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Interview mit Aydan Özoğuz

Integration? Die Leute sollten sagen, was sie meinen, anstatt sich dahinter zu verstecken

Die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende und Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, im Gespräch über den Integrationsbegriff, ihre migrationspolitischen Prioritäten sowie über die europäische und bundesdeutsche Flüchtlingspolitik.

Von Fatma Rebeggiani Dienstag, 22.07.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.07.2014, 21:24 Uhr Lesedauer: 10 Minuten  |  

Frau Özoğuz, welche Schulnote würden Sie Deutschland für seine Integrationspolitik geben?

Wir lernen mit der Vielfalt in Deutschland immer besser umzugehen. Manchmal dauert es einfach, gewonnene Erkenntnisse in gute Schulnoten umzusetzen. Für einen fairen internationalen Vergleich muss man auch immer historische Hintergründe bedenken. Wenn man Deutschland etwa mit klassischen Einwanderungsländern vergleicht wie die USA, Kanada oder Australien, dann hinkt der Vergleich ganz schnell. Aber wenn die OECD uns kürzlich als das zweitattraktivste Einwanderungsland der Welt lobt, dann glaube ich, dass der Schüler einiges kapiert hat. In seinem Jahresgutachten 2014 hat uns der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration zudem bescheinigt, dass wir seit Kurzem auch integrationspolitisch auf einem guten Weg sind. Wenn man bedenkt, dass wir uns im Bund erst seit knapp zehn Jahren mit dem Instrument „Integrationskurse“ kümmern, dann finde ich das eine sehr beachtliche Meldung. Unsere Aufgabe ist es nun, diese positive Entwicklung fortzuführen.

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Finden Sie den Begriff „Integration“ noch zeitgemäß und den gesellschaftlichen Verhältnissen entsprechend? 

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Meine Erfahrung ist, dass jeder irgendwie etwas anderes unter dem Begriff „Integration“ versteht. Die einen verstehen darunter Anpassung, die anderen, dass sich unterschiedliche Gruppen um ein besseres Zusammenleben bemühen. Ich finde, die Leute sollten sagen, was sie meinen, anstatt sich hinter einzelnen Begriffen zu verstecken. Für mich geht es hier um eine umfassende Teilhabe an unserer Gesellschaft. Teilhabe für jede und jeden. Bei der es überhaupt keine Rolle spielt, woher man selbst, seine Eltern oder Großeltern einmal gekommen sind. Wo es egal ist, ob ich Schmidt oder Özoğuz heiße, helle oder dunkle Haut habe oder sonst wie verschieden bin.

Sie hatten sich vor den Wahlen für ein zentrales Integrationsministerium ausgesprochen. Wie stehen Sie heute zu der Idee eines solchen Querschnittministeriums? 

Ich habe gesagt, das kann sinnvoll sein, aber auch, dass Integrationspolitik ein Querschnittsthema ist, welches alle Lebensbereiche berührt. Sicher: Mit einem Integrationsministerium würde die Zuständigkeit für das Thema an einer Stelle gebündelt und wäre nicht mehr wie bislang auf verschiedene Ministerien verteilt. Auf der anderen Seite hat die Verteilung des Themas auf die vielen Ressorts natürlich zur Folge, dass hier alle an die Arbeit gehen. Jedes Ressort macht dort Integrationspolitik, wo die originäre Zuständigkeit es verlangt. Wir haben bei der Frage viel, was dafür spricht, sowie einiges, was dagegen spricht. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich als Staatsministerin im Bundeskanzleramt mit gesetzlichem Auftrag schon jetzt eine solide Position habe, wenn es am Kabinettstisch rund geht.

Ihre Ernennung wurde von der deutsch-türkischen Community mit sehr viel Aufmerksamkeit bedacht. Der damalige Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Kenan Kolat nannte Ihre Berufung „historisch“ und warnte Sie davor, eine Distanz zu Ihrer Herkunftsgruppe aufzubauen. Inwiefern schränken Sie diese Erwartungen in Ihrer Handlungsfreiheit ein?

