Gaza verzweifelt
Mehr als 500 Zivilisten getötet
UN-Angaben zufolge sind bei der Israel-Offensive im Gaza bisher mehr als 500 Zivilisten ums Leben gekommen, 121 von ihnen Kinder; mehr als 100.000 Menschen sind auf der Flucht. Die Lage ist hochgefährlich. Derweil schwappt der Nahostkonflikt auch zunehmend nach Europa. Deutschland, Frankreich und Italien verurteilen antisemitische Übergriffe.
Mittwoch, 23.07.2014, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.07.2014, 21:23 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Im Gaza-Konflikt sind nach UN-Angaben bisher mehr als 500 Zivilisten ums Leben gekommen. Mehr als 2.600 Menschen hätten durch die Kampfhandlungen zwischen israelischen Soldaten und Kämpfern der Hamas teils schwere Verletzungen davongetragen, sagte UN-Sprecherin Corinne Momal-Vanian am Dienstag in Genf. Der Nahöstliche Kirchenrat nannte die Lage in Gaza verzweifelt und hochgefährlich.
Mehr als 100.000 Palästinenser sind nach UN-Angaben aus ihren Häusern geflohen. Viele fanden in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden Zuflucht. Durch die Kämpfe seien 500 Häuser komplett zerstört worden, betonte Jens Laerke, Sprecher des UN-Büros für humanitäre Hilfe. Die Lage der Schutzsuchenden sei verheerend. Im rund 40 Kilometer langen Gaza-Streifen existierten so gut wie keine Schutzvorrichtungen.
Issa Tarazi, Exekutivdirektor des Nahöstlichen Kirchenrats, berichtete am Dienstag von anhaltenden Kampfhandlungen: „Seit dem frühen Morgen gibt es Luftangriffe, es sind ständig Schüsse zu hören, niemand kann sich auf die Straße wagen“, sagte er in Gaza-Stadt telefonisch dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Ich spüre, wie mein Haus wegen der Bombardierungen bebt.“ Die Einschläge in der Nähe kämen von Drohnen, im Minutentakt.
Hilfe kaum möglich
Wegen der israelischen Offensive gegen die Hamas sind auch zahlreiche humanitäre Projekte lahmgelegt. So befindet sich ein von „Brot für die Welt“ unterstütztes Mutter-Kind-Gesundheitszentrum im Bezirk Rafah in der Kampfzone. „Wir wissen nicht, was dort los ist, wir können nicht mehr hingehen“, sagte Tarazi. Das ganze Gebiet habe auf Anordnung der israelischen Armee geräumt werden müssen. Es gebe manchmal nur zwei Stunden Strom am Tag.
Dabei würde die Gesundheitsstation dringend gebraucht, auch um traumatisierte Kinder zu behandeln. „Die Krankenhäuser sind hoffnungslos überlastet, die Familien suchen dort nach ihren Toten“, sagte Tarazi. Auch in Kirchen seien die Menschen nicht völlig sicher. Beim Beschuss des Friedhofs einer 600 Jahre alten orthodoxen Kirche seien mehrere Flüchtlinge durch Granatsplitter verletzt worden.
121 Kinder in Gaza getötet
Als dringend bezeichnete Tarazi Soforthilfe zur Gesundheitsfürsorge. „Und beten Sie für uns, damit es einen Waffenstillstand gibt“, fügte er hinzu. Dem Nahöstlichen Kirchenrat gehören griechisch-orthodoxe, orientalisch-orthodoxe, katholische und evangelische Kirchen an.
Laut UNICEF sind unter den Toten 121 Kinder zwischen fünf Monaten und 17 Jahren. Die Mädchen und Jungen seien vor allem bei Luftangriffen, Panzerbeschuss oder Artilleriefeuer umgekommen, sagte UNICEF-Sprecherin Juliette Touma in Genf. Das Welternährungsprogramm sorgt sich wegen der schrumpfenden Lebensmittelvorräte in Gaza.
Deutschland, Frankreich und Italien verurteilen antisemitische Hetze
Unterdessen verurteilten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens die antisemitischen Übergriffe der vergangenen Tage scharf. „Antisemitische Hetze und Anfeindungen gegen Juden, Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens und Synagogen haben in unseren Gesellschaften keinen Platz“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Spitzenpolitiker, die am Dienstag in Brüssel veröffentlicht wurde. Man verurteile die hässlichen antisemitischen Äußerungen, Demonstrationen und Übergriffe der vergangenen Tage in aller Schärfe.
Die Erklärung wurde von Frank-Walter Steinmeier (SPD), Laurent Fabius (Frankreich) sowie der Federica Mogherini (Italien) veröffentlicht. „Wir respektieren die Demonstrationsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung, werden aber mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen Taten und Äußerungen vorgehen, die die Grenze zu Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit überschreiten“, unterstrichen die drei Außenpolitiker.
Nichts, einschließlich der dramatischen militärischen Konfrontation in Gaza, rechtfertige ein solches Handeln in Europa. Man werde alles dafür tun, dass die Bürger unbehelligt von antisemitischen Anfeindungen in Ruhe und Sicherheit leben könnten. (epd/mig) Aktuell Ausland
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Deutschland, Frankreich und Italien verurteilen antisemitische Übergriffe. Deutschland, Frankreich und Italien verurteilen nicht den Genozid an den Palästinensern. Europas Prioritäten sind gesetzt.