalmannschaft habe damals beim Deutschen Fußball Bund (DFB) zum Umdenken geführt, erklärte Stahl. „Der DFB kam damals zu dem Ergebnis, junge Spieler mit Migrationshintergrund zu fördern“, so der Sportsoziologe. Höhepunkt dieser Öffnung war die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Denn im damaligen DFB-Kader hatten 11 der 23 Profis einen Migrationshintergrund.

Im Amateur- und Jugendbereich müsse man aber noch viel tun und investieren, erklärte Osama Mansour vom Fußballcamp der Akademie für Sport und Gesundheit. Während seiner eigenen Zeit als aktiver Fußballer habe er in der U-16-Nationalmannschaft gemerkt, nicht dazuzugehören. Seine positiven und negativen Erfahrungen gebe er nun den jungen Spielern im Fußballcamp weiter.

Die Frage, inwieweit die Nationalmannschaft als Integrationsmotor für die Gesellschaft dient, wollte Stahl nicht abschließend beantworten. Das komme eher auf das Verständnis des Begriffs Integration an, sagte Stahl. Für Bülent Gündogdu von Türkiyemspor e.V. in Berlin ist „noch nichts erreicht. Wir haben jetzt mehr arabische und türkische Vereine in Berlin und das hat nichts mit Integration zu tun“.

Mit Blick auf den Rekrutierungsprozess der Nationalmannschaft erklärte Stahl, dass die Nationalmannschaft grundsätzlich ein Sonderfall sei. „Spieler steigen aufgrund von Leistung auf.“ In anderen Lebensbereichen komme es aber häufig zu Verstößen gegen das Leistungsprinzip – beispielsweise auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Dort kommt es nicht selten vor, dass sogar besser qualifizierte Bewerber aufgrund ihres Namens oder ihrer ausländischen – meist südländischen – Herkunft das Nachsehen haben.

Solange die deutsche Auswahl mit Multikulti erfolgreich ist, wird dieses Prinzip zumindest im Fußball auch beibehalten werden. Die Experten äußerten grundsätzlich aber Bedenken, sollte es mal sportlich nicht so gut laufen. Dass dieser Einwand nicht von Ungefähr kommt, zeigte bereits das EM-Aus im Jahre 2012 gegen Italien. Obwohl es die DFB-Auswahl mit gutem Fußball bis ins Halbfinale geschafft und dort nur knapp verloren hatte, wurden Diskussionen darüber geführt, ob das Nichtsingen der deutschen Nationalhymne einzelner Spieler spielentscheidend gewesen sein könnte. (hd) Gesellschaft Leitartikel

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  1. REalist sagt:

    Eigentlich ist es erbärmlich, wenn sich eine Gesellschaft über den Fußball definieren muss.

  2. Wundervoll sagt:

    Ich finde es nicht erbärmlich, es ist eben präsenter und einfach.

    Ich finde es eher riskant für die gesamte Diskussion, den Fußball als Indikator zu nehmen, was ist wenn jetzt eine neue „deutsche“ Generation heranwächst? Ist es dann vorbei dem Integrationsmotor? :)

    Hier wird die Thematik zu stark vereinfacht. Fußball ist en vogue also ist ein Integrationsmotor.. sorry. Das Thema ist zu ernst, wir sehen auch das sich Fußball viel rechtes Gesindel bewegt, was heißt das jetzt, welche Analogie lässt sich hieraus ziehen? :)

    Ist es der gewollten Publikation geschuldet oder einfach nur der fehlenden Aufmerksamkeit bzw. Anerkennung, dass man sich an kurzweiligen Dingen versucht?

  3. posteo sagt:

    Wieder ein Artikel, bei dem ich nicht weiß, ob das jetzt Ernst oder Satire sein soll.
    Der Sinn und Zweck des Fußballs ist es, ein SPIEL zu gewinnen und nicht den interkulturell Dialog zu pflegen. Wie multikulturell der internationale Spielbetrieb aufgestellt ist, zeigte sich am Sonntag, als sich die beiden Brüder Boateng als Gegner gegenüberstanden. Will man die Welt nur noch als transnationale Weltgemeinschaft sehen, darf man gar keine Länderspiele mehr schauen, denn schließlich treten, SKANDAL! immer noch Nationalmannschaften gegeneinander an.

  4. Han Yen sagt:

    @posteo

    Das sehen Sie falsch. Sport generiert und verschränkt Rassismus immer wieder neu. Für Inder ist das Cricket Match gegen die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien wichtig. Im us-amerikanischen Boxen ist es wichtig, ob ein schwarzer Boxer gegen einen weißen Boxer antritt. Beim Sport gibt es nämlich Regeln und die stigmatisierten Bevölkerungsgruppen zeigen beim Sport, dass sie gleichwertig sind, wenn die Regeln eingehalten werden. Auf der anderen Seite generiert Sport eben auch Rassismus der Art, dass Schwarze körperlich überlegen sind beim Boxen oder in der Leichtathletik.

    Wo ich auf Ihrer Seite bin, ist die Zuschreibung „interkulturell“ an den Sport zu hängen. Fussball hat so überhaupt nichts mit Interkulturalität zu tun. Spieler werden auf dem Transfermarkt gekauft und verkauft. Fussball ist ein globalisierter idealtypischer Arbeitsmarkt. Fussballvereine sind auch die einzigen Firmen, wo es so etwas wie ein ausgewachsendes Human Capital Bilanzierungssystem gibt.

    Man muss einmal von diesen Plastikbegriffen Multikulturalismus, Interkulturalismus und Transkulturalismus weg kommen. Die gesellschaftlichen Phänomene haben nichts mit Kultur zu tun, die irgendwie bereits seit ewigen Zeiten Patina angesammelt haben. Die meisten Praktiken sind institutionell in der Familie und in der Einwanderungsgesellschaft anerzogen und mit Sicherheit sehr jungen Datums.

    Man muss in diesem Land über Macht und Herrschaft sprechen, und welches Wissen und Glaubenssätze damit einher gehen, die verhindern, dass die Mechanik dahinter erkannt wird. Die Kulturalismen sind keine migrantischen Diskurse – neuartige Identitätsdiskurse sind migrantisch.

  5. posteo sagt:

    @Han Yen
    Da es bei vielen Sportarten auch auf eine bestimmte Statur ankommt, ist die
    überdurchschnittliche Repräsentanz von Schwarzen bei „hochwüchsigen“ Sportarten nicht nur aus einer Rollenzuweisung entstanden . Auch unter Menschen nordeuropäischer Herkunft ist die Auswahl für „hochwüchsige“ Sportarten größer. Problematisch wird es da, wo Schwarze, aber auch sozial benachteiligte Jugendliche auf eine sportliche oder popkulturelle Karriere verwiesen werden und diese Zuweisung auch für sich übernehmen. Die wohlmeinenden Rapp- und Hiphop-Kurse in sozial schwachen Stadtteilen sind so ein Beispiel.
    Doch nun zum Sport: Ich bleibe dabei, es genügt, wenn der Fußball die Fans zusammenbringt, wie am Samstag, als viele Zuschauer, so auch ich, auch den Ghanesen bei guten Spielzügen applaudierten. Der wahre Sportsmann würdigt das Spiel, auch wenn er seine Mannschaft lieber gewinnen sieht.