Ich bin aufgrund meiner bisherigen Arbeit und meinem Engagement Integrationsbeauftragte der Bundesregierung geworden. Und zu meiner Person gehört meine Identität als Tochter von Eltern, die aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind und die hier in Deutschland aufgewachsen ist. Diese Erfahrungen haben mich geprägt. Hierzu Distanz aufzubauen würde bedeuten, meine Wurzeln und meine Persönlichkeit zu verleugnen. Ich hoffe, dass ich davon weit entfernt bin. Und letztendlich ist doch das, was zählt, die Leistung und nicht die Herkunft.

Entlang welcher migrations- und integrations-politischer Themen werden in den kommenden dreieinhalb Jahren Ihrer Meinung nach die wichtigsten Richtungsentscheidungen innerhalb der Koalition getroffen?

Die Marschrichtung gibt natürlich zu allererst der Koalitionsvertrag vor. Im Vergleich zu früheren Jahren haben wir da auch jede Menge integrations- und flüchtlingspolitische Vorhaben drin. Ganz wichtig: die Abschaffung der Optionspflicht für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder. Sie werden künftig fast alle neben dem ausländischen Pass der Eltern auch den deutschen behalten dürfen. Und ich bin an dieser Stelle Bundespräsident Joachim Gauck wirklich dankbar für seine klaren Worte zur doppelten Staatsangehörigkeit – sie ist in der Tat ein Teil der Lebenswirklichkeit für immer mehr Menschen in Deutschland.

Wichtig sind auch die geplanten Änderungen im Bereich des Flüchtlingsschutzes, allen voran die stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete. Hier können wir mehreren zehntausend Menschen eine sichere Perspektive in unserem Land bieten.

Was meine Arbeit als Beauftragte angeht, so habe ich mich dafür entschieden, inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. In diesem Jahr ist es das Thema „Ausbildung“. Ich freue mich, dass mich die Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) darin unterstützt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird ihren Integrationsgipfel am Ende des Jahres dem Thema widmen. Mein Ziel ist es, die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen zu verbessern, die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe zu erhöhen und die interkulturelle Sensibilität bei der Bewerberauswahl zu stärken. Aktuell Interview Politik

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  2. Lynx sagt:

    Die meisten verwechseln Integration (= unversehrte Aufnahme eines neuen Teils in ein bestehendes Ganzes) mit Assimilation (= Angleichung unter Aufgabe wesentlicher Merkmale). Unter Integration fällt auch die Übernahme von Teilen eines anderen Rechtssystems in das eigene, was im Fall der Integration der Muslime z. B. bedeuten könnte, daß Teile des islamischen Ehe- und Familienrechts ins deutsche Recht übernommen und eingegliedert werden. In Großbritannien wird dies zumindest ernsthaft in Erwägung gezogen, während viele Deutsche beim bloßen Gedanken daran bereits ausflippen.

  3. Gero sagt:

    Unter Integration fällt auch die Übernahme von Teilen eines anderen Rechtssystems in das eigene, was im Fall der Integration der Muslime z. B. bedeuten könnte, daß Teile des islamischen Ehe- und Familienrechts ins deutsche Recht übernommen und eingegliedert werden. In Großbritannien wird dies zumindest ernsthaft in Erwägung gezogen, während viele Deutsche beim bloßen Gedanken daran bereits ausflippen.
    ___________

    Lynx, auch Ihre Interpretation des Begriffs „Integration“ ist völlig abwegig. Die islamischen Vorstellung des Ehe- und Familienrechts widersprechen dem Grundgesetz. Und Großbritannien ist hier kein Vorbuld. Dann könnten wir auch Frankreich (Burkaverbot) zum Vorbild nehmen.

  4. Realist sagt:

    1. Deutschland braucht Zuwanderung. Mag sein. Theoretisch. Aber ein Land, das hohe Steuern und Abgaben aufweist, wird kaum wirkliche Fachkräfte anlocken. Das ist dann immer nur ein Bruchteil der Leute, die zuwandern. Ein ganz natürlicher Vorgang. Ein Blick in die Pisastudie bestätigt es: Deutschland ist ein Unterschichteneinwanderungsland. Eine solche ist aus linker Sicht viel interessanter, weil das Wählerstimmen einbringt.

