Waffen und/oder Geld?
Mehr Hilfen für irakische Flüchtlinge gefordert
Deutschland soll die humanitäre Hilfe im Nordirak ausweiten. Immer häufiger wird auch die Forderung laut, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Umstritten sind auch die geplanten Waffenlieferungen an Kurden. Opposition kritisiert widersprüchliches Verhalten.
Mittwoch, 27.08.2014, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 28.08.2014, 0:47 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Angesichts der sich verschärfenden Lage für die Flüchtlinge im Nordirak werden Rufe nach einer Ausweitung der humanitärer Hilfe laut. „Tausende Jesiden schlafen auf dem nackten Fußboden und sind in Tiefgaragen unter primitivsten Umständen untergebracht“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) am Dienstag in Berlin. Wohncontainer würden dringend benötigt, auch die medizinische Hilfe müsse gewährleistet werden. Er forderte eine von der EU koordinierte Soforthilfe. Dies erfordere auch größere finanzielle Anstrengungen, sagte Kauder.
Der CDU-Politiker äußerte sich nach seiner Rückkehr aus dem nordirakischen Erbil. Er bekräftigte zudem seine Zusage, mehr irakische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. „Ja, wir müssen weitere Flüchtlinge aufnehmen, wenn sie es bis zu uns schaffen“, sagte der CDU-Politiker. Man werde entsprechende Gespräche mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sowie den Ländern führen. De Maizière hatte sich am Wochenende gegen die Aufnahme einer großen Zahl von Verfolgten aus dem Nordirak ausgesprochen.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber unterstützte die Aussagen Kauders. Es bestehe grundsätzlich die Möglichkeit mehr Flüchtlinge aufzunehmen, betonte er. Vorrangig sei aber, den Menschen vor Ort zu helfen. „Es geht um die Abwendung einer humanitären Katastrophe.“
Auch SPD für mehr Hilfe
Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), forderte mehr Hilfen für die Flüchtlinge. Im ARD-Fernsehen sprach er sich für eine deutliche Ausweitung der derzeitigen humanitären Unterstützung aus. Außerdem müsse es großzügige und an die Situation angepasste Aufnahmeregelungen für Flüchtlinge geben, sagte Strässer.
Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion wies darauf hin, dass die Bundesregierung jetzt viele Möglichkeiten habe, Flüchtlingen aus dem Irak die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. „Einige der Flüchtlinge im oder aus dem Nordirak verfügen über eine Zusage für eine Aufnahme bei Verwandten in Deutschland“, moniert die Linkspolitikerin und bemängelt, dass diese Menschen kein Visum erhalten, weil sich deutsche Auslandsvertretungen nicht zuständig fühlen. Vorgänge würden über Monate liegenbleiben.
Waffenlieferung ja oder nein?
Die Bundesregierung prüft indessen weiter, welche Waffen aus Deutschland an die Kurden geliefert werden können. In der vergangenen Woche hatte die Regierung die Rüstungshilfe grundsätzlich beschlossen. Nach Angaben von CDU-Generalsekretär Tauber ist das Thema weiter in der Klärungsphase. Auch das Bundeskabinett werde sich am Mittwoch nicht direkt damit befassen. Zugleich räumte Tauber ein, man könne nicht ausschließen, dass Teile der Waffen verloren gingen oder in die falschen Hände gerieten. „Wir können jedoch nicht die Augen davor verschließen, wenn im Irak ein Völkermord droht.“
Am Montag kommt der Bundestag zu einer Sondersitzung zusammen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll zur Grundsatzentscheidung der Bundesregierung über Waffenlieferungen eine Regierungserklärung abgeben. Vizekanzler und SPD-Chef, Sigmar Gabriel, geht von einer intensiven Diskussion aus. „Das Parlament wird diese Debatte führen und wird auch dazu Anträge beschließen“, sagte Gabriel MDR Info. Der SPD-Chef sicherte allen Fraktionen zu, sie fortlaufend über den Entscheidungsprozess zu informieren.
Grüne: Bundesregierung widersprüchlich
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf der Bundesregierung eine widersprüchliche Haltung beim Thema Waffenlieferungen vor. Sie entlarve sich als „unschlüssig“, wenn sie einerseits den kurdischen Peschmerga-Streitkräften deutsche Waffen liefern wolle, dies aber der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verweigere, sagte Hofreiter der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstagsausgabe). Sowohl Kanzlerin Merkel als auch Unionsfraktionschef Kauder lehnen die Unterstützung der PKK ab, die die EU als terroristische Organisation einstuft. PKK-Kämpfer aus der Türkei kämpfen im Nordirak an der Seite der Perschmerga.
Im Nordirak sind inzwischen rund 1,2 Millionen Menschen vor den Kämpfern des ‚Islamischen Staates‘ auf der Flucht. Die Gewalt der islamistischen Terrorgruppe richtet sich vor allem gegen Jesiden, aber auch gegen Christen und andere religiöse Minderheiten. Militärisch stehen den Islamisten die irakische Armee sowie kurdische Peschmerga-Truppen gegenüber. (epd/mig) Aktuell Politik
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