Buchtipp zum Wochenende
Angeklagt wegen Rettung von Leben in Not
Vergangenes Jahr standen in Deutschland lebende Syrer vor Gericht, weil sie ihren Verwandten zur Flucht aus dem kriegsgebeutelten Syrien nach Deutschland verholfen hatten. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen vor, einer "internationalen Schleuserbande" anzugehören.
Freitag, 15.08.2014, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 18.08.2014, 9:15 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
„Landgericht Essen, Saal 101. Wer dort rein möchte, muss im Foyer an einer steinernen Tafel vorbei. Sie mahnt an die bedrückenden Jahre der Willkürherrschaft in Deutschland von 1933 bis 1945, als ‚Menschen zu Unrecht eingesperrt worden‘ sind.“
Mit diesen Sätzen leitet Stefan Buchen sein neues Buch „Die neuen Staatsfeinde“ ein. Darin geht es um Menschen, die für Taten vor Gericht stehen, „die wohl nie zur Anklage gebracht worden wären, wenn einige staatliche Funktionsträger die Lehren, die in jene Tafel gemeißelt sind, beherzigt hätten.“
Sie hatten ihren Landsleuten zur Flucht aus dem kriegsgebeutelten Syrien nach Deutschland verholfen, hatten Verwandte, Freunde und Bekannte nach Deutschland gebracht, um sie vor Krieg und Tod zu retten. Von der Staatsanwaltschaft wurde ihnen vorgeworfen, einer „internationalen Schleuserbande“ anzugehören, die seit Beginn des Krieges in Syrien 120 Menschen nach Deutschland geschmuggelt habe.
In seinem Buch geht Stefan Buchen unter anderem folgenden Fragen nach: Wie bewertet der deutsche Staat Verstöße gegen das Ausländerstrafrecht im Angesicht von Kriegsnot, Flucht und Vertreibung? Verstehen wir in Europa noch, was es heißt, Menschen unter Lebensgefahr in Sicherheit zu bringen? Darf es in Deutschland Gesetze und Behörden geben, die aus Taten, die Leben retten, schwere Verbrechen machen? Und können EU-Gesetzgebung und EU-Grenzregime dafür als Rechtfertigung dienen?
Dieses Buch ist das Protokoll eines Skandals, ein Fall, in dem Behörden und die deutsche Flüchtlings- und Migrationspolitik jedes menschliche Maß verlieren. (hs) Aktuell Feuilleton
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