    2. Was sich unsere Wirtschaft keinesfalls wünscht, sind Leute, die faktische Analphabeten sind. Das ist ein gar nicht so kleiner Teil der Einwandernden. Das ist der riesige Unterschied zu den USA. Besser wäre es, die Zuwanderung zu beschränken und die Abwanderung wirklich qualifizierter Menschen zu stoppen. Aber dazu müsste die Politik sich einmal aufraffen und wirklich durchrechnen, ob sich das bisherige Prozedere wirklich lohnt.

  5. Han Yen sagt:

    Die Idee der Integration war immer falsch, weil man nie die Migration und Weltwirtschaft zusammenbringen wollte. Seit dem Beginn der europäischen Kolonisation des Globus haben die führenden Wirtschaftsmächte Methoden entwickelt Menschen in Wanderschaft zu setzen – zunächst mit fiskalischen Mitteln und roher Gewalt, um Binnenmigration in die Städte auszulösen, um eine Industriearbeiterschaft ausbilden zu können. Die Krupp Siedlungen waren dazu da, diese Menschen an das Leben im Kapitalismus zu gewöhnen und ihre Lebensprozesse von der Arbeit, Sexualität bis hin zum Konsum optimal verwerten zu können.

    Im Zeitalter des Imperialismus nutzte man die Sklaverei, um Exportindustrien, Rohstoffindustrien und Agrarindustrien für den europäischen Welthandel und die Finanzierung der Industrialisierung in Europa zu beschaffen. Das war die Urform der erzwungenden Migration. Als die Sklaverei politisch unmöglich wurde, ging man dazu über indische und chinesische Vertragsarbeiter als Ersatz aus dem Britischen Empire zu beschaffen.

    Zur Zeit der Hegemonie des Industriekapitalismus war man an beschleunigter Kapitalakkumulation interessiert, wozu man migrantiche Arbeiter mit geringen Lebensstandards benötigte, weil das niedrigere Lohnanteile bedeutet.

    Die Existenz von undokumentierter Arbeit in den Agrarindustrien der USA und der EU hat mehr mit Inflationspolitik und Zinspolitik zu tun. Nur mit entrechteten Menschen lassen sich die Supermarktpreise halten, die geringe Löhne und damit niedrige Inflation und niedrige Zinsen für Unternehmer bedeuten überhaupt erzeugen.

    Ohne die Herkunftslandorientierung gäbe es keine interfamiliären Rücküberweisungen und Diaspora Tourismus. So ein Staat wie Mexiko verlöre auf einen Schlag das Jahresvolumen seiner Fremdwährungsreserven.

    Die Welteroberungsträume der mit den Großbanken verbundene Mikrokreditindustrie aus Rücküberweisungsströmen ein Reservoir für Mikrokredit Fonds und Kreditgarantien zu machen, um mehrere hundert Millionen Kreditnehmer und neuen fleißige Hände für die Kleinproduktion und Kleinhandel weltweit zu gewinnen wäre nicht möglich.

    Geberländer hätten keine Chance die Entwicklungshilfe auf die migrantischen Rücküberweisungen abzuwälzen, gleichzeitig Steuern von ihnen einzunehmen und zudem sie via Rücküberweisungen für die Schuldenaufnahme ihrer Auswanderungsstaaten zahlen zu lassen.

    Währungsspekulanten haben mittels der Monatszeitreihen der Rücküberweisungen die Fähigkeit einzuschätzen, wann die Fremdwährungsreserven der Auswanderungsstaaten aufgebraucht sind, um Währungsangriffe zu starten.

    Mächtige Einwanderungsstaaten wie die USA haben die Fähigkeit durch geförderte undomumentierte Migration der Mexikaner in den Grenzgebieten, die Dollarmenge in Mexiko zu verändern und den Dollar als Zweitwährung zu etablieren.

    In Wirklichkeit waren es schon immer die Migranten die die Weltwirtschaft durch ihre Arbeit und ihren Konsum integriert haben.

    Die euphemistische Tretmühle Integration durch netter klingende Begriffe wie Vielfalt, Inklusion und Teilhabe zu ersetzen läßt die Interessenspolitik der politischen und ökonomischen Akteure nicht verschwinden, die in den Migranten eine eierlegende Wollmilchsau sehen.

    Migranten müssen einfach lernen ihre soziale Lage durch die Brille des Ökonomen zu sehen. Rassismus Debatte ist wichtig mit den einfachen, ungebildeten Menschen. Aber man muss auch eine Sprache haben, um über die Strippenzieher des des Finanzmarktkapitalismus reden zu können.

  6. pojarkow sagt:

    Realist: „Deutschland ist ein Unterschichteneinwanderungsland. Eine solche ist aus linker Sicht viel interessanter, weil das Wählerstimmen einbringt.“

    Wie süß. Seit wann haben Ausländer hier ein Wahlrecht? eingebürgert wird man frühestens nach acht jahren und nur wenn man seinen lebensunterhalt und den seiner Familie selbst sichert (also nicht Hartz-VI o.ä.) bezieht. Aber es wäre ja auch etwas neues, dass ausländerfeindliche Hetze mit Fakten käme — dann funktioniert sie nämlich nicht mehr.

  7. Realist sagt:

    @pojarkow: Wieder einmal „Erkenntnisse“, die sich mit der knallharten Realität nicht auseinandersetzen. Da halte ich es lieber mit Heinz Buschkowsky.

    Einzelne Migrantengruppen wählen in der übergroßen Zahl einfach „links“. Dass bestimmte Zuwanderergruppen in den Großstädten ein Wählerfaktor sind, ist unübersehbar. Warum also nicht her damit? Dass sie nicht gleich nach der Ankunft wählen können, dürfte wohl jedem klar sein, aber 10 Jahre sind schnell vorbei. Wie ist das dann eigentlich in Berlin-Neukölln mit den politischen Machtverhältnissen und den sozialen Zuständen? 75% der Kinder leben dort von Hartz IV und deutlich mehr als 40% haben einen Migrationshintergrund. Ist das Hetze, wenn man das feststellt?

    http://mobil.abendblatt.de/ab/politik/deutschland/article131660912/Buschkowsky-warnt-vor-dem-Raubtierkaefig-Berlin.html?config=mobile

    „Bis zu 75 Prozent der Neuköllner Kinder leben von Hartz IV. Das sind harte Fakten. Da muss die Politik gegensteuern! Wir haben die anhaltende soziale Talfahrt nicht im Griff.“ (Heinz Buschkowsky).“

    Ich sehe nicht, was daran faktenfern noch hetzerisch sein soll, was ein Buschkowsky hier von sich gibt.

  8. Saadiya sagt:

    @Realist: „Wie ist das dann eigentlich in Berlin-Neukölln mit den ….. sozialen Zuständen? 75% der Kinder leben dort von Hartz IV und deutlich mehr als 40% haben einen Migrationshintergrund. Ist das Hetze, wenn man das feststellt?“

    Nein, aber zum einen bedeutet es auch, dass 35% (nahezu genauso viele) der Kinder, die in B-Neukölln von Hartz IV leben, KEINEN Migrationshintergrund haben. Und zum anderen, und das halte ich für noch entscheidender, stellt der Hartz IV Bezug keinen Umstand dar, der nur Personen mit Migrationshintergrund ereilt. Ferner sind Kinder auch nicht die alleinigen Verantwortlichen für die schlechte Lebenssituation ihrer Eltern – und zwar egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund.

  9. Ernst sagt:

    Diese Zahlen mögen stimmen, wobei ich gewisse Zweifel habe, da mehr als 60% aller Kinder in Berlin-Neukölln einen Migrationshintergrund haben. Das heißt, wenn Ihre Zahlen stimmen, dass kaum noch Bürgerliche dort leben. Es bedeutet aber auch, dass 65% der Kinder mit Migrationshintergrund dort von Hartz IV leben. Und abgesehen davon gibt es breite Landstriche in Deutschland, in denen es „Unterschichten“ innerhalb der einheimischen Bevölkerung im Berliner Sinn überhaupt nicht gibt. Insofern wäre etwas Demut angebracht. Wir haben in den Großstädten überwiegend eine Unterschichtenzuwanderung, das spiegelt sich auch in den Pisaergebnissen wider. Dort wo Migrantenoberschichten zugewandert sind, sind nämlich die Ergebnisse deutlich besser. Derartige Feststellungen sind mir sehr zuwider, aber es ist halt mal so.
    Der Fehler liegt in einer Fehlsteuerung der Politik und an verirrten Ideologen, die sozial tun, sozial sein wollen, aber nicht sozial sind. Berlin ist ein Musterbeispiel wie ultralinker Gestaltungswille ins Chaos führt, ob Flughafenbau, Schulpolitik oder Wasserkosten, ohne finanzielle Hilfen aus dem Westen wäre Berlin ein zweites Griechenland und Neukölln wäre Wüste. Der Grundirrtum beruht darauf, dass ein Teil der Linken (nicht alle!) der Meinung ist, dass Deutschland so reich ist, dass es sich alles leisten kann. Füllhorn BRD. Jede Idee ist umsetzbar. Keiner in der linken Szene denkt auch nur im Entferntesten daran, dass „gewirtschaftet“ werden muss. In jedem Fall ist zu bezweifeln, dass Städte wie Berlin für „Fachkräfte“ oder „Akademiker“ auf Dauer wirklich interessant sind.

  10. pojarkow sagt:

    @Realist. Wenn die 75 Prozent der Hartz-IV-Unterschichten-Migranten in Neukölln wählen dürften, hieße der Bezirksbügermeister weder Heinz noch Buschkowsky.

    Ich habe nicht bestritten, das Deutsche mit Migrationserfahrung womöglich überwiegend „links“ wählen, worunter Sie sicher SPD, Linke und Grüne verstehen. Das hat auch gute Gründe. Trifft aber keineswegs auf alle Migrantengruppen zu. Die Spätaussiedler z.B. wählen meist brav die CDU, da ihnen herr Kohl die Übersiedlung ermöglichst hat.

    Sie haben behauptet, dass die Einwanderung von Hartz-IV-Empfängern von den o.g. linken parteien gewollt sei, weil ihnen das Wähler einbrächte. Das haut aber nicht hin, weil die dann gar nicht wählen dürfen. Die eingebürgerten Wahlberechtigten gehören bestimmt nicht zu den Hartz-IV-Beziehern (in Ihren Worten: Unterschicht), weil das die Einbürgerung ausschließt.

    Bei den Spätaussiedlern, die Kohl vor allem vor der Wahl 1994 angeworben hat, sieht das überigens anders aus: Die sind qua Definition Deutsche und haben sofort einen deutschen Pass bekommen, damit sie wählen durften. Es waren 1994 überigens genau so viele (ca. 200.000), wie der Stimmenvorsprung der CDU vor der SPD bei der folgenden Bundestagswahl. Sehr viele Rentner kamen damals, die nicht in die deutsche Rentenkasse eingezahlt haben. Mir sind sie allemal willkommen, aber wenn schon einen solche Einwanderungsdebatte, dann bitte dort, wo sie hingehört.

    Ich finde es übrigens durchaus problematisch, dass so ein Heinz über eine große Zahl von Leuten regieren darf, die ihn gar nicht gewählt haben und nicht wählen dürfen. Gemessen an der gesamtbevölkerung hat der doch keine zehn Prozent. Vielleicht ist das auch das Problem von Neukölln? Und die Behauptung von diesem Piefke, sein Neukölln sei „überall“ — halte ich für ziemlich Anmaßend. So einen versifften Provinzkiez gibt es in echten deutschen Großstädten eben gerade nicht. Berlin ist halt nur eine Ansammlung brandenburgischer Dörfer.